Unter der zentralistischen Ägide der kommunistischen Parteidiktatur war Berichterstattung in Polen – wie in allen Ländern des Real Existierenden Sozialismus – gleichbedeutend mit politischer Public Relations des herrschenden Regimes, dem sein Informationsmonopol sozialistische Bewusstseinsbildung der Bürger und Stabilisierung des Systems ermöglichen sollte. Die totale Kontrolle der Medien durch das politische System entfaltete jedoch am Ende eine diesen Absichten entgegen gesetzte, destabilisierende Wirkung: Die von den Massenmedien verbreitete "Erfolgspropaganda" und die von den Bürgern direkt wahrgenommene soziale Realität klafften immer unübersehbarer auseinander. Der daraus resultierende totale Glaubwürdigkeitsverlust der offiziellen Informationsorgane und des sich darin artikulierenden Systems beschleunigte den Erosionsprozess des Ostblocks schließlich sogar.
Der Übergang zu einer gefestigten Demokratie löste die Symbiose von politischem und Mediensystem auf. Aber – und das ist das Entscheidende – nur bis zu einem gewissen Grad. Schwächen bei der Um- und Neugestaltung der Institutionen und des in ihnen begründeten Verhältnisses von politischem System und Mediensystem begannen nun, die Stabilisierung der polnischen Demokratie zu behindern. Dabei spielt insbesondere auch eine Kontinuität im Verständnis der Massenmedien (insbesondere des Fernsehens) als Instrument parteipolitischer Interessendurchsetzung eine wichtige Rolle. Überspitzt könnte man behaupten, dass die Instrumentalisierungsmöglichkeiten der Massenmedien durch die Akteure des politischen Systems in einer sich konsolidierenden Demokratie sogar größer sind als in einer Diktatur, die ihren formalen Anspruch an die Bereitstellung von Wohlstand und Sicherheit offensichtlich nicht einlösen kann. Während nämlich in einer Diktatur mediale Instrumentalisierungsstrategien zu einem großen Teil als solche wahrgenommen werden, sind in einem sich ausdifferenzierenden, demokratisierenden Mediensystem Einflussnahmen politischer Kräfte ungleich schwerer erkennbar.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung – Theoretischer Rahmen:
- 2. Totale Kontrolle - die "moralische Schizophrenie"
- 3. Brechung des Informationsmonopols - Spaltung der Gesellschaft:
- 3.2. Solidarnosc:
- 4. Die Medien im Kriegszustand und danach: ..
- 5. Das Ende des Systems - "Real World Context".
- 6. Demokratie und Konsolidierung.
- Schlußbetrachtung:
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Entwicklung des polnischen Mediensystems im Übergang von der kommunistischen Diktatur zur Demokratie aus akteurstheoretischer Perspektive. Sie analysiert die Rolle der Medien im Prozess des Systemwandels und beleuchtet die Instrumentalisierungsstrategien politischer Kräfte im Kontext der sich konsolidierenden Demokratie.
- Das Informationsmonopol des kommunistischen Regimes und dessen Auswirkungen
- Die Rolle der Medien in der Spaltung der polnischen Gesellschaft
- Die Herausforderungen der Demokratisierung für das Mediensystem
- Die Instrumentalisierung der Medien durch politische Akteure
- Die Folgen der Kontinuität in der Nutzung der Medien als Instrumente politischer Macht
Zusammenfassung der Kapitel
- 1. Einleitung – Theoretischer Rahmen: Dieses Kapitel stellt den theoretischen Rahmen der Arbeit vor und beleuchtet die Situation des polnischen Mediensystems unter der kommunistischen Herrschaft. Es beschreibt die "moralische Schizophrenie", die durch die Diskrepanz zwischen der offiziellen Propaganda und der gesellschaftlichen Realität entstand.
- 2. Totale Kontrolle - die "moralische Schizophrenie": Dieses Kapitel vertieft die Analyse der totalen Kontrolle der Medien durch das kommunistische Regime. Es untersucht die Auswirkungen der "Erfolgspropaganda" auf die Glaubwürdigkeit der Medien und die destabilisierende Wirkung auf das politische System.
- 3. Brechung des Informationsmonopols - Spaltung der Gesellschaft: Dieses Kapitel beleuchtet die Auswirkungen der Solidarnosc-Bewegung auf das Informationsmonopol des Regimes. Es analysiert die Spaltung der Gesellschaft und die Entstehung eines neuen Medienlandschafts.
- 4. Die Medien im Kriegszustand und danach: Dieses Kapitel untersucht die Rolle der Medien im Kriegszustand und in der unmittelbaren Nachkriegszeit. Es beleuchtet die Herausforderungen der Medienlandschaft im Kontext der politischen und gesellschaftlichen Transformation.
- 5. Das Ende des Systems - "Real World Context": Dieses Kapitel betrachtet die Transformation des polnischen Mediensystems in den 1990er Jahren. Es analysiert die Folgen des Systemwandels für die Medienlandschaft und die neue Rolle der Medien in der Demokratie.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit zentralen Themen des Übergangs vom autoritären zum demokratischen System, dem Einfluss des Mediensystems auf den politischen Wandel und der Instrumentalisierung der Medien durch politische Akteure. Im Fokus stehen die Begriffe wie "moralische Schizophrenie", "Informationsmonopol", "Solidarnosc", "Medienlandschaft", "Demokratisierung", "Konsolidierung", "Akteure", "Instrumentalisierung", "Transitionsforschung" und "Mikroebene".
- Quote paper
- Dr. Holger Muench (Author), 1995, Untersuchung des polnischen Mediensystems im politischen Wandel, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18434