Feuerbrand. Stand der alternativen Bekämpfungsverfahren


Diplomarbeit, 2000

65 Seiten, Note: 1.5


Leseprobe


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1.0 Einleitung
Der Feuerbrand des Kernobstes ist eine der gefährlichsten Bakteriosen im
Erwerbsobstbau. Er kann, unter für seine Verbreitung und Entwicklung idealen
Bedingungen, zu erheblichen Schädigungen führen. Durch den Befall der Blüten
und Fruchtansätze, aber auch der erntereifen Früchte, kann es zu massiven
Ernteausfällen kommen. Bei der Infektion hochanfälliger Sorten auf ggf.
hochanfälligen Unterlagen ist auch der Verlust der Pflanze bis hin zur Rodung
ganzer Partien zu erwarten. Dabei ist die Intensität des Befalls keinesfalls in
jedem Jahr gleich stark, sondern schwankt unter verschiedenen Abhängigkeiten,
auf die im Verlauf dieser Arbeit noch eingegangen werden wird, erheblich. Die
Bedeutung der Krankheit darf unter keinen Umständen, besonders nicht in
modernen Intensivkulturen mit hoher Bepflanzungsdichte und angepflanzten
anfälligen Sorten, unterschätzt werden.
Für die Bekämpfung des Feuerbrandes stehen neben Kulturmaßnahmen, die
einen ersten sehr wichtigen Schritt in einem Bekämpfungsprogramm darstellen
sollten auch verschiedene Kupferformulierungen zur Verfügung. Deren
Anwendung kann jedoch phytotoxische Probleme mit sich bringen, vor allem in
Hinsicht auf Fruchtberostung und somit den Verkaufswert des Obstes
beeinträchtigen. (BACKHAUS UND KLINGAUF, 1998)
Ein Mittel mit nachgewiesener Wirkung auf den Erreger stellt das in den USA
schon seit längerem verwendete Antibiotikum Streptomycin dar, das in
Deutschland auf Grund von Bedenken hinsichtlich des vorbeugenden
Gesundheitsschutzes und diesbezüglich vor allem der Bildung von
Antibiotikaresistenzen, bislang nur in den Jahren 1994-1998 per
Ausnahmegenehmigung unter strengsten Auflagen verfügbar war.
Seit dem 10.03.2000 ist Plantomycin zur Feuerbrandbekämpfung nun auch in
der Bundesrepublik für vorerst 3 Jahre zugelassen.
Der Entwicklung von biologischen Bekämpfungsstrategien wird erhöhte
Aufmerksamkeit geschenkt. Untersuchungen in diesem Bereich zielen vor allem
auf die Züchtung resistenter Sorten, die Induzierung unspezifischer Resistenzen
gegen Pathogene (SAR ­ Systemic aquired resistance) und die Etablierung
mikrobieller Antagonisten.

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Aufgabe dieser Arbeit ist es, die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten einer
Bekämpfung des Feuerbrandes zusammenzufassen und Alternativen zum
Einsatz von Antibiotika im Obstbau aufzuzeigen.
2 Was ist Feuerbrand
2.1 Der Erreger
Der Erreger des Feuerbrandes, Erwinia amylovora, gehört der Gattung Erwinia
an, die einige Verursacher bedeutender Pflanzenkrankheiten enthält. Zu nennen
sind hier vor allem E. carotovora subsp. atroseptica, der Erreger der
Schwarzbeinigkeit, der Stengelgrund­ und Knollennaßfäule an Kartoffel sowie
E. carotovora subsp. Carotovora, ein bodenbürtiger Naßfäuleerreger mit großem
Wirtspflanzenkreis (u.a. Kohlarten, Gurke, Möhre, Kartoffel) der mit
Pflanzenresten übertragen wird und als Wundparasit zählt. Erwinia herbicola ist
apathogen und als Epiphyt weit verbreitet.
BILD 1: Erwinia amylovora (x 18.000)

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Der Gattung Erwinia ist gemein, daß es sich um stäbchenförmige Bakterien mit
einer Größe von 0,5-1,0 X 1,0-3,0 µm handelt. Sie besitzen eine peritrische
Begeißelung, die sie bedingt mobil macht und sind Gram-negativ, fermentativ.
Der Erreger wird mittels Tröpfcheninfektion übertragen. (Hoffmann, 1994)
Als Eintrittspforten kommen neben den Blüten vor allem Wunden aber auch
Spaltöffnungen in Frage.
Wie die meisten anderen Bakterien auch, verhält sich E. amylovora, was seine
Verbreitung angeht, passiv. Das heißt, daß für eine Verbreitung bzw. Infektion
Vektoren nötig sind. Im Falle von E. amylovora kommen hier zahlreiche
Möglichkeiten in Frage. Neben vielen blütenbesuchenden Insekten, vor allem
der Honigbiene, spielen auch Blattläuse, besonders in großen Populationen, eine
wichtige Rolle.
Innerhalb einer Anlage trägt häufig der Mensch mittels kontaminiertem
Schnittwerkzeug zur Ausbreitung bei. Großräumiger betrachtet spielt aber vor
allem der weltweite Handel mit infiziertem bzw. kontaminiertem Material eine
entscheidende Rolle.
Vögel sind als Vektoren ebenfalls zu nennen, ebenso wie Wind und Regen.
E. amylovora tritt ausschließlich einzellig auf. In Erscheinung tritt es bei
ausreichender Luftfeuchte allerdings meist in Form von Bakterienschleim, der
nach Massenvermehrung in den Interzellularen aus infizierten Pflanzenteilen
z.B. durch Stomata austritt. Dieser, auch als EPS (extrazelluläres Polysaccharid)
bezeichnete Schleim ist hoch infektiös, da er sehr hohe Konzentrationen des
Bakteriums darstellt. Bei hohen Temperaturen und Trockenheit kann es auch zur
Bildung fadenförmiger Gebilde kommen, die als ,,strands" (bacterial strands)
bezeichnet werden und leicht mit dem Wind verfrachtet werden können. (VAN
DER ZWET und BEER, 1999a)
.

4
2.2 Krankheitsverlauf
Der Erreger überwintert in im Vorjahr infiziertem Rindengewebe, den
sogenannten Cankern (auch Holdover Canker). Im Frühjahr, bei geeigneter
Witterungslage, vermehrt sich E. amylovora in einem Teil dieser alten
Befallsstellen rasant und aus ihnen tritt bei hoher Luftfeuchte klebrig, weißer
Bakterienschleim (Exsudat) aus, der als EPS (extrazelluläres Polysaccharid)
bezeichnet wird und das primäre Inokkulum darstellt. Dieser Schleim wird von
blütenbesuchenden Insekten, vor allem Fliegen aber auch Schmetterlingen und
Ameisen zu den geöffneten Blüten verbracht. Hier etabliert und vermehrt sich
E.a schnell und kann vor allem von Bienen sehr schnell in einer Obstanlage von
Blüte zu Blüte verbreitet werden. Ebenso kann der aus den Cankern bzw. nach
Primärinfektion aus Blütenstielen, Trieben und u.U. Früchten austretende
Bakterienschleim von Regen weiterverbreitet werden.
Unter idealen Bedingungen wird so viel EPS in den Interzellularen produziert
und herausgepreßt, daß er von höheren Ast- bzw. Triebpartien heruntertropft
oder am Stamm herunterläuft und so gefährliche Neuinfektionen verursachen
kann.
So kann es schnell zur Infektion junger unverholzter Triebe und anderer
Pflanzenorgane kommen.
BILD 2: Bakterienschleimbildung an jungen Birnenfrüchten

5
E. amylovora kann stets nur passiv durch Stomataöffnungen in die Blätter
eindringen oder durch Lentizellen in die unverholzten Triebe bzw. Früchte
gelangen. Die Früchte sind, vor allem nach Verletzungen, wie sie u.a. bei
Hagelereignissen auftreten können, häufig betroffen. Im infizierten Gewebe
vermehrt er sich wiederum abhängig von der Wetterlage und der spezifischen
Anfälligkeit des Wirtes und etabliert zum Ende der Vegetationszeit, häufig
jedoch auch deutlich früher,neue Canker.(VAN DER ZWET und BEER, 1999a).
Infiziertes Gewebe kollabiert und zeigt so, wenige Tage nach der Infektion die
weiter unten beschriebenen Symptome. Hierfür verantwortlich gemacht wird u.a.
der produzierte Bakterienschleim, der die Leitungsbahnen verstopft und somit
den Stofftransport blockiert. (GEIDER, 1990) .
Die Sekundärinfektionen richten häufig noch größeren Schaden an, als es die
primäre Blüteninfektion vermag.
Die Intensität der Blüteninfektion ist durch den Temperatur- bzw.
Luftfeuchtebedarf, den der Erreger für seine erfolgreiche Vermehrung zum
Blütezeitpunkt der Wirtspflanze benötigt, bestimmt.(HASLER et al., 1999).
Blüteninfektion tritt demnach in jedem Jahr in unterschiedlicher Intensität auf.
Hat sich der Erreger jedoch im Verlauf der Vegetationsperiode im Bestand
etabliert kann er u.a. durch stechend-saugende Insekten (Blattläuse) in junge,
unverholzte Triebe und Blätter gelangen. Dem frühen Triebabschluß kommt in
diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zu, aber auch
Beschädigungen der Pflanze durch Sturm oder Hagel sowie Schnittmaßnahmen
führen häufig zur gefürchteten Sekundärinfektion.
Nachblüten kommt in diesem Zusammenhang ebenfalls eine große Bedeutung
zu, da sie ideale Eintrittspforten für den Erreger bieten und zeitlich im Jahr
später stattfindend auf bereits hohe, etablierte Erregerkonzentrationen treffen
können.
Bei empfindlichen Unterlagen können auch diese befallen werden. In Frage
kommen hier vor allem die für den modernen Obstbau gezüchteten
kleinkronigen M9 und M26 Unterlagen. Wasserschosser und Luftwurzeln
spielen als Eintrittspforten eine wichtige Rolle (ZELLER, 1999b), aber auch
Verwundungen oder Saugstellen unterhalb der Veredelungsstelle. Systemische
Verbreitung in die Unterlage wurde ebenfalls bereits beobachtet.

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TAB 1: Beispiele für Anfälligkeiten von Unterlagen
APFEL
Sehr anfällig
MM106; M26
Anfällig
M9; M27; A2
Resistent
M4; M7
BIRNE
Anfällig
Quitte A, C und BA29
Resistent
OHF333
nach: MICHEL, (1995)
2.3 Symptome
Die Symptome des Feuerbrandes treten in Abhängigkeit der Wetterlage und der
Anfälligkeit der Pflanze bzw. Sorte wenige Tage nach der Infektion auf.
Infizierte Blüten, Blätter und Triebspitzen welken und verfärben sich braun
(Apfel) bis schwarz (Birne). Sie biegen sich später häufig hakenförmig nach
unten und wirken verbrannt, was der Krankheit den Namen gab (MICHEL,
1995).
BILD 3: Befall an Apfel BILD 4: Befall an Birne

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Dabei bleiben befallene Blätter, Blüten und verdorrte Früchte oft bis in den
Winter am Baum hängen. (JORK und BAUMM, 1986). Unter feuchtwarmen
Bedingungen treten nach der Vermehrung des Erregers in den Interzellularen aus
den Befallsstellen milchig-weiße, später (unter Sauerstoffeinfluß) rot- bis
gelbbraune Bakterienschleimtropfen aus. Von diesen geht, wie bereits
beschrieben, ein hohes Infektionsrisiko aus, da sie leicht von Vektoren und
Regentropfen auf andere Wirte und Pflanzenteile übertragen werden können.
Auch das Rindengewebe kann befallen werden. In diesem Fall bilden sich
sogenannte Canker (befallenes Rindengewebe), die Rinde reißt und sinkt etwas
ein. Unter der Rinde ist das Gewebe rotbraun verfärbt und schleimig feucht.
Diese Befallsstellen können unterschiedlichste Größen aufweisen. Sie
schwanken zwischen wenigen Millimetern an einjährigen Trieben bis zu 20 cm
an größeren Ästen bzw. am Stamm. Sie dienen E. amylovora zur Überdauerung
und somit als neue Infektionsherde. (VAN DER ZWET und KEIL, 1979)
BILD 5: Canker an Unterlage
Werden die Unterlagen von Hochleistungsobstsorten (insbesondere M26 und
M9) infiziert, fehlen häufig die typischen Symptome. Statt dessen kommt es vor,
daß eine verfrühte Herbstfärbung bereits im späten August bis frühen September
eintritt.
Eine eindeutige Identifizierung des Feuerbrandes ist jedoch, nicht zuletzt, weil
selten alle Symptome sicher auftreten und außerdem auch noch mit denen

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anderer Krankheiten verwechselt werden können, genannt sein soll hier der
Bakterienbrand durch Pseudomonas syringae oder pilzliche Erkrankung durch
Monilinia sp. sowie abiotische Schäden, nach wie vor nur im Labor mit
Sicherheit möglich. Hierbei ist es nach BERGER (1996) wichtig, das richtige
Gewebe zur Untersuchung heranzuziehen. Der Übergang vom gesunden zum
erkrankten Gewebe der Canker ist für eine Probe zur genauen Bestimmung des
Erregers nötig. Außerdem sollten Proben bei hoher Luftfeuchtigkeit gesammelt
werden.
3 Verbreitung, Epidemiologie
3.1 Ursprung und Ausbreitung in Europa
Die Krankheit wurde erstmals 1780 im Osten der USA (NewEngland) erwähnt
und 1794 beschrieben (BACKHAUS und KLINGAUF, 1998). Erst 1887 wurde
sie von BURILL als Bakteriose erkannt. Interessant in diesem Zusammenhang
ist, das der Feuerbrand die erste nachgewiesene Bakteriose überhaupt darstellt.
(HOFFMANN et al., 1994).
1919 wurde in Neuseeland zum ersten Mal Feuerbrand entdeckt. Neuseeland ist
nach wie vor das einzige Land der Südhalbkugel, das mit der Krankheit zu
kämpfen hat. Eine Einschleppung durch infiziertes Material wird bis heute nur
vermutet (PAULIN, 1997).
Das erste Auftreten in Europa geht auf einen Nachweis in der Grafschaft Kent in
England 1957 zurück (KEMPER, 1997).
Von dort aus breitete sich die Krankheit in Nordeuropa aus.
In Holland wurde bereits 1966 Feuerbrandbefall festgestellt. Es folgten 1968 die
Länder Dänemark und Polen. (PSALLIDAS, 1992)
1972 meldete Frankreich im Norden des Landes Erstbefall. Bis 1987 breitete sie
sich bis in den Süd-Westen aus (LARUE und VINCENT, 1989). Auch in
Belgien und Luxemburg wurde erstmalig 1972 Feuerbrandbefall festgestellt.
Bereits 1971 kam es zum ersten Befall in Deutschland (Schleswig-Holstein,
Sylt). Der amtliche Pflanzenschutzdienst veranlaßte sofort umfangreiche

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Rodungsmaßnahmen, die eine weitere Ausbreitung über die Bundesländer und
das Gebiet der ehemaligen DDR jedoch nicht verhinderten (MEINERT, 1997).
1976 kam es im Niederelbgebiet zum ersten Auftreten der Krankheit. 1979
richtete der Feuerbrand in dieser Region erstmals teilweise erhebliche Schäden
an. Begegnet wurde ihm mit rigorosen Schnitt- und Rodungsmaßnahmen
insbesondere in Frage kommender Wirtspflanzen und der Etablierung eines auf
Wetterdaten basierenden Warnsystems in Zusammenarbeit mit Eve Billing, der
Entwicklerin des BRS (Billing Revised System) bzw. BIS (Billing Integrated
System) (JORK und BAUMM, 1986).
Die Krankheit wanderte weiter südwestwärts.
1981 wurde erstmals in Baden-Württemberg Feuerbrandbefall gemeldet. Der
Schaden hielt sich jedoch bis 1993 in Grenzen. Im ,,Feuerbrandjahr" 1993 kam
es dann aber an Obstanlagen in Bayern, Hessen, Baden-Württemberg und
Rheinland-Pfalz zu erheblichen Schädigungen (MEINERT, 1997).
In Schweden und Norwegen sowie in Irland fanden sich ab 1986 befallene
Wirtspflanzen.
1989 kam der erste Nachweis einer erkrankten Pflanze in der Schweiz
(Bodenseegebiet) und 1993 am Vorarlberg in Österreich. Seit 1998 ist dort auch
der Raum Salzburg betroffen.
Seit Ende 1995 zählen auch Albanien und Spanien zu den Feuerbrandländern.
(RICHTER, 1999)
.
Ein zweiter Befallsherd in Ägypten, wo bereits 1962 ein erster Befall festgestellt
werden konnte, stellt nicht nur den einzigen Befall in Nordafrika dar, sondern
war auch verantwortlich für die spätere Ausbreitung der Krankheit auf dem
Balkan. Auf Grund der klimatischen Bedingungen, insbesondere der seltenen
Niederschlagsereignisse, die für die Entwicklung des Feuerbrandes entscheidend
sind, kam es in Ägypten erst Anfang der 80er Jahre zum ernsthaften Ausbruch
der Krankheit. Die weitere Ausbreitung in den Nachbarstaaten ging dann jedoch
verhältnismäßig schnell von statten. 1984 erreichte der Feuerbrand Zypern. 1985
brach die Krankheit in Israel und der West-Türkei aus. Es folgten Nachweise
1986 in Süd-Griechenland, 1987 in Tschechien, 1988 im Libanon und 1990 in

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Armenien, Bulgarien, Yugoslawien und Jordanien. 1992 meldete dann auch
Rumänien Befall (PSALLIDAS, 1992) und 1996 Ungarn (RICHTER, 1999).
Außer in Finnland und Portugal wurden in allen Ländern der EU bis heute
Feuerbrandvorkommen gemeldet. Weltweit sind es derzeit 40 Länder, die ein
Auftreten der Feuerbrandkrankheit gemeldet haben. (VAN DER ZWET und
BONN, 1999b)
TABELLE 2: Länder mit offiziellem Nachweis der Feuerbrandkrankheit
EUROPA
NORDAMERIKA
SONSTIGE
Albanien
Mazedonien
Bermuda
Ägypten
Belgien
Niederlande
Guatemala
Armenien
Bosnien
Norwegen
Kanada
Iran
Bulgarien
Österreich
Mexiko
Israel
Dänemark
Polen
Vereinigte Staaten
Japan
Deutschland
Rumänien
Jordanien
England
Schweden
Libanon
Frankreich
Schweiz
Neuseeland
Griechenland
Serbien
Zypern
Irland
Spanien
Italien
Tschechien
Kroatien
Türkei
Luxemburg
Ungarn
Verändert: nach VAN DER ZWET und BONN, (1999b)
3.2 Wirtspflanzen
Der Feuerbranderreger verfügt über einen sehr großen Wirtspflanzenkreis.
So können zahlreiche Gattungen und Arten der apfelfrüchtigen Rosengewächse
(Unterfamilie Pomoidae der Rosaceae) zu den Wirten gezählt werden.
Namentlich sind dies vor allem für Nord- und Mitteleuropa die Kultur- und
Zierformen von Apfel (Malus), Birne (Pyrus), Feuerdorn (Phyracantha), Quitte
(Cydonia), Stranvaesie (Stranvaesia), Mehlbeere (Sorbus), Weiß- und Rotdorn
(Crataegus sp.), Zierquitte (Chaenomeles) und die Zwergmispel (Cotoneaster).
(MICHEL 1995)
Es gibt innerhalb der Arten jedoch zum Teil starke sortenspezifische
Schwankungen, was die Anfälligkeit angeht. Schädigungen an Birne fallen meist
auch gravierender aus als z.B. an Apfel. Apfelbäume können häufig durch
Schnittmaßnahmen saniert werden. Birnbäume hingegen können bei idealen

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Infektionsbedingungen innerhalb einer Vegetationsperiode zum Absterben
gebracht werden (ZELLER, 1999b).
Andere Laubgehölze, Stein- und Beerenobst, Nadelgehölze (Koniferen) sowie
Wal- und Haselnüsse werden nicht befallen. (MICHEL, 1995)
Verschwiegen werden soll an dieser Stelle jedoch nicht, daß es u.a. neben einem
dokumentierten Befund an Pflaume im Jahre 1928 in Oregon 1993 ebenfalls
einen Befall an Pflaume gab. (MOHAN zitiert nach BONN, 1996).
Gerade dieser große Wirtspflanzenkreis macht eine Kontrolle der weiteren
Ausbreitung schwierig. Crataegus-Arten sind beispielsweise weitverbreitet als
Heckenpflanzen in der Feldflur und werden seit längerem, um besonders in der
Nähe von Erwerbsanlagen den Befallsdruck zu senken, gerodet. Grundlage
hierfür bietet die Verordnung zur Bekämpfung der Feuerbrandkrankheit vom
20.Dezember 1985, in der Form vom 20.11.1992 (Bundesgesetzblatt S.1887), in
der Verfügungsberechtigte und Besitzer von Wirtspflanzen (Erwerbsobstbau,
öffentliches Grün und Hausgärten) neben der Meldepflicht beim Auftreten bzw.
beim Verdacht eines Auftretens auch zum Objektschutz verpflichtet werden.
Dies bedeutet, daß alle hochanfälligen Wirtspflanzen als mögliche
Erregerquellen in einem Umkreis von 500 m um Obstanlagen und Baumschulen
gerodet werden müssen. (RICHTER, 1999)
BILD 6: Stark befallener Weißdorn (Crataegus)

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Viele der anderen Wirtspflanzen (z.B. Feuerdorn, Mehlbeere und Zwergmispel)
sind beliebte Gartenpflanzen, was dem Erreger weitere Refugien sichert, in
denen selten auf Befall untersucht wird. Gerade diese Anpflanzung
hochanfälliger Wirte schafft einen Befallsdruck, der für eine Ausbreitung und
Etablierung des Erregers nötig ist. In Nordeuropa kommt in diesem
Zusammenhang dem Windschutz- bzw. Heckengehölz Weißdorn (Crataegus
monogyna) und den als Gartenpflanzen sehr beliebten, hochanfälligen,
großblättrigen Cotoneaster-Arten eine besondere epidemiologische Bedeutung
zu.
BILD 7: Befall an Cotoneaster salicifolius
VAN TEYLINGEN (1992) dokumentierte jedoch durch Versuche an Crataegus,
daß diese Verhältnismäßigkeit auch anders betrachtet werden kann, nämlich daß
Befallsdruck auch aus schlecht kontrollierten Anlagen kommen kann und somit
Infektionen von Obstanlagen auf Gehölze übergreifen können.
Dem sog. Objektschutz sollte jedoch dennoch große Aufmerksamkeit geschenkt
werden, hat diese Praxis doch vielerorts für Entspannung hinsichtlich des
Befallsdruckes gesorgt (DECKERS et. al., 1989; MEINERT, 1999c;RICHTER,
1999).

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3.3 Übertragung
Von entscheidender Bedeutung für die Verbreitung des Bakteriums sind
Vektoren verschiedenster Art.
So kommen für eine Übertragung an die Hauptinfektionsstelle Blüte vor allem
Besucher derselben in Frage. Fliegen, Hummeln und Schmetterlinge werden in
diesem Zusammenhang genannt, jedoch wird besonders den Bienen ein hohes
Verbreitungspotential zugeschrieben. Allerdings findet durch sie, im engeren
Sinne, keine Primärinfektion statt, da E. amylovora in Bienenstöcken nicht
überdauern kann. An Bienen wurde nachgewiesen, daß sie ca. 48 Std. infektiös
sind. In dieser Zeit und nachdem sie eine mit Bakterien kontaminierte Blüte
besucht haben, können sie den Feuerbrand jedoch an jede Blüte innerhalb ihres
Flugradius übertragen und nehmen so für die Verbreitung innerhalb einer
Anlage eine wichtige Position ein. Für die großräumige Verschleppung sind sie
irrelevant (LANGE, 1997).
Allerdings soll an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, daß das Verstellen
von Bienenvölkern, während der Blüte der Obstbäume bzw. der Wirtspflanzen
insbesondere des Cotoneasters, aus Feuerbrandgebieten in Gebiete ohne
Feuerbrand durchaus eine großflächigere Verbreitung bewirken kann. Aus
diesem Grund ist beispielsweise das Verstellen von Bienenvölkern in der
Schweiz untersagt bzw. unterliegt einer mindestens zwei Tage andauernden
Quarantäne. Dieses Verbot erstreckt sich vom 01. April bis zum 30. Juni und
kann, wenn sich die Blüte, insbesondere die der Cotoneaster verschiebt, auch
verlängert werden (MANI et al., 1997).
Für Triebinfektionen werden vor allem stechend-saugende Insekten
verantwortlich gemacht. Besonders zu nennen sind hier die Blattläuse, die den
Erreger nicht nur zu den Infektionsorten tragen, sondern ihm auch durch ihr
Saugverhalten Eintrittspforten in die Pflanze schaffen (ALDWINCKLE und
BEER, 1978). Aber auch Zikaden und Wanzen spielen in diesem
Zusammenhang eine Rolle (ZELLER, 1999b).
Ende der Leseprobe aus 65 Seiten

Details

Titel
Feuerbrand. Stand der alternativen Bekämpfungsverfahren
Hochschule
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover
Note
1.5
Autor
Jahr
2000
Seiten
65
Katalognummer
V185723
ISBN (eBook)
9783656983224
ISBN (Buch)
9783867466004
Dateigröße
15019 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
feuerbrand, stand, bekämpfungsverfahren
Arbeit zitieren
Dipl.-Ing. agr. Florian Mark Friedrich (Autor:in), 2000, Feuerbrand. Stand der alternativen Bekämpfungsverfahren, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185723

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