Heinrich Manns "Professor Unrat"

Werk, Inhalt / Zusammenfassung und Biographie


Unterrichtsentwurf, 2001

28 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Heinrich Mann: »Professor Unrat“

1 ) Biographie

II) Inhaltsangabe

Ш) Interpretation:

A) Der historische Hintergrund:

Im Professor Unrat hat H. Mann die Institution Schule, die Figur des tyrannischen Lehrers sowie die Gesellschaft der Stadt Lübeck kritisiert.

1) Die Hansestadt Lübeck:

Die Hansestadt Lübeck zählt im Kaiserreich neben Bremen und Hamburg zu den Stadtstaaten, die aufgrund ihrer republikanischen Verfassung eine gewisse Sonderrolle im monarchisch - organisierten politischen System des Kaiserreichs einnehmen. Die Stadt wird nicht mit einer demokratischen Gleichheit, sondern durch eine kollektive Führung, durch das Patriziat der Stadt im Unterschied zu den fürstlichen Einpersonenherrschaften geführt. Es gab somit ein ungleiches Wahlrecht, das dafür sorgte, dass die wirtschaftlich dominierende Schicht der Kauüeute auch die politischen Geschicke der Stadt bestimmt. (Wirtschaftsleute = Politiker) Die kleine Gruppe der angesehen und traditionsreichen Patrizierfamilien herrscht über eine breite Unterschicht von Hafenarbeitern, Seeleuten, Dienstboten. Dazwischen befindet sich die Mittelschicht, die aus Beamten, selbstständigen Handwerkern und Gewerbetreibenden besteht. Zu der Mittelschicht zählt auch die Hauptfigur des Romans. Gymnasiallehrer wie Unrat beziehen ihr relativ hohes Prestige (verglichen mit ihrem Einkommen) aus der Tatsache, dass sie als Staatsdiener Anteil an der allgemein Hochschätzung des Staates haben (Teil seiner Autorität sind) und auch aus ihrem Universitätsstudium. Einer akademischen Ausbildung wird am Ende des 19. Jhdts. ein hoher Stellenwert eingeräumt, so dass der Gymnasiallehrer zu den Honoratioren des Ortes gehört.

2) Die Gesellschaft:

Ist hierarchisch und statisch, nur der Abstieg aus einer Schicht aufgrund eines wirtschaftlichen Niedergangs ist möglich. Die Gesellschaft ist die des Kaisers Wilhelm, nur der Adel ist durch das Patriziat ersetzt worden und die Arbeiterschaft steht in deutlicher Opposition zu dem Regime als früher.

3) Die Lebens- und Bildungschancen:

- Wie werden die verteilt?

Sie verteilen sich gemäß der Schichtzugehörigkeit. Aus finanziellen Gründen ist das Gymnasium nur für die Oberschicht und die Mittelschicht zugänglich. Die Adels und die Patriziersöhne können ihren Lebensweg auch ohne regulären Schulabschluss gehen. Nur fiir die Mittelschicht ist der Schulabschluss eine Pflicht.

- Wie wird das im Werk Prof. Unrat deutlich?

Das wird im Werk Professor Unrat immer wieder deutlich, weil der Lehrer die drei Schüler Lohmann, von Ertzum und Kieselack ganz anders behandelt (vor allem in der Szene vor dem Gericht). Während vor Gericht immer wieder mildernde Umstände für Lohmann (aus dem Patriziat) und von Ertzum (aus dem Adel) gefunden werden, wird Kieselack, der Sohn eines einfachen Hafenbeamten, sofort von der Schule entlassen.

4) Der Kaiser:

a) Beschreibung seiner Macht:

Der Kaiser steht an der Spitze dieser Gesellschaft. Er stützt sich auf Adel, Bürokratie und vor allem Militär und wird von den großbürgerlichen „Schlotbaronen“ (Fabriksbesitzer) und der „protestantischen“ Kirche . Im Zentrum steht der Kaiser umgeben mit einer quasi feudalen Macht. Die politische Entwicklung hält nicht Schritt mit der ökonomischen und technischen Modernisierung.

- Wie behauptet der Kaiser seine Autorität im Staat und wie bewahrt er sie trotz der Kritik von liberaler und sozialdemokratischer Seite?

Der Kaiser wird durch die Einigung Deutschlands von oben legitimiert durch wirtschaftliche und außenpolitische Erfolge und auch durch das kirchlich abgesegnete Gottesgnadentum bestärkt.

- Erscheint der Kaiser im Roman?

Nicht als handelnde Figur. Er ist aber dennoch präsent, weil seine Existenz im Bewusstsein von autoritätsfixierten Menschen wie Prof. Unrat tief verankert ist.

5) Die Untertanen:

a) Das Militär: \

Mit seinem hohen Sozialprestige dient das Militär als ein Vorbild dafür, wie die Gesellschaft funktionieren soll, (auch Teile der Gesellschaft wie Schule oder Unternehmen)

- Welche Rolle hat das Militär?

Das Militär gehört zum Kemelement der Gesellschaft wegen seines inneren Aufbaus und seines Geistes, wegen seiner Ausstrahlung nach Außen und seinen verfassungsmäßigen Sonderrolle (als direkte und kontrollierte Unterstellung des Monarchen).

b) Die Unterschicht:

Sie soll dem Kaiser Wilhelm dem II. loyal sein. Sie identifiziert sich mit dem Bild des Kaisers und tritt für ein nationalistisches, imperialistisches und militaristisches Gedankengut ein.

c) Die bürgerliche Familie:

- Der Bau: Die innere Ordnung der Familie ist patriarchalisch. Frau und Kinder unterstehen rechtlich und moralisch der Autorität des Vaters. Der Mann hat die aktive, weltzugewandte Rolle. Die Frau hat die passive, auf den Haushalt orientierte Rolle.

- Die Tugenden der Familie: Selbstbeherrschung, Besonnenheit und Mäßigung, Anstand, Nüchternheit und Arbeitsamkeit, Ordnung und Normalität gelten als die wesentlichen Tugenden im privaten Bereich. Darüber hinaus ist die Sexualmoral ein Kernpunkt der bürgerlichen Lebensauffassung: alles Geschlechtliche wird tabuisiert und verdrängt; es herrscht zumindest nach Außen hin eine gewisse Prüderie. Voreheliche und außereheliche Sexualität gilt als schwerste religiöse und moralische Verfehlung, in besonderem Maße noch für Mädchen aus bürgerlichem Fiause. Die Sexualmoral ist also mit der nationalen Gesinnung verknüpft. Abweichende Verhaltensweisen gelten als undeutsch, als „französisch“.

Diese starken und streng sanktionierten Normen führen sehr oft zu einer praktizierten Doppelmoral. Sexuelle Beziehungen zu Prostituierten oder zu Personen aus den unteren sozialen Schichten z.B. Dienstmädchen werden aber nur für Männer als akzeptabel dahingestellt, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass diese Beziehungen vor der Öffentlichkeit geheimgehalten werden. Ansonsten droht der Verlust der Respektabilität, die öffentliche Ächtung und das Ende der Karriere, da offene Unmoral vor allem bei gesellschaftlich bekannten und führenden Personen Anlass für große und von der Presse des Kaiserreichs gerne aufgegriffene Skandale ist. Eine Ausnahme stellte nur die in Großstädten z.B. in Berlin die vorhandene Künstlerszene der Bohème dar, in der die bürgerliche Sexualmoral ganz bewusst durchbrochen wird. In Lübeck, einer Mittelstadt, gilt diese Außenseiterszene natürlich nicht.

d) Ein Gymnasiallehrer:

Für einen Gymnasiallehrer wie Unrat gelten sehr strenge Moralmaßstäbe. Sein entscheidendes Fehl verhalten im Roman liegt nicht in der Existenz einer Beziehung zu einer Frau aus zwielichtigem Milieu, sondern in seinem offenen Bekenntnis dazu.

6) Das Gymnasium und seine Funktion in der Wilhelminischen Gesellschaft:

- Was ist das höhere Schulwesen?

Es ist eine rein staatliche Einrichtung, ohne irgend einen direkten Einfluss der Kirchen. Es wird organisiert und finanziert von den jeweiligen Bundesstaate des Kaiserreichs.

Welchen Platz hat das Gymnasium?

Das Gymnasium nimmt einen zentralen Platz bei der Sozialisation der Heranwachsenden ein.

- Wie ist seine Erziehung?

Sein Erziehungsziel entspricht den Erziehungsprinzipien der damaligen Zeit, die auf Autorität, Ordnung und Gehorsam aufgebaut sind und er spiegelt die Gesellschaft als Mikrokosmos wider.

- Welches Ziel hat die Erziehung?

Der Eigenwille des Kindes soll gebrochen werden und das Kind durch formalen einüben von Gehorsam an die Strukturen der Gesellschaft angepasst werden.

Die Schule soll die soziale Disziplin und die politische Loyalität der nachwachsenden Generationen vermitteln d.h die Schule hat sich nach Meinung Kaiser Wilhelms des II der Heranbildung von staats- und kaisertreuen, nationalgesonnenen Untertanen zu widmen. Sie soll nach dem Willen des Kaisers ein Kamp l'instrument gegen alle demokratischen und sozialistischen Anschauungen darstellen und dem Erhalt der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung dienen.

- Welche Erziehungsmethode gibt es im Gymnasium?

Im Mittelpunkt stehen eine quasi militärische Disziplin, ein sinnloser Drill, ein Auswendiglernen, ohne Förderung der Selbstständigkeit und der Kritikfähigkeit der Schüler.

- Wie ist das Bild des Gymnasiums im Roman dar gestellt?

All die oben erwähnten Merkmale lassen sich an Unrats pädagogischer und didaktischer Praxis nachweisen.

- Welche Funktion hat noch das Gymnasium?

Eine selektive Funktion; Der gymnasiale Abschluss ist Voraussetzung für die Zugehörigkeit zu der politisch- gesellschaftlichen Führungsschicht. Alle akademischen Berufe des Bildungsbürgertums und auch die sehr begehrte Stellung als Reserveoffizier hängen von einem bestandenen Abitur ab.

- Welches Prestige genießt die gymnasiale Bildung?

Ein großes, daher ist die gesellschaftliche Stellung der Gymnasiallehrer sehr hoch. Obwohl sie finanziell keineswegs gut Besoldet werden, gehören die Gymnasiallehrer doch zum Kembestand des Bildungsbürgertums und damit zur oberen Mittelschicht und sie sind nicht akademischen Geschäftsleuten auf jeden Fall im Sozialprestige überlegen.

- Welche Bildung erteilt das Gymnasium am Ende des Jahrht.?

Fast ausnahmslos ist das Gymnasium ein humanistisches Gymnasium mit starker Betonung der Fächer Latein und Griechisch. Da man die Wirklichkeitsferne dieser Unterrichtsinhalte kritisiert, beschließt Kaiser Wilhelm der It. in das Schulwesen einzugreifen und verstärkt ab 1892 den Unterricht in den Fächern Deutsch und Geschichte.

- Was denken die Schüler?

Die Schüler werden immer stärker von der Industrialisierung geprägt und es wird von ihnen immer mehr in Bezug auf ihre späteren Tätigkeiten ein realitätsbezogenes wirtschaftliches Denken verlangt. Deshalb sieht sich das Gymnasium in einem grundsätzlichen Kampf gegen den Materialismus eingebunden und fühlt sich dem Idealismus verpflichtet. Die Aufgabe der Schule als Vermittlerin von Werten kommt im Religionsunterricht und auch in der Lektüre klassischer deutscher Dichtung z.B. Schiller zustande, allerdings, da die meisten Gymnasien einen wirklichkeitsfernen und traditionellen Unterricht vermitteln, kommt es zu einer Erstarrung und die humanistischen Bildungsinhalte gelten als eher wertlos. „Das humanistische Gymnasium wird Altsprachenschulé pedantischer Philologen, Memorier- und Lemschule.

B) Entstehung des Romans:

1) autobiographische Erinnerungen /Reminiszenzen:

a) Lübeck:

Manns Geburtsstadt Lübeck wird im Roman nie namentlich erwähnt. Sie ist die Stadt, in der er lebte, bis er 1889 vorzeitig das Katharineum verließ, um eine Buchhändlerlehre in Dresden zu beginnen.

b) Das Seebad Travemünde:

Es ist der sommerliche Erholungsort der Lübecker, wo auch HM mehrere Sommerferien verbrachte. Der junge HM ist die Figur Lohmanns. Wie HM stammt er als Sohn eines Konsuls aus einer Patrizierfamilie und verlässt vorzeitig das Gymnasium. Wie HM hat er dieselbe Lebenseinstellung (die Attitüde eines jungen Dekadenten die Vorliebe für Heinrich Heine), seine literarischen Ambitionen (er will Schriftsteller werden) und auch seinen Namen und zwar Lohmann: L (uis) = erster Vorname von Heinrich Mann; H von Heinrich und Mann -> Lohmann. Wie bei HM hat der Schüler Lohmann eine sichtliche Überlegenheit gegenüber den Mitschülern, die auf seine soziale Stellung, eine größere Lebenserfahrung und einen weiteren Bildungshorizont (z.B. die Reise nach Petersburg 1884) zurückzufuhren ist.

c) Die Buddenbrooks von Th. Mann:

Übereinstimmungen zwischen diesem Werk und Prof. Unrat: die persönlichen und familiären Erlebnisse der Familie Mann wurden stark literarisiert. z.B. in der Beschreibung der Schul Wirklichkeit oder in der Rolle der Varieteedamen zum Amüsement der Honoratioren.

d) Die Tatsache, dass HM in der Pause einer langweiligen Theaterauffiihnmg eine Kurzmeldung in einer Zeitung las, die von einem Prof. X, „der ihm trauten Verein mit einer Chanteuse auf die traurigsten Abwege geraten war“.

2) Die Themen des Romans:

- Die Darstellung exzentrischer Figuren
- die Gesellschaftskritik
- die Themen Liebe und Macht
- die Karikierung als Stilmittel

C) Der Aufbau der Handlung:

1) Anstoß zur Romanhandlung:

De Anstoß gibt das Gedicht von Lohmann, dem gebildetsten und ältesten Schüler Unrats, das der Varieteesängerin Rosa Fröhlich gewidmet ist. Der Deutsch- und Griechisch Lehrer Prof. Raat, der mit Spitznamen Unrat bezeichnet wird, entdeckt zufällig dieses Gedicht, was ihn veranlasst diese Frau ausfindig zu machen, um die Kontrolle über seine Schüler auszubauen und Beweise für ihren seiner Meinung nach fehlerhaften Lebenswandel zu sammeln

2) Erster Teil der Handlung:

Sie erstreckt sich von Kapitel 1-12.

a) Die Plandlung:

- Was passiert im Kap. 1?

Man exponiert die Personen und das Problem.

- Was passiert in den Kapiteln 2-4?

im Kapitel 2 wird das Gedicht aufgegriffen und dann wird bis zum Kapitel 4 gesucht nach Rosa Fröhlich.

- Wann erscheint sie selber? erst im Kapitel 4.
- Was versucht Prof. Unrat ab Kap. 5?

Er versucht seine Schüler von Rosa fernzuhalten und Rosa für sich zu gewinnen.

- Warm gelingt ihm das?

im Kapitel 10 endgültig aber erst im 12. Kap., allerdings nur um den hohen Preis den Verlust seiner Stelle als Gymnasiallehrer.

[...]

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Heinrich Manns "Professor Unrat"
Untertitel
Werk, Inhalt / Zusammenfassung und Biographie
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2001
Seiten
28
Katalognummer
V185067
ISBN (eBook)
9783656098775
ISBN (Buch)
9783656098997
Dateigröße
6313 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
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Schlagworte
Heinrich Mann;, Professor Unrat;, Inhalt;, Biographie;
Arbeit zitieren
MMag. Dr. Sabine Picout (Autor:in), 2001, Heinrich Manns "Professor Unrat", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185067

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