E-Procurement. Kosteneinsparungen durch Effizienzsteigerungen in der Beschaffung


Diplomarbeit, 2000

118 Seiten, Note: 1.3


Leseprobe


UNIVERSITÄT KAISERSLAUTERN
Sozial- und Wirtschaftswissenschaften
Fachgebiet Betriebsinformatik und Operations Research
E-Procurement
Kosteneinsparungen durch Effizienzsteigerungen in der Beschaffung
Diplomarbeit
vorgelegt von
Andreas Scharff
Datum der Abgabe: 2. November 2000

Ein Besucher, dem die Insel gezeigt wird, gelangt in ein Einkaufszentrum. ,,Ich sehe gar
keine Käufer", sagt der Besucher, ,,wahrscheinlich ist es dafür zu früh." ,,Das nicht,
aber die meisten Einkäufe erfolgen teleautographisch", antwortete der Führer. ,,Wir
benutzen einen Apparat, der die Handschrift so überträgt wie das Telephon die Stimme.
Mit dem Teleautographen werden Bestellungen aufgegeben, Rechnungen zugeschickt
und Verträge geschlossen."
Jules Verne: Die Propellerinsel, 1876

Inhaltsverzeichnis
Seite I
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung ... 1
2 Grundlagen zum E-Commerce ... 4
2.1 Begriff und Abgrenzung ... 5
2.2 Transaktionsmuster des E-Commerce ... 7
2.2.1 Business-to-Consumer ... 8
2.2.2 Business-to-Business ... 8
2.2.3 Electronic Commerce und die Statistik ... 9
2.3 Einordnung des E-Procurement in das Themengebiet E-Commerce ... 12
2.4 Zusammenfassung ... 15
3 Die betriebliche Beschaffungsfunktion ... 16
3.1 Begriffsbestimmung und Abgrenzung ... 17
3.2 Wandel der betrieblichen Rahmenbedingungen in der Beschaffung ... 20
3.3 Praxisprobleme der klassischen Beschaffung in der Fertigungsindustrie ... 23
3.3.1 Dominanz nicht-strategischer Produkte ... 23
3.3.2 Komplexe Abläufe ... 25
3.4 Neue Anforderungen und Konzepte in der Beschaffung ... 28
3.4.1 Neue Stellung der Beschaffung im Unternehmen ... 28
3.4.2 Beschaffungsstrategien ... 29
3.4.2.1 Global vs. Local Sourcing ... 29
3.4.2.2 Outsourcing und Intensivierung der Beziehungen zu
ausgewählten Lieferanten ... 30
3.4.2.3 Zentralisierung vs. Dezentralisierung ... 31
3.4.2.4 Informationstechnologische Konzepte ... 32
3.5 Maßnahmen zur Kostensenkung in der klassischen Beschaffung ... 33
3.6 Zusammenfassung ... 39

Inhaltsverzeichnis
Seite II
4 Darstellung von E-Procurement Lösungen als Möglichkeit zur Verbesserung der
klassischen Beschaffung ... 40
4.1 Grundtypen von E-Procurement Lösungen ... 41
4.1.1 Sell-Side-Lösung ... 42
4.1.1.1 Konzept und Funktionsweise von Sell-Side Lösung ... 42
4.1.1.2 Charakteristika von Sell-Side Lösungen aus Sicht der
Beschaffung ... 44
4.1.1.3 Vor- und Nachteile von Sell-Side-Lösung in der Beschaffung ... 48
4.1.1.4 Einfluß der Sell-Side Lösung auf Kostenreduzierungen in der
Beschaffung ... 50
4.1.1.5 Zusammenfassung ... 55
4.1.2 Elektronische Marktplätze von Drittanbietern ... 56
4.1.2.1 Konzept und Funktionsweise von Elektronischen Marktplätzen
von Drittanbietern ... 57
4.1.2.2 Charakteristika von Elektronischen Marktplätzen von
Drittanbietern aus Sicht der Beschaffung ... 63
4.1.2.3 Vor- und Nachteile von Elektronischen Marktplätzen von
Drittanbietern in der Beschaffung ... 65
4.1.2.4 Einfluß der Elektronischen Marktplätze von Drittanbietern auf
Kostenreduzierungen in der Beschaffung ... 67
4.1.2.5 Zusammenfassung ... 71
4.1.3 Buy-Side-Lösung ... 72
4.1.3.1 Konzept und Funktionsweise von Buy-Side Lösung ... 73
4.1.3.2 Charakteristika von Buy-Side Lösungen aus Sicht der
Beschaffung ... 79
4.1.3.3 Vor- und Nachteile von Buy-Side-Lösung in der Beschaffung ... 80
4.1.3.4 Einfluß der Buy-Side Lösung auf Kostenreduzierungen in der
Beschaffung ... 82
4.1.3.5 Zusammenfassung ... 88
4.1.4 Bewertende Gegenüberstellung der Grundtypen von E-Procurement
Lösung ... 88
4.2 Entwicklungsperspektive für E-Procurement Lösungen ... 92
4.2.1 Operative Beschaffung ... 92
4.2.2 Taktische und strategische Beschaffung ... 94

Inhaltsverzeichnis
Seite III
4.3 Risiken und Hemmfaktoren einer Beschaffung über das Internet ... 96
4.3.1 Rechtliche Unsicherheiten ... 97
4.3.2 Vertraulichkeits- und Sicherheitsmängel ... 98
4.4 Zusammenfassung ... 100
5 Zusammenfassung und Ausblick ... 102
Literaturverzeichnis ... 104
Abbildungsverzeichnis ... 110
Tabellenverzeichnis ... 112

Einleitung
Seite 1
1 Einleitung
Die zunehmende Globalisierung, die wachsende Dynamik der Beschaffungsmärkte
sowie ein weiterhin steigender Kostendruck stellen erhöhte Anforderungen an Einkauf
und Beschaffung in Unternehmen. Dabei nehmen diese Funktionsbereiche gerade bei
stetig sinkender Fertigungstiefe in immer stärker werdendem Maße Schlüsselfunktionen
zur permanenten Sicherung und Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen
ein. Der veränderte Stellenwert zeigt sich bereits in der Organisation. So gaben 43%
aller durch die Marktforschungsunternehmung Taylor Nelson Sofres befragten
Einkaufsleiter an, direkt dem Vorstand des betrachteten Unternehmens zugehörig zu
sein; noch vor drei Jahren waren dies nur 27% (vgl. O.V. 2000a, S. 29).
Die Aberdeen
Group ermittelte zudem, daß eine Umstrukturierung der Beschaffung einen größeren
und verläßlicheren Profit bietet als eine Intensivierung der Absatzfunktionen
(vgl. Aberdeen Group 1999a, S. 2). Eine ähnliche Aussage trifft eine Studie von
Mercedes-Benz; diese zeigt, daß eine 10%-ige Umsatzsteigerung den gleichen Effekt
auf den Unternehmensgewinn wie eine Senkung der Materialkosten um 0,518% hatte
(vgl. Arnold 1997, S. 16). Die Praxis fordert deshalb, daß die Beschaffung ,,wesentliche
Beiträge zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und konsequenten Verbesserung des
Unternehmensergebnisses" (Höll 1999, S. 506) erbringen muß.
Viele der bisher eingesetzten Tools scheinen in bezug auf weitere Verbesserungen
jedoch an Grenzen zu stoßen. Mit dem Internet hat nun ein Medium in Wirtschaft und
Gesellschaft Einzug erhalten, das die Formen der Interaktion und Kommunikation
nachhaltig beeinflußt. Nachdem sich Dienste wie E-Mail oder WWW bereits etabliert
haben, verlagert sich das Augenmerk der Branche immer mehr auf die kommerzielle
Nutzung des Internets. Es ändern sich die Eigenschaften von Produkten, die Wege des
Handels, die Arten von Dienstleistungen und die Formen der Arbeit. Experten
vergleichen die neue Ökonomie des Internets mit der industriellen Revolution im
19. Jahrhundert; dabei sind sie überzeugt, daß die Weltwirtschaft erst am Beginn dieser
neuen Ära steht (vgl. Hildebrandt 1999, S. 5).
Das Internet bietet insbesondere für die Beschaffung eine Grundlage, auf der
konventionelle Geschäftsmöglichkeiten und -prozesse völlig neu überdacht werden
müssen. Ein Werbespot bringt es auf den Punkt: Einem japanischen Großkonzern bricht
der traditionelle Zulieferer weg. Als Retter in der Not erweist sich eine kleine Firma aus
dem Schwarzwald mit ihrem Online-Angebot. Ohne das Internet, jenem Medium also,

Einleitung
Seite 2
dem Raum und Zeit keine Grenzen setzen, wäre diese neue Partnerschaft wohl nur sehr
schwer möglich geworden.
In immer stärkerem Maße erkennen Unternehmen, daß der Einsatz des Internets in der
Beschaffung enorme Verbesserungspotentiale freisetzt ­ sei es beim Einkauf der
Büroklammer, der Auftrag an die Werbeagentur oder die nächste Rohöllieferung. Je
effizienter Waren und Leistungen beschafft werden, desto größer sind die Einsparungen
bei den Materialien und Dienstleistungen selbst und im Beschaffungsprozeß: erste
Erfolgsmeldungen von Unternehmen berichten von Kosteneinsparungen pro
Beschaffungsvorgang von bis zu 50%. Allgemein wird davon ausgegangen, daß
E-Procurement noch weiter an Bedeutung gewinnen wird. Schätzungen sprechen von
einem Anstieg des Beschaffungsvolumens über das Internet von derzeit 400 Milliarden
Dollar auf drei Billionen Dollar im Jahr 2004 (vgl. O.V. 2000, S. 29).
Trotzdem schöpfen aber die Unternehmen laut einer Studie der Universität Bern die
Möglichkeiten, welche ihnen die Beschaffung über das Internet bietet, bei weitem noch
nicht aus. Die Ursache dafür wird darin vermutet, daß sich viele Unternehmen gar nicht
bewußt sind, welche Rationalisierungspotentiale ihnen durch diese neue Technologie
offen stehen (vgl. Eyholzer 1999b, S. 24).
Die vorliegende Arbeit, die in fünf Kapitel gegliedert ist, soll deshalb verdeutlichen,
welche innovativen Möglichkeiten sich den Unternehmen durch internet-basierte
Lösungen zur Generierung von Effizienzsteigerungen in den Einkaufs- und
Beschaffungsprozessen bieten und welche Rationalisierungspotentiale sich daraus
ergeben. Dazu wird im Anschluß an die Einleitung (Kapitel 1) in Kapitel 2 eine
Einführung in das Themengebiet ,E-Commerce`, worunter heutzutage und vor allem im
Kontext dieser Arbeit im wesentlichen die kommerzielle Nutzung des Internets
verstanden werden kann, vorgenommen und die vorliegende Arbeit in dieses
Themengebiet eingeordnet. In Kapitel 3 wird dann die Beschaffungsfunktion näher
erläutert. Dabei wird nach einer grundlegenden Einführung in die Beschaffungsfunktion
gezeigt, welche Probleme in den Abläufen eines Beschaffungsprozesses heute
vorkommen, welches die neuen Anforderungen an die Beschaffung sind und welche
klassischen Verbesserungsansätze sich daraus ergeben. Kapitel 4 stellt den Schwerpunkt
der Arbeit dar. In diesem werden unter anderem die derzeit auf dem Markt existenten
Konzepte bei der Beschaffung über das Internet dargestellt und deren Einflüsse auf
Kosteneinsparungen in verschiedenen spezifischen Situationen diskutiert. Als
wesentliches Ergebnis dieser Arbeit soll abschließend eine Empfehlung hergeleitet

Einleitung
Seite 3
werden, aus der für Unternehmen ersichtlich sein wird, welches Konzept in den
verschiedenen spezifischen Situationen tendenziell die größten Kosteneinsparungen
realisiert. Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung und einem Ausblick
(Kapitel 5) zur ,Beschaffung @ Internet` als derzeit neustes Beschaffungskonzept.

Grundlagen zum E-Commerce
Seite 4
2 Grundlagen zum E-Commerce
Mit der elektronischen Vernetzung schreitet weltweit auch die Digitalisierung der
Geschäftswelt voran. Dabei entstehen nicht nur neue Märkte, Dienstleistungen und
Absatzmöglichkeiten; zunehmend ändern sich auch die Strukturen, die
Wertschöpfungsketten und die Geschäftsabwicklung in traditionellen Branchen und
Marktsektoren. Beispielsweise steht der weltweit größte Buchladen nicht in New York,
Paris oder Berlin, sondern im Internet. Sowohl Einsparungen bei Raum-, Personal- und
Lagerkosten als auch eine Umsatzsteigerung durch den Gewinn neuer Kunden sind
Merkmale, die den elektronisch basierten Handel, d.h. Electronic Commerce (in
Kurzform E-Commerce), auszeichnen (vgl. Gora 1999, S. 1). Zudem werden
Kommunikation und Kooperation zwischen Transaktionspartnern schneller, einfacher
und kostengünstiger.
Bis heute aber haben nur wenige profunde Kenntnisse im Umgang mit dem
E-Commerce. Diese Lücke soll in diesem Kapitel geschlossen werden. Aufbauend auf
einer in Kapitel 2.1 vorgenommenen Definition des Schlagworts ,E-Commerce` und
einer Abgrenzung zu anderen Begriffen werden in Kapitel 2.2 die verschiedenen
Transaktionsmuster des E-Commerce vorgestellt. Wachstumsprognosen und Statistiken
sollen in diesem Kapitel die große Bedeutung des E-Commerce unterstreichen. Bevor
dann die wesentlichen Erkenntnisse zum Themengebiet E-Commerce im letzten Kapitel
(Kapitel 2.4) zusammengefaßt werden, wird das Themengebiet dieser Arbeit
(E-Procurement) in den Kontext des E-Commerce eingeordnet (Kapitel 2.3).

Grundlagen zum E-Commerce
Seite 5
2.1 Begriff und Abgrenzung
In der Literatur findet sich mittlerweile eine schier unüberschaubare Fülle an
Definitionen des sich in aller Munde befindenden Schlagwortes ,E-Commerce`. Bislang
hat sich aber noch keine allgemein anerkannte Definition herausbilden können
(vgl. Dolmetsch 2000, S. 27). Im folgenden wird eine der Betrachtungsweise dieser
Arbeit dienliche Definition hergeleitet werden.
Das Wort ,Electronic` suggeriert, daß beim E-Commerce zum Handel
(engl. Commerce) elektronische Medien genutzt werden. Zu der Gruppe der
elektronischen Medien gehören zwar auch Radio und Fernsehen, aber es ist eine
mittlerweile allgemein angenommene Sichtweise, daß hier Datennetze gemeint sind. Zu
denen zählt unter anderem auch das Internet, das genau genommen erst das Schlagwort
des ,E-Commerce` in aller Munde gebracht hat. Das Stichwort ,Datennetze` führt auch
zu einer ersten engen Definition des E-Commerce: ,,Electronic Commerce ist der
Versuch, mit den technischen Mitteln von Datensätzen einen zusätzlichen Absatzkanal
für Güter und Dienstleistungen zu schaffen" (Fochler 1998, S. 18-19).
In der Realität aber sind Unternehmen in ein Netz von Lieferanten- und
Kundenbeziehungen eingewoben, die weit aus vielschichtiger sind als das Bild, das uns
die obere Definition liefert. Deswegen ist die zweite Definition erheblich weiter gefaßt
und lehnt sich an das Schema der folgenden Abbildung (vgl. Abbildung 2.1) an
(vgl. Fochler 1998, S. 19): E-Commerce beschreibt die Verzahnung und Integration
unterschiedlicher
Wertschöpfungsketten
und
unternehmensübergreifender
Geschäftsprozesse auf der Grundlage des schnellen und plattformunabhängigen
Informationsaustauschs über Informations- und Kommunikationstechnologien
(vgl. KPMG 1999, S. 7). Dabei wird in immer verstärktem Maße das Internet als
Informations- und Kommunikationstechnologie gewählt (vgl. Krause 1999, S. 345).
Neben dem Begriff des ,Electronic Commerce` wird heute häufig noch der Begriff
,Electronic Business` (in Kurzform E-Business) verwendet. Dieser Begriff wurde
ursprünglich im Jahre 1998 von IBM geprägt und erstreckt sich über alle
Geschäftsprozesse innerhalb und außerhalb des Unternehmens, während E-Commerce
hingegen sehr viel direkter kommerziellen Aktivitäten, die sich zwischen
Marktteilnehmern abspielen, umfaßt (vgl. Merz, S. 17-18).

Grundlagen zum E-Commerce
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Purchasing
Finance
Production
Administr.
Sales
Consumer
Supplier
Public
Authorities
Financial
Institutions
Intranet
Internet
Abb. 2.1: Electronic Commerce Framework (in Anlehnung an: Cunningham 1999, S. XV)

Grundlagen zum E-Commerce
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2.2 Transaktionsmuster des E-Commerce
Die verschiedenen Transaktionsmuster des E-Commerce lassen sich aus den Rollen, in
denen Akteure am Handel beteiligt sind, ableiten. Als Akteure treten heute im
E-Commerce üblicherweise Marktteilnehmer auf, die im allgemeinen in zwei Rollen
agieren:
· Nachfrager
· Anbieter.
Dabei können diese durch die Akteure ausgeübten Rollen von Geschäft zu Geschäft
wechseln. Unter Akteure sind dabei juristische Personen zu verstehen, die wiederum in
natürliche Personen (Konsumenten) und Organisationen (Unternehmen, staatliche
Körperschaften etc.) unterteilt werden können (vgl. Abbildung 2.2) (vgl. Merz 1999,
S. 19-20).
Unternehmen
Konsument
Staat
B2C
B2B
C2C
B2A
C2A
A2A
Abb. 2.2: Überblick über die verschiedenen Transaktionsmuster im E-Commerce (vgl. Merz 1999, S. 21)
Abhängig von der jeweiligen Ausprägung der beiden Geschäftspartner kann es zu
unterschiedlichen Formen einer solchen Zweierbeziehung und somit des E-Commerce
kommen:
· Business-to-Business Commerce (B2B)
· Business-to-Consumer Commerce (B2C)
· Business-to-Administration Commerce (B2A)

Grundlagen zum E-Commerce
Seite 8
· Consumer-to-Consumer Commerce (C2C)
· Administration-to-Consumer Commerce (A2C)
· Administration-to-Administration Commerce (A2A)
Da nur einige dieser Ausprägungen aufgrund der Größe ihres Transaktionsvolumens
von praktischer Relevanz sind, wird im folgenden näher auf die Bereiche B2C
(Kapitel 2.2.1) und B2B (Kapitel 2.2.2) eingegangen werden (vgl. Merz 1999,
S. 19-20).
2.2.1 Business-to-Consumer
Geschäftstransaktionen vom Typ Business-to-Consumer verbinden Unternehmen
(Hersteller oder Handelsunternehmen) und Privatpersonen (vgl. Dolmetsch 2000,
S. 37).
B2C-Commerce ist im allgemeinen durch niedrige Transaktionsvolumen und eine eher
lockere Bindung zwischen den Transaktionsparteien charakterisiert. Im Vordergrund bei
diesem Transaktionsmuster steht vor allem der Bestell- und Verkaufsprozeß eines
Anbieters gegenüber einer großen, wechselnden Zahl an Kunden. Dabei findet
üblicherweise neben der Produktauswahl vor allem auch die Bezahlung online statt.
E-Commerce Systeme für den B2C-Bereich sind somit im allgemeinen Web-basierte
Katalog- und Buchungsanwendungen, mit deren Hilfe die interaktive Suche nach
Produkten unterstützt wird (vgl. Merz 1999, S. 20-23).
In der Praxis fällt auf, daß die meisten der eilig und mit großem Aufwand aufgebauten
Internet-Kaufhäuser weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind. Viele von
ihnen, darunter auch sehr namhafte wie beispielsweise die World Avenue von IBM,
MCI's Marketplace oder auch myworld.com von Karstadt, sind inzwischen wieder
geschlossen worden (vgl. Fochler 1998, S. 39-40).
2.2.2 Business-to-Business
Geschäftstransaktionen des Typs Business-to-Business verbinden anbietende
Unternehmen (Hersteller oder Handelsunternehmen) und nachfragende Unternehmen
(vgl. Dolmetsch 2000, S. 37). Dabei findet der Handel im allgemeinen aber nicht
zwischen einer Gruppe von Anbietern und einer Gruppe von Nachfragern statt, sondern
entlang komplexer Wertschöpfungsketten. Je nach spezifischer Situation tritt ein
Unternehmen dann in der Rolle des Anbieters oder Nachfragers auf (vgl. Merz 1999,
S. 21).

Grundlagen zum E-Commerce
Seite 9
Charakteristikum für das B2B-Commerce ist das Bestehen einer längeren
Geschäftsbeziehung zwischen den Transaktionspartnern, wobei dabei weniger die
vollständige Abwicklung der Transaktion im Vordergrund als die Schaffung flexibler
Kooperationstechniken zwischen den jeweils beteiligten IT-Systemen steht. Da B2B im
wesentlichen durch Softwaresysteme unterstützt wird, tritt der Mensch eher in der Rolle
des Konfigurators auf (vgl. Merz 1999, S. 20-21).
In der Praxis gehören momentan vor allem Auktionssysteme (Beschaffung und
Vertrieb), Broker-Systeme zur Zusammenführung von Anbietern und Nachfragern,
Handelssystemen (die den Handel von Gütern mit einfacher Produktspezifikation
unterstützen) sowie letztlich jede Form von Extranet-Integration zwischen Unternehmen
(für den Austausch von Vertriebsinformationen, Preislisten etc.) zu den typischen
Anwendungen im B2B-Bereich (vgl. Merz 1999, S. 20-21). Traditionelle
Kommunikationsmedien wie Telefon, Fax oder Postversand werden nach und nach
ersetzt (vgl. Fochler 1998, S. 41).
Die Business-to-Business Kommunikation stellt aufgrund der Größe des
Transaktionsvolumens und der großen Bedeutung der Geschäftssicherheit sehr hohe
Anforderungen sowohl an eine garantierte Betriebs- und Datensicherheit, ausgereifte
Produkte und Standards als auch an einen durch die beanspruchten E-Commerce-
Dienste hervorgerufen quantifizierbaren Zusatznutzen (vgl. Schinzer 2000, S. 4-5).
2.2.3 Electronic Commerce und die Statistik
Kaum ein Thema wurde mit soviel Erwartungen und Hoffnungen wie das E-Commerce
verknüpft. In fast allen Bücher, Artikeln, einschlägigen Vorträgen, Pressemitteilungen
über E-Commerce werden gigantische Statistiken und Wachstumsprogosen zitiert.
Dabei sei angemerkt, daß Statistiken nicht nur aufgrund ihrer mangelnden empirischen
Basis, sondern auch wegen diffuser Definitionen und Abgrenzungen sowie wegen der
inhärenten Dynamik des Themas häufig nur relativ allgemeine Aussagen zulassen.
Beispielsweise fehlt in allen veröffentlichten Statistiken zum Thema E-Commerce bei
der Präsentation der durchaus respektablen Größen derzeit häufig der Vergleich mit
dem Gesamtvolumen der Märkte (vgl. Krause 1999, S. 43).
Anstatt das Volumen eines Marktes zu messen gilt es heute, den Wachstum des
betrachteten Marktes zu prognostizieren. Wachstumsprognosen hängen aber in starkem
Maße von Kriterien wie beispielsweise politischer Regulation, ökonomischen
Rahmenbedingungen, der Ausbildung und Risikobereitschaft einer Gesellschaft und
letztlich von der Entwicklung der technologischen Infrastruktur ab. Deswegen ist heute

Grundlagen zum E-Commerce
Seite 10
entweder auf der Makroebene nur eine aggregierte Grobschätzung zulässig oder auf der
Mikroebene das Kreieren eines Marktes, dessen Volumen der Statistiker oder Analyst
erst ein paar Jahre später präzise messen kann (vgl. Merz 1999, S. 34).
Aufgrund der Streuung der Statistiken und Wachstumsprognosen im Themengebiet
E-Commerce sollte der Leser folglich immer die Möglichkeit einer teilweise drastischen
Abweichung von der tatsächlichen Entwicklung im Hinterkopf behalten und das
Zahlenmaterial kritisch hinterfragen (vgl. Merz 1999, S. 35). Trotzdem soll im
folgenden durch die Darstellung relevanter Prognosen die Bedeutung des E-Commerce
für die Wirtschaft aufgezeigt werden.
Experten von Forrester Research schätzen, daß allein in den USA das Umsatzvolumen
im E-Commerce von 127 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr auf 1,4 Billionen
Dollar im Jahr 2003 anwachsen wird (vgl. Abbildung 2.3).
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Abb. 2.3: Umsätze mit E-Commerce in den USA (vgl. O.V. 2000b, S. 84)
Nach Meinung der Unternehmensberatung Boston Consulting Group werden
US-Firmen ein Viertel ihrer gesamten Geschäfte zukünftig im Internet abwickeln
(vgl. O.V. 2000c, S. 82).
Wie in Abbildung 2.4 zu erkennen ist, holt Europa gegenüber den USA auf und hinkt
diesen nach Aussage der Unternehmensberatung Arthur D. Little bei der Nutzung des
Internets nur noch ein knappes Jahr hinterher. Goldman Sachs schätzt, daß das Ausmaß
der ,new economy` in Europa zwar erst knapp zwei Drittel des US-Niveaus erreicht hat,
doch der Abstand schnell schrumpfen wird (vgl. O.V. 2000b, S. 84).

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Abb. 2.4: Umsätze mit E-Commerce in Europa (vgl. O.V. 2000b, S. 84)
Festgehalten werden sollte, daß für das Phänomen E-Commerce für die nächsten Jahre
ein enormes Potential und ein exponentielles Wachstum vorausgesagt werden. Dabei ist
der Motor dieses starken Wachstums nicht zuletzt der Business-to-Business-Bereich,
der erfahrungsgemäß etwa 75% des gesamten Umsatzes ausmacht.

Grundlagen zum E-Commerce
Seite 12
2.3 Einordnung des E-Procurement in das Themengebiet E-Commerce
E-Procurement ist dem bereits vorgestellten Transaktionsmuster ,Business-to-Business`
zuzuordnen; darin sind wie bereits beschrieben auch die Intra-Business
Geschäftsbeziehungen integriert. Geschäftsbeziehungen mit und zwischen privaten
Endkonsumenten bzw. Organisationen sind nicht Gegenstand der Betrachtung
(vgl. Abbildung 2.5).
Abb. 2.5: Einordnung des E-Procurement ins E-Commerce (in Anlehnung an Dolmetsch 2000, S. 45)
E-Procurement als Bestandteil des E-Commerce ist dabei zu verstehen als die
Integration von Beschaffungsprozessen auf elektronischem Wege unter Verwendung
von zeitgemäßen Informations- und Kommunikationstechnologien (vgl. KPMG 1999,
S. 1).
Unter zeitgemäßen Informations- und Kommunikationstechnologien werden in dieser
Arbeit keine Technologien wie Electronic Data Interchange (EDI) verstanden, da diese
im Laufe von nun mehr als 15 Jahren keine angemessene Marktdurchdringung erreicht
haben. Vielmehr soll E-Procurement im Kontext dieser Ausarbeitung als ein
kennzeichnender Begriff für einen durch das Internet hervorgerufenen
Paradigmenwechsel in der Beschaffung verstanden werden, da vor allem diese
Technologie für die Beschaffung eine Grundlage bildet, auf der konventionelle
Geschäftsmöglichkeiten und -prozesse völlig neu überdacht werden müssen.
Daß vor allem der Einsatz des Internets in der Beschaffung das Potential mit sich bringt,
Prozesse zu verbessern und damit nicht zuletzt die Kosten zu senken, wird von einem

Grundlagen zum E-Commerce
Seite 13
stetig wachsenden Teil von Unternehmen erkannt (vgl. Eyholzer 1999b, S. 1). Dies
wurde auch durch die Ergebnisse einer von der Technischen Universität Dresden im
Sommer 1998 in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf
und Logistik e.V. (BME) durchgeführten Befragung unterstrichen. Wie in
Abbildung 2.6 dargestellt, wurde zum Zeitpunkt der Befragung von den befragten
Unternehmen die Bedeutung des Internets im Beschaffungsbereich von fast 56% als
relativ gering eingeschätzt; nur eine Minderheit erkannte das Internet als ein
Erfolgspotentiale eröffnendes strategisches Werkzeug im Beschaffungsbereich. Die
zukünftige Bedeutung des Internet im Beschaffungsbereich wird dagegen eindeutig
positiv gesehen; über 67% sehen eine hohe bis sehr hohe Relevanz.
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Abb. 2.6: Momentane und zukünftige Bedeutung des Internets in der Beschaffungsfunktion (vgl. O.V. 2000d, S. 1))
Nach Aussage der Unternehmensberatung A.T. Kearney wird der Anteil der
Unternehmenseinkäufe über das Internet schon bis Ende dieses Jahres einen Anteil von
mehr als 21% ausmachen. Zu Beginn dieses Jahres waren es erst 2%. Im Jahr 2002
würden die weltweit agierenden Top-100-Unternehmen laut Studie dann sogar ein
Volumen von 400 Milliarden Dollar über das Internet abwickeln. Das entspricht mehr
als einer Verzehnfachung gegenüber 1998 (vgl. O.V. 2000e, S. 101).
Aus der in immer stärkerem Maße steigenden Bedeutung des Internets resultieren auch
die Ergebnisse von Studien über zu erwartende Marktentwicklung internet-basierter
Beschaffungstools und ­services. Forrester Research prognostizierte beispielsweise, daß
amerikanische Unternehmen in diesem Jahr 97 Millionen Dollar für solche

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Seite 14
Beschaffungstools und ­services ausgeben werden. Diese Zahl soll sich nach Meinung
der Marktforscher innerhalb der nächsten Jahren verzehnfachen (vgl. Abbildung 2.7).
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Abb. 2.7: Marktentwicklung internet-basierter Beschaffungstools und ­services (vgl. Wohlenberg 2000, S. 1)
Welche Grundtypen von internet-basierten Beschaffungstools und ­services derzeit auf
dem Markt angeboten werden, wie sich die traditionelle Beschaffungsfunktion
(vgl. Kapitel 3) durch den Einsatz der Internet-Technologie verändert und welche
Chancen sie für etablierte Unternehmen eröffnen, wird in Kapitel 4 auf detaillierter
Ebene erörtert werden.

Grundlagen zum E-Commerce
Seite 15
2.4 Zusammenfassung
Während sich Begriff ,Electronic Business` über alle Geschäftsprozesse innerhalb und
außerhalb des Unternehmens erstreckt, umfaßt der Begriff ,E-Commerce` hingegen sehr
viel direkter kommerziellen Aktivitäten, die sich zwischen Marktteilnehmern abspielen.
Diese kommerziellen Aktivitäten werden durch elektronische Medien wie
beispielsweise Datennetze unterstützt. Zu denen zählt u.a. auch das Internet, das genau
genommen erst das Schlagwort des ,E-Commerce` in aller Munde gebracht hat.
Dem Phänomen des Electronic Commerce wird ein enormes Potential und ein
exponentielles Wachstum für die nächsten Jahre vorausgesagt. So wird erwartet, daß
das E-Commerce Volumen im Jahr 2003 die Grenze von einer Billion US-Dollar
überschreiten wird. Motor dieses starken Wachstums ist vor allem der
Business-to-Business Bereich, d.h. der Verkauf von Produkten von Firmen an Firmen,
der erfahrungsgemäß etwa 75% des gesamten E-Commerce Umsatzes ausmacht und
sich im Vergleich zum Business-to-Consumer Bereich durch stärkeres Wachstum
auszeichnet.
E-Procurement ist ein Bestandteil des E-Commerce und dabei dem
,Business-to-Business` Bereich zuzuordnen. Unter E-Procurement ist somit die
Unterstützung der Beschaffungsfunktion durch elektronische Medien zu verstehen.
Da Technologien wie EDI im Laufe von nun mehr als 15 Jahren keine angemessene
Marktdurchdringung erreicht haben, finden diese keine schwerpunktsmäßige Beachtung
in dieser Arbeit. Vielmehr wird im folgenden aufgrund der großen Bedeutung des
Internets im Kontext des Themengebiets ,E-Commerce` die Nutzung des Mediums
Internet zur Unterstützung der Beschaffung in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt.
Der Einsatz des Internets bei der Beschaffung wird für alle, die diesen Trend mit
entwickeln und umsetzen, nahezu unendliche Möglichkeiten bieten, die Beschaffung
effektiver zu gestalten und die damit verbundenen Prozesse effizienter umzusetzen. So
erwartet beispielsweise der amerikanische Mischkonzern United Technologies mit rund
150000 Mitarbeitern und einem Umsatz von gut 24 Milliarden Dollar, mit Hilfe des
Internets seine Beschaffungsprozesse (Beschaffungsvolumen 45 Milliarden Dollar) so
viel effizienter gestalten zu können, daß am Ende des laufenden Jahres eine Einsparung
von 850 Millionen Dollar übrig bleibt (vgl. Knop 2000, S. W2).

Die betriebliche Beschaffungsfunktion
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3 Die betriebliche Beschaffungsfunktion
Die Beschaffungsfunktion führte über lange Jahre hinweg ein Schattendasein innerhalb
vieler Unternehmen; das Hauptaugenmerk des Managements lag vorwiegend neben den
Finanzen auf den Produktions- und Absatzfunktionen. (vgl Eyholzer 1999b, S. 6)
In den vergangenen Jahren wurde verstärkt erkannt, daß die Beschaffung innerhalb
eines Unternehmens durchaus eine bedeutende Funktion ist, da nicht zuletzt die
Beschaffungskosten einen sehr hohen Einfluß auf das Geschäftsergebnis ausüben. So
wird beispielsweise von Goldman Sachs in einer Studie aufgezeigt, daß bei den
befragten Unternehmen im Mittel eine 30%-ige Umsatzsteigerung den gleichen Effekt
auf das Geschäftsergebnis wie eine Senkung der Beschaffungskosten um 5% hatte
(vgl. Arnold 1997, S. 15).
In diesem Kapitel wird im folgenden ein Einblick in die Beschaffungsfunktion gegeben.
Dabei soll verstärkt auf die Grundlagen eingegangen werden, die im Sinne einer
besseren Verständlichkeit der folgenden Ausführungen erforderlich sind. Dazu wird in
Kapitel 3.1 sowohl der Beschaffungsbegriff definiert als auch eine Abgrenzung der
Beschaffung zu anderen beschaffungsrelevanten Begriffen (Einkauf, Materialwirtschaft,
Logistik, Supply Chain Management) vorgenommen. In welchem stetigen Wandel sich
die Rahmenbedingungen der Beschaffung befinden und welche Auswirkungen diese
Dynamik auf die Beschaffungsfunktion selbst und deren Bedeutung im Kontext anderer
Unternehmensfunktionen besitzt, wird dann in Kapitel 3.2 dargestellt. Auch aufgrund
der bisher geringen Beachtung der Beschaffung als strategisch wichtige
Unternehmensfunktion steht das Beschaffungswesen heute facettenreichen Problemen
gegenüber (Kapitel 3.3). Zur Lösung dieser Probleme wurden in der Vergangenheit
verschiedene Konzepte entwickelt; die bedeutendsten werden in Kapitel 3.4 dargestellt.
In dem letzten Kapitel (Kapitel 3.5) wird aufgezeigt, welche Kostenkategorien in der
Beschaffungsfunktion
existieren
und
durch
welche
Maßnahmen
die
beschaffungsrelevanten Kosten reduziert werden können. Dabei wird auf allgemeine
Maßnahmen und noch nicht auf die Möglichkeiten der Internet-Technologie im
spezifischen (vgl. Kapitel 4) eingegangen.

Die betriebliche Beschaffungsfunktion
Seite 17
3.1 Begriffsbestimmung und Abgrenzung
In Wissenschaft und Praxis existiert eine Vielzahl von Definitionen für die
beschaffungsrelevanten Begriffe. Im Sinne der besseren Verständlichkeit der folgenden
Ausführungen soll an dieser Stelle kurz auf die unterschiedlichen Begriffe, die in
Abbildung 3.1 zusammenfassend dargestellt sind, eingegangen werden:
Materialwirtschaft
Absatz
Produktion
Beschaffung
Logistik / Supply Management
Supply Chain Management
Einkauf
Wertschöpfungs-
kette Lieferant
Wertschöpfungs-
kette Kunde
op
er
at
ive
E
be
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Abb. 3.1: Abgrenzung der Begriffe (vgl. Eyholzer 1999b, S. 2)
· Einkauf: Unter dem Begriff Einkauf sind sämtliche operativen, administrativen und
marktorientierten
Tätigkeiten,
d.h.
die
abwicklungstechnische
und
juristisch-kaufmännische Erledigung des Versorgungsvorganges zu verstehen
(vgl. Karsch 1999, S. 690). Dabei liegen die Hauptaufgaben des Einkaufs bei der
Beschaffungsmarktforschung, dem qualifizierten Angebotsvergleich und der
Vergabeverhandlung, während die Bestellabwicklung in den Hintergrund tritt
(vgl. Arnolds 1998, S. 22). Der Begriff des Einkaufs entspricht damit in etwa dem
englischen Begriff ,Purchasing`.
· Beschaffung: Nach Theisen umfaßt die Beschaffung ,,sämtliche Tätigkeiten, die
darauf gerichtet sind, dem Betrieb die benötigten, aber nicht selbst erzeugten Güter
zur Verfügung zu stellen. Diese Güter werden von den Beschaffungsmärkten
bezogen." (vgl. Theisen 1974, S. 494). Die Beschaffung strebt sowohl eine sichere
als auch kostengünstige Versorgung an (vgl. Arnolds 1998, S. 23). Während
Kostenreduzierungen vornehmlich durch operatives Handeln erreicht werden
können, erfordert die Sicherungsfunktion überwiegend längerfristige strategische
Konzepte (vgl. Arnolds 1998, S. 25). Der Begriff der Beschaffung ist damit am
ehesten mit dem englischen ,Procurement` gleichzusetzen.

Die betriebliche Beschaffungsfunktion
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Zwischen der Beschaffung und dem Einkauf liegt somit eine enge Verwandtschaft
vor, wobei jedoch bei der Beschaffung zusätzlich zur operativen Ebene sämtliche
strategischen Aufgaben wie die Suche der Lieferanten, die Pflege der
Lieferantenbeziehungen oder der Abschluß von Rahmenverträgen einbezogen
werden. In der Vergangenheit aber wurden die beiden Begriffe ,Beschaffung` und
,Einkauf` häufig gleichgesetzt. Dadurch wird deutlich, welche geringe
Wertschätzung der Beschaffungsfunktion im Vergleich zu anderen betrieblichen
Funktionen beigemessen wurde. Zu einer zunehmenden Aufspaltung der beiden
Begriffe kam es erst, seitdem die strategische Bedeutung der Beschaffung erkannt
wurde (vgl. Kopsidis 1989, S. 29).
· Materialwirtschaft:
Nach Grochlas Ansicht umfaßt der Begriff der
Materialwirtschaft sämtliche Vorgänge in der Unternehmung, die auf eine
wirtschaftliche
Bereitstellung
von
Materialien
hinzielen,
wobei
ein
materialwirtschaftliches Optimum erzielt werden soll (vgl. Grochla 1974, Sp. 2627).
Darunter wird die Bereitstellung des für die Gütererzeugung benötigten Materials in
der erforderlichen Menge und Güte zur rechten Zeit am rechten Ort und zu
geringsten Kosten verstanden. Implizit bedeutet Materialwirtschaft damit auch
Materialplanung und ­entsorgung (vgl. Krulis-Randa 1987, S. 207).
· Logistik: ,,Logistik kennzeichnet alle Managementaktivitäten in und zwischen
Unternehmen, die sich auf die Gestaltung des gesamten Material- und
Informationsflusses von den Lieferanten in ein Unternehmen hinein, innerhalb eines
Unternehmens sowie vom Unternehmen zu den Abnehmern beziehen." (vgl. Arnold
1997, S. 6). Da sich die Inhalte des Supply Managements sehr stark mit dem der
Logistik deckt, werden beide in dieser Arbeit synonym verwendet. Man versteht
darunter die unternehmensübergreifende, gemeinsame Planung, Gestaltung und
Abwicklung und Kontrolle sämtlicher Prozesse zur effizienten und effektiven
Versorgung des abnehmenden Unternehmens (vgl Eyholzer 1999b, S. 3).
· Supply Chain Management: Ungefähr zeitgleich mit der Aufwertung der
Beschaffung im Unternehmen kam in den letzten Jahren der Begriff des Supply
Chain Managements immer mehr auf. Er integriert als eine Art umfassendes
Konzept sämtliche bisher genannten Bezeichnungen. Dabei umfaßt das Supply
Chain Management die Planung und Steuerung der gesamten Versorgungskette vom
Lieferanten und Vorlieferanten über den Hersteller, den Handel, den Spediteur und

Die betriebliche Beschaffungsfunktion
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den Endverbraucher. Zudem umfaßt das Supply Chain Management folgende
Aktivitäten (vgl. Hellingrath 1998, S. 8):
· Planung, Steuerung und Kontrolle des gesamten Material-, Dienstleistungs- und
Informationsflusses innerhalb eines Netzwerkes von zusammenarbeitenden
Unternehmen
· Prognose der Kundenbedürfnisse
· Auftragsverteilung
· logistische Warenversorgung
· Produktion
· Teile- und Rohstoffeinkauf
Wesentliches Ziel des Supply Chain Managements ist dabei die Verringerung von
Beständen bei gleichzeitiger Erhöhung der Lieferbereitschaft und einer verbesserten
Kapazitätsnutzung (vgl. Eyholzer 1999b, S. 3).
Ende der Leseprobe aus 118 Seiten

Details

Titel
E-Procurement. Kosteneinsparungen durch Effizienzsteigerungen in der Beschaffung
Hochschule
Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau
Note
1.3
Autor
Jahr
2000
Seiten
118
Katalognummer
V185635
ISBN (eBook)
9783656983132
ISBN (Buch)
9783867465328
Dateigröße
4550 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
e-procurement, kosteneinsparungen, effizienzsteigerungen, beschaffung
Arbeit zitieren
Andreas Scharff (Autor:in), 2000, E-Procurement. Kosteneinsparungen durch Effizienzsteigerungen in der Beschaffung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185635

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