Der Geschicktheit und der unternehmerischen Machtpolitik von Duisberg und anderen Unternehmern ist es zu verdanken, daß sowohl der Erste als auch der Zweite Weltkrieg unsäglich in die Länge gezogen wurden und vielen Millionen Menschen das Leben kosten sollte. Nicht die Entwicklung von chemischen Waffen und synthetischen Nitraten hat dazu beigetragen, sondern die Entschlossenheit, mit der die IG-Farben ihre Firmenpolitik und ihre Zielsetzungen durchsetzen konnte.
Diese Arbeit, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Rolle und Politik der IG-Farben von 1933 bis 1945 zu analysieren, setzt sich mit einem Konzern auseinander, dessen ökonomische und politische Rolle in der Geschichte des 20. Jahrhunderts von außerordentlicher Bedeutung ist.
Die IG-Farben war seit ihrer Gründung im Jahre 1925 nicht nur das wichtigste deutsche Chemieunternehmen. Ihre Geschichte zeigt deutlich auf, wie sich Macht- und Interessenziele eines Großunternehmens verbinden lassen mit wechselnden politischen Systemen.
Der wesentliche Beitrag dieser Arbeit ist keine Darstellung der Firmengeschichte, sondern sie versucht, die wirtschaftspolitischen Einflüsse auf den Faschismus zu erörtern.
Trotzdem ist es erforderlich, die Entwicklung dieses Großkonzerns bis in das Jahr 1945 nachzuvollziehen. Erstens weil keine wissenschaftlich aufgearbeitete Gesamtdarstellung der IG-Farben existiert und zweitens sich diese Untersuchung an der Firmengeschichte orientiert, um dezidiert an konkreten Vorgängen und Begebenheiten die Mechanismen aufzuzeigen, die es dem Konzern ermöglichten, seine wirtschaftspolitischen Interessen durchzusetzen.
Dabei darf sich der Überblick nicht allein auf die Jahre 1933-1945 beschränken, sondern beginnt im ausgehenden 19. Jahrhundert. Die Gründe für diesen erweiterten Zeitrahmen liegen auf der Hand. Nur eine relativ vollständige Übersicht ermöglicht es, die grundlegenden Zusammenhänge einer kontinuierlichen Interessenverflechtung zwischen politischen Systemen und IG-Farben-Politik darzustellen, die bereits vor der Errichtung der nationalsozialistischen Diktatur bestanden haben. Die Arbeit thematisiert den wirtschaftlichen Konzentrationsprozeß eines Monopolkonzerns und gleichzeitig die Zusammenarbeit von privatwirtschaftlicher Interessenbildung und Staatsführung. Durch diese vorhandene Verwandtschaft und die Korrelation beider Sachverhalte wird die uneingeschränkte Partizipation am Nationalsozialismus erklärlich.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Die Stellung und Bedeutung der deutschen chemischen Industrie bis zum Ersten Weltkrieg
2. Die Chemieindustrie im Ersten Weltkrieg
2.1. Der Erste Weltkrieg
2.1.1. Der Krieg der Chemiker
2.1.2. „Man kann nicht angenehmer Sterben.”
2.1.3. Die „Interessengemeinschaft der deutschen Teerfabriken” wird gegründet
2.2. Die Nachkriegszeit
2.3. Erste Zwischenbilanz
3. Die IG nach dem Ersten Weltkrieg
3.1. Die Fusion
3.1.1. Die IG Farben nach 1925 - der „Platz an der Sonne” wird wieder zurückerobert
3.1.2. Organisation und Struktur der IG-Farben
3.1.3. Die neuen Projekte der IG-Farben
3.2. Die Beziehungen zur Standard Oil während der Weimarer Republik
3.3. Die Einflußnahme der IG-Farben auf Wirtschaft und Politik in der Weimarer Republik
3.3.1. Der Kalle-Kreis
3.3.2. Andere Aktivitäten
3.3.3. Parteispenden
3.3.4. Pressepolitik
3.3.5. Der Einfluß der IG auf die Regierungen der Weimarer Republik
3.4. Zweite Zwischenbilanz
4. Die IG-Farben und der NS-Staat
4.1. Das Verhältnis der IG zur NSDAP bis 1933
4.1.1. Die erste Kontaktaufnahme zur NSDAP - der Wagemann-Kreis
4.1.2. Das erste Treffen mit Adolf Hitler
4.1.3. Die Fahrt zum „Führer”
4.1.4. „Die letzte Wahl”
4.1.5. Das Verhältnis Bosch - Hitler: noch gibt es Schwierigkeiten
4.2. Dritte Zwischenbilanz
5. Die Beziehungen der IG-Farben zum NS-Staat nach 1933
5.1. Der Benzin-Pakt
5.2. Neue Aufgaben für die IG-Farben Zentralfinanzverwaltung NW 7
5.3. Die IG rüstet für den Krieg
5.3.1. Der Vierjahresplan und der Aufstieg von Carl Krauch
5.3.2. Hitlers geheime Denkschrift zum Vierjahresplan
5.3.3. 1938 - 1939: die Zeit vor dem Krieg
5.4. Annexion und Ausbeutung vor dem Zweiten Weltkrieg
5.4.1. Österreich
5.4.2. Tschechoslowakei
5.4.3. Die Südosteuropapläne der IG-Farben
5.5. Vierte Zwischenbilanz
6. Die IG-Farben im Zweiten Weltkrieg
6.1. Polen
6.2. „Ja im Wald, da sind die Räuber” - Die Neuordnung Europas aus der Sicht der IG-Farben
6.3. „Diese Judensau könnte auch rascher arbeiten.” - Die IG-Farben und Auschwitz
6.3.1. Die IG und der Lager- und Baustellenbetrieb
6.3.2. Zyklon B und die medizinischen Experimente an Häftlingen
6.4. Das Ende des Zweiten Weltkrieges
7. Das Verhältnis von Großindustrie und Nationalsozialismus als Gegenstand politischer Theorien
7.1. Die Kontingenztheorie
7.2. Die Identitätstheorie
7.3. Die Verselbständigungstheorie
Fazit und Ausblick
Anhang: Tabellen
Anmerkungen
Literaturverzeichnis
Einleitung
„’Mutter’, rief der begeisterte Tertianer und stürmte ins Wohnzimmer, ‘Mutter, ich will Chemiker werden’.”[1] Dieser Junge, der da zuversichtlich in seine Zukunft schaute, war Carl Duisberg (geb. 1861) , eines Tages einer der ganz Großen der deutschen Chemie und ein noch größerer Unternehmer.
Derselbe Mann, inzwischen ein erfolgreicher und angesehener Unternehmensführer, schrieb 1915 einen Brief an Major Max Bauer von der Obersten Heeresleitung, in dem er die Vorzüge des Phosgens, eines der schrecklichsten Giftgaskampfmittel, das die Wissenschaft entwickelt hat, beschrieb und zur „Behandlung” des Feindes empfahl.
„Wie unangenehm es wirkt, ersehen Sie am besten daraus, daß ich 8 Tage zu Bett gelegen habe, weil ich nur einige Male dieses scheußliche Zeug eingeatmet habe. [...]
Wenn man nun stundenlang den Gegner mit diesem giftigsten aller gasförmigen Produkte behandelt, so werden meiner Meinung nach die Gegner, wenn sie nicht, was wahrscheinlich der Fall, sofort ausreißen, nachträglich krank werden und fiebrige Bronchitis bekommen.”[2]
Der Geschicktheit und der unternehmerischen Machtpolitik von Duisberg und anderen Unternehmern ist es zu verdanken, daß sowohl der Erste als auch der Zweite Weltkrieg unsäglich in die Län ge gezogen wurden und vielen Millionen Menschen das Leben kosten sollte. Nicht die Entwicklung von chemischen Waffen und synthetischen Nitraten hat dazu beigetragen, sondern die Entschlossenheit, mit der die IG-Farben ihre Firmenpolitik und ihre Zielsetzungen durchsetzen konnte.
Diese Arbeit, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Rolle und Politik der IG-Farben von 1933 bis 1945 zu analysieren, setzt sich mit einem Konzern auseinander, dessen ökonomische und politische Rolle in der Geschichte des 20. Jahrhunderts von außerordentlicher Bedeutung ist.
Die IG-Farben war seit ihrer Gründung im Jahre 1925 nicht nur das wichtigste deutsche Chemieunternehmen. Ihre Geschichte zeigt deutlich auf, wie sich Machtund Interessenziele eines Großunternehmens verbinden lassen mit wechselnden politischen Systemen.
Der wesentliche Beitrag dieser Arbeit ist keine Darstellung der Firmengeschichte, sondern sie versucht, die wirtschaftspolitischen Einflüsse auf den Faschismus zu erörtern.
Trotzdem ist es erforderlich, die Entwicklung dieses Großkonzerns bis in das Jahr 1945 nachzuvollziehen. Erstens weil keine wissenschaftlich aufgearbeitete Gesamtdarstellung der IG-Farben existiert und zweitens sich diese Untersuchung an der Firmengeschichte orientiert, um dezidiert an konkreten Vorgängen und Begebenheiten die Mechanismen aufzuzeigen, die es dem Konzern ermöglichten, seine wirtschaftspolitischen Interessen durchzusetzen.
Dabei darf sich der Überblick nicht allein auf die Jahre 1933-1945 beschränken, sondern beginnt im ausgehenden 19. Jahrhundert. Die Gründe für diesen erweiterten Zeitrahmen liegen auf der Hand. Nur eine relativ vollständige Übersicht ermöglicht es, die grundlegenden Zusammenhänge einer kontinuierlichen Interessenverflechtung zwischen politischen Systemen und IG-Farben-Politik darzustellen, die bereits vor der Errichtung der nationalsozialistischen Diktatur bestanden haben. Die Arbeit thematisiert den wirtschaftlichen Konzentrationsprozeß eines Monopolkonzerns und gleichzeitig die Zusammenarbeit von privatwirtschaftlicher Interessenbildung und Staatsführung. Durch diese vorhandene Verwandtschaft und die Korrelation beider Sachverhalte wird die uneingeschränkte Partizipation am Nationalsozialismus erklärlich.
Nicht die Feststellung, daß
„ohne die IG mit ihren riesigen Produktionsstätten, ihrer weitreichenden Forschung und vielfältigen technischen Erfahrung sowie ihrer umfassenden Konzentration wirtschaftlicher Macht [...] Deutschland im September 1939 nicht in der Lage gewesen [wäre], seinen Angriffskrieg zu beginnen”[3], steht im Mittelpunkt dieser Untersuchung, sondern das Beziehungsgefüge zwischen Wirtschaft und Politik. Es soll deutlich gemacht werden, daß die Interessen von Staat und Privatwirtschaft aufs engste miteinander zusammenhängen. Nicht eine einzelne Betrachtung eines spezifischen Phänomens, wie das der IG-Farben, soll den Leitgedanken bilden, sondern die Erkenntnis, daß dieser Teil nur im Kontext eines Gesamtzusammenhanges von kapitalistischen Gesellschaftssytemen begriffen werden kann. Nur dadurch ergeben sich Erklärungsansätze für den Faschismus.
Wie hatte Max Horkheimer noch gesagt: „Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen”[4].
Die Konzentrationsprozesse in der Wirtschaft seit der Jahrhundertwende haben durch ihre Verteilungskämpfe die letzten beiden Weltkriege ermöglicht, genauer betrachtet, sogar erzwungen. Die „Machtergreifung” des Faschismus in Deutschland hätte ohne die Unterstützung der Großunternehmen, neben der Bereitschaft des Militärs, nicht vollzogen werden können. Diese Tatsache läßt sich nachvollziehen v. a. an der Unternehmenspolitik der IG-Farben.
Das Beispiel der IG-Farben, das in dieser Arbeit behandelt wird, erzwingt auf Grund der ungeheuren Komplexität dieses Konzerns eine quantitative Einschränkung. Es wurde zwar, wie schon erwähnt, an einer chronologischen Abfolge festgehalten, notwendig war aber sich auf gewisse Schwerpunkte konzentrieren, die jedoch hinreichende Beispiele für eine Erkenntnisgrundlage ergeben.
An einigen Stellen dieser Arbeit war es unerläßlich, aus größeren Zeitabschnitten einzelne Sachverhalte oder Begebenheiten dezidiert wiederzugeben und längere Zitate einzuarbeiten, um durch dieses Quellenmaterial Zeitaussagen authentisch zu machen.
Wie schon beschrieben, umfaßt der behandelte Zeitabschnitt nicht nur die Jahre 1933-1945, sondern beginnt in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Durch diesen weitergefaßten Abschnitt ergibt sich ein deutlicheres Bild von der Kontinuität der Einflußstrategien auf staatliche Wirtschaftspolitik der IG-Farben. Endpunkt dieser Untersuchung ist das Kriegsende, obwohl es natürlich wünschenswert gewesen wäre, spätere Entwicklungen ebenfalls zu berücksichtigen. Dieses hätte aber die Themenstellung der Arbeit gesprengt.
Zur Literatur
Veröffentlichungen, die zur Thematik der IG-Farben-Geschichte beigetragen haben, sind seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges in großer Anzahl erschienen. Die vorhandene Literatur zum Themengebiet der IG-Farben ist größtenteils populärwissenschaftlich. Das Material des OMGUS-Berichtes ist nach wie vor eines der umfangsreichsten Zusammenstellungen über die Geschichte der IG-Farben. Der amerikanische IG-Farben-Ermittlungsbeamte der Anti-Trust-Behörde Joseph Borkin beschreibt ebenfalls die wesentlichen Zusammenhänge der Verflechtung der IG- Farben mit den Nationalsozialisten. Die detaillierteste wissenschaftliche Darstellung für die Unternehmenspolitik der IG in der Weimarer Republik, ist die Monographie von Helmuth Tammen. Als interessanten und spannend geschriebenen „Geschichtslesestoff” mit zahlreichen Zitaten und zynischen Bemerkungen versehenen, bietet sich der Text von Otto Köhler an, der die Zeit von der Jahrhundertwende bis zum Zweiten Weltkrieg beschreibt. Als nur sehr bedingt „tauglich” erscheint mir das Buch der Autoren der „Coordination gegen Bayer- Gefahren”. Obwohl auch hier eine Vielzahl von Dokumenten und Material verwendet worden ist, zeichnet es sich nicht gerade durch eine korrekt bearbeitete Veröffentlichung aus, da viele Zitate falsch benannt bzw. einige Textpassagen wörtlich übernommen worden sind, ohne diese in Fußnoten kenntlich zu machen. Autobiographien von einzelnen IG-Mitarbeitern habe ich bei der Beurteilung überhaupt nicht berücksichtigt, da sie meiner Meinung nach nur der eigenen Rehabilitation dienen.
Grundlegendes Quellenmaterial ist nach wie vor auch den Arbeiten der DDRHistorikern und Reinhard Kühnl zu entnehmen.
Forschungsliteratur, die sich mit dem Verhältnis von Industrie und Staat im Nationalsozialismus beschäftigt, und daraus theoretische Ansätze ableitet, betrachten die Verbindung zwischen Industrie und Politik größtenteils aus der Perspektive der Schwerindustrie. Hier ergibt sich ein Desiderat der Forschung, was andere Industriebereiche betrifft. Es erscheint mir von besonderer Wichtigkeit gerade die IG-Farben-Geschichte unter dem Gesichtspunkt dieser vorhandenen Interessenidentität als auch der Interessenparallelität zu bewerten. Diese Arbeit ergibt eine Grundlage für weiterführende Forschungsarbeiten dienen.
1. Die Stellung und Bedeutung der deutschen chemischen Industrie bis zum Ersten Weltkrieg
Bei der Firmengeschichte der IG-Farben handelt es sich nicht um die Geschichte eines einzelnen Großunternehmens, das sich durch Expansion und Innovation von einem kleinem Gründerunternehmen zu einem Großkonzern entwickelt hat, „vielmehr ist dieser IG-Farben-Chemiekonzern das Ergebnis eines Konzentrationsprozesses der wichtigsten Großunternehmen der [gesamten] deutschen Chemieindustrie.”[5]
Mitte des 19. Jahrhunderts kam es zu einer verstärkten Entwicklung der chemischen Industrie. Vielfältige Entwicklungen und Entdeckungen erbrachten einen Zuwachs an Produktions- und Angebotsmöglichkeiten. Die Entdeckung des ersten synthetischen Farbstoffes Mauvein 1856 in England hatte Auswirkungen besonders auf Deutschlands Chemieunternehmen.
„Die Teerfarbenchemie eröffnete die Möglichkeit, den bei der Verkokung von Kohle für die Stahlindustrie als kostspieliges Abfallprodukt anfallenden Steinkohleteer als Ausgangsbasis für immens wertvolle Produkte zu nutzen - bildlich gesprochen war die chemische Industrie in der Lage, ‘aus Dreck Geld zu machen’.”[6]
Bereits im Jahre 1877 erreichte der deutsche Anteil die Hälfte der Welterzeugung an Farbstoffen, der sich bis 1913 auf 90 Prozent vergrößerte.[7]
Doch schon bald zeichnete sich ab, daß nur die Firmen, die mit dem größten Kapital und dementsprechend mit einer großen Angebotsbreite sowohl der Produkte als auch der Produktionsmöglichkeiten und einer Einbeziehung aller Fertigungsschritte bis zum Endprodukt arbeiten konnten, sich auf dem Konkurrenzmarkt durchsetzen würden.[8]
Dies hatte zur Folge, daß zu Beginn des 20. Jahrhunderts lediglich sechs deutsche Firmen, die BASF, Bayer und Hoechst und drei etwas kleinere Unternehmen - Agfa, Cassella und Kalle Spitzenplätze bei der Herstellung und Verbreitung von synthetischen Farbstoffen belegten.[9] Im Ausland waren sie als die „Großen Sechs” bekannt.
Drei davon waren sehr große Unternehmen; die BASF (Badische Anilin und Soda-Fabrik, Ludwigshafen), Bayer (Farbenfabriken vorm. Friedrich Bayer & Co., Leverkusen) und Hoechst (Farbwerke vorm. Meister Lucius und Brüning, Höchst a. Main). Dicht darauf folgten drei kleinere Unternehmen; Agfa (Aktiengesellschaft für Anilinfabrikate, Berlin) Cassella (Leopold Cassella & Co., Frankfurt) und Kalle (Kalle & Co., Biebrich).[10]
Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde die Produktpalette dieser Unternehmen umfangreich erweitert. Neben den reinen Farbstoffprodukten kamen jetzt auch Pharmazeutika, photographische Erzeugnisse und organische und anorganische Grundchemikalien hinzu. Doch die Expansion der einzelnen Firmen wurde zunehmend schwieriger, da sowohl in Deutschland als auch auf dem gesamten Weltmarkt zu viele Betriebe mit den gleichen Produkten vertreten waren. Carl Duisberg, Generaldirektor bei Bayer, beschrieb die Situation folgendermaßen[11]:
„Fast alle großen Teerfabriken planten, ihre Fabrikation zu erweitern und das bedeutete einen verschärften Konkurrenzkampf auf allen Märkten. Auch da wo die eine oder andere Firma bisher sozusagen Alleinherrscherin gewesen war, mußte sie in Zukunft mit Konkurrenten rechnen.”[12]
Duisberg erkannte schon recht früh, daß die Kämpfe um Marktanteile sich nur dadurch beseitigen ließen, wenn sich die verschiedenen Unternehmen in Deutschland zusammenschlössen. Unter dem Eindruck einer Amerikareise im Jahre 1903, auf der er amerikanische Trusts, besonders von dem Rockefeller- Konzern Standard Oil war er begeistert, kennenlernte, verfaßte er „eine Denkschrift über die Trusts in Beziehung auf die deutsche Teerfarbenindustrie”[13]. In dieser Schrift legt er seine Gedanken für die zukünftige Chemieindustrie dar. Eine Vereinigung nach dem Vorbild, wie er es in Amerika gesehen hatte, war für ihn die einzige vernünftige Lösung, „um die Schäden der Konkurrenz zu beseitigen, ohne ihre Vorteile zu verlieren”. Duisberg stellte fest, daß es nicht ausbleiben kann, „daß in einer solchen mächtigen Kapitalgesellschaft ein kleiner Staat im Staate entsteht, den die Gesetzgeber hassen, weil er sich nicht leicht unterordnen läßt, und den das Publikum fürchtet, weil die Preise eventuell gesteigert, der Nutzen vergrößert und damit der Neid und die Mißgunst aller nicht beteiligten und nicht interessierten Menschen hervorgerufen werden [...]. Das allerschlimmste aber, was einer solchen großen, die Konkurrenz beseitigenden Vereinigung passieren kann, ist das Großziehen neuer Konkurrenten, die zu oft nur zum Scheine errichtet werden, um sich dann später durch Auszahlung großer Abfindungssummen aufkaufen zu lassen.”[14]
Auf sein energisches Betreiben hin wurde 1904 die erste Interessengemeinschaft zwischen Bayer, BASF und Agfa gegründet, „eine lose Form der Zusammenarbeit"[15], der sogenannte Dreibund. Hoechst und Cassella schlossen sich, bei gegenseitiger Kapitalverflechtung, ebenfalls zu einer Interessengemeinschaft zusammen, die 1906 mit Kalle zu einem zweiten „Dreiverband” erweitert wurde.
„Beide Blöcke standen sich zwar als Konkurrenten gegenüber, waren aber durch eine ebenfalls 1904 zwischen BASF und Hoechst abgeschlossene Indigo-Konvention eine lose Beziehung eingegangen, die für das Verständnis der späteren Annäherung der beiden ‘Dreibünde’ wichtig ist.”[16]
Diese organisierte Konzentration ermöglichte jetzt den beiden Chemieblöcken, neue profitversprechende Projekte anzupeilen. Dazu war man ja nun in der Lage, da sich die einzelnen Firmen gegenseitig in der Forschung, aber auch in den finanziellen Kosten stützen konnten.[17] Zudem kam noch, daß die Gefahr des Konkurrenzdrucks zum Teil wegfiel, da ein relativ geschlossenes Auftreten gegenüber den ausländischen Mitbewerbern möglich geworden war.
Angesichts dieser verbesserten Voraussetzungen, die einmal errungene Vormachtstellung im nationalen wie internationalen Bereich der Chemieindustrie zu behaupten und auszubauen, läßt sich ohne Zweifel sagen, daß diese Denkschrift Duisbergs vom Januar 1904, „Keimzelle und geistige Grundlage der späteren IGFarbenindustrie Aktiengesellschaft geworden ist”.[18]
Eines der herausragenden Ereignisse in der Geschichte der Chemieindustrie bis zum Ersten Weltkrieg war die Herstellung von synthetischem Blau, die der BASF 1897 gelungen war. Die BASF galt als das risikofreudigste Unternehmen unter den IG- Gesellschaften und die Suche nach synthetischem Indigo stellte sich nach kurzer Zeit als enorm kostenverschlingend heraus, was zu heftigen internen Kontroversen unter den BASF-Direktoren führte. Unmittelbar vor dem Abbruch des Projekts gelang es aber einigen besonders kreativen und hartnäckigen Chemikern, darunter Heinrich von Brunck, den gewünschten Erfolg zu erzielen. Die Erträge des Unternehmens schnellten in der Folgezeit in die Höhe.
Doch eines der wichtigsten Ziele war die synthetische Herstellung von Ammoniak. Viele anerkannte Wissenschaftler befürchteten am Ende des 19. Jahrhunderts, daß die chilenischen Salpetervorräte bald nicht mehr ausreichen würden, um die wachsende Weltbevölkerung genügend versorgen zu können. „Chile hielt das Monopol bei der Versorgung der Welt mit natürlichen Nitraten, den effizientesten Düngemitteln"[19], und es sollte ein ungeheures lohnendes Geschäft für dasjenige Chemieunternehmen werden, welches als erstes in der Lage sein würde, synthetische Nitrate in einer Großproduktion herzustellen.
„Es gab noch einen weiteren Anreiz, das Monopol Chiles zu brechen. Nitrate waren ein grundlegender Bestandteil aller Sprengstoffe einschließlich des Schießpulvers.”[20] Doch diese für den Ersten Weltkrieg entscheidende - und für unzählige Menschen noch den Tod bringende - Nutzungsmöglichkeit wurde bis zum Ausbruch des Krieges nicht weiter in Betracht gezogen. Im Moment war es noch profitabler, sich vorerst auf die Gewinnmöglichkeiten der friedlichen Verwendung zu beschränken.
„Im Jahr 1909 trug das ‘Projekt Stickstoff’ der BASF seine Früchte. Fritz Haber, einem von der BASF unterstützten Wissenschaftler, gelang der entscheidene Durchbruch. Durch den Einsatz von Hochdruck und extremen Temperaturen verband er Stickstoff mit Wasserstoff zu Ammoniak.”[21]
Bevor man das Verfahren aber wirtschaftlich gebrauchen konnte, mußte der Schritt aus dem Labor in die Großproduktion ermöglicht werden. Die Aufgabe, dieses Problem in den Griff zu bekommen, fiel Carl Bosch zu, einem jungen Ingenieur. Im Herbst 1913 war es dann soweit. Unter erneutem finanziellen und zeitlichen Druck gelang es ihm, in einem neu erbauten Werk in Oppau in der Nähe von Ludwigshafen die Massenproduktion aufzunehmen. Die Anerkennung der Fachwelt wurde Bosch und Haber zuteil, das Verfahren hieß von nun an ”Haber-Bosch-Verfahren”.
Kurze Zeit später wurde Bosch in den Verwaltungsrat gewählt - mit den deutlichen Merkmalen des zukünftigen Firmenchefs.[22]
2. Die Chemieindustrie im Ersten Weltkrieg
Schon im ersten Weltkrieg läßt sich eine Grundhaltung in der Unternehmenspolitik der damals noch nicht fusionierten chemischen Großindustrien bestimmen: die enge Zusammenarbeit mit den militärischen Machthabern auf dem Gebiet der Kriegsführung. Um eine starke Position im immer heftigeren Konkurrenzkampf mit den anderen kapitalistischen Staaten auf dem Weltmarkt beziehen zu können, war es nötig, Rohstoffe, Absatzmärkte und Arbeitskräfte anderer Länder zu okkupieren. Ein Krieg bot der deutschen Industrie diese Gelegenheit. „Und der deutsche Militärapparat war entschlossen, diesen Kampf zu führen und die Weltmachtgeltung strategisch abzusichern.”[23] Diese Interessenidentität hat entscheidend dazu beigetragen, daß der Erste Weltkrieg in einer Art und Weise geführt wurde, die alle anderen Kriege bis dato in den Schatten stellte. Nicht nur die chemische Kriegsführung erlangte seitdem gefährliche Bedeutung, sondern auch die Autarkiebestrebungen Deutschlands, die mit der synthetischen Produktion von Nitraten, der Pulver- und Sprengstoffherstellung gestützt wurden und kriegsverlängernd wirkten.[24] Verschiedene Repräsentanten der IG-Stammfirmen saßen in kriegswirtschaftlichen Positionen des Staatsapparates und halbstaatlicher Kriegswirtschaftsgesellschaften.[25]
2.1. Der Erste Weltkrieg
Als am 1. August 1914 der 1. Weltkrieg ausbrach, lagen die meisten Hoffnungen des Generalstabes im Schlieffen-Plan, der einen Blitzkrieg gegen Frankreich vorsah, um anschließend Rußland mit der deutschen Kriegsmaschinerie zu überrollen. Eine langer Krieg, mit einer daraus resultierenden Rohstoffknappheit kam für Deutschland überhaupt nicht in Frage. „Vier Wochen, von seinem Beginn bis etwa Ende August 1914, verlief der I. Weltkrieg für den deutschen Generalstab genau nach Plan [...].”[26]
Die Industrie hingegen sah von Anfang an die Schwächen dieses Planes und versuchte, Einfluß auf die militärische Kriegsführung zu bekommen. Zum einen war die stark exportorientierte Chemieindustrie von den wichtigsten Auslandsmärkten abgeschnitten, zum anderen gelangten durch die englische Seeblockade auch keine Rohstoffe mehr nach Deutschland. Und diese Tatsache mußte zwangsläufig, wenn der Krieg länger dauern sollte als erwartet, Deutschland in eine gefährliche Position bringen. Eine Materialschlacht, wie sie sich schon nach kurzer Zeit abzeichnete, konnte nur zum Erfolg führen, wenn der industrielle Nachschub gewährleistet war. Die industrielle Überlegenheit konnte der Schlüssel zum Sieg sein.[27] Diese Denkweise war den militärischen Befehlshabern fremd. Für sie war es bisher selbstverständlich gewesen, daß die Industrie die Waffen und das Kriegsgerät bereitgestellt hatten, und daß die Offiziere je nach Bedarf vom Vorhandenen bestellten, ohne auch nur irgendeinen Gedanken darauf zu verwenden, aus welchen Rohstoffen z. B. Sprengstoff beschaffen war und ob die Edelmetall- und Stahlindustrie überhaupt das leisten konnte, was das Militär von ihr forderte.
Spätestens im Herbst 1914, nach der Schlacht an der Marne[28], wurde dem Kriegsministerium die Bedeutung der Britischen Blockade bewußt und man wandte sich an Walther von Rathenau, damals Direktor der AEG, der schon Strategien entwickelt hatte, um die Rohstoffknappheit wenigstens in Teilgebieten aufzufangen. Rathenau war bereits eine Woche nach Kriegsausbruch bei General Erich von Falkenhayn vorstellig gewesen, um ihm die kritische Situation zu verdeutlichen, wenn es zu einem langen Krieg kommen würde. Er überzeugte General Falkenhayn von der Notwendigkeit eines Programms zur Erforschung und Herstellung synthetischer Alternativen zu den begrenzten Rohstoffen, da die deutsche Industrie auf Rohstoffimporte angewiesen war. Falkenhayn befahl die Einrichtung einer Kriegsrohstoffbehörde und machte Rathenau zum Leiter. [29] Innerhalb kürzester Zeit konnte Rathenau diese Behörde mit einer Gruppe von hochkarätigen Wissenschaftlern und Industriellen besetzen, wobei dem „Büro Haber” - so genannt, weil Fritz Haber vom Kaiser-Wilhelm-Institut mit einer großen Anzahl seiner Mitarbeiter und der Elite der deutschen Wissenschaft dort vertreten war[30] - eine besondere Rolle zufiel. Dort sollte nach Lösungsmöglichkeiten gesucht werden, um der bevorstehenden Munitionskrise ein Ende zu setzen. Zunehmend gewann diese Behörde einen großen Einfluß auf die Offiziere im Kriegsministerium.
2.1.1. Der Krieg der Chemiker
Einer der wichtigsten Rohstoffe, der durch die Blockade kaum noch nach Deutschland gelangte, waren Nitrate, die zum größten Teil aus Chile bezogen wurden. Nitrate waren ein grundlegender Bestandteil aller Sprengstoffe einschließlich des Schießpulvers. „Die Nitratbeschaffung erhielt oberste Priorität unter den Aktivitäten des Kriegsministeriums.”[31] Direkt nach der Marneschlacht trafen sich in Berlin Carl Bosch und hochrangige Militärs zu einem Gespräch, in deren Verlauf es um die Möglichkeit eines großtechnischen Verfahrens zur Herstellung von Salpetersäure aus Ammoniak ging. Um Ammoniak in der Schießpulverherstellung einsetzen zu können, mußte man es erst in Salpetersäure umwandeln und dieser Prozeß funktionierte in den Labors ohne Probleme, jedoch lagen die Schwierigkeiten in der Umsetzung in industrielle Maßstäbe, aber Bosch versicherte den Offizieren, daß es sich hierbei um ein lösbares Problem handelte und gab daraufhin das später sogenannte ”Salpeterversprechen”[32].
„Natürlich war dieses Angebot nicht umsonst - Bosch forderte die Entlassung des gesamten Oppauer Personals aus der Armee, Abnahmeund Preisgarantien für die produzierte Salpetersäure und ein Staatsdarlehen von 35 Millionen Mark.”[33]
Am 23. Dezember 1914 konnte schließlich der Vertrag zwischen der preußischen Staatsregierung und der BASF, nachdem alle Forderungen der BASF erfüllt waren, unterschrieben werden.[34] Es begann ein Großeinsatz der chemischen Industrie - vergleichbar mit dem „Manhatten-Projekt”[35] der USA im 2. Weltkrieg - um ein Verfahren zu entwickeln, synthetisches Nitrat im großen Maßstab herstellen zu können. Leiter dieses Projektes wurde Carl Bosch, der ja schon in den Vorkriegsjahren durch die Entwicklung des Haber-Bosch-Verfahrens als begabter Chemiker bekannt geworden war. Gelang die synthetische Herstellung von Nitraten, konnte sowohl der Staat als auch die Industrie in großem Maße davon profitieren. Der Krieg hätte weitergeführt werden können und die Auftragsbücher der chemischen Industrie wären wieder voll geworden. „Der Krieg der Chemiker hatte begonnen.”[36]
Im Mai 1915 wurde in Oppau die Massenproduktion synthetischer Nitrate aufgenommen, zu einem Zeitpunkt, wo sämtliche im Reich und in den besetzten Ländern vorhandenen Salpetervorräte bis auf einen Rest aufgebraucht waren. Der Fortgang des Krieges war gesichert, Bosch wurde in Deutschland als Held gefeiert und für die BASF wurde er zu einer Goldgrube.[37]
Doch schon bald reichten die Kapazitäten in Oppau nicht mehr aus und die Heeresleitung verlangte eine Vergrößerung des Werkes. Bosch hingegen erkannte die Chance, zu äußerst günstigen Konditionen eine völlig neue Fabrik bauen zu können und erreichte, daß ein neues Ammoniak- und Salpeterwerk im mitteldeutschen Leuna südlich von Merseburg aufgebaut wurde.[38] Die Vertragsverhandlungen zogen sich bis in das Frühjahr 1916 hin. Am 10. April 1916 konnte der Kontrakt unterzeichnet werden. „Zu Reichskrediten in Höhe von insgesamt 432 Millionen Mark (die schließlich im Hyperinflationsjahr 1923 zurückgezahlt wurden.) kamen ein Genehmigungsverfahren unter Militärrecht und ein Enteignungsverfahren” zustande, damit es keine Probleme mit den dort ansässigen Bauern und Landbesitzern geben konnte.
„Da ein großer Teil der Besitzer sich zur Zeit im Feld befindet, ist auf normalen Wege der Ankauf erst in Wochen und Monaten zum Abschluß zu bringen. Das Kriegsministerium könnte uns in der Weise unterstützen, daß es die Enteignung einleitet auf Grund des Kriegsleistungsgesetzes.”[39]
Mit Hilfe dieses Gesetzes war es möglich, Land für ein Fünftel des tatsächlichen Wertes zu „erwerben”[40]. Schon bald produzierten die beiden Werke in Oppau und Leuna mehr Nitrate, als vorher das aus Chile benötigte Salpeter importiert worden war. Und der finanzielle Erfolg der BASF war hoch genug, um während des gesamten Krieges eine 25%ige Gewinnausschüttung an die Anteilseigner zu rechtfertigen.[41]
2.1.2. „Man kann nicht angenehmer Sterben.”
Zur gleichen Zeit, als man mit der synthetischen Nitrat-Entwicklung und -produktion begann, entstanden in der deutsche Farbenindustrie viele Abfallprodukte, die ohne großen Aufwand in Massenvernichtungsmittel umgewandelt werden konnten. Da zu diesem Zeitpunkt bereits durch den unregelmäßigen Munitionsnachschub eine große Offensive an der Westfront unmöglich geworden war, suchte die Heeresleitung nach anderen Lösungen und übertrug Major Max Bauer, dem Verbindungsmann der Wehrmacht zur deutschen Schwerindustrie, die Aufgabe, Anregungen von der Industrie zusammenzutragen. Er kontaktierte das „Büro Haber” und erfuhr dort von der Möglichkeit, die Abfälle der Chemie für den Krieg verwenden zu können. Kurze Zeit später traf Bauer sich mit Duisberg.
Duisberg erkannte sofort,
„daß die Kriegsführung mit Giftgasen die Wiederbelebung der brachliegenden Chemieindustrie zur Folge haben würde. Als Wirtschaftsführer wußte Duisberg außerdem von der eventuellen kriegsentscheidenden Bedeutung der neuen Waffe. Dementsprechend setzte er nicht nur Bayers volle Kapazität ein, sondern beteiligte sich selbst an Experimenten”[42].
Auch Professor Fritz Haber, dem 1918 der Nobelpreis für Chemie verliehen wurde, war über das Kriegsministerium direkt an den Giftgasversuchen beteiligt. Trotz der Haager Konvention, die die Verwendung von Giftgasen verbot, wurde die Produktion begonnen, da die Aussichten auf einen Erfolg zu verlockend waren. Ein eventueller Umschwung des Kriegverlaufs stand in Aussicht.
Während Bosch sich also mit dem Problem der synthetischen Nitraterzeugung beschäftigte, entwickelten Fritz Haber und seine Mitarbeiter im Namen der „patriotischen Wissenschaft” chemische Waffen, die den qualvollen Tod von vielen Menschen bedeuten würde.[43] Offensichtlich ohne größere Skrupel schreibt Haber über die Kriegsführung:
„Der menschliche Körper mit seinen zwei Quadratmetern Oberfläche stellte eine Zielscheibe dar, die gegen den Eisenstrudel von Maschinengewehr und Feldkanone nicht mehr unbeschädigt an die verteidigte Stellung heranzubringen war. Der Verteidiger konnte nicht vor dem Sturme in seiner Erddeckung niedergekämpft werden, weil ihn die fliegenden Eisenteile nicht genügend erreichten. Es war eine Sache der naturwissenschaftlichen Phantasie, diesen Zustand vorauszusehen und auf die Abhilfe zu verfallen, die der Stand der Technik möglich macht. Diese Abhilfe ist der Gaskrieg.”[44]
Bevor die „naturwissenschaftliche Phantasie” jedoch im Krieg umgesetzt werden konnte, fanden in den Laboratorien des Kaiser-Wilhelm-Instituts vielfältige Versuche statt, bevor man sich dann an Freilandversuche wagte. Major Bauer berichtet von einem solchem Versuch:
„Zunächst sollte noch ein größerer Vorversuch bei Hasselt stattfinden. Geheimrat Haber und ich waren zugegen. Das Gas blies vorschriftsmäßig ab, da plagte uns der Teufel und wir ritten ‘versuchsweise’ in die abtreibende Wolke hinein. Im Augenblick hatten wir in dem Chlornebel die Orientierung verloren, ein wahnsinniger Husten setzte ein, die Kehle war wie zugeschnürt - wir gaben uns verloren. Die Pferde keuchten und zitterten, fingern an zu stolpern - da in der höchsten Not lichtete sich die Wolke und wir waren gerettet. Aber wir waren übelzugerichtet. Wahnsinniger Kopfschmerz und Erstickungsanfälle plagten uns und wir lagen mehrere Tage krank, auf das freundlichste gepflegt.”[45]
Doch dieses Erlebnis trat in den Schatten, als am 22. April 1915 der erste Gasangriff an der Front bei Ypern in Belgien erfolgte. Die Wirkung war verheerend: 15000 Männer gerieten in den Kontakt mit der Gaswolke, 5000 von ihnen starben unmittelbar, viele andere an den Spätfolgen.[46]
Wieder einmal hatte die deutsche Wissenschaft bewiesen, wozu sie fähig war, und wenn die Heeresleitung mehr Vertrauen in diesen ersten Gasangriff gehabt und eine großangelegte Offensive gestartet hätte, wer weiß, wie der weitere Krieg verlaufen wäre. Die Haager Konvention jedoch wurde an diesem Tag für null und nichtig erklärt.
Die Giftgasproduktion in Deutschland funktionierte ohne größere Probleme. Mehrere Abteilungen der Chemieunternehmen arbeiteten eng zusammen, so daß bei neuen Aufträgen rechtzeitig und „unbürokratisch” die erforderlichen Produktionen und Produktionsschritte auf die jeweiligen Firmen aufgeteilt werden konnten.[47]
„Deutschland benötigte keinen umständlichen Verwaltungsapparat für die Bereitstellung neuer Kriegschemikalien, die halbindustrielle Arbeit zur Entwicklung neuer Herstellungsverfahren oder die eigentliche Herstellung genehmigter Substanzen. Indem es sich auf die deutschen Chemiefirmen verließ, konnte es auf solche umfassenden Verwaltungsapparate verzichten, deren Einrichtung die Anstrengungen der alliierten Länder behinderte. [...] Es bestand kein Grund zur Einrichtung einer neuen Behörde, da in den deutschen Chemiefirmen schon eine schlagkräftige Organisation vorhanden war.”[48]
2.1.3. Die „Interessengemeinschaft der deutschen Teerfabriken” wird gegründet
Die wirtschaftlichen Interessenlagen wurden verflochten mit den politisch- militärischen Zielen. Produktion und Kapazitäten der einzelnen Chemie-Firmen wurden optimal aufeinander abgestimmt, damit die Kriegsmaschinerie ungehindert laufen konnte. Duisberg erkannte die günstige Ausgangsposition, um jetzt eine engere Zusammenarbeit der größten deutschen Chemieunternehmen zu erwirken. Das Motiv war nicht nur der Krieg, sondern auch die wachsende ausländische Konkurrenz. Der Einsatz von Gaskampfstoffen erwies sich nämlich als großer strategischer Vorteil, den die Alliierten schnellstens aus dem Weg schaffen wollten. „Bei dieser neuen Art der Kriegsführung mit Hilfe der Chemie war jedes Land ohne Farbenindustrie gegenüber seinen Feinden im Nachteil.”[49] Die Konsequenz war, daß die Alliierten ihre heimische Industrie aufforderte, eine Ausweitung der Farbstoffproduktion zu betreiben. Eine Vergrößerung der weltweiten Mitbewerber auf dem hart umkämpften Farbenmarkt mußte sich auf die deutsche Chemieindustrie auswirken, zumal in der Schlacht an der Somme im Juli 1916 sich zum ersten Mal abzeichnete, daß die Deutschen den Krieg verlieren könnten (würden). Ein weiterer Vorteil lag in der Möglichkeit, Patente und Fertigungsverfahren kostengünstig aufeinander abzustimmen oder gemeinsam zu nutzen. Duisberg ergriff 1915 erneut seinen alten Plan von einer Fusion der bestehenden Farbenindustrie:
„Der deutschen Farbenindustrie steht ein großer Kampf bevor. Da ist es vaterländische Pflicht aller deutschen Teerfabrikanten Mittel und Wege zu suchen, eine bevorstehende Zersplitterung zu vermeiden und die Konkurrenzkraft der deutschen Teerindustrie zu erhalten [...]. Es hängt nur vom Willen der Leiter dieser Firmen ab, ob sie in ähnlicher Weise, wie es bei der Gründung dieser IG geschehen ist, in einen Austausch von Bilanzen, Reservestellungen etc. eintreten wollen, um so die beiden vorhandenen Interessengemeinschaften zu einer größeren zu verschmelzen oder ein noch innigeres Verhältnis miteinander einzugehen.”[50]
Der richtige Zeitpunkt war gekommen, da 1916 eine deutsche Niederlage nicht mehr unmöglich war und die Konsequenzen für die Nachkriegszeit für die Chemieunternehmen offensichtlich waren. Nur ein geschlossenes Auftreten konnte die überlegende Stellung auf dem Weltmarkt sichern.
Im August 1916 wurde die „Interessengemeinschaft der deutschen Teerfabriken” gegründet.[51] Das Ziel war erreicht, auch nach dem Krieg wirtschaftlich geschlossen gegen die ausländische Konkurrenz aufzutreten. Zwar bestand diese Interessengemeinschaft noch nicht aus einem einzigen straff organisierten Konzern, wie er erst 1925 entstehen sollte, denn die rechtliche Selbständigkeit der Einzelfirmen war nach wie vor gegeben, aber grundlegende Geschäftsentscheidungen konnten nur noch mit überwiegender Mehrheit der Partner getroffen werden.[52]
Doch nicht nur die Geburtsstunde der Interessengemeinschaft war ein wichtiges Ereignis für die Chemieindustrie, sondern auch der Einfluß der Chemieunternehmen auf die Politik erwies sich als eine profitable Möglichkeit, die Machtstrukturen zu vergrößern. General Falkenhayn, der in den ersten Kriegsjahren die chemische Industrie unterstützt hatte, widersetzte sich zunehmend den Vorschlägen und Forderungen zur Ausweitung der Rüstungsproduktion. Nach der verlorenen Schlacht an der Somme 1916 verstärkte sich die Kritik an Falkenhayn so sehr, daß er am 28. August von seinen Funktionen enthoben wurde und Generalfeldmarschall Hindenburg und General Ludendorff als dessen Stellvertreter seine Nachfolger wurden. Die Ablösung Falkenhayns entsprang nicht nur militärischen „Beweggründen”. Bereits am 4. März 1916 hatte Duisberg vor dem Industriellenklub in Düsseldorf eine Rede gehalten, in der er zum einen die bisherigen Kriegsleistungen der Chemie hervorhob, andererseits aber auch die Forderung stellte, an die oberste Heeresleitung „Bismarcknaturen” zu setzen, die „mit eiserner Faust dreinhauen, wenn es nötig ist”[53]. Zusammen mit anderen führenden Industriellen und Major Max Bauer intrigierte er gegen Falkenhayn und erreichte, daß bewährte Freunde der Industrie an die Spitze der Heeresleitung traten.
Schon drei Tage später verkündete Hindenburg ein neues Rüstungsprogramm, „das starke Produktionserweiterungen erforderte - die Munitionsproduktion sollte verdoppelt und die Herstellung von Kanonen und Maschinengewehren auf das Dreifache gesteigert werden. Das Programm verlangte auch ein deutliche Steigerung der Giftgasproduktion”. [54]
Am 9. September kam es zu einer Begegnung von Duisberg und Krupp mit Hindenburg und Ludendorff, auf dem über das Rüstungsprogramm gesprochen wurde. Die beiden Industriellen machten Hindenburg klar, daß die neuen Vorgaben nur erfüllt werden konnten, wenn man eine Lösung für den Arbeitskräftemangel finden würde. „Hindenburgs Reaktion fiel zu Duisbergs vollster Zufriedenheit aus.”[55] Ergebnis dieses Treffens war ein Brief an den Reichskanzler, dessen Inhalt die konsequente volkswirtschaftliche Mobilisierung Deutschlands für den Krieg forderte:
„Die Fragen wie 1. der Ersatz für das Landheer gesichert bleibt und zugleich 2. die Kriegsindustrie - ohne Schädigung der Landwirtschaft - noch gesteigert werden kann, sind [...] überaus dringend und für den Ausgang des Krieges von entscheidender Bedeutung. Es erscheint schon jetzt ausgeschlossen, daß diese Fragen ohne einschneidende gesetzliche Maßregeln erledigt werden können. Der bittere Ernst der Lage [zwingt] zur Schaffung von Arbeitskräften durch ein Kriegsleistungsgesetz
[Dieses Kriegsleistungsgesetz gibt]
a.) die Möglichkeit, Arbeiter aus fast stillstehenden Industriezweigen (Textilbranche usw.) zu verpflanzen; b.) das Personal der gesamten Nichtkriegsindustrie (Warenhäuser usw.) einzuschränken und anders zu verwenden; c.) die Arbeitskraft jedes einzelnen voll auszunutzen. [...] Der Grundsatz ‘Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen’ ist in unserer Lage mehr denn je berechtigt, auch den Frauen gegenüber. [...] Zwangsweise staatliche Ausbildung und Verwendung der Kriegsbeschädigten in Kriegsindustrie und Landwirtschaft. [...] Schließung von Universitäten, Seminaren usw., soweit es das unabweisbare Bedürfnis der einzelnen Berufe (Ärzte) zuläßt. Im übrigen sind z. B. Studenten der Chemie und technischer Berufe in Fabriken usw. zu verwenden. [...] Das ganze deutsche Volk darf nur im Dienste des Vaterlandes leben.”[56]
Dieser Brief wurde als das Hindenburg-Programm bekannt.
Eine Woche später konnte Duisberg seine Ansicht auf einem Treffen von Industriellen mit dem Kriegsminister erneut bekräftigen und schlug vor, „das belgische Arbeitskräftereservoir zu öffnen”[57]. Zwei Monate später kam es zur Deportation belgischer Arbeiter in deutsche Fabriken.
„Bis Mitte November 1916 hatten die deutschen Besatzer 40000 Männer gefangengenommen und in deutsche Fabriken und Bergwerke verschleppt. Jeden Tag kamen 2000 dazu. Suchtrupps machten Razzien in Häusern, Theatern und auf den Märkten. Insgesamt wurden 60000 deportiert.”[58]
Dieses Vorgehen rief in der Welt große Erbitterung hervor; besonders die Vereinigten Staaten protestierten gegen die Verschleppungen. Diese Proteste und die Weigerung der belgischen Arbeiter trotz Drohungen und Versprechen, für die Deutschen zu arbeiten (den Einsatz noch härterer Zwangs- und Überzeugungsmittel konnte man damals noch nicht zulassen), machten das Zwangsarbeiterprogramm jedoch zunichte. Die „Ärgernisse” häuften sich für die IG-Gesellschaften. Nicht nur daß dem Arbeitskräftemangel weder durch die belgischen Zwangsarbeiter noch durch das Kriegsleistungsgesetz, das der Rüstungsindustrie sämtliche zur Verfügung stehende Arbeitskräfte zuteilte, beizukommen war, es stagnierten auch die Profite. Durch die hohen Kriegsausgaben erreichte die kriegsbedingte Inflation 1917 eine kritische Stufe, die Unruhe unter den Arbeitern wuchs und es wurde sogar gestreikt. Duisberg forderte einen Lohnstopp und ein Streikverbot als Mittel gegen die Inflation. „Gleichzeitig kämpfte er gegen alle Versuche der Regierung, Preise und Profite einzufrieren.”[59] Letzteres hatte seinen Ursprung im Kriegsamt. Die Leitung dieses Amtes besetzte General Wilhelm Gröner, der eigentlich als industriefreundlich galt, nun jedoch vehement - angesichts der finanziellen Krise - gegen die überzogenen Preissteigerungen der Industrie vorgehen wollte. Ursprünglich hielt die Industrie und die Achse Bauer-Ludendorff-Hindenburg Gröner für einen „zuverlässigen” Mann, doch man vermutete, daß ein Memorandum, welches von Hauptmann Richard Merton[60] verfaßt wurde, den General zu dieser neuen Haltung gebracht hatte. In diesem Schreiben stellte Merton fest, daß die zunehmende Macht der Arbeiter und die Kurzsichtigkeit der Unternehmer in der Rüstungsindustrie gemeinsam die Preissteigerungen bewirkten. Ergebnis seiner Nachforschungen war eine nötig gewordene staatliche Regulierung der Gewinne und Löhne - die Gewinne der Kriegsindustrie ließen sich einfach nicht mehr mit den erbrachten Leistungen rechtfertigen. Drei Vorschläge entwickelte daraufhin Merton: erstens sollten die Preise bei Vertragsabschluß festgesetzt werden, zweitens sollten Rüstungsaufträge höher besteuert werden und drittens mußte der Reichskanzler Eingriffsmöglichkeiten erhalten, um Fabriken unkooperativer Unternehmer zu übernehmen und in festgefahrene Lohnverhandlungen dazwischentreten zu können.[61] „Gröner akzeptierte Mertons Vorschläge und schickte seine Schrift an Reichskanzler Georg Michaelis.”[62] Der Eklat war vorprogrammiert. Duisberg benutzte seine guten Kontakte zu Bauer, um auf Ludendorff Einfluß zu erhalten und eine Versetzung Gröners zu erwirken. Der Erfolg kam kurze Zeit später. „Ende Juli beschloß Ludendorff, sich des unbequemen Generals zu entledigen.”[63]
So konnte der Krieg unter den „gewohnten” Bedingungen weitergeführt werden. Doch das Kriegsgeschehen sollte bald den „ertragreichen” Geschäften der Rüstungsindustrie ein Ende bereiten.
Mit dem Übertritt Rumäniens auf die Seite der Alliierten wurde das Ausmaß der Treibstoffverknappung immer bedrohlicher. Zudem traten die Vereinigten Staaten im April 1917 in den Krieg gegen Deutschland ein, und die britische Blockade verschärfte die Versorgungslage in Deutschland so erheblich, daß eine baldige Niederlage unumgänglich wurde. Spätestens Mitte des Jahres 1918 wußten das auch die deutschen Generale und wandten sich an die Industrieführer, mit der Bitte, dem Kaiser diese schlechten Nachrichten zu überbringen. Alle lehnten ab - man bereitete sich schon auf die neuen Umstände vor.[64] „Die deutsche Kapitulation zeichnete sich ab, als am 11. Nov. 1918 ein Waffenstillstand geschlossen wurde.”[65]
2.2. Die Nachkriegszeit
Allen Beteiligten der chemischen Industrie war klar, daß die Zeit nach dem Krieg schwierig werden würde - trotz der großartigen Gewinne durch den Krieg und Duisbergs Erfolg, die Teerfarbenfabriken in eine Interessengemeinschaft zusammenzuführen. Zum einen sahen die Bestimmungen des Versailler Vertrages vor, die Verantwortlichen für den Giftgaskrieg als Kriegsverbrecher zu bestrafen und ebenso mit den beteiligten Unternehmen zu verfahren. Zum anderen arbeiteten die Alliierten an einer eigenen nationalen Farbenindustrie, da man erkannt hatte, „daß die chemische Industrie einen wesentlichen Schlüssel zur militärischen Macht des Deutschen Reiches darstellte”[66] und selbst diese Option zur Verfügung haben wollte. Überkapazitäten auf dem Weltmarkt waren also voraussehbar. Die IG sah sich also durch zwei „Gegner” bedroht: den ausländischen Konkurrenzunternehmen und den Forderungen der Siegermächte durch die Vertragsverhandlungen von Versailles.
Dennoch: „Deutschland mochte den Krieg verloren haben - die IG hatte nicht vor, den Frieden zu verlieren.”[67]
Die größte Sorge der IG waren die Verhandlungen in Versailles. Bosch, der als Vertreter der chemischen Industrie an den Verhandlungen teilnahm, hatte die Aufgabe, die IG-Gesellschaften zu retten.[68]
Die Alliierten hatten schon wenige Wochen nach dem Waffenstillstand mit einer Untersuchung begonnen, die die Herstellungsverfahren sämtlicher Produktionsmethoden von Giftgasen, Sprengstoffen und Nitraten offenlegen sollte. Doch die IG-Gesellschaften setzten durch, daß nur die Verfahren und Fabriken zugänglich gemacht wurden, die unmittelbar der Kampfstoffherstellung dienten, mit der Begründung, daß eine Offenlegung anderer Produktionsverfahren ihre wirtschaftliche Position nach dem Krieg gefährden würde.[69]
Im Gegensatz zu Frankreich war Amerika und England hauptsächlich an den Patenten und Produktionsbedingungen von Giftgasen interessiert und die Untersuchungen erbrachten nur enttäuschende Ergebnisse. Alles was man entdeckte, war bereits bekannt.
Die französische Regierung hingegen, die schon IG-Anlagen der Tochtergesellschaften in Frankreich konfisziert hatte, bestand darauf sämtliche Fabriken , besonders die Anlagen in Leuna und Oppau, die mit dem Haber-Bosch- Verfahren arbeiteten[70], zu erfassen und die totale Demontage der Farben- und Nitratfabriken schärfstens zu verfolgen. Die Vertragsklauseln in dem Friedensvertrag, der am 7. Mai 1919 den Deutschen vorgelegt wurde, unterstützten diese Forderung. Dort ging es um die sogenannten „Strafbestimmungen", die unter anderem die Entwaffnung Deutschlands vorsahen. Artikel 168 forderte, daß alle Fabriken geschlossen werden müßten, die der „Herstellung, Vorbereitung, Lagerung oder zur Konstruktion von Waffen, Munition oder irgendwelchem Kriegsmaterial” gedient hatten.[71] Damit war klar, daß von diesem Artikel fast alle IG-Gesellschaften betroffen waren. Nun wurde es gefährlich für die deutsche Chemieindustrie. Wenn dieser Entwurf als Friedensvertrag seine Gültigkeit bekommen sollte, war es vorbei mit der Interessengemeinschaft der deutschen Teerfarbenfabriken.
Als am 28. Juni 1919 der Friedensvertrag in einer kaum abgeänderten Fassung unterzeichnet wurde, blieb nur noch eine Runde von diplomatischen Verhandlungen, um die einzelnen Vertragspunkte abzumildern. Es war der Moment gekommen, wo Carl Bosch seine „Trumpfkarte” ausspielen mußte. Diese Trumpfkarte hieß Joseph Frossard. Frossard war gerade mit der Verwaltung der konfiszierten IG-Anlagen in Frankreich beauftragt worden, und er schien über die richtigen Kontakte und Einflußmöglichkeiten auf die französische Regierung zu verfügen.[72] „Auf nie enthüllte Weise arrangierte Bosch ein heimliches Treffen mit Frossard.”[73] Das Ergebnis dieses Treffens und weiterer Unterredungen war eine Übereinkunft, die besagte, daß die IG den Franzosen die Produktionsgeheimnisse der Farbstoffindustrie und das Haber- Bosch-Verfahren offenbarten, gleichzeitig aber Frankreich auf die Demontage der IG- Fabriken verzichtete und die IG die Hälfte der vor dem Krieg gehaltenen Anteile an den französischen Produktionsstätten zurückerhalten würde. Damit war - wenn auch zu einem relativ hohen Preis - die chemische Industrie in Deutschland gerettet.[74]
Ungefähr zur selben Zeit, als Bosch seine Verhandlungen mit Frossard abschloß, beschäftigten sich die Alliierten mit den Kriegsverbrechen. Anfänglich gab es eine Liste mit 900 Personen, die wegen Kriegsverbrechen angeklagt werden sollten, darunter viele Militärs und Politiker sowie Fritz Haber als einziger Vertreter der chemischen Industrie. Doch die Verfolgung und die Anklage der einzelnen Personen erwies sich als undurchführbar, so daß am 7. Mai 1920 von den ursprünglich 900 Angeklagten nur 45 übrig geblieben waren. Die Aufzählung enthielt jetzt hauptsächlich nur noch Namen von Randfiguren, die in den anschließenden Prozessen entweder freigesprochen oder zu geringen Strafen verurteilt wurden.[75]
„Fast ein halbes Jahrhundert später klagte Albert Speer, einer der in Nürnberg verurteilten Kriegsverbrecher, daß die gescheiterten Prozesse nach dem Ersten Weltkrieg Auswirkungen auf die Durchführung von Kriegsverbrechen während des Zweiten Weltkriegs gehabt hätten.”[76]
Die genauen Beweggründe, warum die Alliierten so nachlässig mit den Kriegsverbrechern umgegangen sind, ist bei Borkin nicht näher begründet. Tatsache ist auf jeden Fall, daß bereits kurz nach Kriegsende die meisten der beteiligten Personen sich auf ihren alten Positionen befanden. Carl Duisberg, der für einige Zeit in die Schweiz „geflohen” war, erschien noch nicht einmal auf der Liste der Kriegsverbrecher.
2.3. Erste Zwischenbilanz
Es würde sich bestimmt noch einiges über die Bedeutung und Stellung der chemischen Industrie im Ersten Weltkrieg zusammentragen lassen, dennoch verschafft das hier vorgestellte Material einen deutlichen Überblick über die wechselseitigen Verbindungen der Interessengemeinschaft mit den militärischen Oberbefehlshabern. Die enge Zusammenarbeit von Wissenschaftlern, Unternehmern und Generalstab ermöglichten es, den Krieg auch dann noch weiterzuführen, als die Rohstoffsituation in Deutschland eigentlich ein Ende der Kampfhandlungen erzwungen hätte. Die gesamte Kriegsverlauf stand unter dem Einfluß der Chemieindustrie, die ihre interessengeleiteten Zielvorstellungen konsequent verfolgt hat. Die Profite der chemischen Industrie erreichten ungeahnte Höhen - und dies nicht nur durch den Verkauf von synthetischen Nitraten oder anderen herkömmlichen Produkten, sondern besonders gerade dadurch, daß es der chemischen Industrie gelang, chemische Massenvernichtungsmittel als Mittel zur Kriegsführung der Obersten Heeresleitung gewissenlos vorzuschlagen.[77] Zudem führte diese Form von Wirtschaftspolitik zu einem Konzentrationsprozeß, der es der Interessengemeinschaft ermöglichte, eine äußerst effiziente und stabile Organisation - auch für die Nachkriegszeit - aufzubauen.
Die Bedingungen des Versailler Vertrages konnten durch günstige Verhandlungen größtenteils abgemildert werden. Dadurch war die ökonomische Situation der IGFarben bei weitem nicht so schlimm, wie es der Vorstand befürchtet hatte.
Als völlig fehlgeschlagen muß man die Kriegsverbrecherprozesse betrachten. Hätten die Alliierten durch harte Urteile ein deutliches Zeichen gesetzt, wäre vermutlich die „Hemmschwelle” im Zweiten Weltkrieg zumindest bei der Versklavung von alliierten Häftlingen höher gewesen.
3. Die IG nach dem Ersten Weltkrieg
3.1. Die Fusion
„Die Bestimmungen des Vertrags von Versailles, nach dem die Alliierten allen beschlagnahmten deutschen Besitz behalten durften, war natürlich ein harter Schlag für die I.G.-Gesellschaften. Sie waren allerdings sicher, daß die beschlagnahmten Patente und Fabriken nicht benutzt werden konnten, um eine ernsthafte Konkurrenz auf dem Markt der Nachkriegszeit aufzubauen.”[78]
Einer der Gründe, warum die IG nicht befürchtete, ihre Position in der Weltwirtschaft zu verlieren, war das überlegene Know-how der deutschen Chemiker. Zudem besetzte die deutsche Farbenindustrie immer noch eine wichtige Machtposition in vielen Bereichen der Chemieindustrie weltweit.
Duisberg, Bosch und andere Führungskräfte strebten eine Neuorganisation der chemischen Industrie in Deutschland an. 1920 wurde der 1916 abgeschlossene Vertrag der Teerfarbenindustrie bis in das Jahr 1999 verlängert, um zu zeigen, „daß man dieses Gemeinschaft auf ewige Dauer abgeschlossen sehen möchte”[79]. Neben dieser inneren Stärkung ging die IG auch national gestärkt aus den Kriegs- und Inflationsjahren hervor.
„Nach der Währungsreform von 1923 ergaben die auf Goldmark umgestellten Bilanzen dieser Unternehmensgruppe, daß die Substanz der Gesellschaften seit 1914 nicht nur erhalten geblieben war, sondern erheblich zugenommen hatte. [...] Der Anilin-Konzern war die einzige Großgruppe, deren Aktien nach der Goldumstellung auch nach den Börsenkursen einen höheren Wert repräsentierten als vor dem Kriege. Statt 735 Millionen RM Ende 1913 betrug der Kurswert der sechs großen Konzerngesellschaften Ende Dezember 1924 777 Millionen RM.”[80]
Das Ziel jedoch war die Zusammenlegung aller IG-Gesellschaften zu einem einzigen Konzern, um deren Produktionskapazitäten und Finanzkraft zu konzentrieren.[81] Sowohl Duisbergs als auch Boschs Pläne sahen eine baldige Fusion vor. Diesmal war es nicht nur Duisberg, der seine Vorstellungen und Ziele durchsetzen wollte, es lag auch im Interesse von Bosch, einen Zusammenschluß zu erwirken, da die BASF sich seit einiger Zeit mit neuen Verfahren der Hochdrucktechnologie befaßte. Anfang der zwanziger Jahre war die Badische Anilin und Soda Fabrik in der Lage, mit den Errungenschaften dieser neuen Hochdrucktechnologie synthetisches Benzin und Kautschuk herzustellen. Um dies im großem Maßstab erproben und produzieren zu können, benötigte man allerdings eine sehr große Kapitaldecke. Auch wenn die BASF im Vergleich zu Bayer und Hoechst das größere Gesamtbetriebskapital und die höheren ordentlichen Reserven vorweisen konnte, reichte das bei weitem nicht, um die ehrgeizigen Projekte von Bosch und anderen Mitarbeitern der BASF im Alleingang durchzuführen.[82] Aus diesem Grunde unterstützte Bosch Duisbergs Anliegen nachdrücklich.
„Am 25. Dezember 1925 vollzogen die Gesellschaften ihren Zusammenschluß, indem die anderen sieben Firmen in die BASF eingegliedert wurden. Der Name der neuen Gesellschaft war I.G.Farbenindustrie Aktiengesellschaft.”[83]
Carl Duisberg wurde Aufsichtsratsvorsitzender und zog sich damit aus der aktiven neuen Firmenleitung zurück. Carl Bosch wurde zum Generaldirektor des IG- Konzerns gewählt. Damit war ein Prozeß abgeschlossen, der sich über 21 Jahre hingezogen hatte.
3.1.1. Die IG Farben nach 1925 - der „Platz an der Sonne” wird wieder zurückerobert
Diese Ende 1925 durch den Zusammenschluß führender Chemiekonzerne gegründete IG Farbenindustrie AG war mit Abstand das größte deutsche Monopolunternehmen in der Weimarer Republik und zur Zeit des Dritten Reiches. Diese Konzentration von Kapital und Produktion erfolgte mit der Zustimmung der zuständigen Regierungsstellen, obwohl es seit 1923 ein Kartellregulierungsgesetz gab, das Kartellbildungen dieser Art verbot. Denn die Wirklichkeit sah anders aus. Die Regierung brauchte die Großindustrie zur Unterstützung ihrer internationalen politischen Ziele ( - solange Deutschland keine Militärmacht war -) und sah sie als einen wichtigen Gesprächs- und Geschäftspartner an.[84] Die Erschaffung des IG- Konzerns lag also auch im Interesse der neuen Regierung Stresemann. Doch auch „die Finanzwelt erkannte sehr bald das Potential der IG und die Aktien des Unternehmens verdreifachten ihren Wert während des Jahres 1926, und das trotz der schlechten Lage der deutschen Wirtschaft.”[85] Um die Fusion bezahlen zu können, wurde das Aktienkapital am 1.9.1926 auf 1,1 Milliarden RM erhöht, eine Summe „die dreimal so hoch war, wie das Aktienkapital aller anderen deutschen Konzerne von einiger Bedeutung zusammengenommen”[86].
Mit diesem riesigen Aktienkapital, dem Gesamtkapital von 1.366.236.817 RM und einer Belegschaft von fast 100.000 Angestellten und Arbeitern, gab es nur noch wenige US-Konzerne, die größer waren.[87] Die IG war damit der größte Konzern in Europa und das größte Chemieunternehmen der Welt, mit einer Produktionspalette von vielen Tausend Erzeugnissen. Neben zahlreichen eigenen Werken konnte die IG nun auch über Beteiligungen an anderen Unternehmungen sowie über internationale Kartellverträge großen Einfluß gewinnen. Die jetzt verfügbare riesige Finanzkraft erlaubte es dem Unternehmen, zusätzlich führende Betriebe der Munitionsindustrie aufzukaufen.[88]
Auch die Auslandsaktivitäten entwickelten sich rasch. In den Vereinigten Staaten wurden mehrere Firmen gegründet[89], um Besitz zurückzuerlangen, der von der amerikanischen Treuhandbehörde im Zusammenhang mit den Auswirkungen des ersten Weltkrieges beschlagnahmt wurde. In Frankreich wurde der Versuch gestartet, über holländische und schweizerische Scheinfirmen den verlorenen Markt durch Übernahmversuche in Form von Aktienkäufen der Firma Kuhlmann, der wichtigsten Chemiefirma in Frankreich, zurückzugewinnen.[90] Dieser Versuch wurde jedoch durch eine Untersuchung und ein neues Aktienstimmrecht vereitelt.[91] Dies hinderte die IG jedoch nicht daran, in Folge dieser Geschehnisse einen Vertrag mit der Kuhlmann AG abzuschließen, der die Aufteilung der Märkte vorsah. „Die I.G. sollte sich aus dem französischen Markt heraushalten und Kuhlmann ihr dafür den restlichen europäischen Markt überlassen” (New York Times, 5.8.1926).[92] Es läßt sich feststellen, daß die Wirtschaftspolitik des IG-Konzerns nach der Fusion von einem aggressiven Expansionsdruck geprägt war. Kennzeichnend für die Richtung, in die die IG-Farben-Konzernpolitik zielte, ist ein Auszug aus einen Brief an Carl Duisberg:
„Die IG steht nun mitten in der Herkulesarbeit, die Neuordnung vom großen Generalstab bis zu den Fronttruppen durchzuführen. Es wird für manchen die Lösung viel bitteres bringen, aber ich bin überzeugt, daß durch die Neuordnung die deutsche chemische Industrie in den Stand gesetzt wird, ihren Platz an der Sonne und auf dem Weltmarkt wieder zu erobern und gegen alle Angriffe des neidischen Auslandes zu behaupten.”[93]
3.1.2. Organisation und Struktur der IG-Farben
Die „fließende” Zusammenarbeit des IG-Konzerns mit den Nationalsozialisten ab 1933, die Möglichkeit der NSDAP mit einem einzigen Unternehmen wichtige Voraussetzungen für die Kriegsvorbereitungen zu schaffen, hatte unter anderem ihre Ursache in dem komplexen und straff organisierten Aufbau der IG-Farben. Viele Möglichkeiten der späteren nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik wären nicht gegeben gewesen, wenn die Organisationsstruktur dieses Konzerns nicht so effizient gearbeitet hätte. Sie setzt die - erst später im Nationalsozialismus durch das „Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit” vom 20. Januar 1934 eingerichtete - Betriebsstruktur von (Betriebs-)Führer und Gefolgschaft bereits voraus. Die strenge Gliederung von wenigen leitenden Positionen und einer großen Zahl von Befehlsempfängern ermöglichten es der IG, sich ohne große Strukturveränderungen in das nationalsozialistische Wirtschaftssystem einzugliedern.[94]
Deswegen ist es an dieser Stelle wichtig, einen kurzen Überblick über den Aufbau und die Organisationsstruktur des IG-Konzerns wiederzugeben, um die Parallelen mit dem Führerstaat wiederzugeben. Natürlich kann hier nur ein relativiertes und anschauliches Bild der Konzernstruktur wiedergegeben werden. Die fast unüberschaubaren Verflechtungen der verschiedensten Ausschüsse und Kommissionen machen eine vollständige Betrachtungsweise unmöglich.[95]
Vorrangiges Ziel der ersten Jahre war, eine einheitliche Planung des Konzerns zu erhalten. Durch Rationalisierungsmaßnahmen und Produktionsumstellungen wurde dies Schritt für Schritt erreicht.
„Die Schaffung der IG ermöglichte es, die gesamten wissenschaftlichen, technischen und kaufmännischen Tätigkeiten der vormaligen Einzelfirmen zu ordnen. Dies erreichte man durch eine sowohl räumliche als auch fachliche Gliederung.”[96]
Auf der untersten Verwaltungsstruktur wurden vier Betriebsgenossenschaften gebildet, deren Zugehörigkeit sich nicht unmittelbar aus den räumlichen Standorten, sondern zum Teil auch aus der historischen Entwicklung ergab.[97] Kennzeichnend für diese BGs waren zentrale Verwaltungen, ein gemeinsames Transportwesen und Vorratshaltung. (Getreu Duisbergs Motto der „dezentralen Zentralisation”). "Dies bedeutete, daß die insgesamt ca. 50 IG-Betriebe hierbei weitestgehend Selbständigkeit behielten, die unter anderem in eigenen Forschungslabors und eigener Buchhaltung bestand.”[98]
Zusätzlich zu den BGs gab es noch die Verkaufsgemeinschaften (z. B. VG Chemikalien, VG Pharmazeutika, VG Farben) und die produktionstechnischen Sparten, die ab 1929 in drei Sparten gebündelt wurden:
- Sparte I - Stickstoff, Öle, Gruben mit Carl Krauch als Leiter;
- Sparte II - Farben, Chemikalien und Pharmazeutika unter Fritz ter Meer;
- Sparte III - Kunstseide, Photographika und Zellwolle mit dem Leiter Fritz Gajewski.[99]
Erweitert wurde dieser Aufbau noch durch den Technischen Ausschuß (TEA; Planung und Leitung der Gesamten Produktion) und dem kaufmännischen Ausschuß (KA).
[...]
[1] Carl Duisberg: Meine Lebenserinnerungen. Leipzig 1933, S.9. Zit. n. Köhler 1990, S. 55.
[2] Brief v. 3.3.1915; BA Koblenz. Zit. n. Borkin 1979, S. 23.
[3] Zit. n. Borkin 1979, S. 7.
[4] Max Horkheimer: Die Juden in Europa. In: Zeitschrift für Sozialforschung 8. 1939-1940, S. 115. Zit. n. Wippermann 1989, S. 7.
[5] Schneckenburger 1988, S. 11.
[6] IG Farben. Von Anilin bis Zwangsarbeit. Zur Geschichte von BASF, BAYER, HOECHST und anderen deutschen Chemie-Konzernen. Coordination gegen BAYER-Gefahren e. V./ CGB (Hg.); Bundesfachtagung der Chemie-Fachschaften/ AK IG Farben (Hg.): Stuttgart 1995. S. 9. Im weiteren: IG Farben 1995. Vgl. auch Borkin 1979, S. 10.
[7] Vgl. IG Farben 1995, S. 11.
[8] „Mit der Zahl der Produkte auf dem Farbensektor und auf dem pharmazeutischen Sektor stiegen die Einnahmen und Kosten. Die Werke wuchsen schnell, aber nicht nur in ihrem horizontalen Aufbau. Die Leiter der Werke legten gleichzeitig großen Wert darauf, daß auch im vertikalen Aufbau jede Phase der Erzeugung durchgeführt wurde, angefangen von den anorganischen Schwerchemikalien über zahllose organische Zwischenprodukte bis zu den Fertigprodukten an Farbstoffen und Pharmazeutika” Werner-Otto Reichelt: Das Erbe der IG-Farben. Düsseldorf 1956, S. 17. Zit. n. Schneckenburger 1988, S. 17.
[9] Vgl. Borkin 1979, S. 10. Joseph Borkin leitete von 1938 bis 1946 die Patent- und Kartellabteilung der AntiTrust-Behörde des amerikanischen Justizministeriums. Er war verantwortlich für die Ermittlungen gegen die amerikanischen Tochtergesellschaften der IG-Farben. Seine Ausführungen, die sich im wesentlichen auf Dokumente stützen, basieren auf einem äußerst fundierten Kenntnisstand über diesen Wirtschaftskonzern (vgl. Schneckenburger 1988: Anmerkungen, S. 135). Hierzu auch Tabelle 1.
[10] Vgl. Borkin, S. 10.
[11] Duisberg war ein ausgezeichneter und anerkannter Chemiker und bekannt für seine Fähigkeiten als Geschäftsmann. „Als glühender Anhänger der großdeutschen Idee war er zutiefst von Deutschlands Mission in der Welt überzeugt. Sowohl in der Politik als auch im Geschäftsleben huldigte er dem ‘Führerprinzip’ und gebrauchte diesen Ausdruck, lange bevor man von Hitler je gehört hatte. Gleichzeitig war er aber auch ein einzigartiger Opportunist, der sich bei der Durchführung seiner Projekte nie von Prinzipien abhängig machte. Er vollzog im Kaiserreich, in der Weimarer Republik und unter den Nazis immer die jeweils erforderliche Anpassung -, und der Erfolg blieb ihm treu.” Borkin 1979, S. 11.
[12] Hans-Joachim Flechtner: Carl Duisberg. Vom Chemiker zum Wirtschaftsführer. Düsseldorf 1959, S. 188f. Zit. n. Schneckenburger, S. 17.
[13] vgl. ebd., S. 183f. Die am 14. Januar 1914 abgeschlossene Denkschrift ist veröffentlicht in: Wilhelm Treue (Hrsg.): Tradition. Zeitschrift für Firmengeschichte und Unternehmerbiographie. 8/1963, H. 5.
[14] Helmut Wickel: IG-Deutschland. Ein Staat im Staate. Berlin 1932, S. 61. Zit. n. Schneckenburger, S. 18f.
[15] Borkin 1979, S. 11.
[16] Schneckenburger, S. 19. Vgl. auch: Tammen 1978, S. 11.
[17] Agfa prosperierte zum größten europäischen Hersteller photographischer Produkte; Bayer und Hoechst konzentrierten sich auf die pharmazeutischen Produkte, auf deren Gebiet sie eine Vielfalt von neuen Wirkstoffen und Medikamenten entwickelten. Um hier nur eine kleine Auswahl wiederzugeben: Aspirin (Fieber und Kopfschmerzen), Savarsan (Syphilis), Novocain (Schmerzmittel) Methadon und Heroin! (gegen Husten und gegen Morphiumabhängigkeit!). Methadon wurde ursprünglich Dolophin genannt, zu Ehren von Adolf Hitler. BASF ersann neue Farbprodukte.
[18] Vgl. Schneckenburger 1988, S. 20. Zitat n. Flechtner a. a. O., S. 189.
[19] Borkin 1979, S. 13.
[20] Ebd.
[21] Borkin, S. 14.
[22] Vgl. ebd., S. 15.
[23] Kühnl 1993, S. 11.
[24] Vgl. Radandt 1970, S. 34f.
[25] Ebd., S. 21.
[26] IG-Farben 1995, S. 15.
[27] Vgl. Borkin 1979, S. 18.
[28] „In der historischen Schlacht an der Marne, während der zweiten Septemberwoche 1914, wurde die deutsche Hoffnung auf einen schnellen Sieg durch einen unerwarteten Gegenangriff der Franzosen zerstört und der Schlieffen-Plan in den Schützengräben begraben, in der sich die Kontrahenten nun zurückzogen.” Borkin 1979, S. 20.
[29] Vgl. Borkin. S. 18f.
[30] Unter anderem arbeiteten für das Büro Haber: Walther Nernst, Emil Fischer, Gustav Hertz, Wilhelm Westphal, Erwin Madelung, Richard Willstätter, James Franck und Otto Hahn. Vgl. IG-Farben 1995, S. 18f.
[31] Borkin 1979, S. 20.
[32] Vgl. ebd. und IG-Farben 1995, S. 16.
[33] Ebd.
[34] „Der Chemiekonzern verpflichtete sich [...] binnen Jahresfrist eine neue Ammoniakanlage mit einer Jahreskapazität von mindestens 37500 Tonnen reinem Ammoniak zu erstellen. Der Preis für das Kiloprozent Stickstoff sollte 1,25 Mark betragen und war unter bestimmten Bedingungen ausbaufähig. Und selbstverständlich gab es den gewünschten Kredit von 35 Millionen Mark.” Eberhard Stein: Die Stickstoffkrise der deutschen imperialistischen Kriegswirtschaft 1914/15. In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Martin-Luther- Universität. Halle-Wittenberg 1962, S 112. Zit. n . Köhler 1990, S. 30.
[35] Das Atombombenprojekt der USA im Zweiten Weltkrieg. „...eine uneingeschränkte Kooperation von Staat und Industrie, um ohne Rücksicht auf Kosten und Materialaufwand ein spezielles Rüstungsproblem zu lösen, von dem der Ausgang eines Krieges abhängen kann.” Borkin 1979, S. 20f.
[36] Borkin, S. 20.
[37] Vgl. Borkin, S. 25.
[38] Vgl. IG-Farben 1995, S. 17. Hinzuzufügen ist noch die Tatsache, daß Bosch seinen Vorsatz in Kooperation mit dem Sektionschef für chemische Fragen im Kriegsministerium durchsetzen konnte, ein Reserveleutnant namens Hermann Schmitz, der zu diesem Zeitpunkt seine spätere Karriere bei der IG-Farben in die Wege leitete. Vgl. ebd.. „Schmitz war knappe vier Jahre später, am 1. Juli 1919, Vorstandsmitglied der BASF.” Köhler 1990, S. 32.
[39] Kämpfendes Leuna. Berlin 1961, S. 44. Zit. n. Köhler 1990, S. 33. Hermann Schmitz in einem Schreiben zur Anlage in Leuna: „Die in Merseburg zur Zeit in Bau befindliche Tochterfabrik der BASF Ludwigshafen wird nach ihrer Inbetriebnahme das wichtigste Glied in der Stickstoffversorgung Deutschlands für Munitionszwecke sein. An der denkbar frühzeitigen Fertigstellung der Fabrik hat das Heer das allergrößte Interesse.” Aus: Willi Kling: Kleine Geschichte der IG-Farben - der Großfabrikant des Todes. Berlin 1957, S. 11. Zit. n. Schneckenburger 1988, S. 23.
[40] Vgl. Köhler 1990. S. 34. Die Produktionsanlage in Leuna war von ihrer Kapazität her bestimmt für eine Jahresproduktion von 36000 Tonnen Stickstoff für die Munitionserzeugung, doch schon in den ersten Wochen des Baus wurde die Kapazität verdoppelt auf 75000 Tonnen, da die Kriegssituation ständig erhöhte Munitionsreserven verschlang. Im Herbst 1916 wurde das Volumen der Jahresproduktion noch einmal auf 130000 Tonnen aufgestockt. Vgl. Köhler 1990, ebd..
[41] Vgl. Tabellenteil: Tabelle 2.
[42] Borkin 1979, S. 23. Duisbergs Erfahrungen mit Giftgas sind ja schon in der Einleitung beschrieben worden.
[43] „Der Wissenschaftler dient im Frieden der Menschheit, im Kriege dem Vaterland.” Zit. n. IG-Farben 1995, S. 18. Ohne Ort.
[44] Fritz Haber: Fünf Vorträge. Berlin 1927, S. 27f. Zit. n. Köhler 1990, S. 44f. Hervorhebung von mir.
[45] Max Bauer: Der große Krieg in Feld und Heimat. Tübingen 1921, S. 69. Zit. n. Köhler 1990, S. 45f. Siehe auch Anmerkung 1.
[46] Vgl. Borkin 1979, S. 24. Bereits drei Monate zuvor hatte man zwar schon bei Bolimow an der Ostfront mit dem Reizgas Xylylbromid experimentiert, weil aber Frost eingetreten war, versagte das Giftgas. Vgl. Köhler 1990, S. 49.
[47] Vgl. Tabellenteil: Tabelle 3.
[48] Victor Lefebure: The Riddle of the Rhine. London 1921. Zit n. Borkin 1979, S. 24f.
[49] Borkin 1979, S. 26.
[50] Hans-Joachim Flechtner: Carl Duisberg. Vom Chemiker zum Wirtschaftsführer. Düsseldorf 1959, S. 278 ff.. Zit. n. Schneckenburger 1988, S. 24f..
[51] Bestehend aus BASF, Bayer und Hoechst, sowie Kalle, Cassella, Agfa, Ter Meer und Griesheim.
[52] Vgl. Tammen 1978, S. 12.
[53] Vgl. IG-Farben 1995, S. 22.
[54] Borkin 1979, S. 27.
[55] Borkin 1979, S. 27.
[56] Erich Ludendorff: Urkunden der Obersten Heeresleitung. Berlin 1920, S. 65 ff. Zit. n. Köhler 1990, S. 105 ff. Textabschnitte die Köhlers Kommentare enthalten, habe ich der besseren Lesart wegen ausgelassen.
[57] Ebd., S. 28.
[58] Ebd., S. 28. In einem Bericht wird das Vorgehen der Deutschen beschreiben: „Gruppen von Soldaten dringen mit Gewalt in die friedlichen Wohnungen ein und entführen Jugendliche, Ehemänner und Väter. Mit ihren Bajonetten versperren sie die Türen, durch die zurückgelassene Frauen und Mütter den Verschleppten ein Lebewohl nachschicken wollen. Sie treiben ihre Gefangenen zu Gruppen von zehn und zwanzig zusammen und pferchen sie in Waggons. Sobald der Zug gefüllt ist, erteilt der kommandierende Offizier die knappe Order zur Abfahrt. Auf dieses Weise werden tausende von Belgiern zu Sklaven degradiert.” Francis Whiting Halsey: The Literary Digest History of the World War. Bd. 1. New York/London 1919, S. 372. Zit. n. ebd..
[59] Borkin 1979, S. 29.
[60] „Dieser war Jude und galt als Liberaler. Merton war keineswegs ein Radikaler oder ein akademischer Reformdenker. Im zivilen Leben leitete er die ‘Metallgesellschaft’, ein führendes deutsches Unternehmen und die größte Metallhandelsgesellschaft der Welt mit Filialen in allen größeren Staaten.” Borkin 1979, S. 29.
[61] Vgl. ebd. S. 30.
[62] Ebd.
[63] Ebd. Borkin weiter: „Wenige Tage nach diesem Entschluß, aber vierzehn Tage bevor Gröner selbst davon erfuhr, versicherte Duisberg seinen Kollegen aus der Stahlindustrie, daß Gröner sehr bald aus dem Kriegsamt an die Front versetzt würde. Gröner behauptete später, daß Duisberg und Bauer gemeinsam gegen ihn intrigiert hätten, um seine Versetzung zu erwirken. Duisberg wies alle Anschuldigungen zurück.” Der Historiker Gerald Feldmann kam jedoch 1966 zu der Feststellung: „In Anbetracht der vorhandenen Beweise [...] ist es unmöglich zu glauben, daß Duisberg nicht gelogen hat.” Ebd.
[64] Vgl. Borkin 1979, S. 32.
[65] Ebd.
[66] IG-Farben 1995, S. 25.
[67] Borkin 1979, S. 32.
[68] Vgl. ebd..
[69] Vgl. ebd., S. 33.
[70] Dort wurden die synthetischen Nitrate produziert, die es Deutschland möglich gemacht hatten, unabhängig von der englischen Seeblockade den Krieg weiterzuführen.
[71] Borkin 1979, S. 35.
[72] „Frossard war eine zwielichtige Figur, über die es selbst heute nur wenig konkrete Informationen gibt. Einige Jahre lang hatte er in der russischen Textilindustrie gearbeitet, die zu jener Zeit vom deutschen Farbenkartell kontrolliert wurde. Während des Krieges war er in der französischen Behörde für chemische Kampfstoffe beschäftigt, wo er die Ausweitung der Produktion von Senfgas forcierte. Nach dem Krieg war Frossard nach Ludwigshafen beordert worden, um dort die besetzten Produktionsstätten der BASF zu kontrollieren. In Versailles tauchte er dann als Sachverständiger für Farbstoffe und Chemieprodukte auf.” Borkin 1979, S. 37.
[73] Ebd..
[74] Vgl.: Borkin 1979, S. 36 ff. u. IG-Farben 1995, S. 26f.
[75] Vgl. hierzu Borkin 1979, S. 38 ff.
[76] Ebd., S. 40.
[77] Vgl. Anmerkung 2.
[78] Borkin 1979, S. 42.
[79] Hans-Joachim Flechtner: Carl Duisberg. Vom Chemiker zum Wirtschaftsführer. Düsseldorf 1959, S. 280. Zit. n. Schneckenburger 1988, S. 28.
[80] Tammen 1978, S. 15. Vgl. Tabellenteil: Tabelle 4.
[81] Vgl. Borkin 1979, S. 46.
[82] Vgl. Schneckenburger 1988, S. 29.
[83] Ebd.
[84] Turner schreibt hierzu: „Das Gespenst einer Konfiszierung der materiellen Vermögenswerte durch die Sieger half die Sozialisierung zu vereiteln, da weiterhin angenommen wurde, daß die früheren Feinde Deutschlands das Prinzip des Privateigentums mehr respektierten als das des öffentlichen Eigentums. Die praktische Durchführung der Reparationszahlungen stellte auch den Einfluß der Unternehmer auf die Regierungspolitik schnell wieder her. Angesichts unzähliger technischer, wirtschaftlicher und finanzieller Probleme begannen die Führer des neuen Staates früh, sich bei der Auseinandersetzung mit den Forderungen der Sieger der Sachkenntnis prominenter Bankiers und Industrieller zu bedienen. Weit davon entfernt, zum Außenseiter gestempelt zu werden, machten einige der prominentesten deutschen Unternehmer die Erfahrung, daß ihr Rat in Angelegenheiten von weitreichenden Konsequenzen bei den Führern des neuen Staates sehr gefragt war.” Turner 1985, S. 49.
[85] Borkin 1979, S. 47.
[86] Radandt 1970, S. 175. vgl. Tabellenteil: Tabelle 5.
[87] Tammen 1978, S. 19. Vgl. Schneckenburger 1988, S. 32.
[88] Ebd., S. 47: Die Dynamit A. G., die Rheinisch-Westfälische Sprengstoff AG und die Köln-Röttweil AG. 1 Vgl. dazu auch Radandt, S. 15: „Das Kapital der IG-Farben betrug nach der Fusion 1925 641,6 Millionen RM und stieg bis 1942 auf 1360 Millionen RM; die Investitionen der IG-Farben und der von ihr kontrollierten Werke stiegen von 35 Millionen RM (1933) auf fast 426 Millionen RM (1944).”
[89] Zunächst die „General Dyestuff Corporation” und wenig später die „American IG Chemical Company” .Vgl. Borkin 1979, S. 47.
[90] „In sieben Wochen fieberhafter Aktivität an der Börse stieg der Preis der Kuhlmann-Aktien von 450 auf 1000 Francs.” Ebd..
[91] Vgl. Borkin 1979, S. 47.
[92] Ebd., S. 48.
[93] Aus einem Brief von v. Muralt an Duisberg vom 10.11.1925. Zit n. Tammen 1978, S. 18. Vgl. ebenso Schneckenburger 1988, S. 31.
[94] Sozialpolitische und gesellschaftliche Einrichtungen, wie Gewerkschaften, hatte es in der IG - bis auf wenige kurze Ausnahmen nie gegeben. Stattdessen wurde die Betriebsgemeinschaft postuliert, die den einzelnen Arbeitnehmern die soziale Identifikation mit dem Unternehmen fördern sollte.
[95] Vgl. zu diesem Abschnitt auch das Diagramm im Tabellenteil. [96] IG Farben 1995, S. 30.
[97] „Die weitere Entwicklung der Organisation der Produktion des Konzerns tendierte am Ende der zwanziger Jahre dahin, die territorialen, historischen und produktionsmäßigen Bindungen der Konzernteile in einem sinnvollen System zu kombinieren.” Hermann Schreyer: IG-Farben-Konzern. Seine Vorgänger und Nachfolger. Ein Beitrag zur Organisationsgeschichte der deutschen Chemieindustrie. 1. Teil. In: Archivmitteilungen Berlin 1966. Heft 4, S. 105. Zit n. Schneckenburger 1988, S. 34.
[98] Vgl. IG-Farben 1995, S. 30.
[99] Vgl. ebd.. Ebenfalls vgl. Tammen 1978, 23f. und Schneckenburger 1988, S. 33f.
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