Rund zwanzig Jahre nach dem Ende der DDR wird die DDR noch immer und immer wieder verklärt. Tatsachen schwinden im Gedächtnis. Deshalb sollen hier Fakten und Entwicklungen, auch Hintergründe so dargestellt werden, damit Verklärung vermieden werden kann. Es geht um die geschichtliche Wirklichkeit einer Seite der DDR – dem Arbeitsschutz als sozialem Anliegen, den Gesundheitsschutz im Betrieb. Zum Teil menschenunwürdige Zustände belegen die Realität in der DDR, beleuchten auch Motive der SED. Das darf nicht in Vergessenheit geraten! Es geht um die Würde des Menschen, die nicht gewährleistet blieb. Die Fakten stellen auch positive Seiten des Arbeitsschutzes in der DDR zusammen – aber sie sind zu relativieren, stehen unter dem Vorbehalt ihrer politischen Einordnung in ein Unterdrückungs- und Unrechtsregime.
Beschrieben wird die Entwicklung des Arbeitsschutzes von 1945 bis 1990 in der SBZ und der DDR. Dabei wird für die DDR eine Einteilung nach den vier Jahrzehnten vorgenommen. Es stand umfangreiches Quellenmaterial zur Verfügung, insbesondere konnten die Akten der Regierung der DDR und der SED sowie des FDGB genutzt werden. Die Möglichkeit der Auswertung des Archivmaterials erleichterte das Aufzeigen des Handelns der politischen Akteure, sie bestimmende Vorstellungen und Leitlinien. Die Nutzung der Archivmaterialien ermöglichte die Darstellung politischer Zusammen-hänge und gab Hinweise zu teilweise bisher nicht bekannten Erscheinungen im Arbeitsschutz der DDR. Das Internet bot vielfältige Aussagen von Zeitzeugen und Bewertungen, die eingeordnet werden konnten.
Leider existieren eine Reihe von Veröffentlichungen und Diskussionen in Foren, die einzelne Seiten des DDR-Arbeitsschutzes glorifizieren und damit mehr oder weniger suggerieren, dass der Arbeitsschutz der DDR ein Vorbild für die Bundesrepublik sei. Es ist eines der Anliegen dieser Publikation, dem entgegenzutreten. Es gab sehr viele gute Merkmale und Konzepte. Die DDR hatte für den Arbeitsschutz eine sehr anspruchsolle und sich auch weiterentwickelnde Theorie hervorgebracht. Es entstanden Vorschriften, die isoliert betrachtet tatsächlich Meilensteine darstellen. Trotzdem ist entscheidend, vor welchem Hintergrund solche Ansätze funktionieren konnten Zeitzeugen und Bewertungen, die eingeordnet werden konnten. Das Buch soll die Vergangenheit der DDR speziell zum Arbeitsschutz festhalten, soll Einsichten in die Gegebenheiten bieten und soll auch eingeführte Deutungen infrage stellen.
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkungen
- Vorgeschichte
- Arbeitsschutz ist sehr stark an die Technikentwicklung, aber auch an die Arbeitsorganisation gekoppelt
- Arbeitsschutz ist verknüpft mit Werten in der Gesellschaft sowie wirtschaftlichen Entwicklungen
- Charakteristisch ist die wachsende Institutionalisierung und Professionalisierung des Arbeitsschutzes
- Schrittweise entstanden insbesondere seit dem 19. Jahrhundert Rechtsvorschriften zum Schutz der Gesundheit
- Regelungen zum sozialen Arbeitsschutz (Kinder, Jugendliche, Frauen sowie Arbeitszeit)
- Entwicklung der Gewerbeordnung und Diskussionen zu einem Arbeitsschutzgesetz
- Vorschriften zum technischen Arbeitsschutz
- Das erste Betriebsrätegesetz mit Arbeitsschutzinhalt
- Das Arbeitsschutzverständnis wandelte sich inhaltlich
- Arbeitsschutz in der Sowjetischen Besatzungszone – 1945 bis zur Gründung der DDR 1949
- Die allgemeinen Rahmenbedingungen
- Die politische Situation
- Die soziale und wirtschaftliche Situation
- Der Arbeitsschutz nach Kriegsende
- Arbeitsschutzpolitik in der SBZ
- Prägung der Arbeitsschutzpolitik durch gesellschaftliche Leitbilder
- Arbeitsschutz im Dienste der wirtschaftlichen Entwicklung
- Organisatorische und rechtliche Neuordnungen
- Neuformierung der staatlichen Überwachung des Arbeitsschutzes
- Verstaatlichung des betrieblichen Gesundheitswesens
- Gewerkschaften und Arbeitsschutz in der SBZ
- Vorbereitung rechtlicher Neuordnungen des Arbeitsschutzes
- Betriebliche Strukturen im Arbeitsschutz
- Arbeitszeitreduzierung und Schutz bestimmter Beschäftigtengruppen
- Bilanz der Zeitperiode 1945 bis 1949
- Arbeitsschutz in den 1950er Jahren – ein sozialistischer Beginn
- Die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen
- Arbeitsschutzpolitik in den 1950er Jahren
- Arbeitsschutz im Dienste der Sicherung des Machtmonopols der SED
- Ambivalente Beziehungen zwischen Wirtschaftspolitik und Arbeitsschutz
- Beispiele für menschenverachtende Arbeitsbedingungen in der Ära Ulbricht
- Der Aufbau des Arbeitsschutzes in der DDR
- Arbeitsschutz in der Verfassung der DDR
- Der Ausbau zentraler Arbeitsschutzstrukturen
- Einordnung des Arbeitsschutzes in die zentralistische Planung
- Beginn der Entwicklung wissenschaftlicher Grundlagen des Arbeitsschutzes
- Das Arbeitsschutzverständnis dieser Zeit in der DDR
- Prozesse der Neuordnung des Vorschriftenwerkes im Arbeitsschutz
- Gewerkschaftliche Aktivitäten zum Arbeitsschutz
- Der Arbeitsschutz in der Aus- und Weiterbildung
- Entwicklung wissenschaftlicher Institutionen des Arbeitsschutzes
- Spezielle Arbeitsschutzaktivitäten der DDR
- Zur betrieblichen Organisation des Arbeitsschutzes
- Ausbau der sicherheitstechnischen Betreuung der Betriebe
- Das Betriebsgesundheitswesen
- Schutzgüte als Ansatzpunkt vorausschauender Gefahrenabwehr
- Zum sozialen Arbeitsschutz
- Arbeitsschutz für Frauen
- Jugendarbeitsschutz
- Regelungen zur Arbeitszeit
- Bilanz der 1950er Jahre
- Arbeitsschutz in den 1960er Jahren – Stabilisierung im Zeichen des sozialistischen Aufbaus
- Die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen
- Ambivalente Beziehungen zwischen Wirtschafts- und Arbeitsschutzpolitik
- Orientierung auf Planerfüllung konterkariert den Arbeitsschutz
- Gesundheitliche Gefährdungen durch Schichtarbeit wurden heruntergespielt bis verfälscht
- Die Gewerkschaften setzten eher wirtschaftliche Prioritäten
- Sträfliche Unterlassung von Arbeitsschutz im Strafvollzug
- Arbeitsschutz wird weiter politisiert
- Gewerkschaftliche Aktivitäten im Arbeitsschutz
- Selbst Arbeitsschutz ist zu planen
- Der Ausbau der sozialistischen Prinzipien des Gesundheits- und Arbeitsschutzes zum ideologischen Leitbild
- Nichtverschulden von Unfällen durch Beschäftigte wuchs zu einem politischen Dogma
- Die weitere Konzeptionierung und Ausbau des Arbeitsschutzes
- Die Erweiterung des Arbeitsschutzverständnisses
- Bemühungen um eine weitere Zentralisierung von Arbeitsschutzstrukturen
- Weitere Ausgestaltung des Arbeitsschutzrechts in den 1960er Jahren
- Bildungsaktivitäten zum Arbeitsschutz
- Die Entwicklung wissenschaftlicher Institutionen
- Spezielle Aktivitäten im Arbeitsschutz
- Die betriebliche Arbeitsschutzorganisation
- Die sicherheitstechnische Betreuung durch Sicherheitsinspektoren
- Das Betriebsgesundheitswesen
- Verstärkung der technischen Überwachung in Eigenverantwortung der Betriebe
- Schutzgüte als vorgreifender Gefahrenschutz
- Verknüpfung des Arbeitsschutzes mit der Arbeitsgestaltung
- Regelungen zum sozialen Arbeitsschutz
- Frauenarbeitsschutz
- Jugendarbeitsschutz
- Regelungen zur Arbeitszeit
- Bilanz der 1960er Jahre
- Arbeitsschutz in den 1970er Jahren – Stagnation
- Rahmenbedingungen: Zur politischen und wirtschaftlichen Situation in den Jahren 1970 bis 1980
- Das Dilemma des Arbeitsschutzes als Bestandteil von Wirtschafts- und Sozialpolitik
- Arbeitsschutz wird proklamiert, aber sein Stellenwert nimmt ab
- Die zunehmende Ideologisierung des Arbeitsschutzes
- Die betriebliche Realität schwächt das Arbeitsschutzanliegen
- Ausweitung der Schichtarbeit ohne adäquaten Arbeitsschutz
- Das Betriebsgesundheitswesen erhält fachfremde Inhalte
- Eine Pervertierung des Arbeitsschutzes für Strafgefangene erfolgt weiterhin wie in den Jahrzehnten zuvor
- Versuche zur Stabilisierung des Arbeitsschutzes
- Arbeitsschutz im Arbeitsgesetzbuch der DDR
- Neuordnung der Arbeitsschutzvorschriften über Standards
- Arbeitsschutz und Wissenschaftliche Arbeitsorganisation
- Qualifikationsanforderungen im Arbeitsschutz mit hohem Stellenwert
- Zur Rolle der Gewerkschaften im Arbeitsschutz
- Spezielle Arbeitsschutzaktivitäten in der DDR
- Zur betrieblichen Organisation des Arbeitsschutzes
- Einführung von Zustandskennzahlen zur möglichen Nutzung für eine präventive Orientierung des Arbeitsschutzes
- Die Entwicklung des Einsatzes von Sicherheitsinspektoren
- Ausbau des Betriebsgesundheitswesens und der Arbeitshygieneinspektion
- Zum technischen Arbeitsschutz
- Zum sozialen Arbeitsschutz
- Bilanz der 1970er Jahre
- Arbeitsschutz in den 1980er Jahren – sein Niedergang
- Rahmenbedingungen: Zur politischen und wirtschaftlichen Situation in den Jahren 1980 bis 1990
- Arbeitsschutzpolitik als Instrument des Machterhalts der SED bei wachsenden wirtschaftlichen Grenzen
- Gezielte Desinformation
- Arbeitsschutz wird mit militärischen Zielen und Konzepten verknüpft und sollte in die entsprechenden Strategien unterstützend eingeordnet werden
- Überwindung sozialer Unterschiede werden Ziel der Arbeitsschutzpolitik
- Erscheinungen des Niedergangs des DDR-Arbeitsschutzes
- Wachsende Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit
- Produktion wird vielfach über den Einsatz von Strafgefangenen bei menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen gesichert
- Reaktive Arbeitsschutzpolitik tritt an die Stelle gestaltender Politik
- Die Gewerkschaften sorgten sich nur noch um Planerfüllung
- Spezielle Arbeitsschutzaktivitäten in der DDR
- Einordnung des Arbeitsschutzes in die betriebliche Führungsarbeit
- Ausbau des Betriebsgesundheitswesens und der Arbeitshygieneinspektion
- Zum technischen Arbeitsschutz
- Zum sozialen Arbeitsschutz
- Bilanz der 1980er Jahre
- Arbeitsschutz in den Jahren 1989/90 – der Übergang zur Wiedervereinigung
- Zur politischen Situation
- Diskussionsprozesse und Veränderungen zum Arbeitsschutz in der Wendezeit
- Arbeitsschutz im Einigungsvertrag
- Bilanz zum Arbeitsschutz in der DDR
- Verzeichnisse
- Literaturverzeichnis und archivarische Quellen
- Abbildungsverzeichnis
- Tabellenverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis
- Anlage: Dokumente
- Arbeit zitieren
- Lutz Wienhold (Autor:in), 2011, Zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Historischer Abriss zum Arbeitsschutz in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und der DDR, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/184186