Die Snowboardfahrer: Erlebens- und Verhaltensweisen sowie die Subkultur junger Menschen


Examensarbeit, 1998

125 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Vorbemerkung

2 Die Geschichte des Snowboardens
2.1 Anfänge und Entwicklung
2.2 Entstehung der Snowboardszene in Europa
2.3 Entstehung und Entwicklung der Snowboard-Organisationen

3 Jugend heute
3.1 Was versteht man unter dem Begriff "Jugend" ? - Definition nach Hurrelmann
3.2 `Die´Jugend gibt es nicht mehr
3.3 Die jugendlichen Subkulturen/Szenen
3.4 Merkmale dieser Subkulturen
3.4.1 Kleidung/Mode/Outfit
3.4.2 Musik
3.4.3 Sprache

4 Freizeit und Freizeitsport
4.1 Was versteht man unter dem Begriff "Freizeit"? - Definition nach Hurrelmann
4.2 Motivationale Aspekte des Freizeitsports
4.3 Freizeitsporttrends der Jugendlichen
4.3.1 Jugendliche Sportkulturen
4.3.2 Der Individualisierungsprozeß
4.3.3 Sporttrends in den 90er Jahren
4.4 Skateboarding - Beispiel für eine jugendliche Trendsportszene, die mit dem Snowboarding verwandt ist

5 Die Subkultur der Snowboarder
5.1 Vergleich empirischer Untersuchungen zur Snowboardszene
5.1.1 Demographische Struktur
5.1.2 Finanzielle und gesellschaftliche Situation
5.1.3 Motivationale Aspekte des Snowboardings
5.1.3.1 Das Spaßmotiv
5.1.3.2 Das Risikomotiv
5.1.3.3 Die sozialen Motive
5.1.3.4 Das Naturmotiv
5.2 Die unterschiedlichen Snowboardtypen
5.2.1 Die Freerider
5.2.2 Die Freestyler
5.2.3 Die Alpinen/Carver
5.3 Die Stars der Szene
5.3.1 Peter Bauer
5.3.2 Shaun Palmer
5.3.3 Terje Haakonsen
5.3.4 Petra Müssig
5.4 Die Disziplinen
5.5 Die szentypischen Erlebens- und Verhaltensweisen sowie das äußere Erscheinungsbild
5.5.1 Kleidung/Outfit
5.5.2 Sprache
5.5.3 Musik
5.5.4 Das `Feeling´
5.5.5 Veranstaltungen
5.5.6 Magazine/Fanzines
5.5.7 Vereine
5.6 Snowboardende Mädchen/Frauen
5.7 Das Verhältnis Snowboarder - Skifahrer
5.7.1 Die Entstehung des Konflikts
5.7.2 Der Generationskonflikt
5.7.3 Das Bild der Snowboardfahrer bei den Skifahrern
5.7.4 Das Bild der Skifahrer bei den Snowboardfahrern
5.7.5 Konfliktforschung

6 Schlußwort und pädagogischer Ausblick

7 Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Die Altersstruktur (Quelle: Spies: Snowboarding.)

Abbildung 2: Die Altersstruktur (Quelle: Becker: Snowboarding.)

Abbildung 3: Die Altersstruktur (Quelle: Media Informations Service Dittmayer)

Abbildung 4: Geschlechterverteilung (Quelle a: Spies: Snowboarding

Abbildung 5: Geschlechterverteilung (Quelle: Media Informations Service Dittmayer)

Abbildung 6: Familienstand (Quelle: Spies: Snowboarding.)

Abbildung 7: Wohnsituation (Quelle: Becker: Snowboarding.)

Abbildung 8: Bildungsstand der Snowboarder (Quelle: Spies: Snowboarding.)

Abbildung 9: Bildungsstand der Snowboarder (Quelle: Media Inf. Service Dittmayer)

Abbildung 10: Berufsstruktur der Snowboarder (Quelle: Spies: Snowboarding.)

Abbildung 11: Gesellschaftl. -Wirtschaftl. Status im Vergleich (Quelle: Media Informations Service Dittmayer)

Abbildung 12: Freeriding (Snow. 2/96 S.112)

Abbildung 13: Heliboarding (Snow. 2/97 S. 8)

Abbildung 14: Freestyle-Sequenz (Snow. 1/97 S.66)

Abbildung 15: Carven (Snow. 1/97 S. 35)

Abbildung 16: Peter Bauer (Snow. 1/97 S. 108)

Abbildung 17: Shawn Palmer (Snow. 2/96 S. 170)

Abbildung 18: Terje Haakonsen (Snow. 2/96 S.50)

Abbildung 19: Petra Müssig (Snow. 92/93 S. 69)

Abbildung 20: Halfpipe (Snow. 2/97 S.16)

Abbildung 21: Extreme Snowboarding (Snow. 2/96 S.165)

Abbildung 22: Air&Style Contest (Snow. 2/96 S. 74)

Abbildung 23: Karrikatur (Haderer. In: Stern. Heft 8/1998)

1 Vorbemerkung

Snowboarding boomt.[1] Kaum eine andere Freizeitsportart hat in den letzten Jahren solch eine Entwicklung erlebt und kann auf so hohe Zu- wachsraten zurückblicken. Aus der einstmals von sogenannten `Freaks´ oder `Verrückten´ betriebenen Sportart ist eine Bewegung geworden, die Thilo Bohatsch, Generalsekretär des Snowboard-Weltverbandes ISF, so beschreibt: "Wie auch immer - Snowboarden ist nicht nur Sport, Snow- boarden ist mehr: Revolution, Subkultur, Lebenseinstellung, Jugendbe- wegung, Mode, Party, Freundschaft, Liebe und all das, was jeder, der diesen Sport ausübt oder erst noch ausüben wird, impliziert und selber mit einbringt."[2]

Mit dieser Arbeit möchte ich einen Einblick in die Welt des Snowboar- dens geben. Ausgangspunkt meiner Überlegungen ist die Behauptung und ich unterstreiche damit die Äußerung von Thilo Bohatsch, daß es sich beim Snowboarden nicht nur um eine neue Funsportart handelt, die in diversen Wintersportgebieten betrieben wird. Man kann von einer ju- gendlichen Trendsportszene mit eigenem Lebensstil sprechen, die auf der einen Seite immer mehr Anhänger findet, auf der anderen Seite aber auch auf Ablehnung stößt, gerade in den Reihen der passionierten Ski- fahrer.

Das Phänomen "Snowboarding" ist relativ neu und diese Arbeit zählt so zu einer der ersten ihrer Art. Daraus ergaben sich eine Reihe von Schwierigkeiten bei der Suche nach entsprechender Fachliteratur. So besteht die Literatur meiner Arbeit bis auf die verwendete in Kapitel 2 "Jugend heute" und Kapitel 3 "Freizeit und Freizeitsport", in denen ich den gesellschaftlichen Kontext zur Snowboardszene herstelle, zum großen Teil aus Fachzeitungen, allgemeinen Sportzeitschriften sowie aus Informationen seitens des Snowboard-Weltverbandes ISF.

Das diese Sportart wie keine andere in den letzten Jahren die Begeiste- rung der Jugendlichen geweckt hat und welche finanziellen und motiva- tionalen Aspekte eine Rolle spielen, soll der Vergleich von drei empiri- schen Untersuchungen, von denen keine von mir selber durchgeführt wurde, belegen. Das es sich bei den `Boarding people´ nicht um eine homogene Gruppe handelt, sondern das es statt dessen innerhalb dieser Subkultur Differenzierungen gibt, soll ebenfalls Gegenstand dieser Arbeit sein. Des weiteren werden szenetypische Merkmale, die man als ausge- sprochen bezeichnend für diese sehen kann, beschrieben.

Einen weiteren Schwerpunkt legt diese Arbeit auf das Verhältnis zwischen Snowboardern und Skifahrern. Der Konflikt, den man auch als Generationskonflikt betrachten kann, besteht, seit dem die BoardGeneration massenhaft die Pisten bevölkert und den angestammten Skifahrern ihr Terrain streitig macht. So stellt sich das Magazin "SKI" des Deutschen Skiverbandes (DSV) die Frage: "Klassenkampf auf der Piste: Machen die >>langhaarigen Bombenleger<< mit ihren >>Schalttafeln<< Front gegen biedere >>Zweibrettfahrer<< ?"[3]

Das Snowboarding hat in Europa eine Entwicklung erfahren, die von Anfang an durch Medien und Industrie beeinflußt wurde und auch wei- terhin beeinflußt wird.[4] Fest steht, daß die Entwicklung fortschreiten wird, neue Trends geboren werden und alte Erlebens- und Verhaltens- weisen, die als nicht mehr zeitgemäß gelten, wegfallen. Das aber der Snowboardsport an sich auch in der Zukunft aus den Wintersportgebie- ten nicht mehr wegzudenken sein wird, steht außer Frage. Dazu noch einmal Thilo Bohatsch: "Snowboard, Snowboarding, Snowboarden. Wie immer man dazu sagt - was zählt, ist ein neues Lebensgefühl, daß den `Ausübenden´ beim Snowboarden bis in die letzte Faser des Körpers fährt. (...) Die >>Droge<< Snowboard beginnt unaufhörlich zu wirken und zieht den Ausübenden in seinen Bann. Sucht ist die Folge jeder Droge, und - ja ich bekenne - wir sind alle süchtig."[5]

Anzumerken zu dieser Arbeit bleibt, daß der Sprachstil den Eindruck er- wecken könnte, sich im Rahmen einer Examensarbeit nicht wissen- schaftlich genug auszudrücken. Dazu muß gesagt werden, daß sich viele spezifische Ausdrücke der Szene, die zum überwiegendem Teil aus dem anglo-amerikanischen Raum stammen, nicht durch deutsche, hoch- sprachliche Begriffe ersetzen oder übersetzen lassen. Wo dies möglich ist, findet sich ein entsprechender Verweis in den Fußnoten.

2 Die Geschichte des Snowboardens

2.1 Anfänge und Entwicklung

Wie die meisten Sporttrends der 80er und 90er Jahre (z.B. Surfen, Ska- teboard, Jogging, Aerobics) entstand auch das Snowboarden in den USA.

Die Idee dieser Sportart entstand in den 60er Jahren, als sich ein Surfer namens Sherman Poppen in den Kopf gesetzt hatte, seine Leidenschaft Surfen auch im Winter zu praktizieren.[6] So entwickelte er im Winter 1965 in Muskegon im Bundesstaat Michigan den `Snurfer´, "ein schneebrett- ähnliches Spielzeug aus Holz, daß in den Ausmaßen einem verkleiner- ten Wellenboard entsprach. "Eigentlich habe ich zunächst nicht an Sur- fing gedacht, sondern an den letzten Schrei auf unseren Skipisten: Die verrücktesten Typen fuhren damals Ski", erzählt Poppen heute."[7] Der Zusammenhang zwischen seinem Wintersport-Prototypen und dem Wellenreiten dämmerte ihm erst, als er sieht, daß sich seine Kinder in- stinktiv quer zur Fahrtrichtung stellen. Der Prototyp, der er in Heimarbeit gefertigt wurde, war 1,20 m lang, besaß keine Kanten oder Bindungen, sondern war wie ein Surfbrett nur mit einer Halteleine ausgestattet, die gleichzeitig zum Lenken diente.[8] Da Sherman Poppen gleichzeitig Ge- schäftsmann war, ließ er diesen als `Snurfer´ auf seinen Namen paten- tieren. Bereits im Winter 1966/67 konnte man die ersten serien- produktionsmäßig hergestellten Snurfer für knapp 10 Dollar erstehen. In den folgenden Jahren wurde dieses neue Wintersportgerät hunderttausendfach für einen Durchschnittspreis von 20 Dollar verkauft.

"Eine dieser schmalen, gelbschwarzen Sperrholzplatten gelangte 1968 in den Besitz von Jake Carpenter"[9], Mittelname Burton. Er tauchte bei den jährlichen Snurfermeisterschaften in Michigan auf, wo er mit leicht modifizierten Eigenbauten zu gewinnen versuchte.[10] "Ich habe mein Board einfach umgebaut, eine Wasserskibindung drauf und flache Me- tallfinnen druntergeschraubt - und schon konnte man mit der Kiste richtig rumheizen", so Jake Burton damals.[11] Erst im Jahr 1977 wagte er sich daran, in der von ihm gegründeten Firma "Burton Snowboards" die er- sten Boards herzustellen und zu verkaufen. Sein erstes serienreifes Schneebrett bekam den Namen “Backhill“. Aber auch hier fehlten noch die heutzutage an jedem Snowboard üblichen Stahlkanten an den Längsseiten. Es bestand jedoch im Vergleich zum `Snurfer´ schon eine gewisse Ähnlichkeit zu der heutigen Boardgeneration. Jake Burton brachte die Entwicklung ein entscheidendes Stück voran, in dem er das Produktionsverfahren der Skiindustrie übertrug.

Neben Sherman Poppen und Jake Burton darf der Name von Tom Sims in der Geschichte des Snowboardens nicht fehlen. Er arbeitete ab 1978 in seiner eigenen Firma an der Entwicklung mit und kann somit ebenfalls als Pionier bezeichnet werden. Den Vorteil, den Sims gegenüber Burton besaß, war die Tatsache, daß er sich bereits als Surf- und Skateboard- produzent einen Namen gemacht hatte und als Skateboard-Weltmeister ein Star der Szene war. Aber auch er hatte am Anfang Probleme, seine ersten Snowboards am Markt zu etablieren, da sie sich noch zu sehr an dem Surfboard-Konzept orientierten. Erst durch die Hilfe des Monoskis, der die Boards schmaler werden ließ und mit Stahlkanten versah, gelang der Durchbruch.

Im Frühling des Jahres 1981 fand der erste Snowboard-Wettkampf der Welt in Colorado statt, wo Tom Sims in der Disziplin “Slalom“ gewann. Dieser Wettkampf wurde nach dem typischen amerikanischen Selbstverständnis gleich als Weltmeisterschaft tituliert.[12]

Die Snowboard-Pioniere von damals hatten am Anfang mit diversen Problemen zu kämpfen, da man ihrem Sport die Anerkennung verweigerte. Das Hauptproblem bestand darin, daß die Liftbesitzer sich weigerten, diese `Freaks´ samt ihrer komischen Geräte bergauf zu befördern. So mußten sie sich in jener Zeit mühsam selber den Berg hochschleppen. Aus diesem Umstand entstand das Wort "hiking", zu deutsch “hochwandern“, das erste Szenewort der Snowboarder.

In den 80er Jahren ging die weitere Entwicklung der Boards schnell voran. Durch die Verwendung von Schalenbindungen, die den Fahrern die notwendige Sicherheit und Kontrollierbarkeit über ihr Sportgerät gab, wurden die Sicherheitsbedenken der amerikanischen Behörden ausge- räumt, so daß auch nach und nach die Wintersportgebiete mit ihren Lift- anlagen den `Boarding-people´ offen standen. Damit war der Grundstein für eine zunehmende Verbreitung dieser neuen Wintersportart gelegt.[13]

"Dem Siegeszug dieser Sportart stand in den amerikanischen Wintersportgebieten nichts mehr im Wege."[14]

2.2 Entstehung der Snowboardszene in Europa

Zwar gab es auch in Europa Tüftler, die sich mit der Entwicklung eines `Schneebretts´ beschäftigten, die entscheidenden Impulse kamen jedoch zweifelsohne aus den Vereinigten Staaten. Stellvertretend für die euro- päischen Snowboardpioniere seien die Namen Rudi Pröbstl sowie Ha- rald und Michael Strunk aus Deutschland genannt, die sich ebenfalls schon in den 70er Jahren unabhängig von der Entwicklung in den USA mit der Konstruktion von snowboardähnlichen Gefährten beschäftigten. Letztere fertigten einen Prototypen und ließen ihn unter dem Namen "Schwingbo" patentieren.[15] Die eigentliche Entstehung der Snowboards- zene in Europa ist eng mit dem Boom des Skateboards verbunden, das Anfang der 80er Jahr seinen `Siegeszug´ in Europa antratt. "Auch hier war es einigen Skate- und Surfboardern in Frankreich, in der Schweiz und in Deutschland im Winter zu langweilig geworden."[16] Die Jugendli- chen aus der Rollbrettszene bewunderten die amerikanischen Snow- boards in dem Film "Action now". Einer von ihnen war der Schweizer Jo- se´ Fernandez, der sich 1981 als einer der ersten ein Sims-Board mit Stahlkanten aus den USA importieren ließ. Er war auch der erste Euro- päer, der an einem Wettkampf in den Staaten teilnahm und dort auf An- hieb Siebter wurde. Zurück in der Schweiz, leistete er hier enorme Pio- nierarbeit, "um den `verrückten´ Sport zu promoten und zu verbreiten."[17]

Auch in Europa hatten die Snowboarder der ersten Stunde mit diversen Problemen zu kämpfen. Ähnlich wie in den USA waren die Boardkon- struktionen technisch noch nicht vollständig ausgereift und hier weiger- ten sich die Wintersportgebiete ebenfalls, sie mit ihren Liftanlagen zu befördern.

Der Siegeszug des neuen Funsports ließ sich aber nicht mehr aufhalten. Im Jahr 1985 liefen zwei erfolgreiche Filme in den Kinos, Willi Bogners "Fire and ice" und der James Bond-Streifen "A view to kill", wodurch Hunderte von Kinogängern vom `Virus Snowboarding´ angesteckt wur- den.[18] Im gleichen Winter importierten die Firmen Burton und Sims die ersten Bretter nach Europa und im darauffolgenden Jahr fanden im schweizerischen Livigno bei St. Moritz die ersten Weltmeisterschaften statt. In dieser Zeit wurden auch die ersten Snowboard-Camps gegrün- det, die zum ersten großen Treffpunkt der Szene avancierten. Schließ- lich sei noch die Wintersaison 1987/88 erwähnt, in der erstmals eine in- ternationale Weltcup-Tour mit Stationen in Europa und Amerika veran- staltet wurde.[19] Ebenfalls in diesen Winter fällt die Gründung der Snow- boarders European Association (SEA), in der sich erstmalig Snowboar- der aus verschiedenen europäischen Ländern zu einem Verband zu- sammengeschlossen hatten.[20]

In den folgenden Jahren schreitet die Etablierung der Szene in den Wintersportgebieten weiter voran und stellt damit einen Gegenpol zur Gruppe der Skifahrer dar. Konflikte entstehen, da sie nun ebenfalls ihr Terrain auf und abseits der Piste beansprucht. Wintersportorte sowie die Industrie beginnen, sich auf die konsumfreudigen Snowboarder einzustellen, die anfangs noch arg belächelt und als verrückte Spinner einer Gleitbrettgeneration tituliert wurden.[21]

2.3 Entstehung und Entwicklung der Snowboard- Organisationen

"Snowboarden und `Vereinsmeierei´- das paßt nicht zusammen, sollte man meinen"[22], so die Aussage in dem Buch von Hatje/Steiner: "Snow- board verständlich gemacht". Doch zeigt gerade die Entwicklung der na- tionalen und internationalen Organisationen in den letzten zehn Jahren das Gegenteil an, auch wenn sich die Mehrzahl der Snowboardfahrer bis heute noch keinem Verein oder Verband angeschlossen hat.

Die Entstehung der ersten Verbände datiert aus dem Jahr 1986, als sich Fahrer in Österreich und Norwegen jeweils zu einem Landesverband zu- sammengeschloßen haben und eigene Wettbewerbe organisierten. In den folgenden Jahren folgten immer mehr `Boarder´ diesem Beispiel und gründeten eigenständige Landesverbände, so zum Beispiel die Franzo- sen und die Schweizer 1987. Die Deutschen gründeten ein Jahr später unter dem Namen "Deutscher Snowboard Dachverband e.V." (DSDV) ei- nen landesweiten Verbund. Wie schon in Kapitel 2.2. angesprochen, wurde ebenfalls 1987 die "Snowboarders European Association" (SEA) und die "North American Snowboarders Association" (NASBA) ins Leben gerufen. Zwei Jahre später ist dann in der Wintersaison 1989/90 die “International Snowboard Association“ (ISA) gegründet worden, die erste internationale Snowboard-Organisation, die als Dachverband für die je- weiligen Landesverbände fungierte.[23] Nur wenige Monate später wurden dann die Profis der Szene unter dem Dach der “Pro Snowboarders As- sociation“ (PSA) vereinigt.

Als entscheidendes Datum für die Entstehung und Entwicklung einer internationalen Organisationsstruktur der jungen Sportart kann der Mai 1991 angesehen werden. als die International Snowboard Federation (ISF), Nachfolgeorganisation der ISA, gegründet wurde. In diesem Jahr entstand auch der von der ISF ins Leben gerufene Weltcup der Profis, die "ISF World Pro Tour". Insgesamt 17 Wettbewerbe wurden im ersten Jahr ihres Bestehens in Europa, Nordamerika und Japan durchgeführt und gelangten in die Wertung um die Vergabe des Gesamt-Weltcups.[24] Und schon ein Jahr später wurde die erste offizielle Snowboard- Weltmeisterschaft im österreichischen Ischgl veranstaltet, an der mehr als 240 Fahrer aus zwanzig Nationen teilnahmen und die weltweit im Fernsehen ausgestrahlt wurde.

An dieser Stelle noch ein kurzes Wort zu den Verbandsstrukturen des Snowboardsports in Deutschland. Der 1988 gegründete "Deutscher Snowboard Dachverband e.V." mußte im Sommer 1995 wegen Über- schuldung Konkurs anmelden, da nach Verhandlungen mit den Gläubi- gern keine Lösung gefunden wurde.[25] Als Nachfolgeorganisation wurde die ISF Germany gegründet, die sich seit diesem Zeitpunkt um die vier Bereiche Wettkampf, Vereine, Ausbildung/Nachwuchsförderung und Industrie kümmert.[26]

3 Jugend heute

3.1 Was versteht man unter dem Begriff "Jugend" ? - Definition nach Hurrelmann

Die Jugend ist als eine eigenständige, abgrenzbare und mit charakteristischen Stellenwert versehene Phase im menschlichen Lebenslauf zu verstehen.[27] Sie ist die Phase, die den Übergang vom Kindes- zum Erwachsenenalter beinhaltet. "Die Jugendphase kann (...) als der entscheidende Lebensabschnitt definiert werden, in dem die in der Kindheit bereits erworbenen individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten so weiter entwickelt werden, daß die für die Übernahme der späteren Erwachsenenrolle wichtigen Kompetenzen erworben werden."[28]

Den Übergang vom Kind zum Jugendlichen sowie vom Jugendlichen zum Erwachsenen bezeichnet man als Statuspassage. Es ist typisch für die modernen westlichen Industriegesellschaften, "daß diese Status- übergänge nicht eindeutig definiert und zeitlich fixiert sind, daß eine kla- re und unzweideutige Angabe möglich wäre, wann der Übergang vom Status "Kind" in den Status "Jugendlicher" und wann der Übergang vom Status "Jugendlicher" in den Status "Erwachsener" erfolgt.[29]

Innerhalb der Jugendphase läßt sich wiederum eine Unterteilung vornehmen. Sie wird in drei Unterphasen aufgegliedert:

- "die 13 - 18jährigen ("pubertäre Phase"): Jugendliche im engeren Sinne;

- die 18 - 21jährigen ("nachpuberale Phase"): die jugendlichen Heran- wachsenden;

- die 21 - 25jährigen und gegebenfalls älteren ("Nachjugendphase"): die jungen Erwachsenen, die aber ihrem sozialen Status und ihrem Verhalten nach noch als Jugendliche anzusehen sind."[30]

Auch wenn man die Jugend als eigenständige Lebensphase definieren kann, muß man sie doch einer differenzierten Betrachtung unterziehen, da man angesichts der Heterogenität und der erheblichen Binnendiffe- renzierung der Lebenswelten von Jugendlichen, ihrer unterschiedlichen Wertorientierungen und Lebenseinstellungen nicht von `der´ Jugend sprechen kann.[31]

3.2 `Die´Jugend gibt es nicht mehr

Unter dem Begriff "Jugend" läßt sich heutzutage nicht mehr eine gesellschaftskonforme und homogene Gruppe zusammenfassen. Hinter der Kategorie "Jugend" verbirgt sich eine enorme Verschiedenheit von Geschmacksgruppen und Publikumsarten.[32]

Alle neueren Studien bestätigen das in der Öffentlichkeit vorherrschende Bild, daß das Spektrum jugendlicher Selbstentfaltungen immer weiter qualitativ und quantitativ expandiert, auch wenn dieses Bild nicht aus- schließlich als Phänomen der 90er Jahre angesehen werden darf, denn eine Vielfalt an jugendlichen Subkulturen gab es in diesem Jahrhundert immer schon. So schreibt das Jugendwerk der Deutschen Shell in ihrer

12. Studie von 1997 in dem Kapitel "Jung - und ansonsten ganz ver- schieden": "Daß es nicht möglich ist, von `der´ Jugend zu sprechen, also von einer einheitlich charakteristischen, im großen und ganzen homoge- nen oder doch zumindest vergleichbaren Gruppe, ist ein Gemeinsatz der empirischen Jugendforschung."[33] Der Unterschied zu den vorherigen Jahrzehnten ist jedoch einerseits die imense Vielfalt an jugendlichen Subkulturen, andererseits, daß diese nicht mehr milieubezogen agieren. Es ist nicht mehr zu erkennen, aus welcher sozialen Schicht die jeweilige Subkultur stammt. Es verflüchtigt sich immer mehr die früher selbstver- ständliche Zuordnung von Cliquen zu sozialen Milieus, die bislang als das Verständnis von Subkulturen als abgeleitete Kulturen galt. Die In- halte sind ebenso eklektizistisch, schnellebig und diffus wie die moder- nen Gesellschaften auch.[34] "Gerade in den letzten Jahren erreicht der Prozeß der Entstehung neuer und differenzierter Jugendkulturen und Jugendszenen ein solch rasantes Tempo, daß die Vielfalt selbst für Fachleute kaum noch überschaubar ist."[35]

Die Jugendlichen versuchen in dieser modernen und schnellebigen Zeit, ihre eigene Identität und Lebensstil zu finden, ohne dabei in den meisten Fällen sozial oder politisch motiviert zu sein. Mit der Annahme einer sub- kulturellen Identität versucht der Jugendliche, sich von der vorhandenen Mehrheitskultur abzugrenzen, was für sie zugleich auch eine Abgrenzung von der Kultur der Erwachsenen bedeutet.

"Diese Abgrenzung wird deutlich

- an der eindeutigen Verweigerung an längerfristigen Verbindlichkei- ten,
- an der klaren Verweigerung der üblichen Verbands- oder Vereinskar- rieren,
- der starken Ablehnung der klassischen gesellschaftlichen und politi- schen Institutionen und Organisationen einschließlich ihrer Reprä- sentanten,
- die selbstverständliche Nutzung neuer Medien mit dem Aspekt von Spaß und Vergnügen,
- an dem starken Mißtrauen gegenüber klassischen Formen der politi- schen Interessenvertretung."[36]

Den Jugendlichen von heute steht der Sinn in erster Linie nach Spaß, und je nach Interessenslage schließen sie sich der einen oder anderen Szene an. Neu ist jedoch auch gegenüber den vorherigen Jahrzehnten, daß sich viele nicht nur einem Gruppenstil zuordnen lassen, sondern sich je nach Situation in der einen oder anderen Szene aufhalten. So schreibt die 12. Shell-Jugendstudie (1997): "Im Vergleich mit der 9. Ju- gendstudie (1981) zeigt sich, daß sich weniger Jugendliche mit keinem oder nur einem Stil identifizieren und das sich immer mehr Jugendliche mit mehreren konkreten Stilen gleichzeitig anfreunden."[37] Aus der Ent- scheidung `entweder ... oder ...´ ist bei vielen ein `sowohl ... als auch ...´ entstanden.

3.3 Die jugendlichen Subkulturen/Szenen

In den 90er Jahren haben sich nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund des Individualisierungsprozesses gegenüber den 80er Jahren die diversen Jugend-Szenen noch einmal beträchtlich vermehrt und vielfältig ausdifferenziert. Es gibt inzwischen eine kaum überschaubare Pluralität von jugendlichen Verhaltensweisen und Orientierungen, Einstellungen, Ausfächerungen und Stilisierungen.[38]

An die Stelle der früher milieubezogenen Subkulturen ist eine große An- zahl von sogenannten Freizeitszenen getreten, in denen persönliche Bedürfnisse und Erlebnisse Vorrang haben, die kaum oder gar nicht mehr politisch oder sozial motiviert sind. Bei den neuen jugendkulturellen Stilen tritt der Protest- und Weltveränderungsgedanke in den Hinter- grund. Im Vordergrund steht das jugendliche Anderssein ohne ideologie- geleitete Opposition. Der Anschluß an eine bestimmte Subkultur erfolgt heutzutage eher situativ. Wichtig ist für sie, sich von der gewöhnlichen Kultur der Mehrheits-Jugendlichen abzugrenzen. Das Bedürfnis nach Abgrenzung von den sogenannten "Normalos", die als langweilig abge- stempelt werden, läßt diese enorme Mannigfaltigkeit entstehen. Dabei entstehen die Szenen nicht rein zufällig, sondern dann, wenn eine Ähn- lichkeit in der partiellen Identität von Personen, Orten und Inhalten be- steht, und die Personen zur gleichen Zeit am gleichen Ort zusammen kommen.[39] Die Jugendlichen werden motiviert, einen ganz bestimmten Lebensstil ausleben wollen, der im wesentlichen durch vier Dimensionen charakterisiert ist:

"Zunächst einmal das expressive Verhalten, daßsich in Freizeitaktivitäten und Konsummustern manifestiert. Die zweite Dimension ist das interakti- ve Verhalten, das in Formen der Geselligkeit direkt, in der Mediennut- zung indirekt zum Ausdruck kommt. Ü ber diese Interaktionsmuster las- sen sich Verkehrskreise symbolisch abgrenzen, um auf diese Weise Nä- he und Distanz zu regeln. Drittens ist die Dimension evaluativen Verhal- tens zu nennen, die Wertorientierungen und Einstellungen erfaßt. Die vierte Dimension zielt ab auf den kognitiven Aspekt, der die Selbstidentifi- kation, die Zugehörigkeit und die Wahrnehmung der sozialen Weltüber- haupt steuert." [40]

Die Entfaltung von Subkulturen ist gerade heute in einer Phase gesell- schaftlicher Erosionen und Umbrüche der am deutlichsten sichtbare Ver- such der Jugendlichen, die gesellschaftliche und soziale Wirklichkeit faßbar zu machen.[41] "Dabei wird die Zugehörigkeit zu einer Szene und der Alltag durch das Leben und Nichtleben bestimmter Stile, Akzeptieren und Nichtakzeptieren bestimmter Einstellungen sowie der Konsum und Nichtkonsum von bestimmten Erlebnissen, Medien und Produkten"[42] maßgeblich beeinflußt.

Die Subkultur/Szene und das entsprechende Szene-Individuum definieren sich über:

- "eine gemeinsame Wertewelt und Wertorientierung,
- kulturelle Eigenarten,
- eine geschlossene Umweltinterpretation,
- einheitliche Sprach- und Zeichencodes,
- identischen Konsum von Marken und Freizeitangeboten,
- identischen Medienkonsum und
- szenespezifischen Territorien."[43]

In der Szene seine Identität finden und ausleben, ist das vorrangige Ziel der heutigen Jugend. Das dabei der Spaßaspekt im Vordergrund steht, versteht sich für sie von selbst. Das Spaßmotiv spielt im Konsum- und Freizeitverhalten eine entscheidende Rolle, es ist der Antrieb ihres Ver- haltens. Es hat jedoch auch zur Folge, daß sich viele junge Menschen nicht mehr nur mit einer Subkultur identifizieren. Es kann ein sprunghaf- tes Verhalten entstehen, die Freizeitszenen werden je nach Interes- senslage als wählbare oder abwählbare Formation angesehen.

Auch die Subkulturen an sich haben sich seit den 80er Jahren sprung- haft entwickelt. "In einzelnen Jugendkulturen haben sich Unterabteilun- gen und Stämme (`house´, `tribes´) (rück-)gebildet, deren Artenvielfalt selbst Kenner der Jugendszenen (...) nicht mehr erschließen und über- blicken (...) können."[44] So schreibt Ralf Vollbrecht in seinem Aufsatz "Die Bedeutung von Stil":

"Die Zeiten, als (relative) Einheit herrschte in der jugendlichen Subkultur, sind lange vorbei. Kaum jemand kann noch all die Zeichen entziffern im Szene-Dschungel von Trash Metal bis Cyberpunk mit all seinen ver- schiedenen Szene-Outfits, ihren jeweiligen In-Medien, häufig auch eige- nen Marktsegmenten und den nicht mehr selbstverständlich `progressi- ven´ Philosophien."[45]

3.4 Merkmale dieser Subkulturen

Jugendliche Subkulturen lassen sich durch eine Vielzahl von Merkmalen und Definitionen charakterisieren. Im vorherigen Kapitel "Die jugendlichen Subkulturen/Szenen" wurde schon eine Definition für den Begriff "Szene" aufgeführt. In diesem Kapitel geht es nun darum, die auffälligsten Merkmale, wodurch sie sich voneinander unterscheiden, zu benennen und zu erläutern. Es sind im einzelnen die Merkmale Kleidung/Mode/Outfit, Musik und Sprache.

3.4.1 Kleidung/Mode/Outfit

Wenn man sich heutzutage die verschiedenen Gruppierungen einmal näher betrachtet, so fällt einem als erstes ins Auge, daß ihr äußeres Er- scheinungsbild durch eine starke Konformität in bezug auf die Beklei- dung geprägt ist. Man versucht, durch eine ganz bestimmte Kleiderord- nung die Zugehörigkeit zur Szene zu dokumentieren und sich gleichzei- tig vom Rest der Gesellschaft zu distanzieren. Ein ganz bestimmter Le- bensstil soll zum Ausdruck gebracht werden. Bestimmte Kleiderordnun- gen sowie bestimmte provokante Haarfrisuren spiegeln oftmals eine Protesthaltung der Jugendlichen gegen bestehende Normen der Er- wachsenenwelt wieder und sind Ausdruck jugendlichen Andersseins. "Kleidung, Geschmack und Mode wurden lange als die Grundelemente des Prozesses betrachtet, durch den die Jugendlichen ihre persönlichen und kollektiven Identitäten ausdrücken, erkunden und herstellen.[46] Mit Hilfe bestimmter Moden versuchen sie, sich einem bestimmten Image anzupassen. Viele unterliegen aber dem Zwang, sich in einer bestimm- ten Art und Weise zu kleiden und zur Schau zu stellen. Dieser Zwang geht dabei in erster Linie vom Freundes- oder Bekanntenkreis aus, der gleichzeitig Teil der Szene darstellt. So gaben viele Jugendliche in einer Umfrage an, daß die Ideen in Sachen Outfit durch Freunde kommen.[47]

Welches Phänomen gerade in den 90er Jahren stark an Bedeutung ge- wonnen hat, ist die starke Markenabhängigkeit. Dieser Trend ist darauf zurückzuführen, daß die Designer-Kollektionen der Mode- und Beklei- dungsindustrie durch bestimmte Marken einem breiteren Publikum zu- gänglich gemacht wurden. Weiterhin wurden bestimmte, neu entstande- ne Subkulturen immer in Bezug zu bestimmten Marken gesetzt, wodurch eine gewisse Markenabhängigkeit gefördert wurde. Praktisch jede Szene verfügt heute über eine Anzahl spezifischer Marken. Und schließlich führt die ständige Berieselung der Jugendlichen mit Werbung in den al- ten sowie den neu entstandenen Medien auch zu einem permanenten Konsumzwang. So wurde in der IBM Jugendstudie von 1995 festgestellt, daß immerhin 26% aller jugendlichen Konsumenten in erster Linie auf bestimmte Marken achten, wobei die Marke bei der Kleidung die größte Bedeutung hat.[48]

Dieser Aspekt wurde ebenfalls vom Institut für Jugendforschung unter- sucht. Dort wurde auf die Frage: "Wie wichtig ist dir eine bestimmte Mar- ke?" ermittelt, daß modische und aktuelle Kleidung für junge Menschen von großer Bedeutung (Werte für Kleidung: 5,4 und Sportbekeidung: 5,1 bei einer Skala von 1 (=unwichtig) bis 7 (=sehr wichtig)) ist.[49] Gerade die in Nordamerika entstandene und nach Europa importierte `Street- und Clubwear´[50] kann allein mit einer beträchtlichen Anzahl von diversen Marken aufwarten, die gleichzeitig einen neuen Lebensstil möglichst plakativ nach außen bringen soll.[51]

Warum gerade Jugendliche diejenigen in unserer Gesellschaft sind, die am ehesten dem Konsumrausch und dem Modezwang verfallen, läßt sich damit beantworten, da sie noch auf der Suche nach eigener Identität, Persönlichkeit und Lebenstil sind.[52]

3.4.2 Musik

Im Vergleich zu früheren Jugendgenerationen ist auffällig, wie sehr die Szenen heute medial vermittelt sind. "Insbesondere entlang spezifischer Musikrichtungen verlaufen heute vielfach die Grenzen verschiedener Ju- gendszenen."[53] Es gibt heute eine Vielzahl von Subkulturen, deren Ur- sprung eng mit der Entstehung einer neuen Musikrichtung verbunden ist. Beispiele hierfür sind Techno, Heavy Metal, Punk, Hip Hop, Grunge usw., die alle den Weg für eine neue, musikalisch geprägte Jugendsub- kultur geebnet haben. Jede dieser Musikszenen wiederum kann sich aufspalten und sogenannte `tribes´ bilden. Ein Beispiel: Wenn man die Musikrichtung Techno als Sammelbegriff nimmt, so lassen sich eine Vielzahl von neuen in den letzten Jahren entstandenen `tribes´ (Break- beat/Jungle, Gabber, Ambient/Goa, Drum`n´Bass, House, Acid) benen- nen, die alle ihren ganz speziellen Musikstil entwickelt haben, wobei die Grenzen dieser einzelnen Untergruppierungen des Techno fließend sein können.[54]

Das den Jugendlichen die Musik allgemein oder eine ganz bestimmte Musikrichtung sehr wichtig erscheint, macht die Aussage im Buch "Ju- gendstile" von Paul Willis deutlich: "Die gesamte Jugendforschung hat in den letzten dreißig Jahren verkündet, daß die Popmusik bei den Ju- gendlichen im Zentrum der kulturellen Interessen steht."[55] Sie haben meist einen klaren Begriff von den unterschiedlichen Genres der moder- nen Musik und sind in der Lage, den jeweiligen Sound[56] entsprechend einer Musikszene zu zuordnen, auch wenn bei bestimmten Musikrich- tungen fließende Übergänge existieren.

Ein wichtige Rolle bei der Verbreitung neuer Musikstile spielen dabei die Medien wie Radio, Fernsehen sowie diverser Tonträger. Die Entstehung von Musikspartenkanälen wie VIVA und MTV mit ihren unterschiedlichen Magazinen, die sich gezielt an ein bestimmtes junges Publikum wenden, begleiten diese Entwicklung.

Viele Jugendliche sind heutzutage nicht mehr ganz frei in ihrer Entschei- dung, welche Musik konsumiert werden soll. Die Jugendgruppierung, der man sich angeschlossen hat, gibt in aller Regel die Musikrichtung vor und gilt in Fragen des Geschmacks als höchste Instanz. "Die Musik ist kurz gesagt, nicht einfach etwas, was Jugendliche gern haben und ma- chen, sondern sie ist auf vielfache Weise das Modell für ihre Beteiligung an einer gemeinsamen Kultur."[57]

3.4.3 Sprache

"Jugendsprache ist nicht an einer spezifischen Lexik und Ausdrucksweise festzumachen; jugendliche Sprechweisen sind in erster Linie umgangssprachliche Sprechstile, die allerdings hinsichtlich ihrer Ausgestaltung eigene Charakteristika aufweisen."[58]

Viele jugendliche Subkulturen haben seit ihrer Entstehung ihre eigenen Sprachcodes entwickelt, um sich von der übrigen Welt abzugrenzen. Ein neuer, oftmals provokativer Sprachgebrauch wird demonstriert und gleichzeitig damit der Wunsch artikuliert, anders zu sein. "Die Angehörigen einer bestimmten, zunehmend individualisierten Subkultur finden in der Alltagssprache ihrer Außenwelt keine Ausdruckswelt für ihre Sonderwelt mehr vor. Also schafft sich nahezu jede gesellschaftliche Gruppierung ihre eigene Sondersprache."[59]

Zudem besteht ein Zusammenhang zwischen der Medienwelt und den verschiedenen Szene-Jargons.[60] Jugendliche verbringen ein Teil ihrer Freizeit damit, bestimmte Magazine im Fernsehen, Rundfunk und in den Printmedien zu konsumieren. Diese haben sich auf die jugendliche Sze- ne-Vielfalt eingestellt und beliefern fast jede dieser mit der entsprechen- den Sendung oder Zeitschrift, in denen sich viele der in einer Szene häufig gebrauchten Wörter wiederfinden. Jede Subkultur, ob nun Techno-, Heavy Metal-, Skateboard- oder Snowboardszene, verfügt über entsprechende Magazine, die die jeweilige Szene-Sprache fördern. Als Außenstehender fällt es einem oft schwer, bestimmte Sachverhalte, die in diesen Zeitschriften angesprochen werden, zu verstehen, da man nicht über das entsprechende Fachvokabukar verfügt.

Ein weiteres Phänomen, daß in vielen Jugendsprachen zum Tragen kommt, sind die vielen Anglizismen, die gebraucht werden.[61] Viele Wör- ter aus dem anglo-amerikanischen Raum werden eingedeutscht und in ganz bestimmten Kontexten benutzt. Diese Anglizismen fungieren oft als Fachtermini, um bestimmte Gefühle, Eigenschaften, Lebensstile und- einstellungen zum Ausdruck zu bringen. Das deutsche Jugendliche Ausdrücke aus dem anglo-amerikanischen Raum benutzen, hängt damit zusammen, daß viele Musikstile wie Punk, Techno, Grunge oder Hip Hop dort entstanden sind. Auch die meisten Trendsportarten wie Snow- boarding, Skateboarding, Mountainbiking usw. haben dort ihren Ur- sprung und haben sich zeitversetzt in Europa durchgesetzt.

Warum unterschiedliche Jugendsprachen überhaupt entstanden sind, hat unterschiedliche Gründe, wobei der Protest-, der Abgrenzungs- so- wie der Spiel- und Innovationsaspekt wohl als entscheidende angesehen werden dürfen.[62]

[...]


[1] vgl.: Scheuer, Susanne: Weißer Rausch. In: Sports. Ausgabe 1/92. S. 76.

[2] Hatje, Tobias/ Steiner, Matthias: Snowboard verständlich gemacht. München: Copress, 1995. S. 8.

[3] SKI. Magazin des Deutschen Ski-Verbandes. Ausgabe 12/94. S.5.

[4] vgl.: Weiss, Christoph: Sowboarding know how. 3. Auflage. - München; Wien; Zürich: BLV, 1996. S. 118.

[5] Hatje, Tobias/ Steiner, Matthias: Snowboard verständlich gemacht. - München: Copress, 1995. S. 8.

[6] vgl.: Ritter, Michael / Pramann, Ulrich: Faszination Snowboarding. Ein Lehrbuch für Theorie und Praxis. München, 1990. S. 14. (künftig zitiert: Ritter/Pramann: Faszination Snowboarding.)

[7] Pfeffer, Michael: Snowboard-History: Wie es wirklich war. In: Snow. Ausgabe 1/89. S. 85.

[8] vgl.: Ritter/Pramann: Faszination Snowboarding. S. 14.

[9] Pfeffer, Michael: Snowboard-History: Wie es wirklich war. In: Snow. Ausgabe 1/89. S. 86.

[10] vgl.: Ebd. S.86.

[11] Ritter/Pramann: Faszination Snowboarding. S. 14.

[12] vgl.: Pfeffer, Michael: Snowboard-History: Wie es wirklich war. In: Snow. Ausgabe 1/89. S. 88.

[13] vgl.: König, J,/ Ettl, J.: Freestyle Snowboard book. Teil 1. Münster, 1991.

[14] Spies, Andreas: Snowboarding - Sozialpsychologische Analyse einer "neuen" Sportart. Unveröffentlichte Diplomarbeit, Deutsche Sporthochschule Köln. Köln, 1993. S. 11. (künftig zitiert: Spies: Snowboarding.).

[15] vgl.: Pfeffer, Michael: Snowboard-History: Wie es wirklich war. In: Snow. Ausgabe 1/89. S. 88.

[16] Müssig, Petra: Snowboard basics. 1. Aufl., Stuttgart, 1995. S. 9.

[17] Pfeffer, Michael: Snowboard-History: Wie es wirklich war. In: Snow. Ausgabe 1/89. S. 88.

[18] vgl.: Müssig, Petra: Snowboard basics. 1. Aufl., Stuttgart, 1995. S. 9.

[19] vgl.: Ebd. S. 10.

[20] vgl.: The year 1996. Jahrbuch des ISF (International Snowboard Federation). Innsbruck, 1996. S. 7.

[21] vgl.: Gleitet der Snowboardboom am Vollsortimenter vorbei? 1. Sonderausgabe zur Frühjahrs-ISPO. In: Sportartikelzeitung (SAZ). 25.02.1993. S. 24.

[22] Hatje, Tobias /Steiner, Matthias: Snowboard verständlich gemacht. München: Copress, 1995. S. 93. Die Snowboardfahrer: Erlebens- und Verhaltensweisen sowie Subkultur junger Menschen

[23] vgl.: The year 1996. Jahrbuch des ISF (International Snowboard Federation). Innsbruck, 1996. S. 7.

[24] vgl.: Ebd. S.7.

[25] vgl.: Snowboarder Monster Backside Magazin. Ausgabe Jan./96. S. 22.

[26] vgl.: Ebd. S. 22.

[27] vgl.: Hurrelmann, Klaus: Lebensphase Jugend: Eine Einführung in die sozialwissen- schaftliche Jugendforschung. - 4. Aufl. - Weinheim; München: Juventa Verlag, 1995. S. 38.

[28] Ebd. S.38.

[29] Ebd. S.39.

[30] Ebd. S. 50.

[31] vgl.: Baur, Jürgen / Bräutigam, Michael / Brettschneider, Wolf-Dietrich: Sport im Alltag von Jugendlichen. In: Sport im Alltag von Jugendlichen: sportwissenschaftliche und sozialwissenschaftliche Beiträge / hrsg. von Wolf-Dietrich Brettschneider. Schorndorf: Hoffmann, 1989. S. 17 f..

[32] Willis, Paul: Jugend-Stile: zur Ästhetik der gemeinsamen Kultur. - Hamburg; Berlin: Argument-Verlag, 1991. S. 79.

[33] Jugend 97: Zukunftsperspektiven, Gesellschaftliches Engagement, Politische Orientierungen / Jugendwerk der Deutschen Shell (Hrsg.). - Opladen: Leske und Budrich, 1997. S. 379. ( künftig zitiert: Shell-Jugendstudie.).

[34] vgl.: Ebd. S. 20.

[35] Krafeld, Franz Josef: Cliquenorientierte Jugendarbeit: Grundlagen und Handlungsan- sätze / Franz Josef Krafeld (Hrsg.). - Weinheim; München: Juventa-Verl., 1992. S. 34.

[36] vgl.: Shell-Jugendstudie. S.20 f..

[37] Ebd. S.21.

[38] vgl.: Ferchhoff, Wilfried: Jugendkulturelle Individualisierungen und (Stil)differenzierungen in den 90er Jahren. In: Jugendkulturen - Faszination und Ambi- valenz: Einblicke in jugendliche Lebenswelten / Wilfried Ferchhoff ... (Hrsg.). - Wein- heim; München: Juventa-Verl., 1995. S.59. (künftig zitiert: Ferchhoff: Jugendkulturelle Individualisierungen )

[39] vgl.: Schulze, Gerhard: Die Erlebnisgesellschaft: Kultursoziologie der Gegenwart / Gerhard Schulze (Hrsg.). - 5. Aufl. - Frankfurt/Main; New York: Campus-Verlag, 1995. S. 463.

[40] Vollbrecht, Ralf: Die Bedeutung von Stil: Jugendkuturen und Jugendszenen im Licht der neueren Lebensstildiskussion. In: Jugendkulturen: Faszination und Ambivalenz: Einblicke in jugendliche Lebenswelten / Wilfried Ferchhoff ... (Hrsg.). - Weinheim; Mün- chen: Juventa-Verl., 1995. S. 27. (künftig zitiert: Vollbrecht: Die Bedeutung von Stil.)

[41] Krafeld, Franz Josef: Cliquenorientierte Jugendarbeit: Grundlagen und Handlungsan- sätze / Franz Josef Krafeld (Hrsg.). - Weinheim; München: Juventa-Verl., 1997. S. 32.

[42] Eggert, Ulrich: Konsumententrends. / Ulrich Eggert. - Düsseldorf: Metropolitan-Verl-, 1997. S. 107.

[43] Ebd. S.107 f..

[44] Ferchhoff: Jugendkulturelle Individualisierungen S. 59.

[45] Vollbrecht: Die Bedeutung von Stil. S. 30.

[46] Willis, Paul: Jugendstile: zur Ästhetik einer gemeinsamen Kultur. - Hamburg; Berlin: Argument-Verlag, 1991. S. 108.

[47] vgl.: Ebd. S. 109.

[48] vgl.: "Wir sind o.k.!" : Stimmungen, Einstellungen, Orientierungen in den 90er Jah- ren; die IBM Jugendstudie / Institut für empirische Psychlogie - Köln: Bund-Verl., 1995. S.88.

[49] vgl.: Eggert, Ulrich: Konsumententrends. / Ulrich Eggert. - Düsseldorf: MetropolitanVerl., 1997. S. 101.

[50] anglo-amerikanischer Ausdruck für die in US-amerikanischen Großstädten auf der Straße und in bestimmten Diskotheken entstandene Bekleidungsmode, die eng mit einem bestimmten Musik- oder Sportstil verbunden ist.

[51] vgl. Jacobs, Ulla: Jeans: Das Symbol der freien Gesellschaft. In: Markenkult: Wie Waren zu Ikonen werden. / Trendbüro. Matthias Horx; Peter Wippermannn. - Düsseldorf: Econ, 1995. S. 262.

[52] vgl.: Kutschke, Joachim: Die Konsumkinder: Wohin steuert unsere Jugend? - 1. Aufl. - Bergisch Gladbach: Gustav Lübbe Verlag, 1990. S. 52.

[53] Vollbrecht, Ralf: Von Subkulturen zu Lebensstilen. In: Kursbuch Jugendkultur: Stile, Szenen und Identitäten vor der Jahrtausendwende / SPoKK (Hrsg.). - Mannheim: Bollmann Verlag, 1997. S. 28.

[54] vgl.: Mess, Jutta: Techno als Lebensstil: Eine Erhebung. Unveröffentlichte Examensarbeit. - Münster, 1995. S.23 ff..

[55] Willis, Paul: Jugendstile: zur Ästhetik einer gemeinsamen Kultur: - Hamburg; Berlin: Argument-Verlag, 1991. S. 79.

[56] “Sound“ bedeutet aus dem Englischen übersetzt "Klang", in diesem Zusammenhang amerikanischer Ausdruck für "Musik".

[57] Ebd. S. 106.

[58] Schlobinski, Peter: Jugendsprache: Fiktion und Wirklichkeit. - Opladen: Westdeutscher Verlag, 1993. S. 211.

[59] Ehmann, Hermann: oberaffengeil: neues Lexikon der Jugendsprache. / Hermann Ehmann. - Orig.-Ausg. - München: Beck, 1996. S. 15.

[60] vgl.: Schlobinski, Peter: Jugenssprache: Fiktion und Wirklichkeit. - Opladen: Westdeutscher Verlag, 1993. S. 34.

[61] vgl.: Ebd. S. 60.

[62] vgl. Ehmann, Hermann: oberaffengeil: neues Lexikon der Jugendsprache. / Hermann Ehmann. - Orig.-Ausg. - München: Beck, 1996. S. 20. f..

Ende der Leseprobe aus 125 Seiten

Details

Titel
Die Snowboardfahrer: Erlebens- und Verhaltensweisen sowie die Subkultur junger Menschen
Hochschule
Universität Münster
Note
1
Autor
Jahr
1998
Seiten
125
Katalognummer
V185203
ISBN (eBook)
9783656990932
ISBN (Buch)
9783867461092
Dateigröße
3510 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
snowboardfahrer, erlebens-, verhaltensweisen, subkultur, menschen
Arbeit zitieren
Markus Sander (Autor:in), 1998, Die Snowboardfahrer: Erlebens- und Verhaltensweisen sowie die Subkultur junger Menschen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185203

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Die Snowboardfahrer: Erlebens- und Verhaltensweisen sowie die Subkultur junger Menschen



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden