Auswirkungen der Unternehmenssteuerreform 2001 auf die Finanzierungspolitik von Kapitalgesellschaften


Diplomarbeit, 2002

106 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Auswirkungen der Unternehmenssteuerreform 2001 auf die Finanzierungspolitik von Kapitalgesellschaften

Diplomarbeit

von

10.FS

Betriebswirtschaftslehre

Lehrstuhl für BWL, insb. Finanzwirtschaft

und Finanzdienstleistungen

Fakultät Wirtschaftswissenschaften

Technische Universität Dresden

Abkürzungsverzeichnis V

Abkürzungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis VI

Tabellenverzeichnis VIII

Tabellenverzeichnis

Tabelle 2: Safe haven im Rahmen der Gesellschafterfremdfinanzierung----------------- 14

Tabelle 4: Gesamtsteuerbelastung bei Beteiligungsfinanzierung -------------------------- 25

Tabelle 6: Gesamtsteuerbelastung von Leistungsvergütungen, thesaurierten und ausgeschütteten Gewinnen --------------------------------------------------------- 72

Symbolverzeichnis IX

Symbolverzeichnis

CF EF Cashflow bei Eigenfinanzierung

CF FF Cashflow bei Fremdfinanzierung

Cashflow bei Eigenfinanzierung, Besteuerung auf Anteilseignerebene HEV CF

EF

nach dem Halbeinkünfteverfahren

Cashflow bei anteiliger Fremdfinanzierung, Besteuerung auf Anteils- HEV CF

FF

eignerebene nach dem Halbeinkünfteverfahren

Cashflow bei Eigenfinanzierung, Besteuerung auf Anteilseignerebene AV CF

FF

nach dem Anrechnungsverfahren

Cashflow bei anteiliger Fremdfinanzierung, Besteuerung auf Anteils- AV CF

FF

eignerebene nach dem Anrechnungsverfahren

maximale Bruttodividende D max

Marktwert des Eigenkapitals bei anteiliger Fremdfinanzierung E FF

Ermäßigungsbetrag gem. § 35 EStG EB 35

Fremdkapitalbestand F

Fremdkapitalbestand im Zeitpunkt t = 0 F 0

G Gewinn vor Zinsen und Steuern

G nachGewSt Gewinn nach Gewerbesteuer

h Gewerbesteuerhebesatz

risikoloser Zins i

risikoloser Zins nach Steuern i nSt

Eigenkapitalkosten nach Steuern nSt k

EK m GewSt-Messzahl

s ESt Einkommensteuersatz

kritischer Einkommensteuersatz krit s

ESt

Symbolverzeichnis X

effektiver Gewerbesteuersatz bei Fremdfinanzierung FF s

Gew s Ka Körperschaftsteuersatz bei Ausschüttung

s KSt Körperschaftsteuersatz

s Kt Körperschaftsteuerthesaurierungssatz

s So Solidaritätszuschlagssatz

Gesamtsteuerbelastung bei Beteiligungsfinanzierung, Besteuerung AV S

BF

nach dem Anrechnungsverfahren

Gesamtsteuerbelastung Beteiligungsfinanzierung, Besteuerung nach HEV S

BF

dem Halbeinkünfteverfahren

S ESt Einkommensteuerbelastung

S FF Gesamtsteuerbelastung bei Fremdfinanzierung

S GewSt Gewerbesteuerbelastung

Gesamtsteuerbelastung bei Gesellschafterfremdfinanzierung S GF

Steuerbelastung aus Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag S KStSo

Gesamtsteuerbelastung bei Selbstfinanzierung S SF

Gesamtsteuerbelastung bei anteiliger Finanzierung über eine atypische atyp S

stGes

stille Gesellschaft

Gesamtsteuerbelastung bei anteiliger Finanzierung über eine typische typ. S

StGes

stille Gesellschaft

S Z Steuerbelastung der Fremdkapitalzinsen

SolZ KSt Solidaritätszuschlag auf die Körperschaftsteuer

SolZ ESt Solidaritätszuschlag auf die Einkommensteuer

SV FF Steuervorteil der Fremdfinanzierung

Steuervorteil der Fremdfinanzierung im alten Recht (Anrechnungsver- AV SV

FF

fahren)

Steuervorteil der Fremdfinanzierung im geltenden Recht (Halbein- HEV SV

FF

künfteverfahren)

Symbolverzeichnis XI

t EStKiSo Teilsteuersatz aus Einkommensteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag

Teilsteuersatz aus Einkommensteuer, Kirchensteuer und Solidaritäts- HEV t

EStKiSo

zuschlag im Halbeinkünfteverfahren

t GewKSt Teilsteuersatz aus Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer

Teilsteuersatz aus Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Solidari- GewKStSo

tätszuschlag

t Z Gesamtsteuerwirkung der Fremdkapitalzinsen (Z)

V EF Unternehmensgesamtwert bei reiner Eigenfinanzierung

Unternehmensgesamtwert bei anteiliger Fremdfinanzierung V FF

Z Fremdkapitalzinsen

1. Kapitel: Einführung

1 Einführung

Steuerreform hat zu einer völligen Neuordnung der Unternehmensbesteuerung geführt. Kernstücke der Reform waren der körperschaftsteuerliche Systemwechsel von der Interims- zur Definitivkörperschaftsteuer und die Abschaffung des Vollanrechnungsverfahrens zu Gunsten des Halbeinkünfteverfahrens. Der Körperschaftsteuersatz wurde auf einheitlich 25 % für ausgeschüttete und thesaurierte Gewinne reduziert. Weiterhin erfolgten umfangreiche Tarifsenkungen im Bereich der Einkommensteuer.

Die vorliegende Arbeit widmet sich der Analyse der Auswirkungen der Unternehmens- auf die Finanzierungspolitik von Kapitalgesellschaften.

scheidungen sind unter Beachtung einer Vielzahl von Einflussfaktoren, wie z. B. der Unternehmensgröße, Branche, Rechtsform, Zahlungs-, Informations- und Sicherheitsbeziehungen, der allgemeinen Unternehmenspolitik sowie Unterschiede in der Besteuerung der einzelnen Finanzierungsformen zu treffen. 3

1. Kapitel: Einführung 2

Geht man indes vom Shareholder-Value-Ansatz aus, so ist die Finanzierungspolitik konsequent auf die positive Entwicklung des Unternehmenswertes aus Anteilseignersicht auszurichten. Der Anteilseigner, der nach Endvermögensmaximierung strebt, steht im Mittelpunkt der wertorientierten Unternehmensführung. Andere Interessengruppen werden nur insofern berücksichtigt, als sie eine Mittel-Zweck-Beziehung zur Zielerreichung darstellen. 5

Im Folgenden wird untersucht, ob und in welcher Stärke nach altem und neuem Recht 7 die Besteuerung einen Einfluss auf die Finanzierungsentscheidungen von Kapitalgesellschaften ausübt.

sätzlich darin, dass sich infolge der Minderung der Zielerreichung um die Steuerbelastung ein Rangfolgenwechsel in der wirtschaftlichen Vorteilhaftigkeit verschiedener Alternativen vor und nach Steuern ergibt. Ändert sich die Rangordnung der unternehmerischen Handlungen bei Berücksichtigung von Steuerzahlungen nicht, ist das Steuersystem entscheidungsneutral. Entsprechend ist die Finanzierungsneutralität eines Steuersystems gegeben, wenn die verschiedenen Finanzierungsformen, wie Selbstfinanzierung, Beteiligungsfinanzierung und Fremdfinanzierung der gleichen steuerlichen Belastung unterliegen. 9 Um die Steuerwirkung auf die Finanzierungsentscheidungen für die Rechtslage vor und nach der Steuerreform zu analysieren, sind folglich Steuerbela-

1. Kapitel: Einführung 3

1.1 Aufbau der Arbeit

In Kapitel 2 wird zunächst eine Übersicht über die wesentlichen Gesetzesänderungen der Unternehmenssteuerreform gegeben. Da das Steuersenkungsgesetz zu umfangreichen Änderungen führte, erfolgt hier nur eine schwerpunktmäßige Darstellung der insbesondere für die Besteuerung von Kapitalgesellschaften und ihrer Anteilseigner wesentlichen Änderungen. Der Anspruch auf Vollständigkeit wird somit nicht erhoben. Insbesondere Probleme der Organschaft, der Umwandlung sowie Auslandssachverhalte bleiben unberücksichtigt. Ferner finden die umfangreichen und teilweise komplizierten Übergangsregeln nur am Rande Erwähnung.

griffen, mit der es sowohl möglich ist, Steuerbelastungsvergleiche bei unterschiedlichen Rechtslagen als auch bei unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten durchzuführen. 11 Das Verfahren wird zu Beginn des Kapitels kurz vorgestellt.

1. Kapitel: Einführung 4

Das benötigte Kapitalvolumen wird als gegeben betrachtet.

Steuerbelastungsvergleiche auch die Kirchensteuer und der Solidaritätszuschlag einbezogen. Beachtet werden insbesondere auch die Änderungen bei der Ermittlung der Kirchensteuer, welche sich durch das, im Nachgang zum Steuersenkungsgesetz erlassene „Gesetz zur Regelung der Bemessungsgrundlage für Zuschlagsteuern“ ergeben haben. Im Anschluss an den Steuerbelastungsvergleich wird analysiert, inwieweit die Steuerreform Auswirkungen auf das Volumen etwaiger Steuervorteile/-nachteile hat. Abschließend wird der Frage nachgegangen, inwiefern sich auf die Steuervorteile bzw. -nachteile der Finanzierungsalternativen tatsächlich ein Beitrag zum Unternehmenswert begründet.

1. Kapitel: Einführung 5

1.2 Annahmen

Es gelten grundsätzlich die folgenden Annahmen:

1) Der Anteilseigner sei, eine im Inland ansässige, natürliche und unbeschränkt steuer- Person, die nach Endvermögensmaximierung strebt. Die Anteile befinden sich im Privatvermögen. 2) Es werden ausschließlich unbeschränkt steuerpflichtige Einkünfte unterstellt. Im Fall der Ausschüttung seien Zahlungsmittel in ausreichender Höhe vorhanden. Es seien keine Ausschüttungsbeschränkungen zu beachten. 3) Die Ausrichtungen der Finanzierungspolitik auf die Interessen des Anteilseigners machen es unabdingbar, sowohl Unternehmenssteuern als auch persönliche Steuern des Anteilseigners in die Betrachtung einzubeziehen. 14 Bei Kapitalgesellschaften mit einem oder wenigen Anteilseignern wird die individuelle Einkommensteuer durch die Grenzbelastung bzw. den durchschnittlichen Grenzsteuersatz berücksichtigt. Bei Publikumsgesellschaften mit heterogener Anteilseignerstruktur wird ein typisierter Einkommensteuersatz 15 angenommen. 16 4) Die interdependenten Wirkungen des geltenden progressiven Einkommensteuertarifs werden nicht beachtet. Mit der Einkommensteuer zusammenhängende Be- und Entlastungen werden daher mit einem konstanten Satz vorgenommen. 5) Zahlungsüberschüsse und Steuerzahlungen entstehen am Jahresende simultan. Ebenso wird von einem zeitversetzten Anfall der Ausschüttungen abstrahiert. 6) Da eine Grenzbetrachtung erfolgt, werden Freibeträge, Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen etc. als ausgeschöpft betrachtet. 7) Untersuchungsgegenstand ist die laufende Besteuerung. Sonderprobleme bei bestimmten außerordentlichen finanztechnischen Vorgängen, wie z. B. Gründung, Fusion, Umwandlung, Sanierung und Liquidation bleiben unberücksichtigt.

2. Kapitel: Grundzüge der Unternehmenssteuerreform 2001 7

2.1 Ziele der Unternehmenssteuerreform

Mit der Unternehmenssteuerreform verfolgt der Gesetzgeber unter anderem folgende Ziele: 17

Mit der Abschaffung des häufig als „europauntauglich“ und missbrauchsanfällig 18 kriti- Anrechnungsverfahrens soll zudem der fortschreitenden europäischen Integration und globalen Verflechtung Rechnung getragen werden. 19 Es kann ferner davon ausgegangen werden, dass die bereits bei Einführung des Anrechnungsverfahrens verfolgten Ziele, wie Finanzierungsneutralität, Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit sowie Gewährleistung einer Einmalbesteuerung weiterhin Gültigkeit besitzen, da sie vom Gesetzgeber nicht explizit aufgegeben worden sind. 20

2. Kapitel: Grundzüge der Unternehmenssteuerreform 2001 8

2.2 Änderung der Einkommensteuertarife

Ein Hauptziel der Unternehmenssteuerreform ist die Entlastung von Arbeitnehmern, Familien und Unternehmen. 22 Die Entlastung natürlicher Personen wird im Wesentlichen durch die schrittweise Senkung der Eingangs- und Spitzensteuersätze sowie die Anhebung des Grundfreibetrags der Einkommensteuer erreicht. 23 Eine Übersicht über die neuen Einkommensteuersätze gibt die folgende Tabelle. Zu Vergleichszwecken werden die Steuersätze aus dem Jahr 2000 (vor in Kraft treten der Unternehmenssteuerreform) ebenfalls angegeben.

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Tabelle 1: Entwicklung des Einkommensteuereingangssatzes, des Einkommensteuerhöchstsatzes und

des Grundfreibetrags für die Jahre 2000 bis 2005 24

Durch die Unternehmenssteuerreform wurde das seit 1977 geltende körperschaftsteuer- Anrechnungsverfahren abgeschafft 25 und durch ein klassisches Körperschaftsteuersystem mit Halbeinkünfteverfahren (sog. Shareholder-Relief-System) ersetzt.

Durch das Steuersenkungsgesetz wurde ein einheitlicher Körperschaftsteuersatz für ausgeschüttete und thesaurierte Gewinne eingeführt, der im Hinblick auf die internatio-

20 Vgl.SCHNEELOCH, Anrechnungsverfahren, 2000, S. 908.

2. Kapitel: Grundzüge der Unternehmenssteuerreform 2001 9

nale Wettbewerbsfähigkeit bei 25 % (§ 23 Abs. 1 KStG) liegt. 26 Vor der Unternehmens- galt ein gespaltener Körperschaftsteuersatz. Bei Thesaurierung unterlagen die Gewinne einer inländischen Körperschaft einer 40 %igen Körperschaftsteuer (§ 27 KStG a.F.). Bei Ausschüttung der Gewinne kam es zu einer Minderung dieser auf 30 % (§§ 27-47 KStG a. F).

Nach dem bis zur Unternehmenssteuerreform gültigen Anrechnungsverfahren hatte der Anteilseigner bei Gewinnausschüttung die gesamte Bruttodividende (Bardividende zuzüglich Körperschaftsteuergutschrift) der Einkommensteuer zu unterwerfen. Die von der Gesellschaft gezahlte Körperschaftsteuer war voll auf die individuelle Einkommensteuer anrechenbar. Damit erfolgte die Besteuerung von Dividenden letztlich nur mit dem individuellen Einkommensteuersatz des Anteilseigners.

Ausgaben, die mit den Ausschüttungen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, ebenfalls auf die Hälfte begrenzt (§ 3c Abs. 2 EStG). Der im Gesetzesentwurf vorgesehene Progressionsvorbehalt für den steuerbefreiten Teil der Dividende wurde in der endgültigen Fassung des Steuersenkungsgesetzes nicht übernommen. 28

2. Kapitel: Grundzüge der Unternehmenssteuerreform 2001 10

zur Hälfte erfasst (§ 3 Nr. 40 Satz 2 i. V. m. § 20 Abs. 3 EStG). 29 Entsprechend ist auch der Betriebsausgabenabzug gemäß § 3c Abs. 2 EStG auf die Hälfte begrenzt.

lung ist unabhängig von einer Mindestbesitzzeit oder Mindestbeteiligung. Werbungskosten, welche mit den Ausschüttungen im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, sind gemäß § 3c Abs. 2 EStG bei Kapitalgesellschaften als Anteilseigner nicht abzugsfähig.

Bei der Dividendenausschüttung wird von der Kapitalgesellschaft, für Rechnung ihrer Gesellschafter, Kapitalertragsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag einbehalten. Diese bleibt auch nach der Unternehmenssteuerreform einschließlich des Solidaritätszuschlags voll auf die persönliche Einkommensteuerschuld des Anteilseigners anrechenbar. Sie stellt damit weiterhin lediglich eine besondere Erhebungsform der Einkommensteuer dar. 31 Allerdings war eine Steuersatzanpassung aufgrund des allgemein gesenkten Steuerniveaus notwendig. 32 Der Steuersatz wurde daher von 25% auf 20% gesenkt (§ 43 a Abs. 1 Nr. 1 EStG). Die Kapitalertragsteuer ist auch künftig auf die Bruttodividende zu entrichten, obwohl als zu versteuerndes Einkommen nur die halbe Dividende erfasst wird. 33 Da die Kapitalertragsteuer nur eine besondere Erhebungsform der Einkommensteuer und somit einen durchlaufenden Posten darstellt, wird sie im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter gesondert betrachtet.

28 Vgl. BERGEMANN, Unternehmenssteuerreform, 2000, S. 1412.

2. Kapitel: Grundzüge der Unternehmenssteuerreform 2001 11

Der Solidaritätszuschlag wird als Zuschlagsteuer auf die Körperschaftsteuer und Ein- erhoben. Im Gegensatz zur Körperschaftsteuer war auch nach alter Rechtslage eine Anrechnung des auf Gesellschaftsebene erhobenen Solidaritätszuschlags beim Anteilseigner nicht möglich. 34 Eine Doppelbelastung konnte aber weitestgehend durch das sogenannte vereinfachte Anrechnungsverfahren verhindert werden. Gemäß § 3 Abs. 1 SolZG war die Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag beim Anteilseigner die um die anrechenbare Körperschaftsteuer geminderte Einkommensteuer. Mit dem Übergang zum Halbeinkünfteverfahren entfällt systemgerecht auch das vereinfachte Anrechnungsverfahren. 35 Die Belastung mit Solidaritätszuschlag auf Unternehmensebene wird damit ebenso, wie die Belastung mit Körperschaftsteuer, definitiv.

der Kirchensteuer das Halbeinkünfteverfahren jedoch nicht zur Anwendung. Dies hat zur Folge, dass ausschließlich für Zwecke der Kirchensteuer eine eigenständige Einkommensermittlung zu erfolgen hat. Das zu versteuernde Einkommen ist um den gemäß

§ 3 Nr. 40 EStG steuerfreien Teil der Dividende zu erhöhen und um die hiermit in unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Aufwendungen, welche gemäß

§ 3c Abs. 2 EStG nicht abzugsfähig sind, zu kürzen (§ 51 a Abs. 2 EStG). Die sich auf das korrigierte zu versteuernde Einkommen ergebende Einkommensteuer ist Bemessungsgrundlage der Kirchensteuer. 37

2. Kapitel: Grundzüge der Unternehmenssteuerreform 2001 12

Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften, die ein Steuer- in seinem Privatvermögen hält, unterliegen sowohl nach alter als auch nach geltender Rechtslage grundsätzlich der Besteuerung, wenn die Veräußerung innerhalb der Behaltefrist von einem Jahr erfolgt (§ 23 EStG) oder die Grenze für wesentliche Beteiligungen überschritten wird (§ 17 EStG).

Ist der Anteilseigner eine Kapitalgesellschaft, bleiben Gewinne aus Anteilsveräußerun- gemäß § 8 b Abs. 2 KStG künftig ebenso steuerfrei, wie Gewinnausschüttung (sog. Veräußerungsprivileg). 39 Anderseits dürfen Teilwertabschreibungen auf die Anteile und Veräußerungsverluste künftig das Ergebnis nicht mindern. 40

Zur Gegenfinanzierung der durch die Tarifsenkungen bedingten Steuerausfälle ist eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage vorgesehen. Diese erfolgt im Wesentlichen durch Einschränkungen bei den Abschreibungen, die Herabsetzung der Wesentlichkeitsgrenze gemäß § 17 EStG sowie die Verschärfung der Regelungen zur Gesellschafterfremdfinanzierung.

Bei beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens kann zwischen der linearen und der degressiven Abschreibung gewählt werden. Nach dem Steuersenkungsgesetz darf die degressive Abschreibung maximal das Zweifache der linearen Abschreibung und maximal 20 % betragen. Der Abschreibungsbetrag belief sich bislang auf das Dreifache der linearen Abschreibung bzw. auf maximal 30 %.

2. Kapitel: Grundzüge der Unternehmenssteuerreform 2001 13

Die ursprünglich geplante Streichung der zur Entlastung kleiner und mittlerer Unter- eingeführten Sonderabschreibung (§ 7 g EStG) wurde nicht übernommen. 42

2.4.2 Verschärfung der Regeln zur Gesellschafterfremdfinanzierung

Erhält ein Anteilseigner, der wesentlich am Grund- oder Stammkapital einer Kapitalge- beteiligt ist, von dieser Vergütungen für Fremdkapital, die im Rahmen einer Veranlagung im Inland nicht erfasst werden, so sind diese gemäß § 8 a KStG als verdeckte Gewinnausschüttungen zu werten, wenn eine bestimmte Eigen-/Fremdkapitalrelation (sogenannter „safe haven“) überschritten wird. 44 Um die Steuersatzsenkungen gegenzufinanzieren und um eine (vermeintliche) Anpassung an den nach internationalem Standard üblichen Finanzierungsrahmen zu schaffen, wurde § 8 a KStG wesentlich verschärft, indem die „safe haven“ durch das Steuersenkungsgesetz zurückgeführt wurden. 45 Die Regelungen des § 8 a KStG nach alter und neuer Rechtslage sind in der folgenden Tabelle dargestellt.

40 Vgl. SCHIFFERS, Besteuerung, 2000, S. 208.

2. Kapitel: Grundzüge der Unternehmenssteuerreform 2001 14

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Tabelle 2: Safe haven im Rahmen der Gesellschafterfremdfinanzierung 46

Die Grenze für wesentliche Beteiligungen gemäß § 17 EStG wurde durch das Steuer- von 10 % auf 1 % herabgesetzt. Damit ist die Veräußerung praktisch aller Anteile an Familienkapitalgesellschaften steuerpflichtig. 47

3. Kapitel: Auswirkungen der Unternehmenssteuerreform auf wesentliche Finanzierungsformen 15

3 Auswirkungen der Unternehmenssteuerreform auf wesentliche Fi-

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Abbildung 1: Einteilung der Finanzierungsformen nach den Kriterien der Kapitalhaftung und der

Kapitalherkunft 48

3. Kapitel: Auswirkungen der Unternehmenssteuerreform auf wesentliche Finanzierungsformen 16

3.1 Teilsteuerrechnung - eine Methode zur Erfassung von Steuerwirkungen

Die Änderungen der Unternehmenssteuerreform betreffen, wie im vorherigen Kapitel dargestellt, nur die Einkommensteuer und die Körperschaftsteuer. Für die betriebswirtschaftliche Planung ist es aber weniger interessant, die Änderung der Belastung durch einzelne Steuerarten zu erfassen, als vielmehr die Steuerwirkung einer Maßnahme in ihrer Gesamtwirkung unmittelbar darstellen zu können. Die Zusammenhänge welche zwischen (Teil-)Bemessungsgrundlagen (wie z. B. dem laufenden Unternehmensgewinn, Gewinnausschüttungen oder Leistungsvergütungen) und den einzelnen Steuerarten bestehen, lassen sich mathematisch in Steuerbelastungsgleichungen abbilden. 51 Die Belastung mit mehreren Steuerarten wird hierbei, unter Beachtung der gegenseitigen Abhängigkeiten, in kombinierten Steuersätzen, sogenannten Multifaktoren oder Teilsteuersätzen ausgedrückt. 52

3. Kapitel: Auswirkungen der Unternehmenssteuerreform auf wesentliche Finanzierungsformen 17

3.2 Analyse der Besteuerung bei offener Selbstfinanzierung

Die offene Selbstfinanzierung (Innen-Eigenfinanzierung) erfolgt aus der Einbehaltung von in der Bilanz und GuV ausgewiesenen und somit versteuerten Gewinnen. 54 Die offene Selbstfinanzierung wird durch (notwendige) Ausschüttungen begrenzt.

Thesaurierte Gewinne unterliegen auf Gesellschaftsebene der Gewerbe- und Körper- sowie dem Solidaritätszuschlag. Die Gewerbesteuer mindert als Betriebsausgabe den körperschaftsteuerlichen Gewinn, welcher Bemessungsgrundlage der Gewerbe- und Körperschaftsteuer ist. Sie ist mithin bei sich selbst (§ 4 Abs. 4 EStG) und bei der Körperschaftsteuer (§ 8 Abs. 1 KStG) abzugsfähig. Der Solidaritätszuschlag wird auf die Körperschaftsteuer erhoben. Beachtet man die genannten Zusammenhänge, lässt sich die Gesamtsteuerbelastung für thesaurierte Gewinne formal wie folgt abbilden:

(1) G * t G * ) s (1 * ) s (1 * s s S

GewKStSo Gew So Kt Gew SF

mit: s Gew = effektiver Gewerbesteuersatz 55 ; s Kt = Körperschaftsteuerthesaurierungssatz, s So = Soli- G = Gewinn vor Zinsen und Steuern; t GewKStSo = Teilsteuersatz aus Körper- Gewerbesteuer und Solidaritätszuschlag

Der Ausdruck in den eckigen Klammern gibt den Teilsteuersatz (Multifaktor) 56 aus Gewerbe-/Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag wieder. Wird dieser auf den the-

53 Vgl.ROSE, Steuerlehre, 1992, S. 44.

3. Kapitel: Auswirkungen der Unternehmenssteuerreform auf wesentliche Finanzierungsformen 18

Die obige Formel besitzt für beide Rechtslagen Gültigkeit, da die grundsätzliche Erhe- der genannten Steuerarten durch die Unternehmenssteuerreform nicht geändert wurde. Durch Einsetzen der konkreten Steuersätze kann aus (1) die Steuerbelastung thesaurierter Gewinne für beide Rechtslagen ermittelt werden.

Solidaritätszuschlagssatz auf 5,5 %.

Durch die Senkung des Körperschaftsteuersatzes von 40 % auf 25 % nimmt die Ge- thesaurierter Gewinne von 51,83 % auf 38,65 % ab. 59

beträgt sie derzeit 43,13 % (im Vergleich zu 32,15 % vor der Unternehmenssteuerreform) der gesamten Thesaurierungsbelastung. 61

3. Kapitel: Auswirkungen der Unternehmenssteuerreform auf wesentliche Finanzierungsformen 19

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Tabelle 3: Steuerbelastung thesaurierter Gewinne in Abhängigkeit vom Gewerbesteuerhebesatz (Werte in

% des Gewinns vor Steuern)

Dennoch wird die Selbstfinanzierung, wie auch der obigen Tabelle zu entnehmen ist, durch verschiedene Effekte, welche sich auf die Steuersatzsenkungen begründen, erheblich verbessert.

Die gesunkene Ertragsteuerbelastung führt zudem zu einer Verstärkung des Zinsvor- Durch die Selbstfinanzierung wird die Besteuerung auf Anteilseignerebene in die Zukunft verlagert, wodurch ein Zinsvorteil entsteht. Verzinsen sich die thesaurierten Überschüsse z. B. mit 7 % vor Steuern, so erhöht sich der Nettozinssatz durch die Senkung der Körperschaftsteuer von 3,37 % 62 auf 4,29 %. 63 Wird über einen Zeitraum von 5 Jahren eine liquiditätswirksamer Gewinn von beispielsweise 1 Mio. € erzielt, beträgt der Endwert der kumulierten Nettoüberschüsse, infolge der Körperschaftsteuersenkung

61 Vgl. Tabelle 3.

3. Kapitel: Auswirkungen der Unternehmenssteuerreform auf wesentliche Finanzierungsformen 20

3,34 Mio. € gegenüber 2,58 Mio. € 64 vor der Unternehmenssteuerreform. 65 Dies ent- einer Zunahme von rund 29 %.

3.3.1 Einlagen- und Beteiligungsfinanzierung

Die Einlagen- und Beteiligungsfinanzierung (Außen-Eigenfinanzierung) umfasst alle Formen der Eigenkapitalbeschaffung durch Kapitaleinlagen von neu hinzutretenden oder bereits vorhandenen Gesellschaftern der Unternehmung. 66 Den Gesellschaftern fließen Zahlungen in Form von Gewinnausschüttungen zu, welche aus dem versteuerten Gewinn der Kapitalgesellschaft geleistet werden. 67

zubeziehen. Neben der Steuerbelastungsänderung durch die im Rahmen der Unternehmenssteuerreform gesenkten Steuersätze (Steuersatzeffekt) sind vor allem die Auswirkungen der Umstellung vom körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren (Struktureffekt) darzustellen. Im Folgenden wird von der Vollausschüttung des Gewinns nach Steuern ausgegangen.

Auf Unternehmensebene unterliegt der Gewinn, wie bereits dargestellt, der Körper- dem Solidaritätszuschlag sowie der Gewerbesteuer. Für die Körperschaftsteuer galt nach alter Rechtslage ein gespaltener Steuersatz. Während thesaurierte Gewinne einer 40 %igen Körperschaftsteuer unterlagen, wurden Gewinne bei Ausschüttung nur mit 30 % belastet. Je nachdem aus welchen Eigenkapitalbeständen die Ausschüttung erfolgte, wurde die Ausschüttungsbelastung durch Körperschaftsteuer- n 5 =2,58 Mio 1 ) i (1 1 0337 1 ,

nSt

3. Kapitel: Auswirkungen der Unternehmenssteuerreform auf wesentliche Finanzierungsformen 21

minderung (bei Ausschüttung aus dem EK 40 ) 69 bzw. -erhöhung (bei Ausschüttung aus dem EK 02,03 ) 70 hergestellt. Nachfolgend wird vom Regelfall, d. h. von der Ausschüttung aus dem EK 40 ausgegangen. Die verbleibende Körperschaftsteuerbelastung von 30 % wurde auf die Einkommensteuer des Anteilseigners angerechnet. Die Körperschaftsteuer hatte damit den Charakter einer Interimssteuer, die im Ausschüttungsfall grundsätzlich in vollem Umfang aufgehoben wurde. 71

Ende der Leseprobe aus 106 Seiten

Details

Titel
Auswirkungen der Unternehmenssteuerreform 2001 auf die Finanzierungspolitik von Kapitalgesellschaften
Hochschule
Technische Universität Dresden
Note
1
Autor
Jahr
2002
Seiten
106
Katalognummer
V185782
ISBN (eBook)
9783656982401
ISBN (Buch)
9783867466660
Dateigröße
1006 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
auswirkungen, unternehmenssteuerreform, finanzierungspolitik, kapitalgesellschaften
Arbeit zitieren
Verena Kaden (Autor:in), 2002, Auswirkungen der Unternehmenssteuerreform 2001 auf die Finanzierungspolitik von Kapitalgesellschaften, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185782

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