Ob Helmut Kohl, Dieter Bohlen oder Joschka Fischer: Biografien erfreuen sich großer Beliebtheit und werden von Millionen Lesern gekauft.
Sie stellen Lebensgeschichte dar – allerdings nicht nur wie in den obigen Beispielen auf einer literarischer Ebene, sondern auch auf einer wissenschaftlichen. Immer aber ist sie eins :Eine subjektive Darstellung.
Die wissenschaftliche Biografieforschung befasst sich daher mit der sozialen Wirklichkeit, wie der einzelne Mensch selbst sie wahrnimmt.
Sie möchte erforschen, wie das Individuum, wie eine Gruppe einzelne Passagen seines bzw. ihres Lebens selbst einordnet.
Wie stark hat der Aufenthalt im Heim das Leben geprägt? Was war es, was den Drogenabhängigen vom Drogenkonsum abgebracht hat? Wie erlebt der Studierende seine Studienzeit? Zeigt sich ein Unterschied zwischen Bachelor- und Magister-Studierenden?
Das alles wären Fragen für biografische Untersuchungen. Dabei soll allerdings nicht vom Einzelfall her verallgemeinert werden. Vielmehr soll die unterschiedliche Lebensgeschichte analysiert werden und Rückschlüsse darauf zulassen, welche Rolle die Sozialisation des Menschen in seinem Leben gespielt hat und spielt – aber auch, wie Institutionen in die Lebensgestaltung des Einzelnen mit einwirken.
Bei diesen Untersuchungen ist jedoch mit Vorsicht vorzugehen. Biographien sind in der Regeln nicht gradlinig, sie sind nicht einfach anhand eines Lebenslaufs ablesbar. Biografien werden in vielen Stunden von Menschen erzählt und von Menschen analysiert. Dabei kann es zu Missverständnissen kommen. Vielleicht hat der Interviewpartner etwas ganz anders gemeint, als der Forscher es auffasst. War seine Kindheit wirklich so schön, wie er sie jetzt darstellt? Ist sein Eheleben so glücklich wie es scheint? Oft ist Biografieforschung ein Lesen zwischen den Zeilen. Doch dabei kann es leicht zu Fehlinterpretationen kommen. Dieses Risiko so weit wie möglich zu minimieren - dazu soll diese Arbeit ihren Beitrag leisten.
Sie soll zuerst darstellen, wie der Forscher Zugang zu seinem Untersuchungsfeld bekommen und wie er sich auf die Befragungssituation vorbereiten kann. Anschließend werden die verschiedenen Formen des Interviews vorgestellt und möglichen Fehler untersucht, um abschließend mögliche Lösungsansätze anbieten zu können.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Gruppe und der Zugang zum Feld
- Das Interview
- Das Leitfaden-Interview
- Das narrative Interview
- Das problemzentrierte Interview
- Der Interviewbericht
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Interviewsituation in der Biografieforschung und analysiert mögliche Missinterpretationen, die bei der Erhebung und Auswertung von biografischen Daten auftreten können. Der Fokus liegt auf der Fehlervermeidung und der Entwicklung eines „kleinen Leitfadens“ für den Umgang mit den Herausforderungen der biografischen Interviewforschung.
- Die Bedeutung des Zugangs zum Feld und die Herausforderungen der Vertrauensbildung zwischen Forscher und Befragten
- Die verschiedenen Formen des Interviews und ihre spezifischen Anforderungen an die Interviewführung
- Die Analyse von möglichen Fehlinterpretationen im Interviewprozess und die Entwicklung von Strategien zur Minimierung dieser Risiken
- Die Rolle des Interviewberichts in der Analyse von biografischen Daten
- Die Bedeutung von Motivation und Freiwilligkeit des Interviewpartners im Rahmen der biografischen Forschung
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung erläutert die Bedeutung der Biografieforschung als wissenschaftliches Instrument zur Erforschung der subjektiven Lebenserfahrungen von Individuen. Die Arbeit zeigt die Notwendigkeit auf, Missverständnisse und Fehlinterpretationen im Interviewprozess zu vermeiden, um die Qualität und Validität biografischer Daten zu gewährleisten.
- Die Gruppe und der Zugang zum Feld: Dieses Kapitel beleuchtet die Bedeutung der Auswahl der richtigen Gruppe für die Befragung und die Herausforderungen des Zugangs zum Feld. Die Arbeit diskutiert die Bedeutung des Vertrauensverhältnisses zwischen Forscher und Befragten und die potenziellen Fallstricke von zu engen Beziehungen zum Feld.
- Das Interview: Dieser Abschnitt stellt die verschiedenen Formen des Interviews in der Biografieforschung vor, darunter das Leitfaden-Interview, das narrative Interview und das problemzentrierte Interview. Die Arbeit analysiert die jeweiligen Vor- und Nachteile der Methoden und stellt die Anforderungen an die Interviewführung heraus.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Schlüsselthemen der Interviewsituation in der Biografieforschung, einschließlich Vertrauensbildung, Interviewtechniken, Fehlinterpretationen, Interviewbericht, Motivation des Interviewpartners und Fehlervermeidung. Die zentralen Konzepte sind biografische Forschung, qualitative Methoden, subjektive Lebenserfahrungen, Interviewführung, Validität von Daten und Interpretation von Interviews.
- Quote paper
- Sascha Wandhöfer (Author), 2009, Interviewsituation in der Biografieforschung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/183589