Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, ob und inwieweit juristischen
Personen des öffentlichen Rechts eine Grundrechtsträgerschaft
zukommt. Das heißt, ob und inwieweit sie sich auf die Grundrechte berufen
können bzw. durch sie geschützt werden. Dabei soll nicht nur untersucht
werden, ob sie allgemein eine Grundrechtsberechtigung haben, sondern auch
auf welche Grundrechte sie sich explizit berufen können.
Das Bundesverfassungsgericht verneint grundsätzlich eine Grundrechtsträgerschaft
juristischer Personen des öffentlichen Rechts.1 Ihnen fehle es zum
einen an einer grundrechtstypischen Gefährdungslage. Zum anderen begründet
das Gericht seine Ablehnung mit der Durchgriffstheorie und der Konfusionsthese.
Die Sichtweise des Bundesverfassungsgerichts soll im Folgenden
genauer erläutert werden.2 Dabei hat es allerdings für drei Sonderfälle eine
Grundrechtsberechtigung für juristische Personen des öffentlichen Rechts
bejaht. Diese klassische Ausnahmetrias (Religionsgesellschaften, Universitäten,
Rundfunkanstalten) soll hier eingehend untersucht werden.3
Im Schrifttum ist die Frage nach der Grundrechtsträgerschaft juristischer
Personen des öffentlichen Rechts – mit Ausnahme der obigen Ausnahmetrias
– sei je her umstritten. Bethge spricht vom „Paradebeispiel für den literarischen
Positionskampf auf dem Tournierfeld der aktuellen Grundrechtsdiskussion“
4. Die Grundsätze der Ausnahmetrias des Bundesverfassungsgerichts
werden versucht auch auf andere juristische Personen des öffentlichen
Rechts zu übertragen, um ihnen damit eine Grundrechtsberechtigung zuzusprechen.
Die einzelnen (Erweiterungs-)Vorschläge des Schrifttums sollen in
der vorliegenden Arbeit insbesondere Berücksichtigung finden. Der Begriff der juristischen Person gebietet es in der vorliegenden Untersuchung
mit Art. 19 III GG zu beginnen. Er bildet die zentrale Vorschrift für
eine mögliche Grundrechtsberechtigung inländischer juristischer Personen
des Privatrechts und des öffentlichen Rechts.
1 Vgl. S. 4 ff.
2 Vgl. S. 4 ff.
3 Vgl. S. 9 ff.
4 Bethge, AöR 104 (1979), 54 (86).
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Teil
- Grundsätzliche Nichtgeltung der Grundrechte für juristische Personen des öffentlichen Rechts
- A. Grundsätzliches
- B. Auslegung des Art. 19 III GG
- C. Grundsätzliches zur Berufungsmöglichkeit auf Art. 19 III GG in Bezug auf einzelne juristischen Personen des öffentlichen Rechts
- Grundsätzliche Nichtgeltung der Grundrechte für juristische Personen des öffentlichen Rechts
- 2. Teil Ausnahmen von der prinzipiellen Verneinung der Grundrechtsträgerschaft juristischer Personen des öffentlichen Rechts
- A. Gründe für mögliche Ausnahmen
- B. Voraussetzung für eine Grundrechtsträgerschaft
- C. Die klassische Ausnahmetrias
- I. Öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften
- II. Universitäten und ähnliche rechtlich verselbständigte Einrichtungen des Staates
- III. Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten
- D. Weitere diskutierte Ausnahmen
- 3. Teil Exkurs: Grundrechte und private Agitation des Staates
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Frage, ob und inwieweit juristische Personen des öffentlichen Rechts Träger von Grundrechten sind. Sie analysiert die grundsätzliche Nichtgeltung der Grundrechte für solche Körperschaften und beleuchtet Ausnahmen von dieser Regel.
- Auslegung des Art. 19 III GG
- Berufungsmöglichkeit auf Art. 19 III GG in Bezug auf einzelne juristische Personen des öffentlichen Rechts
- Klassische Ausnahmetrias: Öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften, Universitäten und Rundfunkanstalten
- Weitere diskutierte Ausnahmen: Kirchliche Hochschulen, Kunst- und Musikhochschulen, staatlich getragene Kulturinstitutionen, Zwangskörperschaften und Personalkörperschaften
- Grundrechte und private Agitation des Staates
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung führt in das Thema ein und stellt die Relevanz der Frage nach der Grundrechtsträgerschaft juristischer Personen des öffentlichen Rechts dar.
1. Teil: Grundsätzliche Nichtgeltung der Grundrechte für juristische Personen des öffentlichen Rechts
Dieser Teil befasst sich mit der grundsätzlichen Nichtgeltung der Grundrechte für juristische Personen des öffentlichen Rechts. Er analysiert die Wortlaut-, historische, systematische und teleologische Auslegung des Art. 19 III GG. Zudem werden die verschiedenen Arten von juristischen Personen des öffentlichen Rechts betrachtet, die keine Grundrechtsträgerschaft beanspruchen können.
2. Teil: Ausnahmen von der prinzipiellen Verneinung der Grundrechtsträgerschaft juristischer Personen des öffentlichen Rechts
Dieser Teil beleuchtet die Ausnahmen von der grundsätzlichen Nichtgeltung der Grundrechte für juristische Personen des öffentlichen Rechts. Er analysiert die Voraussetzungen für eine Grundrechtsträgerschaft, die klassische Ausnahmetrias (Öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften, Universitäten und Rundfunkanstalten) und weitere diskutierte Ausnahmen.
3. Teil: Exkurs: Grundrechte und private Agitation des Staates
Dieser Teil befasst sich mit dem Verhältnis von Grundrechten und der privaten Agitation des Staates. Er beleuchtet die Frage, ob und inwieweit der Staat durch seine private Agitation an die Grundrechte gebunden ist.
Schlüsselwörter
Juristische Personen des öffentlichen Rechts, Grundrechtsträgerschaft, Art. 19 III GG, Auslegung, Ausnahmen, Öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften, Universitäten, Rundfunkanstalten, Staatliche Agitation, Private Agitation.
- Arbeit zitieren
- Daniel Wiegand (Autor:in), 2003, Grundrechte und juristische Personen des öffentlichen Rechts, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18522