Wie der Titel schon sagt, möchte sich diese Arbeit auf dem Gebiet der Entwicklungspsychologie mit dem Thema "Sensorische Integration" näher auseinandersetzen. Interessant und aufschlussreich ist die "Sensorische Integration" nicht nur im Hinblick auf die "normale" gesunde Entwicklung eines Kindes von Geburt an - vielmehr lassen sich eine mittlerweile für eine Vielzahl von unterschiedlichsten Lern- und Verhaltensstörungen (Dyskalkulie, Legasthenie, ADHS, usw.) im Kindesalter eine Störung auf der Ebene der Sensorischen Integration als sog. Primärstörung diagnostizieren. Eine Einsicht die für Mediziner, Psychologen und Pädagogen in gleichem Maße bei ihrer täglichen Arbeit und Therapie mit betroffenen Kindern von Nutzen ist. Somit sollte es eine Selbstverständlichkeit darstellen mit den Grundlagen der Sensorischen Integration, sowie Diagnostik und Förderung bei auftretenden Dysfunktionen zumindest Grundzügen vertraut zu sein. Deshalb wird im folgenden Hauptteil der Versuch unternommen die Sensorische Integration hinreichend zu definieren und deren Entwicklung auf den verschiedenen Ebenen einzuführen. Um einen möglichst nahen Bezug zur Praxis geht es dann bei der Darstellung und Auswirkungen verschiedener Störung auf dem Gebiet des Verhaltens und Lernens (Lesen, Schreiben und Rechnen). Abschließend möchte diese Arbeit zu dem Faktor "Psychosoziale Einflüsse und Entwicklung" Stellung beziehen und einige interessante Thesen verifizieren.
Inhaltverzeichnis
I. Einleitung
II. Hauptteil
1. Sensorische Integration und Entwicklung
2. Entwicklung auf vier Ebenen
2.1 Neuronale Ebene
2.2 Sensorische Ebene
2.3 Kognitive Ebene
2.4 Motorische Ebene
3. Verhaltens- und Konzentrationsstörungen
3.1 Kinder mit taktiler Überempfindlichkeit
3.2 Kinder mit vestibulärer Unterempfindlichkeit
4. Lernstörungen
4.1 Lese- und Rechtsschreibschwäche
4.2 Rechenschwäche
5. Psychosoziale Einflüsse auf die Entwicklung
5.1 Beurteilung des sozialen Umfeldes
5.2 Bedeutsame Elemente der Interaktion
5.3 Einflüsse auf das Betreuungsverhalten
5.4 Veränderung der Interaktion durch Beeinträchtigung des Kindes
III. Schlussgedanke
IV. Literaturverzeichnis
I. Einleitung
Wie der Titel schon sagt, möchte sich diese Arbeit auf dem Gebiet der Entwicklungspsychologie mit dem Thema „Sensorische Integration“ näher auseinandersetzen. Interessant und aufschlussreich ist die „Sensorische Integration“ nicht nur im Hinblick auf die „normale“ gesunde Entwicklung eines Kindes von Geburt an – vielmehr lassen sich eine mittlerweile für eine Vielzahl von unterschiedlichsten Lern- und Verhaltensstörungen (Dyskalkulie, Legasthenie, ADHS, usw.) im Kindesalter eine Störung auf der Ebene der Sensorischen Integration als sog. Primärstörung diagnostizieren. Eine Einsicht die für Mediziner, Psychologen und Pädagogen in gleichem Maße bei ihrer täglichen Arbeit und Therapie mit betroffenen Kindern von Nutzen ist. Somit sollte es eine Selbstverständlichkeit darstellen mit den Grundlagen der Sensorischen Integration, sowie Diagnostik und Förderung bei auftretenden Dysfunktionen zumindest Grundzügen vertraut zu sein.
Deshalb wird im folgenden Hauptteil der Versuch unternommen die Sensorische Integration hinreichend zu definieren und deren Entwicklung auf den verschiedenen Ebenen einzuführen. Um einen möglichst nahen Bezug zur Praxis geht es dann bei der Darstellung und Auswirkungen verschiedener Störung auf dem Gebiet des Verhaltens und Lernens (Lesen, Schreiben und Rechnen). Abschließend möchte diese Arbeit zu dem Faktor „Psychosoziale Einflüsse und Entwicklung“ Stellung beziehen und einige interessante Thesen verifizieren.
II. Hauptteil
1. Sensorische Integration und Entwicklung
Als Sensorische Integration wird die sinnvolle Ordnung und Aufgliederung von eintreffenden Sinnesreizen im Gehirn verstanden, wobei die Sinnesreizen von den verschiedenen Sinnesorganen, wie Auge, Ohr, Haut, Nase, Gleichgewichtsorgan usw. wahrgenommen werden (Brüggebors: Einführung in die Holistische Sensorische Integration S.25). Dabei meint Wahrnehmung das Registrieren von sensorischen Informationen , während die Interpretation und das Verstehen dieser Informationen als Kognition bezeichnet wird. Auf der Grundlage einer guten Sensorischen Integration entwickelt das Kind Fähigkeiten, um Kenntnisse und Erfahrungen aufzunehmen, die man mit Lernen bezeichnet (Kesper: Sensorische Integration und Lernen S.13). Kommt es zu Interferenzen, hyper- oder hypofunktionellen Integrationsabläufen liegt eine Dysfunktion vor. Vorausgeschickt werden kann hier, dass bei der Entstehung von Lernstörungen Störungen der Sensorischen Integration immer großen Anteil haben. Deshalb kann man Sensorische Integrationsstörungen oftmals als Primärstörung (z.B. einer Lernstörung) bezeichnen (Kesper S.14).
2. Entwicklung auf vier Ebenen
Im folgenden werden nun vier Ebenen vorgestellt auf denen sich die Sensorische Integration entwickelt. Wichtig ist hier die zu beachtende Tatsache, dass eine Störung auf einer Ebene zur Störung des gesamten Systems führen kann. Die einzelnen Ebenen seien hier kurz vorgestellt um sie im Anschluss einer genaueren Betrachtung zu unterziehen. Die Neuronale Ebene ist zuständig für die Aufnahme und Einordnung von Empfindungen und Reizen im zentralen Nervensystem. Daneben registriert, hemmt, verstärkt und vernetzt die Sensorische Ebene die eingehenden Informationen. Auf der Kognitiven Ebene werden die Informationen bewertet und analysiert um Handlungen zu planen (Problemlösungen). Die Motorische Ebene fungiert dabei als sog. Mittler zwischen den Ebenen. (Kesper S. 14f)
2.1 Neuronale Ebene
Jeder Säugling ist mit fundamentalen frühkindlichen Reflexen ausgestattet. Dies ist sozusagen seine Grundausstattung von der alle weiteren Entwicklungen ihren Ausgang nehmen. Jeder Reflex spielt dabei eine bestimmte Rolle und bereitet eine bestimmte Funktion vor, nämlich die unmittelbare Reaktion auf die Umgebung. Dabei sind diese Reflexe automatisch, stereotyp vom Hirnstamm gelenkt und sichern somit das Überleben des Kindes in den ersten Lebenswochen. Jedoch sind diese Reflexe von Anfang an nur auf eine begrenzte Zeit angelegt (bei einer normalen Entwicklung). Schon bald kommt es nämlich zur Hemmung, d.h. die Unterdrückung einer Funktion (hier des bestimmten Reflexes) durch die Entwicklung einer anderen Funktion (Kesper S.15). Mit der damit einhergehenden Entwicklung kortikal gesteuerter Strukturen wird eine willentliche und gezielte Aktion des Kindes auf Reize aus der Umwelt ermöglicht. In der Folge führen vielfach wiederholte Bewegungen zu reiferen Reaktionsmustern, sodass z.B. die Reflexe in gezielt gesteuerte Halte- und Stützreaktionen umgewandelt werden können. Diese Halte- und Stützreaktionen sind für das Kind von unmittelbarer Bedeutung für das Gleichgewicht und im weiteren Verlauf für die Entwicklung der Hand-Auge-Koordination, sowie der Graphomotorik (Kesper S.16).
Ist die Integration der frühkindlichen Reflexe nicht vollständig gelungen, wird die Grundausstattung für das Lernen trotz adäquater Information ineffizient sein. Die fortgesetzte Präsenz der nicht gehemmten Reflexe beeinträchtigt die Reifung des zentralen Nervensystem (ZNS) und kann die Entwicklung der Grob-, Feinmotorik und Wahrnehmung beeinflussen. Spätere Fertigkeiten können somit schlechter automatisiert werden (z.B. schreiben). Es werden also reifere und effektivere Bewegungsfähigkeiten nicht ausgebildet. Die Folge im Verlauf der Entwicklung können Gleichgewichtsprobleme, Bewegungsunruhe, Störungen der Stabilität und Rotation des Rumpfes sein.
Die Integration eines Reflexes bedeutet also immer einen Zuwachs von Fertigkeiten. Das Wissen über die Reflexchronologie (die hier natürlich nicht ausführlich dargelegt werden kann) ist also auch die logische Voraussetzung für die Früherkennung von späteren Beeinträchtigungen. (Kesper S.15ff)
2.2 Sensorische Ebene
Auf der Sensorischen Ebene werden die Informationen aus den Sinnesorganen geordnet, verglichen und koordiniert (Kesper S.17). Die Informationsabgabe geschieht dabei über die Motorik (Motorische Ebene). Sinnliche Erfahrungen des Säuglings und Kleinkindes werden gespeichert und dienen dem zunehmenden Prozess der Wahrnehmungsdifferenzierung. Die Integration von sensorischen und motorischen Informationen ermöglichet dem Kind dabei auch das Bewusstmachen von sich selbst und seinen eigenen Fähigkeiten. Die emotional angemessene Bewertung von sich selbst und der Umgebung, zusammen mit der Fähigkeit zur Steuerung der eigenen Aktionen und Reaktionen sind die Grundlage der Kommunikation und der emotionalen Intelligenz. Auf dieser Ebene dabei lassen sich drei sog. Basisfunktionen hervorheben.
Das vestibuläre (das Gleichgewicht betreffend) System integriert den Austausch aller Sinneseindrücke zwischen Gehirn und Körper in beide Richtungen (Kesper S.18). Jeder Mensch hat einen Hang zu vestibulärer Stimulation, wobei der Wunsch nach Intensität allerdings individuell sehr unterschiedlich ist (Kinder drehen sich sehr gern um sich selbst, schlagen Purzelbäume, rutschen, springen, usw.). Darüber hinaus besteht ein direkter Zusammenhang zwischen dem vestibulären System und dem Hören und Sehen durch den achten Hirnnerv (Deshalb haben hörgestörte Kinder auch Gleichgewichtsprobleme).
Das taktile (die Berührung betreffend) System ist entscheidend an der Gestaltung der sozialen Beziehung beteiligt (Kesper S.19). Ohne taktile Stimulation verkümmert die Seele und es kommt in einem fortgeschrittenen Stadium des Mangels zu Erscheinungen wie Deprivation und Hospitalismus. Hypersensible Kinder (taktile Überempfindlichkeit) wehren Körperkontakt ab oder lassen sich nur von wenigen Menschen berühren. Bei unterempfindlichen Kinder ist die Schmerzgrenze dagegen erhöht.
Das kinästhetische (die Tiefensensibilität betreffend) System ist maßgeblich an der Wahrnehmung von Tonusveränderungen und Lageveränderungen der Gelenke zum Körper beteiligt (Kesper S.20). Wichtig für den eigenen Emotionsausdruck des Kindes ist dieses System deshalb, da sich Emotionen vorwiegend in der Haltung, der Atemmuskulatur, dem Gesichtausdruck (Mimik) zeigen und damit ein bestimmtes Gefühl vermitteln. Eine ausdrucksarme Mimik, wenig Gestik und ein wenig variables Spielverhalten bei Kindern sind somit oft die Folgen von kinästhetischen Störungen. Daneben können sich Faktoren der emotionalen Intelligenz, wie Selbstvertrauen und Selbstkontrolle, Aufmerksamkeit und Ausdauer ohne eine gute Sensorische Integration gar nicht bzw. nur unzureichend entwickeln. Eine Grundlage für Optimismus, Empathie, und Kooperationsfähigkeit ist ebenfalls die gute Verarbeitung von Empfindungen auf der sensorischen Ebene. (Kesper S.17ff)
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- Arbeit zitieren
- German Hondl (Autor:in), 2003, Sensorische Integration, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18416
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