Angenommen, man würde in Deutschland eine Umfrage durchführen und willkürlich Passanten nach ihren politischen Assoziationen mit Mexiko befragen – man würde vor allem eine Antwort bekommen: der Drogenkrieg. Kaum ein anderes Thema prägt derzeit das Image Mexikos so sehr wie dieses. Ständig berichten die Medien von neuen Gräueltaten, Entführungen, Ermordungen und Vergewaltigungen. Der Drogenkrieg ist seit einigen Jahren das alles bestimmende Thema.
Die vorliegende Arbeit greift drei wichtige Publikationen zu diesem Thema heraus: einen Aufsatz von Linda Helfrich, „Wie erfolgreich
ist der ‚Krieg gegen Drogen’ in der Andenregion?“, der insbesondere die Lage in Kolumbien, Peru und Bolivien beleuchtet, und zwei Publikationen, die sich genauer mit der Situation in Mexiko beschäftigen: Karl-Dieter Hoffmanns „Regierung kontra Kartelle: Der Drogenkrieg in Mexiko“ und die von Shannon O’Neil verfasste Abhandlung “The Real War in Mexico: How Democracy Can Defeat the Drug Cartels”.
Diese drei wissenschaftlichen Arbeiten werden im vorliegenden Literaturbericht genauer beleuchtet. Der Bericht beginnt mit einer Zusammenfassung der Abhandlungen, die anschließend vergleichend
genauer erörtert werden. Dabei liegt neben der Betrachtung der inhaltlichen Schwerpunkte der Fokus dieser Arbeit auf der Analyse des methodischen Vorgehens und dessen kritischer Beleuchtung. In einem abschließenden Resümee werden die Ergebnisse dann zusammengefasst. Mit einer kurzen Stellungnahme zur Frage, ob der Krieg gegen die Drogen noch zu gewinnen ist, und einer eigenen Einschätzung dazu endet schließlich dieser Literaturbericht.
INHALTSVERZEICHNIS
Einleitung
1. Darstellung der wissenschaftlichen Abhandlungen
1.1. Linda Helfrich: „Wie erfolgreich ist der ‚Krieg gegen Drogen’ in der Andenregion?"
1.2. Karl-Dieter Hoffmann: „Regierung kontra Kartelle: Der Drogenkrieg in Mexiko“
1.3. Shannon O’Neil: „The Real War in Mexico: How Democracy Can Defeat the Drug Cartels”
2. Inhaltliche Schwerpunkte
3. Methodisches Vorgehen
4. Kritik
Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Einleitung
Angenommen, man würde in einer deutschen Großstadt eine Umfrage durchführen und willkürlich Passanten nach ihren politischen Assoziationen mit Mexiko befragen - man würde vor allem eine Antwort bekommen: der Drogenkrieg. Kaum ein anderes Thema prägt derzeit das Image Mexikos so sehr wie dieses. Ständig berichten die Medien von neuen Gräueltaten, Entführungen, Ermordungen und Vergewaltigungen. Fernsehbilder aus Mexiko werden mittlerweile hauptsächlich von Straßenschlachten, geköpften Leichen und Militäreinsätzen geprägt. Der Drogenkrieg ist seit einigen Jahren das alles bestimmende Thema.
Entsprechend ausführlich sieht die Quellenlage zum Thema aus. Es wäre müßig und würde den Rahmen dieser Einleitung sprengen, wenn nun alle dazu relevanten Werke aufgezählt würden. Daher sei nur auf einige ausgewählte Publikationen hingewiesen, die diesbezüglich von Interesse sein könnten. Neben den drei in diesem Bericht vorgestellten Abhandlungen ist insbesondere auf den von der Heinrich-Böll-Stiftung herausgegebene Sammelband „Drogen, Dollars, Demokratie. Herausforderungen durch den Drogenhandel in Mexiko und Brasilien“ hinzuweisen, der insbe- sondere den Konflikt in Mexiko thematisiert. Auch die Abhandlung „Zentralamerika zwischen den Fronten. Die Region wird zum Schauplatz der internationalen Drogenökonomie“ von Gün- ther Maihold und Daniel Brombacher sei dabei zu nennen, die trotz ihres eher geringen Umfangs einen guten Überblick zum Stand der Dinge in Zentralamerika liefert. Schließlich dürfte neben anderen auch der von Laurie Freemann verfasste Aufsatz „State of siege: drug-related violence and corruption in Mexico: unintended consequences of the war on drugs“ von Interesse sein, der ebenfalls sehr detailliert auf die Lage in Mexiko eingeht.
Die vorliegende Arbeit kann jedoch verständlicherweise nicht alle wichtigen Publikationen zum Thema berücksichtigen. Sie greift daher drei heraus: einen Aufsatz von Linda Helfrich, „Wie erfolgreich ist der ‚Krieg gegen Drogen’ in der Andenregion?“, der insbesondere die Lage in Kolumbien, Peru und Bolivien beleuchtet, und zwei Publikationen, die sich genauer mit der Situation in Mexiko beschäftigen: Karl-Dieter Hoffmanns „Regierung kontra Kartelle: Der Drogenkrieg in Mexiko“ und die von Shannon O’Neil verfasste Abhandlung “The Real War in Mexico: How Democracy Can Defeat the Drug Cartels”.
Diese drei wissenschaftlichen Arbeiten werden im vorliegenden Literaturbericht genauer beleuch- tet. Der Bericht beginnt mit einer Zusammenfassung der Abhandlungen, die anschließend ver- gleichend genauer erörtert werden. Dabei liegt neben der Betrachtung der inhaltlichen Schwer- punkte der Fokus dieser Arbeit auf der Analyse des methodischen Vorgehens und dessen kriti- scher Beleuchtung. In einem abschließenden Resümee werden die Ergebnisse dann zusammenge- fasst. Mit einer kurzen Stellungnahme zur Frage, ob der Krieg gegen die Drogen noch zu gewin- nen ist, und einer eigenen Einschätzung dazu endet schließlich dieser Literaturbericht.
1. Darstellung der wissenschaftlichen Abhandlungen
1.1. Linda Helfrich (2009):
„Wie erfolgreich ist der ‚Krieg gegen Drogen’ in der Andenregion?“
Linda Helfrich geht in ihrem Aufsatz zum Thema „Krieg gegen Drogen“ der Frage nach, ob der Kampf gegen die Drogen bereits verloren ist. Ihre Abhandlung widmet sie vor allem den ver- schiedenen länderspezifischen Ansätzen der US-Drogenbekämpfung. Zu Beginn ihrer Arbeit stellt sie den geschichtlichen Ablauf der amerikanischen Anti-Drogenpolitik dar und listet die Instrumente auf, die den USA bei der Drogenbekämpfung zur Verfügung stehen. Es folgt eine Beschreibung des amerikanischen Engagements in Kolumbien, das zunehmend auch im Rahmen der Terrorismusbekämpfung zu verorten ist. Auf dieses geht die Autorin dann ausführlicher ein. Nach einer kurzen Schilderung der durch das US-Engagement vor Ort ausgelösten Spannungen Kolumbiens mit seinen Nachbarländern konzentriert sich die Autorin insbesondere auf die nega- tiven Seiten des amerikanischen Vorgehens. Vor allem bei der Reduzierung des Kokaanbaus und der Befriedung des Landes sei man gescheitert. Aber auch die Entstehung immer neuer Kartelle und die Anzahl von Binnenflüchtlingen zeige, dass der Krieg gegen die Drogen hier bereits verlo- ren sei. Auch in Peru sieht die Lage trotz massiver Unterstützung durch die USA nach Ansicht der Autorin in Peru nicht besser aus. Die Anbaufläche von Kokapflanzen habe zugenommen, Felder würden seltener zerstört als in Kolumbien und Guerillagruppen seien am Erstarken. Zu- dem gelte Peru als wichtiger Absatzmarkt und Austragungsort von Kämpfen zwischen verschie- denen Kartellen. Drogenkontrollen sind der Autorin zufolge meist ineffektiv, Korruption weit verbreitet. Die Debatte über eine medizinische Nutzung von Kokablättern stößt auf amerikani- schen Widerstand. In Bolivien hingegen ist eine bestimmte Anbaufläche von Kokapflanzen legal. Trotzdem wird deutlich mehr angebaut als eigentlich erlaubt. Zudem führte die relativ laxe Anti- Drogenpolitik zu Spannungen mit den USA, dem Geldgeber im Kampf gegen die Drogen.
Vor allem an diesen drei Ländern macht die Autorin ein Scheitern des Kriegs gegen die Drogen fest. Das Vorgehen der USA habe in vielen Ländern den Ernst der Lage noch verschärft. Rechts- staatlichkeit und Menschenrechte würden teilweise mit Füßen getreten, die Macht der Kartelle sei ungebrochen. Infolgedessen werde vermehrt Kritik seitens der lateinamerikanischen Staaten an den USA geäußert. Einig sei man sich dennoch nicht. Während die einen Staaten eine eher libera- le Politik verfolgten, gehe man in Kolumbien restriktiv gegen Drogenhandel und -konsum vor. Die Autorin beendet ihre Arbeit mit einigen Vorschlägen, wie man die Lage besser unter Kon- trolle bekommen könnte. Insbesondere bei der Gesetzgebung, aber auch der Einhaltung der Menschenrechte müsse man den lateinamerikanischen Staaten helfen. Wichtige Reformen des Polizei-, Justiz-, Militär- und Parteienwesens seien ebenfalls erforderlich. Aber auch auf die Wich- tigkeit eines konstruktiven und reintegrativen Umgangs mit Regierungsgegnern weist sie hin.
1.2. Karl-Dieter Hoffmann (2009):
„Regierung kontra Kartelle: Der Drogenkrieg in Mexiko“
Karl-Dieter Hoffmann geht etwas anders vor. Er beginnt mit einer ausführlichen Beschreibung der Umstände in Mexiko und zeigt dabei die Probleme des Drogenhandels, der Kartelle und der repressiven Politik Calderóns auf. Aber auch die Befürchtungen der USA vor einem Zusammen- bruch Mexikos spricht er an. Im darauf folgenden Kapitel geht er zunächst auf die Bedingungen des Drogenanbaus in Mexiko, dann aber vor allem auf den Aufstieg der mexikanischen Kartelle, der dem Autor zufolge insbesondere dem Wegfallen der Schmuggelrouten durch die Karibik und der Zerschlagung der großen kolumbianischen Kartelle zu verdanken ist, und den zunehmenden Binnenkonsum von Drogen ein. Anschließend stellt Hoffmann die Kartelle, deren Operations- zentren, Machtmechanismen und Aktivitäten vor. Ausdrücklich weist er darauf hin, dass der Drogengroßhandel in den USA selbst nicht von den Kartellen, sondern von ortsansässigen Mexi- kanern betrieben wird, die jedoch in engem Kontakt zu den großen Kartellen stehen. Anschlie- ßend schildert der Autor die Rahmenbedingungen, die für den Vertrieb der Drogen durch die Kartelle vonnöten sind und insbesondere durch Korruption geschaffen wurden. In diesem Zu- sammenhang geht er auch auf die mangelhafte Ausbildung und Ausstattung der Polizei ein - deren Bereitschaft, sich vereinnahmen zu lassen, der Autor insbesondere auf die Vergangenheit unter der autoritären Herrschaft des PRI zurückführt. Hinterher setzt sich Hoffmann näher mit den blutigen Konflikten in Mexiko auseinander. Nach einer kurzen geschichtlichen Abhandlung, in der er erklärt, wie die symbiotische Zusammenarbeit zwischen Drogenbossen und PRI funkti- onierte, schildert er, wie die Demokratisierung Mexikos der Zusammenarbeit zwischen Regierung und Drogenkartellen ein Ende setzte. Das, aber auch die zunehmende Schwäche des PRI und die aufgrund steigender Gewinne möglich gewordene massive Korrumpierung des Staatsapparats habe schließlich zur Eskalation der Lage in Mexiko geführt. Der Autor bietet aber auch eine Al- ternativerklärung an. Derzufolge habe die Stagnation auf dem US-Drogenmarkt dazugeführt, dass Gewinne auf Kosten der andere Kartelle erreicht werden mussten, was die Spirale der Ge- walt erneut anfachte. Aber auch das zunehmende Engagement auf dem Binnenmarkt habe die Gewalt weiter eskalieren lassen. In diesem Zusammenhang weist der Autor auf verschiedene Kil- lertrupps („Zetas“) hin, die zum Schutz der einzelnen Kartelle gegründet worden seien, aber häu- fig auch Vergeltungsangriffe gegen andere Kartelle ausführten. Abschließend geht Hoffmann erneut auf die Politik Calderóns ein. Er schildert, wie dessen Vorgehen gegen die Drogenbanden anfangs auf breite Zustimmung bei der Bevölkerungsmehrheit stieß, mit der Zeit aber an Über- zeugungskraft verlor. Sein Vorgehen weise dabei viele Schattenseiten auf. Zum Einen habe die gewöhnliche Kriminalität durch den allgemeinen Gewaltanstieg zugenommen. Zum Anderen sei die Befriedung einer Region - falls überhaupt möglich - oft nur zum Preis der Konfliktverlage- rung in andere Regionen zu haben, was zu einer Ausdehnung des Drogenproblems geführt habe.
Zudem habe der Kampf zwischen Staat und Kartellen auch Auswirkungen auf den Tourismus. Einige Aktionen des Militärs seien zwar durchaus von Erfolg gekrönt. Die Kartelle könnten da- durch jedoch kaum in ihrer Funktionsweise eingeschränkt werden. Außerdem komme es in die- sem Zusammenhang immer wieder zu Menschenrechtsverletzungen. Der Autor kritisiert aber vor allem, dass das Militär abgesehen von Show-Effekten die Lage kaum unter Kontrolle bringen könne. Dazu bedürfe es eines funktionierenden Rechtsstaats und einer Abschaffung der Straflo- sigkeit, was aber kaum erreichbar sei. Zumindest die Professionalisierung der Polizei und Justiz könne man Calderón aber zugute halten, auch wenn fraglich sei, ob angesichts der massiven Un- terwanderung des Justiz- und Polizeiwesens derartige Aktionen Erfolg brächten. Einen Waffen- stillstand mit den Kartellen lehnt Calderón jedoch kategorisch ab, so der Autor. Sollte ein eventu- ell bereits geschlossenes Abkommen zwischen den verschiedenen Kartellen Bestand haben und sich deren Gewalt nun vor allem gegen den Staat richten, sieht der Autor eine gewisse Wahr- scheinlichkeit, dass aus Mexiko ein „Failed State“ werden könnte - was die USA nicht ohne Wei- teres tolerieren würden.
1.3. Shannon O’Neil (2009):
„The Real War in Mexico: How Democracy Can Defeat the Drug Cartels”
Shannon O’Neil beginnt ihre Abhandlung mit einer Bestandsaufnahme, bei der sie Beispiele der Grausamkeiten des mexikanischen Konflikts zwischen Staat und Kartelle aufzählt. Sie geht an- schließend vor allem auf die USA und deren Befürchtung ein, dass aus Mexiko ein „Failed State“ werden könne. Solche Befürchtungen teilt die Autorin dieser Abhandlung jedoch nicht. Sie spricht eher von der Gefahr, dass die Demokratie nachhaltig beschädigt werden könnte. Um die noch sehr fragile Demokratie Mexikos nicht zu gefährden, empfiehlt sie den USA, nicht nur die Grenzen zu sichern, sondern die Demokratie des südlichen Nachbarn auch aktiv zu unterstützen. Im Anschluss an diese Forderung geht die Autorin genauer auf die Ursachen der Gewalt ein. Ähnlich wie Hoffmann weist sie auf das symbiotische Verhältnis zwischen Drogenkartellen und Regierung hin, deren Abkommen im Zuge der Demokratisierung nichtig geworden seien. Damit habe jedoch auch die Kontrolle der Regierung über die Drogenkartelle geendet. Letztere hätten nun versucht, sich unabhängig zu machen, um sich nicht länger der Regierung unterwerfen zu müssen, was häufig Einschüchterungen der örtlichen Behörden zur Folge gehabt habe Aber auch der mit der Demokratie einhergehende Wettbewerb habe das Vorgehen des Staats gegen die Drogenkartelle gelähmt. Neben dem geschwächten Staat trug O’Neil zufolge zudem die Schlie- ßung der karibischen Schmuggelroute zur Machtzunahme der mexikanischen Kartelle bei, insbe- sondere gegenüber den kolumbianischen Kartellen.
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