Als die Ara Pacis Augustae am 30. Januar im Jahre 9 vor Christus geweiht wurde, konnte die Bevölkerung Roms sowohl auf den beiden großen Prozessionsfriesen als auch auf dem kleineren Altarfries ein künstlerisches Novum bestaunen. Zwischen fast hundert togati marschierten in bunter Reihe auch Frauen und Kinder. Auf der nördlichen Altarwange zog ein Vestalinnenkollegium zum inneren Altartisch hinauf. So etwas war in Rom noch nie dagewesen: In den Reliefdarstellungen der Ara Pacis Augustae verband sich ein aus heterogenen Komponenten zusammengesetzter1 innovativer augusteischer Stil mit einem ihm um nichts nachstehenden revolutionären Inhalt.
Was waren die Voraussetzungen, die zu derartigen Darstellungen führen konnten? Erhellt eine präzise Be¬schreibung und Benennung der weiblichen Protagonisten auch die Hintergründe, die zu diesem Bildprogramm geführt haben? Wurden für weibliche Darstellungen in der Öffentlichkeit ähnlich stringente Kriterien angewandt wie für ihre männlichen Vorläufer? Vermögen wir derartiges noch nach¬zu¬vollziehen? Läßt sich eine Kontinuität dieses eingeschlagenen Weges aufzeigen, oder war es ein avangardistischer Versuch, der in Aporie endete?
Dieser Beitrag versucht, die einzelnen Frauendarstellungen – soweit es nach ihrem Erhaltungszustand noch möglich ist – eindeutig zu benennen durch die Verknüpfung ihrer jeweils genau definierten juristischen Position innerhalb ihrer Familie und ihrem dementsprechenden Status als dominierende Gestalt des Vordergrundes oder als flache Figur im Hintergrund. [...]
Der zweite Teil der Untersuchung gilt der zugleich wichtigsten Frau auf der Ara Pacis Augustae und der domus Augusta, der femina princeps2 Livia. Als bekannteste und am besten bezeugte Frau der frühen Kaiserzeit soll der Rezeption ihrer Darstellung sowohl in den literarischen Quellen – als literarisch fast gleichzeitiges Zeitzeugnis erwiesen sich am ergiebigsten die Fasti des Ovid – als auch in weiteren Bildprogrammen nachgespürt werden, um ihre Interpretation auf der Ara Pacis zu überprüfen. Den Abschluß dieses Exkurses bildet eine Einordnung des Konzeptes der Ara Pacis Augustae innerhalb der augusteischen Nachfolgepolitik, und zwar unter dem Aspekt, was die Frauendarstellung zu diesem Programm beigetragen hat. Im Epilog wird ein Ausblick auf die Frauendarstellungen späterer historischer Reliefs gegeben, deren Programm sich auf die Intentionen der Ara Pacis Augustae zurückführen läßt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Frauendarstellungen auf der Ara Pacis Augustae
- Südfries
- Nordfries
- Innenseite der nördlichen Altarwange
- Kurzer Abriß der juristischen Stellung der römischen Frau
- Juristischer Status und familiär bedingter ornatus in Relation zur jeweiligen Reliefhöhe
- Die Bedeutung der mythologischen Reliefs der beiden Eingänge für die Frauen-darstellungen der Prozessionsfriese
- Livia – femina princeps – die Protagonistin der Ara Pacis Augustae
- Literarische Rezeption
- Bildliche Rezeption
- Zusammenfassung
- Epilog
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Beitrag befasst sich mit der Darstellung von Frauen auf der Ara Pacis Augustae und untersucht deren Bedeutung im Kontext der augusteischen Zeit. Die Autorin analysiert die juristische Stellung der Frauen im Römischen Reich und setzt diese in Beziehung zu ihrer Darstellung in den Reliefs. Besonderes Augenmerk liegt auf Livia, der femina princeps, und ihrer Rolle in der augusteischen Nachfolgepolitik. Die Untersuchung beleuchtet die Kontinuität des eingeschlagenen Weges der Frauendarstellungen in der römischen Kunst und prüft, ob es sich bei den Darstellungen auf der Ara Pacis um einen revolutionären Bruch oder um einen konsequenten Schritt in der Tradition handelt.
- Die Frauendarstellungen auf der Ara Pacis Augustae
- Juristische Stellung der römischen Frau
- Die Rolle der mythologischen Reliefs
- Livia und die femina princeps
- Die Ara Pacis Augustae und die augusteische Nachfolgepolitik
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Forschungsfrage nach der Bedeutung der Frauendarstellungen auf der Ara Pacis Augustae und deren Zusammenhang mit der römischen Gesellschaft. Das zweite Kapitel untersucht die Frauendarstellungen auf dem Südfries der Ara Pacis Augustae, insbesondere die Figur der Frau neben dem Knaben S31. Der dritte Teil beleuchtet die juristische Stellung der römischen Frau und ihre Bedeutung im gesellschaftlichen Kontext. Das vierte Kapitel setzt den juristischen Status der Frauen in Beziehung zu ihrer Darstellung in den Reliefs. Das fünfte Kapitel behandelt den Einfluss der mythologischen Reliefs der Eingänge auf die Frauendarstellungen der Prozessionsfriese. Das sechste Kapitel widmet sich Livia, der femina princeps, und ihrer Bedeutung in der augusteischen Nachfolgepolitik. Die Zusammenfassung fasst die wichtigsten Erkenntnisse der Untersuchung zusammen. Der Epilog stellt einen Ausblick auf die Frauendarstellungen späterer historischer Reliefs.
Schlüsselwörter
Ara Pacis Augustae, Frauendarstellung, Römische Frau, Juristische Stellung, Livia, femina princeps, Augustus, Nachfolgepolitik, Mythologie, Prozessionsfries, Relief, Kunstgeschichte, römische Kunst, Geschichte Roms
- Arbeit zitieren
- Claudia Nickel (Autor:in), 1999, Die Frauendarstellung auf der Ara Pacis Augustae unter besonderer Berücksichtigung der Livia, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/184873