Kinderarmut in Deutschland - eine Analyse der Auswirkungen auf die von Armut betroffenen Kinder


Hausarbeit, 2011

25 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Was bedeutet Kinderarmut und wie kann diese festgestellt werden?
2.1 Die zwei grundlegendsten Definitionen der Armut
2.1.1 Die „ absolute “ Armut
2.1.2 Die „ relative “ Armut
2.2 Zwei ausgewählte Konzepte zur Analyse von Kinderarmut
2.2.1 Der ressourcenorientierte Ansatz
2.2.2 Der Lebenslagenansatz

3. Wie wirkt sich Armut auf die betroffenen Kinder aus?
3.1. Wie wirkt sich „relative“ Einkommensarmut auf die materielle Situation der betroffene
3.2. Wie wirkt sich „relative“ Einkommensarmut auf die Gesundheitsentwicklung der
3.2.1 Die k ö rperliche Gesundheit der von Armut betroffenen Kindern
3.2.2 Die psychische Gesundheit der von Armut betroffenen Kinder
3.3. Zeigt sich bei von Armut betroffenen Kindern eine Benachteiligung hinsichtlich der
3.3.1 Sozialverhalten der von Armut betroffenen Kindern
3.3.2 Soziale Kontakte der von Armut betroffenen Kindern
3.4. Wirkt sich die „relative“ Armut von Kindern auf deren kulturelle Situation aus?

4. Schluss
4.1 Fazit
4.2 Was kann die Soziale Arbeit leisten?

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Bundesrepublik Deutschland gilt als eines der wohlhabendsten Länder der Welt.

Laut einer Studie des „Legatum Institute“ im Jahr 2010, wonach die wirtschaftliche, gesundheitliche, unternehmerische Dimension, als auch Bildung, Soziales Kapital, persönliche Freiheit, Sicherheitsleistungen und die Regierungsform untersucht wurde, erreichte Deutschland in einem Ranking, von insgesamt 110 untersuchten Ländern, Platz 15. (vgl. Legatum Institute 2010) Kaum vorstellbar ist daher, dass in Deutschland das Phänomen Armut existiert. Zahlen bestätigen jedoch die Realität. Immerhin waren im Jahr 2007 14,3 % der Bevölkerung in Deutschland von relativer Armut gefährdet. (vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2009)

Diese Ungerechtigkeit betrifft hierzulande vor allem die Kinder.

In Deutschland waren 2005 nach der Berechnung der EU-SILC 12%1 der Kinder im Alter von 0-15 Jahren von Armut betroffen. (vgl. EUROSTAT 2008, EU-SILC 2006 in Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2008, S. 91) Insbesondere Kinder, die in Haushalten von Alleinerziehenden leben, seien mit 24% arm. Leben drei und mehr Kinder bei einem Paar, so beträgt das Armutsrisiko 13%. Hingegen Paare mit nur einem Kind sind zu 8% und Paare mit zwei Kindern zu 9% betroffen.2 (vgl. EUROSTAT 2008, EU-SILC 2006 in Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2008, S. 92)

Des weiteren deuten die Statistiken daraufhin, dass insbesondere Familien, die kein Erwerbseinkommen erlangen, zu 48% von Armut betroffen sind. Jedoch schützt scheinbar auch eine Erwerbstätigkeit nicht vor Armut. Denn auch wenn mindestens eine Person in dem Haushalt mit Kindern voll erwerbstätig ist oder zwei Personen jeweils einer Halbtageserwerbstätigkeit nachgehen, liegt deren Armutsrisikoquote immer noch bei 22%.(vgl. EUROSTAT 2008, EU-SILC 2006 in Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2008, S. 95)

Diesen Zahlen zufolge ist es erschreckend, dass lange Zeit die Kinder eher als Verursacher von Armut für deren Familien, statt als „Leidtragende“ betrachtet wurden.

Mit der Veröffentlichung des Sozialberichts von 1993 wurde die Problematik der von Armut betroffenen Kindern und damit das Ausmaß der Ungleichheit in der Gesellschaft deutlich. (vgl. Holz 2010, S. 88 - 89)

Dies löste Empörung in der Bevölkerung aus und initiierte damit einhergehend Diskussionen bezüglich Kinderrechte und Kindeswohl. Wissenschaftler unterschiedlicher Professionen setzen sich nun mit dem Begriff Armut und speziell Kinderarmut auseinander, entwickeln Konzepte zu Armut, untersuchen verstärkt Auswirkungen und Bewältigungsstrategien von den in Armut lebenden Kindern und suchen nach geeigneten Ansätzen zu Armutsprävention. (vgl. Holz 2010, S. 88 - 89)

Nun wurde das Thema in der Armuts- und Kindheitsforschung in Deutschland als eigenständigen Diskurs anerkannt, wobei die wissenschaftliche Auseinandersetzung noch an den Anfängen steht. Dies erklärt eine dürftige Auswahl von empirischen Untersuchungen zu Ursachen, und insbesondere zu den Ausmaßen und möglicher Kumulation der Auswirkungen von Armut. Zu erkennen ist jedoch seit Jahren schon, auch ohne wissenschaftliche Befunde, dass Kinderarmut große Ungerechtigkeit innerhalb der Gesellschaft bewirkt.

In beinah jeder Literatur, welche sich mit Kinderarmut befasst, werden Spekulationen zu tiefgreifenden Folgen in verschiedenen Lebensbereichen der von Armut betroffenen Kindern angeführt.

Dies verwundert nicht, denn die Kindheit gilt als eines der wichtigsten und grundlegendsten Lebensabschnitte in der Biografie eines Menschen.

Meinem Wissensstand entsprechend wird die Entwicklung eines Menschen von seiner Anlage und seiner Umwelt bestimmt.

Erfahrungen, die ein Kind in diesem Lebensabschnitt sammelt, beeinflussen in hohem Maße die Entwicklung, wodurch davon auszugehen ist, dass Armut eine solche prägende Erfahrung darstellt. Dieses Hintergrundwissen macht es noch dringlicher, die Auswirkungen von Kinderarmut in den wissenschaftlichen Blick zu nehmen. Denn durch das Wissen von möglichen Auswirkungen können diesen, möglicherweise durch Prävention, entgegen gewirkt oder gemildert werden. Insbesondere die Profession der Sozialen Arbeit kommt durch die verschiedenen Tätigkeitsfeldern mit Kindern, welche von Armut gefährdet sind, in Kontakt. Dies betrifft vor allem die Bereiche der Schulsozialarbeit, des Sozialen Dienstes, der Familienhilfe, der Elementar Erziehung, der Jugendarbeit, der Heimerziehung, der Freizeitpädagogik und der Gemeinwesenarbeit, bei welchen die Chance sehr hoch ist auf von Armut betroffenen Kindern zu treffen.

Daher halte ich es als angehende Sozialarbeiterin/ Sozialpädagogin für notwendig, mich mit den möglichen Auswirkungen von Kinderarmut intensiv zu befassen.

Denn, nur wenn ich mir den möglichen Folgen der Kinderarmut bewusst bin, kann ich gezielt auf die Kinder eingehen, mit ihnen zu ihrem Wohle arbeiten, ihre Handlungen, Gefühle und Persönlichkeiten verstehen, durch präventive Angebote den negativen Benachteiligungen entgegenwirken und letztlich Hilfe zur Selbsthilfe anbieten.

Der Schwerpunkt meiner Hausarbeit wird somit die Analyse und Zusammenstellung möglicher Auswirkungen von Armut betroffenen Kindern im Alter von 0 - 10 Jahren sein. Was sind die Folgen? Geht mit Kinderarmut soziale Ungleichheit einher? Welches Ausmaß nehmen diese Folgen an?

Um hierfür Antworten finden zu können, muss zunächst einmal definiert werden, was Kinderarmut in Deutschland bedeutet und auf welche Messgrundlagen empirische Untersuchungen

zurückgreifen. Dies werde ich im zweiten Kapitel thematisieren.

Im Anschluss daran werde ich auf den Schwerpunkt meiner Arbeit eingehen. Ich gebe einen Überblick der möglichen Auswirkungen in Kapitel drei, welches ich in materielle, gesundheitliche, soziale und kulturelle Lage gegliedert habe.

Für die Analyse dieser Auswirkungen beziehe ich mich auf ausgewählte Literatur, insbesondere von den Herausgebern Klaus Hurrelmann und Sabine Walper.

Darüber hinaus verwende ich eine Studie, welche auf einem mehrdimensionalen Lebenslagenkonzept hinsichtlich Kinderarmut basiert. Ich werde die Aussagen der Literatur bezüglich Auswirkungen von Kinderarmut mit den empirischen Ergebnissen der Studie vergleichen, wodurch sich ein konkreteres und verlässlicheres Bild ergeben könnte. Zum Schluss fasse ich meine Überlegungen, Ergebnisse und Erkenntnisse zusammen. Hierzu beziehe ich mich auf meine Eingangs gestellten Fragen, finde Antworten und gebe ein Resümee. Darüber hinaus werde ich mich mit der Frage befassen, wie die Profession der Sozialen Arbeit auf von Armut betroffene Kinder positiv einwirken kann.

Ich möchte darauf hinweisen, dass ich mit dieser Hausarbeit nur einen kleinen Einblick in das komplexe Thema geben kann. Dennoch stellt dies für mich eine Basis dar, mich für dieses Thema sensibilisieren zu können, um in meiner späteren Arbeit als Sozialarbeiterin/ Sozialpädagogin adäquat reagieren und unterstützend helfen zu können.

2. Was bedeutet Kinderarmut und wie kann diese festgestellt werden?

Für die Analyse der Auswirkungen auf die von Armut betroffenen Kindern muss zunächst einmal definiert werden, was Armut ist und wie Armut ermittelt wird.

Jedoch herrscht hierzu Uneinigkeit in der Armutsforschung. Die Schwierigkeit, eine allgemeingültige Definition zu Armut zu bestimmen, liegt hierbei in der Abhängigkeit und Einflussnahme der politischen und gesellschaftlichen Situation eines jeweiligen Landes.

2.1 Die zwei grundlegendsten Definitionen der Armut

2.1.1 Die „ absolute “ Armut

Die „absolute“ Armut bezeichnet ein Leben unter dem Existenzminimum. Dies bedeutet, dass lebensnotwendige Bedürfnisse, aufgrund der nicht vorhandenen Ressourcen, nicht befriedigt werden können. Hierzu zählen die Bedürfnisse nach Nahrung, Kleidung, Obdach, Heizung und Gesundheitserhaltung. (vgl. Hurrelmann, Klocke 2001, S. 11)

Der Transfer dieser Definition auf Kinder, bedeutet also, dass eine „absolute“ Kinderarmut dann vorliegt, wenn die genannten Grundbedürfnisse der Kinder nicht erfüllt werden. „Absolute“ Armut ist in Deutschland jedoch seltener zu beobachten, da die Bundesrepublik Deutschland ein Wohlfahrtsstaat ist und demnach eine Mindestsicherung einem jedem Menschen gewährleistet. Dennoch kommt es vor, dass Personen, die von Armut bedroht sind, auf diese Leistung aus Scham oder Unwissenheit nicht zurück greifen und daher in „absoluter“ Armut leben. Dies betrifft beispielsweise Obdachlose, „Straßenkinder“ oder Asylsuchende. (vgl. Hurrelmann, Klocke 2001, S. 11-12)

2.1.2 Die „ relative “ Armut

Die „relative“ Armut hingegen beschreibt ein Minimum an Existenzgrundlagen, wodurch eine Benachteiligung in verschiedenen Lebensbereichen entsteht. Auch diese Definition lässt sich auf Kinder übertragen, wonach sie eine soziale Ungleichheit in der Gesellschaft erfahren. Der Grund der „relativen“ Armut ergibt sich aus der ungleichen Ressourcenverteilung in einem Land, welche sich aus dem Durchschnitt der Lebensbedingungen und des Lebensstandards der Bevölkerung ergibt. (vgl. Hurrelmann, Klocke 2001, S.12)

Der EU-Rat definierte 1984 „relative“ Armut als geringe Verfügung über materielle, kulturelle und soziale Mittel, die als Minimum in dem Mitgliedsstaat, in dem die Betroffenen leben, annehmbar sind und hierdurch die Betroffenen von der Lebensweise ausgeschlossen werden. (vgl. Hauser 2008, S. 96) Die Definition der „relativen“ Armut bildet in der Armutsforschung in Deutschland die Grundlage der sich etablierten Ansätze.

Doch nun stellt sich die Frage, wie „relative“ Armut ermittelt werden kann. Hierzu stelle ich im folgenden Punkt zwei Ansätze dar.

2.2 Zwei ausgewählte Konzepte zur Analyse von Kinderarmut

Wann ein Kind von „relativer“ Armut betroffen ist, ist schwierig festzulegen. Hierzu haben sich mehrere Ansätze etabliert. Die Kenntnisnahme der verschiedenen Ansätze ist wichtig, da diese unterschiedliche Ziele verfolgen und damit auch Studien, welche auf den jeweiligen Ansätzen beruhen, unterschiedliche Ergebnisse liefern.

Im Folgenden werde ich auf zwei wichtige Konzepte eingehen, die häufig in wissenschaftlichen Studien verwendet werden.

2.2.1 Der ressourcenorientierte Ansatz

Der ressourcenorientierte Ansatz bezieht sich auf die Unterversorgung im Einkommensbereich, wonach das vorhandene Einkommen eines Haushaltes im Mittelpunkt der Armutsermittlung steht. (vgl. Dallmann, Toppe 2000, S. 131)

Auch für Kinder ist dieser Ansatz bedeutend, da sie zumeist in Haushalten aufwachsen, wodurch auch sie von dem Einkommen abhängig sind. Daher kann bei diesem Ansatz das Kind nie völlig allein im Mittelpunkt der Armutsanalyse stehen, sondern wird immer in Verbindung mit den Haushaltsmitgliedern gesehen. (vgl. Dallmann, Toppe 2000, S. 138)

„Relative“ Armut kann bei dem ressourcenorientierten Ansatz durch zwei verschiedene Bestandsgrößen festgelegt werden.

Zum einen wird durch eine Einkommensarmutsgrenze, welche anhand des ermittelten Durchschnittsäquivalenzeinkommen aller Haushalte in Deutschland festgelegt wird, „relative“ Armut bestimmt. Diese Bestandsgröße zur Armutsbestimmung unterteilt in „strenge“ Armut bei

40% des Durchschnittsäquivalenzeinkommens, bei der 50%-Schwelle liegt eine

Einkommensarmut vor und 60% des Durchschnittsäquivalenzeinkommens wird als

Niedrigeinkommen gewertet, welche auf EU-Ebene als Armutsrisikoquote ausgewiesen wird. (vgl. Holz 2010, S.90)

Eine weitere Möglichkeit ist die Orientierung an dem Bezug von Sozialhilfe, wobei die politische Ebene dann von „bekämpfter“ Armut spricht. (vgl. Walper 2008, S.204)

In amtlichen Studien wird diese Form der Armutsmessung nicht verwendet, da die Sozialhilfe als Mindestsicherung angesehen wird, so dass eine Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben in der Gesellschaft möglich sei. (vgl. Dallmann, Toppe 2000, S. 133) Dennoch ist in Studien oftmals die Sozialhilfegrenze Ausgangspunkt für deren Forschungen, da davon ausgegangen werden könne, dass dies ein Hinweis auf Armutsgefährdung darstellt, womit ein „sozialer Abstieg(s)“ verbunden sei. (vgl. Zimmermann 2001, S.56; Dallmann, Toppe 2000, S. 131)

[...]


1 Allerdings muss erwähnt werden, dass andere Quellen eine weit höhere Prozentzahl angeben. Das „sozioökonomische Panel“ 2005 errechnete, dass 17,34% aller in Deutschland erfassten Kinder von Armut betroffen sind. (vgl. SOEP 2006 in Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2008, S. 2)

2 Bei dieser Berechnung wird 1% der insgesamt 12% von Armut betroffenen Kindern nicht angegeben. Anzunehmen ist, dass dieser 1% in anderen Wohnformen, z.b. in Heimen untergebracht waren.

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Kinderarmut in Deutschland - eine Analyse der Auswirkungen auf die von Armut betroffenen Kinder
Hochschule
Hochschule Esslingen
Veranstaltung
Theorien und aktuelle Erscheinungsformen sozialer Ungleichheit
Note
1,0
Autor
Jahr
2011
Seiten
25
Katalognummer
V185053
ISBN (eBook)
9783656098508
ISBN (Buch)
9783656098324
Dateigröße
525 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Armut, Kinderarmut, Deutschland, AWO-ISS-Studie, Soziale Ungleichheit, Relative Armut, Absolute Armut, ressourcenorientierte Ansatz, Lebenslagenansatz, Kinder, Soziale Arbeit, Soziologie
Arbeit zitieren
Jessica Thoß (Autor:in), 2011, Kinderarmut in Deutschland - eine Analyse der Auswirkungen auf die von Armut betroffenen Kinder, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185053

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