Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, ob die Kurdenpolitik der Türkei ein Hindernis für den türkischen Staat auf seinem Weg in die Europäische Union darstellt. Hierbei geht es vordergründig darum, Erwägungen anzustellen, ob und in wie weit sich ein EU-Beitritt der Türkei vor dem Hintergrund ihrer Kurdenpolitik rechtfertigen lassen würde, und nicht so sehr darum, wie diese Frage letztendlich in der Praxis beantwortet werden wird, da dies sicherlich durch verschiedenste Faktoren, wie zum Beispiel wirtschaftliche oder politische Interessen, beeinflusst wird. Die Kurdenpolitik der Türkei beschränkt sich nicht auf die Grenzen des türkischen Staates, sondern reicht in ihrer Wirkungsbreite weit über diese Grenzen hinaus. Angesichts der Tatsache, dass es sich bei der Kurdenpolitik hauptsächlich um die Kurdistan-Problematik handelt, ist das Verhalten der türkischen Regierung gegenüber dem kurdischen Volk einerseits damit zu erklären, dass die Türkei befürchtet, ihre Kolonie Kurdistan zu verlieren. Aus diesem Grunde greift sie immer wieder zu militärischen Druckmitteln - die Kurdenpolitik könnte sicherlich in dieser Form gar nicht existieren, wenn die Militärpräsenz in der Türkei nicht so groß wäre. (…)Andererseits möchte die türkische Regierung darüber hinaus mit allen Mitteln verhindern, dass die Kurden, ganz gleich ob innerhalb oder außerhalb der türkischen Staatsgrenzen, einen politischen Status erlangen, da sich hieraus schwerwiegende Folgen für den türkischen Staat ergeben würden. Aus diesem Grund droht die Türkei wiederholt in der Öffentlichkeit - wie nach dem ersten Golfkrieg geschehen - damit, dass sie die Tatsache, dass die Kurden einen politischen Status erlangen (in diesem Fall die Bewohner Süd-Kurdistans), als Kriegserklärung verstehe, dies auf gar keinen Fall dulden und militärisch dagegen vorgehen werde.(…) Man kann ohne Zweifel behaupten, dass die Kurdenpolitik der Türkei nicht nur innerhalb seiner Grenzen Wirkung zeigt, sondern auch weitreichende Konsequenzen außerhalb des Staates, insbesondere auch für die europäischen Länder, hat.
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkung
- Einleitung
- I Die Kurden
- I.1 Die Geschichte der Kurden
- I.1.1 Das Volk der Kurden
- I.1.2 Die historische Entwicklung in den kurdischen Gebieten von Alexander dem Großen bis ins 15. Jahrhundert
- I.1.3 Die osmanische Herrschaft und die kurdischen Fürstentümer (1514-1638)
- I.1.4 Die Chance für ein unabhängiges Kurdistan?
- I.2 Entstehung des Status quo im 20. Jahrhundert
- I.3 Die Entwicklung des kurdischen Widerstands
- I.3.1 Die Situation der Kurden in der Türkei bis zum ersten Aufstand
- I.3.2 Die Volksbewegung von Koçgiri (1919-1921)
- I.3.3 Der Aufstand unter Scheich Said (1925)
- I.3.5 Das Tunceli-Gesetz und der Genozid von Dersim (1935-1938)
- I.3.6 Die Situation der Kurden in Nordkurdistan nach dem zweiten Weltkrieg
- I.3.7 Der Militärputsch 1960 und die Entwicklung der kurdischen Bewegung
- I.3.9 Die kurdischen Organisationen
- I.3.9.1 Ala Rizgari (Befreiungsfahne)
- I.3.9.2 Kawa (Union des Proletariats Kurdistans)
- I.3.9.3 KUK (Nationale Be freier Kurdistans)
- I.3.9.4 TKSP (Sozialistische Partei des türkischen Kurdistans)
- I.3.9.5 Rizgari (Befreiung)
- I.3.9.6 PKK (KADEK) (Arbeiterpartei Kurdistans)
- I.3.10 Verstärkte Aktivitäten der kurdischen Bewegung in Nordkurdistan von den 70er Jahren bis heute
- I.4 Der Kemalismus
- I.4.1 Der Kemalismus und seine historische Entwicklung
- I.4.1.1 Der Kemalismus im Allgemeinen
- I.4.1.2 Die universalen Entstehungsbedingungen des Kemalismus
- I.4.1.4 Der Klassengesellschafts-Charakter des Kemalismus
- I.4.1.5 Die ideologisch-historischen Wurzeln des Kemalismus
- I.4.1.6 Die kemalistische Herrschaft und ihr bourgeoises Fundament
- I.4.1.7 Das kolonialistische Vorgehen des Kemalismus in Kurdistan
- I.4.1.8 Die antikommunistische Haltung des Kemalismus
- I.4.1.9 Die antikurdische Haltung des Kemalismus
- I.5 Die Instrumente des Staates gegen die Kurden
- I.5.1 Sondereinheiten
- I.5.2 Özel Tim (Sonderteam)
- I.5.3 Jitem
- I.5.4 Hizbullah (Gottes Partei)
- I.5.5 Dorfschützer
- II Die Entwicklung des Selbstbestimmungsrechts
- II.1.1 Überblick über die bisherige Entwicklung des Selbstbestimmungsrechts der Völker
- II.1.2 Die UN-Charta und das Selbstbestimmungsrecht
- II.1.3 Die UNO und ihr Anti-Kolonialismus
- II.2 Das heutige Verständnis des Selbstbestimmungs-rechts
- II.2.1 Das Völkervertragsrecht
- II.2.2 Das Völkergewohnheitsrecht
- II.2.3 Der Begriff der Nation und die Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts
- II.2.4 Das Selbstbestimmungsrecht und die Kurden in der Türkei
- III Die Europäische Union
- III.1 Die Geschichte der EU
- III.1.1.Die Entstehung der EU
- III.1.2 Eine stetig wachsende Institution
- III.1.3 Die Europäische Grundrechtecharta
- III.1.4 Kopenhagener Kriterien
- IV Die Türkei als Beitrittskandidat und die EU
- IV.1 Chronologie der Beziehungen zwischen der Türkei und der EU
- IV.2 Die politischen Kopenhagener Kriterien und deren Umsetzung in der Türkei
- IV.2.1 Die türkische Regierung
- IV.2.2 Parlament, Wahlen und Parteien
- IV.2.3 Organisierte Interessen und Zivilgesellschaft
- IV.2.4 Das Militär als politische Institution
- IV.2.6 Das Recht auf Bildung und Medienübertragung in der kurdischen Sprache
- IV.2.7 Die Todesstrafe
- IV.2.8 Folter und Polizeihaft
- IV.2.9 Meinungsfreiheit
- IV.2.10 Parteiverbote
- Schlusswort
- Die historische Entwicklung der Kurden und des kurdischen Nationalismus in der Türkei
- Die Analyse der türkischen Kurdenpolitik und ihrer Auswirkungen auf die Menschenrechte der Kurden
- Die Rolle des Kemalismus und seiner antikurdischen Ideologie
- Die Entwicklung des Selbstbestimmungsrechts der Völker und seine Relevanz für die kurdische Frage
- Die Kopenhagener Kriterien und deren Bedeutung für die Beurteilung der Türkei als Beitrittskandidat
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Frage, ob die Kurdenpolitik der Türkei ein Hindernis für den türkischen Staat auf seinem Weg in die Europäische Union darstellt. Sie analysiert, ob und inwieweit ein EU-Beitritt der Türkei vor dem Hintergrund ihrer Kurdenpolitik gerechtfertigt wäre. Die Arbeit betrachtet dabei insbesondere die Auswirkungen der türkischen Kurdenpolitik auf die Einhaltung der Kopenhagener Kriterien, die für einen EU-Beitritt notwendig sind.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Darstellung der Geschichte der Kurden in der Türkei und beleuchtet dabei die osmanische Herrschaft und die Entstehung des modernen türkischen Staates. Sie beschreibt die verschiedenen Aufstände und Widerstandsaktionen der Kurden gegen die türkische Herrschaft und beleuchtet die Rolle des Kemalismus und seiner antikurdischen Ideologie. Die Arbeit geht anschließend auf die Entwicklung des Selbstbestimmungsrechts der Völker und seine Relevanz für die kurdische Frage ein. Sie analysiert die Kopenhagener Kriterien und deren Bedeutung für die Türkei als Beitrittskandidat. Die Arbeit untersucht dabei insbesondere die Auswirkungen der türkischen Kurdenpolitik auf die Einhaltung der Kriterien für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte.
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt die Themen Kurdenpolitik, Türkei, Europäische Union, Kopenhagener Kriterien, Selbstbestimmungsrecht, Menschenrechte, Kemalismus, Anti-Kolonialismus, Nationalismus, Geschichte der Kurden, kurdischer Widerstand, Kurdistan-Problematik, Türkei und EU-Beitritt.
- Arbeit zitieren
- Ali Haydar Özdemir (Autor:in), 2003, Kurdenpolitik der Türkei - Ein Hindernis auf dem Weg in die EU?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18461