Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Definition
3. Streetwork
3.1 Geschichte
3.2 Tätigkeitsbereiche
3.3 Konzeptionelle Orientierungen
3.4 Rahmenbedingungen
4. Professionelles Handeln
4.1 Begriffsdefinition
4.2 Kontaktaufnahme
4.2.1 Grundsätze
4.2.2 Formen
4.3 Recht auf der Straße
5. Probleme und Herausforderungen
6. Streetwork in der Prostitutionsszene
6.1 Prostitution und Soziale Arbeit
6.2. Aufgaben
6.3 Aufsuchende Arbeit für Frauen in der Prostitution
6.3.1 Notwendigkeit
6.3.2 Der Nachtbus am Straßenstrich
7. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Alle Menschen haben besonders eine Sache gemeinsam- sie sind in ihrer Umwelt positiven aber auch negativen Einflüssen ausgesetzt. Der Unterschied zwischen ihnen ist, dass sie je nach individueller Lebenssituation, Charaktereigenschaft und Hintergrund ganz unterschiedlich damit umgehen. Vor allem junge Menschen müssen sich in der Pubertät vielen Herausforderungen stellen und geraten dadurch manchmal in Probleme, aus denen es nicht so einfach ist, wieder herauszukommen. Wenn ich in meiner Heimatstadt Stuttgart unterwegs bin, sehe ich immer wieder Punks, sich exzessiv betrinkende Jugendliche oder Obdachlose auf der Straße. Zusätzlich hör ich oft von Kriminalität, Gewalt und rechtsextremen Übergriffen im Fernsehen.
Viele Menschen empfinden bei solchen Nachrichten immer Wut, Hass oder Unverständnis, doch diese Taten passieren nicht einfach so. Denn hinter jedem abweichenden Verhalten stecken große Probleme, Sorgen oder emotionale Schwierigkeiten. Deswegen ist es wichtig, dass man einen Weg findet, auch diese Menschen zu erreichen. Jedoch ist das nicht immer einfach. Denn bereits während meines Freiwilligen Sozialen Jahres im Jugendhaus ist mir aufgefallen, dass wir selbst mit unseren vielfältigen Angeboten nicht alle Jugendlichen erreichen konnten, weil sie sich von diesen nicht angesprochen fühlten oder einfach weil sie nicht zur Zielgruppe der Einrichtung gehörten. Deswegen ist meiner Meinung nach das Berufsfeld Streetwork auch sehr wichtig, da es Möglichkeiten hat, die Menschen in ihrem unmittelbaren Umfeld zu gewinnen und ihnen zu helfen.
Ich bin auf das Thema Streetwork aufmerksam geworden, als ich die Doku- Soap „die Ausreißer- der Weg zurück" im Fernsehen mitverfolgt habe. Die Serie widmete sich Familien, deren Kinder von Zuhause weggelaufen sind und nun auf der Straße leben. Im Mittelpunkt stand der Sozialpädagoge Thomas Sonnenburg, der versucht hat die Probleme der Kinder sowie ihrer Eltern auf unterschiedliche Art und Weise zu lösen. Das fand ich persönlich sehr interessant. Außerdem hab ich während meines Freiwilligen Sozialen Jahres einige Sozialarbeiter aus dem Bereich Streetwork kennengelernt und zusätzlich Einblicke in das Arbeitsfeld bekommen. Da ich aber bisher über die methodische Arbeitsweise relativ wenig wusste, habe ich mich dazu entschieden, dies in meiner Studienarbeit zu thematisieren.
In meiner Arbeit möchte ich vor allem auf Fragen eingehen, die die Methode an sich betreffen um am Ende zu wissen, welchen Herausforderungen sich Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen in diesem Arbeitsfeld stellen müssen und wie man es schafft, mit den Menschen auf der Straße ins Gespräch zu kommen ohne sie zu vertreiben oder sich zu sehr aufzudrängen. Im Anschluss darauf, werde ich auf den Praxisbereich „Prostitution" eingehen. Ich habe mich gerade für dieses Unterthema entschieden, da ich denke dass es ein heikles Thema ist und in der Gesellschaft lieber unter den Teppich gekehrt, als thematisiert wird- und das obwohl es immer wieder Schlagzeilen rund um das Thema Prostitution gibt. Sind es die Drogenabhängigen, die immer öfters daran denken, sich zu prostituieren, junge Studentinnen die sich damit ihr Leben finanzieren oder die zahlreichen Berichte über Zwangs- und Kinderprostitution. Ich werde in diesem Teil meiner Arbeit vor allem auf die Frage eingehen, warum Sozialarbeit in diesem Bereich so wichtig ist, worin die Aufgaben eines Streetworkers bestehen, sowie explizit auf die Frauen in der Prostitution eingehen und erläutern, warum gerade in diesem Bereich die Soziale Arbeit so wichtig sind.
2. Definition
Streetwork heißt übersetzt Straßensozialarbeit und versteht sich selbst als ein ein eigenes Arbeitsfeld sowie Methode der sozialen Arbeit (vgl. Gillich, 2003, S.7). Es werden Schwerpunktsetzungen und Konzepte lebensweltorientierter Sozialarbeit verfolgt (vgl. Gillich, 2003, S.7), unter denen verstanden wird, dass sich die Soziale Arbeit für die Stützung primärer Hilfebeziehungen einsetzt sowie selbst eine Perspektive einnimmt, die an den Sichtweisen, Bedürfnissen und Möglichkeiten der Hilfesuchenden anknüpft (vgl. Frank, 2002, S. 609). Zudem arbeitet Streetwork mit der Kontaktform der aufsuchenden Arbeit (vgl. Gref, 1995, S.13). Ein Sozialarbeiter oder eine Sozialarbeiterin ist nicht nur in einer Institution tätig, sondern besucht ihre Klienten und Klientinnen auch in ihrem unmittelbaren Umfeld, also überall, wo sich die Zielgruppen regelmäßig aufhalten (vgl. Gref, 1995, S.13). Ob das nun Straßenecken, Szenetreffs, Parks, öffentliche Plätze, Ladenpassagen, Fußgängerzonen, Spiel- und Bolzplätze, Schulhöfe, Kneipen, Discos, Spielcenter, Privaträume oder Wohnungen betrifft, das Arbeitsumfeld eines Streetworkers ist sehr groß (vgl. Gref, 1995, S.13).
Streetwork richtet sich an alle Menschen, die von Ausgrenzung und Stigmatisierung[1] bedroht sind, ein auffälliges soziales Verhalten zeigen sowie sich die meiste Zeit an öffentlichen Orten aufhalten. Zielgruppen können Drogenkonsumenten, jugendliche Cliquen und Gangs, Fußballfans, Wohnungslose, Homosexuelle, Stricher und Prostituierte sein (vgl. Gref, 1995, S.14). Die Methode wurde ins Leben gerufen, da ein großer Teil des Klientels der Sozialen Arbeit „ aus den Bereichen Jugend(sozial)arbeit, Wohnungslosenhilfe, Drogenhilfe, Aidshilfe, Fußballfanarbeit etc. von herkömmlichen sozialen Diensten (nicht) mehr wirklich erreicht werden [konnten], gleichzeitig jedoch Hilfen notwendig [waren], die adressenorientiert und flexibel ausgerichtet [waren] (Gillich, 2003, S.7)."
3. Streetwork
3.1 Geschichte
Der Ursprung der Methode Streetwork liegt in Amerika (vgl. Steffan, 2002, S.950). Die ersten Anfänge waren dort bereits vor den 20er- Jahren erkennbar, als die Chicagoer Schule der Soziologie[2] sich mit der Milieu- und Kriminalprävention beschäftigte (vgl. Steffan, 2002, S. 950) Darunter wurde verstanden, dass es damals wie auch heute auch noch, gewaltbereite soziale Millieus gab (vgl. Wegel, 2011). Der Fokus lag damals vorwiegend auf den männlichen Jugendlichen, die besonders problematische Biografien vorzuweisen hatten (vgl. Wegel, 2011). Die Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen versuchten deshalb die Aggressivität- und Kriminalität zu bekämpfen, in dem sie positive und soziale Rahmenbedingungen herstellten, um das abweichende Verhalten zu verhindern (vgl. Wegel, 2011).
Aber auch in Deutschland gab es die ersten Versuche im Bereich Streetwork. Zum einen war es im 19. Jahrhundert das Wirken der pilgernden Brüder und zum anderen die christlich- karikative Millieuarbeit der Ordensleute. Wenn heute jedoch jemand auf die Geschichte des Streetworks Bezug nimmt, spricht er oder sie selten von diesen eben erwähnten Geschehnissen, sondern verweist eher auf die 60er Jahre, in denen auf die Lebenswelt der einzelnen Zielgruppen eingegangen wurde, um auch Menschen zu erreichen, die die herkömmlichen Einrichtungen der sozialen Arbeit mieden oder ausgegrenzt wurden. Leider war die Methode zu dieser Zeit noch lange nicht erforscht und somit die Qualität dementsprechend mangelhaft. Gründe dafür waren, dass der konzeptionellen und- methodischen Reflektion, die heute ein wichtiger Bestandteil ist, kaum Beachtung geschenkt wurde. Deshalb wurde die Methode in der sozialen Arbeit auch lange Zeit nicht anerkannt. Mit der Zeit bildeten sich aber immer mehr Zielgruppen und Milieus heraus und so schaffte es Streetwork sich zwischen dem Jahr 1970 und 1980 endgültig zu etablieren. Kurze Zeit später kam es zu einer starken Entwicklung der aufsuchenden Prävention und Betreuung in den verschiedenen Milieus. Das lag größtenteils an den:
- gesellschaftlichen Herausforderungen wie dem Aufbau der Jugend- und Sozialarbeit in den östlichen Bundesländern
- verschärften Problemlagen wie der Ausbreitung des Hi- Virus
- gesteigerten Gewaltpotenzial der Jugendlichen
- zunehmenden Zahl an Drogentoten und obdachlosen Jugendliche
Aufgrund dieser Gesellschaftsveränderungen gab es zudem eine Modellförderung für bestimmte Programme und Projekte aus der Aids- Arbeit, dem Drogen- und Prostitutionsmilieu sowie der Straßenkinder- Szene. (Vgl. Steffan, 2002, S.950f.)
3.2 Tätigkeitsbereiche
Die Angebote des Streetworks werden in drei Tätigkeitsbereiche eingeteilt. Es gibt welche, die sich auf die Adressatinnen und Adressaten beziehen, infrastrukturell[3] geregelt sind oder Querschnittsfunktionen beinhalten. In der Praxis überschneiden sie sich hin und wieder und die Streetworker sind demnach für mehrere gleichzeitig zuständig. Zu den Angeboten gehören:
- Beziehungspflege und Kontaktpflege: Dazu gehört der Aufbau und die Pflege von langfristigen, verbindlichen und reflektierten Beziehungen sowie die Schaffung eines vertrauensvollen Kontaktnetzes zu den Klienten und Klientinnen.
- Beratung: Damit meint man Angebote im Hinblick auf den individuellen und gruppenbezogenen Bedarf.
- Gruppen- und Projektarbeit: Das Hauptziel dieser beiden Angebote ist Soziales Lernen, um positive Lebensentwürfe entwickeln zu können.
- Freizeitgestaltung und Erlebnispädagogik: Bei diesen beiden Angeboten möchten Streetworker ihrem Klientel die Möglichkeit geben, ihre persönlichen Stärken und Grenzen zu erfahren.
- Begleitung: Die Streetworker unterstützen ihr Klientel auf solidarische Art und Weise.
- Vernetzung: Diese dient der Interessenvertretung und der Entwicklung von örtlichen Hilfestrukuren.
- Öffentlichkeitsarbeit: Es soll eine Darstellung und Vermittlung der Lebenswelt der Klienten in der Öffentlichkeit erreicht werden.
Aus diesen zahlreichen Angeboten kann man schließen, dass Streetwork auf vielen verschiedenen Ebenen tätig ist und besonders auf die Interessen des Klientels, vor allem geschlechtlicher- und ethischer Art, Rücksicht nimmt. (Vgl. Gillich, 2003, S. 211ff.) Außerdem wird klar, dass es im Streetwork nicht nur darum geht, den Kontakt zum Klientel aufrecht zu erhalten, um eine anschließende Beratung möglich zu machen, sondern vor allem Wert auf eine sinnvolle Freizeitgestaltung gelegt wird, in der die Menschen ihre persönlichen Stärken und Grenzen kennenlernen können. Zudem wird ihnen geholfen, positive Lebensentwürfe zu entwickeln, damit sie irgendwann den Wunsch verspüren, sich persönlich weiterzuentwickeln, ihr Leben zu verändern und es geregelte Bahnen zu bringen.
3.3 Konzeptionelle Orientierungen
Streetwork verfolgt kein bestimmtes Konzept und kann demnach nicht als Arbeitsform neben der Einzelfallhilfe, Sozialen Gruppenarbeit und Gemeinwesenarbeit gesehen werden. Jedoch orientiert sich Streetwork an bestimmten Konzepten.
Zum einen gehört hier die Versorgungsorientierung dazu. Die Streetworker müssen eine soziale Infrastruktur schaffen und den Zielgruppen attraktive Freizeitangebote anbieten. Wichtig ist auch, dass sie in der Arbeit mit den Klienten und Klientinnen nicht nur deren individuelle Defizite und Probleme beachten, sondern auch ihre Lebenslage und Alltagssituation im Blick haben.
Eine weitere Orientierung stellt der ganzheitliche Arbeitsansatz dar. Der Autor vertritt die Meinung, dass Streetworker „Universalsprechpartner" seien. Denn sie versuchen bei allen Fragestellungen zu helfen. Ob es sich nun um psychosoziale Fragestellungen, Hilfe in Notlagen, Durchsetzungen von Rechtsansprüchen oder Schul- und Wohnungsprobleme handelt, es wird nie ein „Nein" ausgesprochen. Ganzheitlich bedeutet in diesem Kontext aber auch, die eigenen Klienten gegebenenfalls an andere Institutionen und Beratungsstellen zu vermitteln, wenn bestimmte Probleme nicht mehr in den eigenen Aufgabenbereich fallen.
Außerdem spielen die spezifischen Bedingungen des Arbeitsfeldes eine wichtige Rolle. Dazu gehört dass die Streetworker von ihren Klienten und Klientinnen akzeptiert werden. Um das zu erreichen, müssen sich an die Szene anpassen. Der Autor Gref hat das an einem Beispiel erläutert: „Eigentore fallen doppelt ins Gewicht, der Abpfiff durch die Zielgruppe würde das Spiel unweigerlich beenden (Gref, 1995, S.17)." Damit meint er, dass ein Streetworker niemals zu sehr in die Offensive gehen darf. Es besteht sonst die Gefahr, dass die Gruppe auf Abstand geht.
Weitere Bedingungen sind, dass sie in der Lage sind, ihre Arbeitszeit flexibel einteilen zu können und damit rechnen müssen, ungeregelte Arbeitszeiten zu haben. Auch müssen sie in der Arbeit als Streetworker die gewachsenen Szene- und Gruppenstrukturen beachten. Inzwischen sind sich alle Praktiker einig geworden, dass es kein Ziel ist, Gruppen oder Cliquen auflösen zu wollen. Denn durch diese können die Menschen erst ihre Bedürfnisse nach Kommunikation, sozialen Kontakten und sozialer Anerkennung ausleben. Außerdem bieten sie den Menschen Orientierung und Identität.
Ein weiterer Punkt ist, dass angehende Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen eine grundsätzlich positive Einstellung gegenüber ihrer Zielgruppe mitbringen. Sie müssen ihnen das Gefühl geben, dass sie nicht alleine sind, sie respektiert und akzeptiert werden. Außerdem sind folgende Kompetenzen dringend erforderlich, wenn Sozialarbeiter im Bereich Streetwork tätig werden wollen:
- Allgemeine Kompetenzen: Fähigkeit, in politischen Zusammenhängen denken und handeln können, Klarheit über die Funktion und Berufsrolle, Ziel- und Ergebnisorientierte Arbeitsweise
- Umfeldkompetenzen: Rechts-, Verwaltungs- und Institutionskenntnisse, Szenekenntnisse, Wissen um soziale Hintergründe und Lebenssituationen der Zielgruppen
- Fachkompetenzen: Methodisches Wissen, Planungs- und Organisations-vermögen, Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit
- Persönliche Kompetenzen: interessante Persönlichkeit, Glaubwürdigkeit, Stabilität, Selbstbewusstsein, Überzeugungskraft, Offenheit oder psychische Belastbarkeit, Umgang mit Nähe und Distanz (Vgl. Gref, 1995, S.13ff.)
3.4 Rahmenbedingungen
Um in der Methode Streetwork effektiv und effizient arbeiten zu können, sind passende Rahmenbedingungen sehr wichtig. Unter ihnen versteht man die Voraussetzungen und Umstände, die in die Verantwortung des Trägers beziehungsweise Geldgeber fallen. Diese umfassen die:
- personellen Rahmenbedingungen: schriftliche Vereinbarung von Arbeitsauftrag und Arbeitsplatzbeschreibung, Feststellung des Hilfebedarfes, Teamarbeit oder Einstellung von qualifiziertem Personal
- materielle Rahmenbedingungen: Kommunikationsmöglichkeiten, Handgeld und Mittel für Aktivitäten, Programme und Freizeiten
- strukturelle Rahmenbedingungen: Vernetzung und Kooperation als Teil des Arbeitsauftrages, Einbindung in das Hilfe- und Kooperationssystem
- Möglichkeit zur Reflexion: Planung, Qualitätssicherung, Supervision, Teilnahme an Fachtagungen, kollegiale Beratung, qualifizierte Einarbeitung, Fortbildung (Vgl. Gillich, 2003, S.213f.)
4. Professionelles Handeln
4.1 Begriffsdefinition
Unter professionellem Handeln versteht die Soziale Arbeit reflektiertes Handeln und „ die Fähigkeit, Situationen ganzheitlich wahrzunehmen und auf dieser Grundlage im Rahmen der jeweils gegebenen personellen Möglichkeiten zu reagieren (Gillich, 2006, S. 11)." Spricht jemand von der Professionalität einer Berufsgruppe, so meint er oder sie damit, dass der Beruf Kompetenzen haben muss, die durch keinen anderen Beruf ersetzen werden können. Die Methode Streetwork meint in diesem Zusammenhang das Aufsuchen der Zielgruppen, aber auch das Arbeiten in der Lebenswelt des Klientels, die Fähigkeit zu improvisieren, sich mit immer wieder kehrenden Problemen auseinandersetzen zu können sowie sich an den Klienten und Klientinnen orientieren zu können. Zusätzlich gehört zu der Professionalisierung, dass sich Streetwork im Gegensatz zu anderen Arbeitsfeldern der sozialen Arbeit noch mehr am Willen der Menschen orientiert. Damit meint der Autor Gillich, dass die Zielgruppen keine Objekte sind und auch nicht so behandelt werden können. Ihre Fähigkeiten müssen bewusst wahrgenommen werden und die Streetworker müssen ihre Stärken und Möglichkeiten genau im Blick haben. Zudem sollten die sozialen Probleme im Zusammenhang mit den Ursachen betrachtet werden und nicht losgelöst von ihnen. Weitere Aspekte der Professionalisierung von Streetwork sind Freiwilligkeit, Parteilichkeit, Lebenswelt- und Alltagsorientierung, Akzeptanz, Transparenz und Verbindlichkeit. (Vgl. Gillich, 2006, S.11f)
Zu der Professionalität von Streetwork gehört aber auch, seine Arbeit schriftlich festzuhalten und zu evaluieren zu können. Das ist wichtig, damit sich die Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen in ihrer Arbeit verbessern können, einen Überblick haben und den Träger und andere Institutionen von der Wirksamkeit ihrer Arbeit überzeugen können. Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen haben dazu mehrere Möglichkeiten, die von Bereich zu Bereich variieren und oft vom Träger abhängen. Beispielsweise können sie Statistiken in ihrem Kontaktladen führen, einmal pro Jahr einen Controllingbericht schreiben, Monatsberichte, Jahresberichte aber auch Statistiken verfassen oder ein Arbeitstagebuch führen. (Vgl. Gillich, 2003, S.48)
4.2 Kontaktaufnahme
4.2.1 Grundsätze
Da Streetworker in keiner Einrichtung arbeiten und die Klienten nicht zu ihnen kommen, ist es wichtig zu wissen wie man am besten Kontakt aufbauen sowie aufrecht erhalten kann. Die Kontaktaufnahme ist wichtig, damit man den Menschen Hilfen anbieten, sie vermitteln und Beratungen ermöglichen sowie Veränderungsprozesse einleiten kann.
Streetwork wendet sich an Personen, für die der öffentliche Raum von sehr großer Bedeutung ist. Da die Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen Gäste sind und nicht dazu gehören, müssen sie sich an den Umgangsregeln der Menschen orientieren und im Bewusstsein darüber sein, dass sie gleichberechtigte Kommunikationspartner sind. Weitere Prinzipien umfassen die Freiwilligkeit der Kontaktaufnahme, das Akzeptieren des Andersseins, den Vertrauensschutz und die Gewährleistung von Anonymität. Außerdem ist es wichtig, vereinbarte Termine einzuhalten und sich regelmäßig in der Szene aufzuhalten.
Aus den vielen Prinzipien kann man schließen, dass man in der Position als Streetworker viele Aspekte berücksichtigen muss. Außerdem wird klar, dass zukünftige Sozialarbeiter eine Empathiefähigkeit mitbringen und tolerant gegenüber anderen Lebensstilen und Wertesystemen sein muss. (Vgl. Gillich, 2006, S. 56ff.)
[...]
[1] Unter Stigmatisierung versteht man eine Bewertung des normalen gesellschaftlichen Umgangs von Verhaltens und sonstigen Auffälligkeiten (vgl. Scheerer, 2002, S. 943)
[2] Die Soziologie ist eine Sozialwissenschaft, die theoretisch und empirisch arbeitet (vgl. Blaschke; Dietrich, 2002, S.918).
[3] Infrastrukturelle Einrichtungen sind Arbeitsbereiche, die der sozialen Versorgung der Bevölkerung dienen (vgl. Heil, 2002, S.483).