Die Automobilbranche gilt als einer der bedeutendsten Industriesektoren in Deutschland. Über Jahrzehnte hinweg haben sich deutsche Automobilproduzenten mit Innovation und Qualität weltweit einen herausragenden Ruf erarbeitet. Dies wurde vor allem auch durch Management- und Branchenstandards wie der VDA 6.1 untermauert.
In Zeiten der Globalisierung und des strukturellen Wandels musste jedoch eine Anpassung und eine Harmonisierung mit anderen, internationalen Qualitätsmanagementsystemen erfolgen. Dies geschah mit der Herausgabe der ISO TS 16949 durch die IATF. Dieses Werk wurde auf Basis der ISO 9001:2000 verfasst und stellt sämtliche kundenspezifische Anforderungen sowie eine prozessorientierte Organisation der Unternehmen in den Mittelpunkt.
Die Arbeit befasst sich mit den Neuerungen, die die ISO TS 16949 mit sich bringt, und versucht anhand von Beispielen deren praktische Umsetzung im betrieblichen Alltag zu veranschaulichen. Dabei werden alle wichtigen Kapital der Norm sowie der zugehörigen Leitfäden und einschlägigen Ratgeber berücksichtigt. Des weiteren zeigen Beispiele, wie die Normanforderungen in den Bereichen ?QM-System?, ?Verantwortung der Leitung?, ?Management von Ressourcen?, ?Produktrealisierung? und ?Messung, Analyse und Verbesserung? in der Praxis umgesetzt werden können.
In einem weiteren Schritt werden die Grundzüge und Formen der Prozessorientierung erläutert. Neben den Umsetzungsmethoden und ?phasen geht es vor allem um die Ermittlung von Kennzahlen und die Prozessanalyse nach dem Turtle-Prinzip, wie es von der Norm gefordert wird.
Abschließend werden kurz die Praxiserfahrungen bei einem Automobilzulieferer geschildert ? von der Prozessfindung bis hin zu den aufgetretenen Problemen, die eine Umstellung auf die neue Norm bzw. die Prozessorientierung mit sich bringt.
Der Schluss der Arbeit befasst sich schließlich mit der oftmals vorherrschenden Diskrepanz zwischen Anspruch von Managementnormen und deren tatsächlicher Umsetzung. Denn ein ?gelebtes? Managementsystem ist sehr wohl eine Herausforderung für Unternehmensleitung und Führungskräfte.
Es wird in diesem Werk versucht, einen umfassenden Einstieg in das Thema ISO TS 16949 sowie Prozessorientierung zu bieten. Praktische Anwendungen kommen dabei nicht zu kurz und liefern Ansatzpunkte und wichtige Hinweise, wie die Umsetzung im Unternehmen erfolgreich ablaufen kann.
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Die Ergänzung von bestehenden QM-Systemen in der Automobilindustrie durch die ISO/TS 16949:2002
A Qualitätsmanagementsystemewichtige Bausteine für den
Unternehmenserfolg
Neben der Qualität der Produkte hat auch die Qualität der Prozesse einen bedeutenden Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit einer Organisation. Gerade in der Automobilbranche haben zu Beginn der 90er Jahre des 20.Jahrhunderts das Qualitätsmanagement bzw. Qualitätsmanagementsysteme Einzug gehalten, denen statt einer nachgelagerten Qualitätskontrolle eine präventive
Qualitätsplanung der Unternehmensprozesse mit konsequenter Fehlervermeidung zu Grunde liegt. So fordern alle Automobilhersteller von ihren Lieferanten eine Qualitätsphilosophie bzw. -strategie, um den wichtigsten Wettbewerbs- und Erfolgsfaktor Qualität zu sichern. 1
In der Praxis wird somit vom Zulieferer gefordert, dass er ein wirksames Qualitätsmanagementsystem installiert und etabliert. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der so genannten „Automotive Excellence“. Demnach sollten im Automobilbereich angesiedelte Unternehmen ein Bewusstsein dafür entwickeln,
1 Vgl. Kamiske, Brauer: Modernes Qualitätsmanagement, Seite 4 2 Ebd., Seite 4 (Quelle: ADL)
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der Aufstellung der Prozesslandschaft der Grundstein für ein integriertes Managementsystem gelegt werden sollte. Zum Schluss der Arbeit erfolgt letztlich ein kritischer Blick auf die Ansprüche von QM-Normen und deren praktischer Umsetzung.
B Die Forderungen der ISO/TS 16949 im Rahmen eines prozessorientierten
Managementansatzes
1. Entwicklungsgeschichte und Aufbau der Norm
1.1 Entstehung und Weiterentwicklung der Norm
Durch den notwendigen Harmonisierungsbedarf im Bereich der Qualitätsmanagementnormen wurde von der International Automotive Task Force (IATF) in Zusammenarbeit mit der Japan Automobile Manufacturers Association Inc. (JAMA) und dem International Standardisation Organisation (ISO) Technical Commitee (ISO/TC 176) und dessen Unterausschüssen die ISO/TS 16949 erarbeitet.
Anmerkung: Im Falle dringenden Marktbedarfes kann von der Internationalen Organisation für Normung eine ISO Technische Spezifikation (= ISO/TS) herausgegeben werden, um den Bedürfnissen des Marktes nachzukommen, da die Erarbeitung und Veröffentlichung von ISO Normen zeitlich einen weitaus längeren Vorlauf mit mehreren Bearbeitungszyklen benötigen. Innerhalb von drei Jahren ist eine ISO/TS „einer Überprüfung zu unterziehen um zu entscheiden, ob sie für weitere drei Jahre bestätigt werden soll, in eine Internationale Norm umgewandelt werden kann oder zurückgezogen wird.“ 7
7 IATF: ISO/TS 16949:2002, Seiten -X-, -XI-
Anmerkung: Aller Voraussicht nach wird die ISO/TS im Jahre 2006 in eine ISO Norm umgewandelt werden. (TÜV Management Service GmbH, Kunden Forum am 28. Oktober 2004)
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ISO/TS 16949:2002 der 14.12.2004 ist, 16 d.h. dass ein Unternehmen, das bisher noch nach ISO/TS 16949:1999 zertifiziert ist, bis zu diesem Termin die Möglichkeit besitzt, sich nach der neuen Fassung der ISO/TS auditieren zu lassen. Andernfalls verfällt der Status der ISO/TS-Zertifizierung und das Unternehmen hat kein zertifiziertes QM-System.
Somit ist zu erwarten, dass sich die ISO/TS 16949 als der neue internationale Standard für Qualitätsmanagementsysteme in der Automobilindustrie erweisen wird. Neben den genannten Gründen belegen diese These der stark prozessorientierte Ansatz und die ISO 9001:2000 als Basis der Norm. 17 Darüber hinaus ist diese Thematik in der ISO/TS angedeutet im Kapitel 0.5 „Ziel dieser Technischen Spezifikation.“ Sie diene der „Vermeidung mehrfacher Zertifizierungsaudits und bietet einen gemeinsamen Ansatz für ein QM-System für die Serien- und Ersatzteil-Produktion in der Automobilindustrie.“ 18
1.2 Struktur und Inhalt der ISO/TS 16949
Die Struktur der ISO 9001:2000 gibt somit auch den Aufbau der ISO/TS vor. Bei Durchsicht des Werkes erkennt man, dass die übernommenen Passagen aus der ISO 9001:2000 eingerahmt, und die zusätzlichen Forderungen der ISO/TS jeweils anschließend ergänzt sind. Folglich liegt also folgende Kapitelstruktur zugrunde: 19
0. Einleitung 1. Anwendungsbereich 2. Normative Verweisungen 3. Begriffe 4. Qualitätsmanagementsystem 5. Verantwortung der Leitung
16 Vgl. www.iaob.org, Sanctioned Interpretations - Transitioning from ISO/TS 16949:1999 to ISO/TS 16949:2002
17 Vgl. Thomas Weiler: Anforderungen der Automobilindustrie, Teil 1: ISO/TS 16949:2002, Seite 28
18 IATF: ISO/TS 16949:2002, Seite - XVIII -
19 Vgl.IATF: ISO/TS 16949:2002
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Form ‚Prozesse existieren nur innerhalb von Abteilungen’ wurde wieder aufgegriffen.
Im nun folgenden Kapitel wird genauer auf die Forderungen der ISO/TS eingegangen und den daraus resultierenden Anforderungen für ein Unternehmen. Wo es passend erschien und den Sachverhalt gut ergänzte, wurden konkrete Umsetzungsmaßnahmen genannt, die sich in der Praxis bereits bewährt haben.
2. Zusätzliche Forderungen der ISO/TS 16949 und damit verbundene Anforderungen an Unternehmen
2.1 Allgemeine Vorbemerkungen - 1-3
Wie bereits im vorangegangenen Abschnitt erwähnt wurde, finden sich die wichtigsten Ergänzungen in den Kapiteln vier bis acht. Daher soll es an dieser Stelle genügen, aus den einleitenden Kapiteln eins bis drei nur die wichtigsten Änderungen ausführlich hervorzuheben.
1.1 Allgemeines
Entfernte Standorte, so genannte „remote locations“, 27 die sich also nicht am Produktionsstandort befinden, diesen jedoch unterstützen und somit einen Input liefern, der in den Prozessen des Produktionsstandortes weiterverarbeitet wird, müssen mit in die Zertifizierung eingebunden werden. Sie können jedoch nicht eigenständig nach ISO/TS 16949 zertifiziert werden. 28 Ganz konkret bedeutet dies nun, dass die Prozesse, die Schnittstellen zu „remote locations“ (bspw. Entwicklungszentren) besitzen, als
standortübergreifend zu betrachten und deren Abläufe und Resultate kontinuierlich zu prüfen sind, um einen korrekten Input an den Produktionsstandort sicherzustellen.
27 Siehe dazu auch: IATF: ISO/TS 16949:2002, Seite 4, 3.1.3
28 Vgl. IATF: ISO/TS 16949:2002, Seite 2
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- Dipl.-Kfm. Micha Harzenetter (Author), 2004, Die Ergänzung von bestehenden QM-Systemen in der Automobilindustrie durch die ISO TS 16949:2002, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/186095
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