Leseprobe
Inhalt
1. Einleitung
2. Hobbes Idee von Staat und Untertan
3. Freiheit im Naturzustand
4. Freiheit im Staat
5. Fazit
6. Literaturangaben
1. Einleitung
Thomas Hobbes wurde 1588 geboren, studierte in Oxford und entwickelte nach seiner Flucht 1640 von England nach Paris seine Ideen, die auf einem philosophischen Materialismus basieren. Hobbes philosophierte an einer Schnittstelle zur Neuzeit, die nach neuen Normen verlangte.[1] Er starb im Jahr 1679.
Den 1651 erschienenen „Leviathan“ bezeichnet Kersting als „Jahrhundertwerk“, welches „die endgültige Fassung der politischen Philosophie Hobbes‘“ enthält.[2] Historischer Hintergrund und Auslöser für Hobbes‘ Werk waren vor allem die englischen, teils religiös begründeten Bürgerkriege. Im damaligen England herrschte zudem keine Einigkeit über die beste politische Ordnung und Verfassung, auch über die Glaubensrichtung und Glaubensfreiheit gab es keinen breiten gesellschaftlichen Konsens.
Hobbes war sich der Bedeutung seines Beitrags zur politischen Philosophie der Neuzeit sicher und sah sich sogar als Erneuerer der Wissenschaft vom Staat.[3] Die Situation des Umbruchs, in der Hobbes sich befand, erforderte in seinen Augen, den Menschen im reinen Selbstbezug zu sehen,
„zunächst frei von jeder Normativität […] Dieser Schluss oder dieser Ausgangspunkt ist eine Antwort auf den Zusammenbruch exklusiv-verbindlicher religiöser Normativität“.[4]
Hobbes stand also an der Nahtstelle vom klerikal beherrschten Mittelalter zur säkularen Neuzeit. Das war nicht nur im weithin römisch- katholisch bestimmten Kontinentaleuropa gefährlich[5], sondern auch in England, dessen besonderer Protestantimus eine Gemeinschaft von geistlicher und weltlicher Herrschaft vorsieht. Die geistliche Herrschaft in Frage zu stellen, bedeutete folglich die englische Krone und den Adel in Frage zu stellen. Letztlich war das Anlass für Hobbes Flucht aus England.
Hobbes grenzt sich mit seine Theorie allerdings auch klar von der klassischen philosophischen Tradition ab, insbesondere von Aristoteles‘ Polis-Theorie.[6] Laut Hobbes ist es eine idealistische Verblendung, zu sagen, in der Antike seien die Menschen frei gewesen. Er geht davon aus, dass zwar die Staaten frei waren, der einzelne Bürger jedoch nicht. Herb führt an, dass es sich bei der Kritik an den griechischen Philosophen im Grunde um eine Kritik an ihren späteren Nachahmern handelt. Hobbes will klären, wie Herrschaft aus dem Naturzustand hergestellt werden kann und beschäftigt sich mit einem rechtsphilosophischen Grundproblem.[7] Auch hier taucht der Angriff auf die bisherige Grundlage von Herrschaft von Gottes Gnaden durch die neu konstruierte Herrschaft aus dem menschlichen Naturzustand auf.
In seinem Staatskonstrukt, das er im Werk „Leviathan“ vorstellt, spielt die Freiheit der Untertanen eine erhebliche Rolle. Allerdings ist diese Freiheit, die Hobbes den Untertanen in seiner Staatstheorie nach Vertragsabschluss lässt, sehr eingeschränkt. In der politischen Partizipation der Untertanen – auch eine Art Freiheit- sah er die Ursache für Unruhen und Kriege:
„Aber die Menschen lassen sich von dem bestechenden Wort Freiheit leicht täuschen […] Und wird dieser Irrtum noch durch die Autorität von Leuten, die wegen ihrer Schriften über diesen Gegenstand berühmt sind, bestärkt, so ist es kein Wunder, wenn daraus Aufruhr und Staatsumwälzungen entstehen.“[8]
Trotzdem gilt Hobbes als Wegbereiter des modernen Freiheitsbegriffs. Sogar Hegel führte an, dass Hobbes Theorie und das darin vorgestellte Verhältnis von Freiheit und Herrschaft ein Bruch sei, da Hobbes davon ausgeht, dass der Staat aus dem Willen des Menschen entstehe und zum Beispiel nicht Gott gewollt sei.[9]
Anhand des „Leviathan“ werden im Folgenden die Dimensionen der Freiheit der Untertanen in Hobbes‘ Staatskonstrukt erläutert. Zunächst wird die Idee Hobbes‘ von Staat und Untertan vorgestellt, sodann die Dimensionen der Freiheit der Menschen im Naturzustand erörtert, um schließlich zur Freiheit im Staat und vor allem deren Begründung im Werk „Leviathan“ und zum Fazit zu gelangen.
2. Hobbes Idee von Staat und Untertan
Hobbes geht davon aus, dass alle MenschenV in ihren Grundzügen gleich sind und somit die gleichen Ziele haben. Daraus entsteht allerdings zunächst immense Konkurrenz, Misstrauen und Ruhmsucht. Dem folgt laut Hobbes Krieg, den die Menschen führen, um Ansehen und Gewinn zu sichern und zu vermehren. Vor allem aber führen sie Krieg, um ihr eigenes Leben zu schützen. Damit folgen sie dem Trieb der Selbsterhaltung, der jedem Menschen angeboren ist. Jeder Mensch tut das in seiner Macht stehende, um vor allem das größte Übel der Welt, den Tod, zu vermeiden.[11]
Der Zustand, in dem sich die Menschen befinden, nennt Hobbes den Naturzustand. In ihm gibt es weder Gerechtigkeit, noch Ungerechtigkeit, es gibt keinen Besitz und jeder Mensch darf und soll alles in seiner Macht stehende tun, um sein Leben zu schützen:
„Die allgemeine Situation des Naturzustandes versetzt aber nun alle Individuen in eine identische Bezugslage, so dass ihre je subjektive Vernunft zu demselben, daher verallgemeinerbaren Resultat gelangt.“[12]
Beim Hobbesschen Naturzustand handelt es sich erkennbar um eine geradezu absurde Situation, die nur als theoretisches Konstrukt, nicht aber als geschichtlicher Zustand vorstellbar ist. Die Konstruktion des Naturzustandes erlaubt Hobbes aber, der seinerzeit gängigen Vorstellung eines göttlichen Naturrechts entgegenzutreten. Herb führt an, dass Hobbes damit „vehementen Einspruch gegen die Tradition des klassischen Naturrechts“ erhebt, in dem davon ausgegangen wird, dass aus dem anarchischen Zustand automatisch Frieden unter den Menschen hervorgeht[13]. In Hobbes‘ Naturzustand ist das Leben augenscheinlich weder sicher, noch erfüllt. Hobbes leitet vom Krieg eines jeden gegen jeden, in dem sich alle freien Menschen zunächst befinden, die Notwendigkeit eines absoluten Souveräns ab.[14]
Gegenüber tradierten Naturrechts- Vorstellungen legt Hobbes sein Augenmerk auf die souveräne Rechtssetzung des Einzelnen, also darauf, dass jeder Mensch im Naturzustand selbst bestimmt, was er für richtig oder falsch hält.[15]. Zur Überwindung dieser Verhältnisse ist Abschluss eines Vertrages nötig, in dem die Menschen ihre Rechte auf einen Souverän übertragen.
[...]
[1] Kersting, Wolfgang: „Einleitung: Die Begründung der politischen Philosophie der Neuzeit im Leviathan“, in Kersting, Wolfgang (Hrsg.): „Leviathan oder Stoff, Form und Gewalt eines kirchlichen und bürgerlichen Staates“, Akademie- Verlag Berlin 2008, Seite 9 – 24, hier: Seite 9
[2] Kersting, Wolfgang: „Thomas Hobbes zur Einführung“, Junius Verlag Hamburg 2002, Seite 71
[3] Die Fachliteratur widerspricht diesem Selbstbild Hobbes‘ nicht, Vergleiche hierzu: Herb, Karlfriedrich: „Bürgerliche Freiheit: Politische Philosophie von Hobbes bis Constant“, Karl Alber Verlag, München 1999, Seite 20
[4] Willms, Bernard: „Die Angst, die Freiheit und der Leviathan. Staatsmechanismus oder politische Dialektik?“ in Bermbach, Udo, Kodalle, Klaus-M. (Hrsg.): „Furcht und Freiheit: Leviathan – Diskussion 300 Jahre nach Thomas Hobbes“, Westdeutscher Verlag, Opladen 1982, Seite 79 – 91, hier: Seite 81
[5] So wurde Galileo Galilei unter Hausarrest gestellt und an der Veröffentlichung mathematischer und astronomischer Entdeckungen gehindert, die das Weltbild der Kirche als falsch aufdeckten.
[6] Herb, a.a.O., Seite 20
[7] Herb, a.a.O., Seite 25
[8] Hobbes, Thomas: „Leviathan oder Stoff, Form und Gewalt eines kirchlichen und bürgerlichen Staates“, Hermann Luchterhand Verlag Neuwied/Berlin 1966, Seite 167
[9] Hegel, Georg Friedrich Wilhelm: „Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie“, in „Werke in Zwanzig Bänden“ Suhrkamp Frankfurt am Main, 1970, Seite 226f.
[10] Hobbes Methoden und Vorstellungen können heute kaum noch Bestand beanspruchen. Zwar haben sie zu Hobbes Zeit eine hochmoderne Theorie dargestellt, da sie sich vom populären und allseits herrschenden Christentum abgrenzten. Zur Bearbeitung des Themas dieser Hausarbeit tragen sie freilich nichts bei; auf Erörterung wird daher verzichtet.
[11] Kersting, a.a.O., Seite 75; Vergleiche: Heger, Rainer: „Die Politik des Thomas Hobbes: eine Studie zur Geschichte der klassischen bürgerlichen Staatstheorie, Campus-Verlag, Frankfurt am Main/New York 1981, Seite 69
[12] Heger, a.a.O., Seite 68
[13] Herb, a.a.O., Seite 22
[14] Hobbes, a.a.O., Kapitel 13
[15] Herb, a.a.O., Seite 22