Soziologische Aspekte von Star Trek: Aspekte der Sozialen Ungleichheit und Sozialen Macht


Seminararbeit, 2004

17 Seiten, Note: 1.3


Leseprobe


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1. Einleitung

In der Episode „Kritische Versorgung“ von Star Trek: Voyager wird das Problem der sozialen Ungleichheit behandelt. Soziale Ungleichheit ist ein „gesellschaftlicher Zustand, in dem die Zugangschancen zu wichtigen Sozialbereichen (z.B. Bildung und Ausbildung, Beruf usw.) für einzelne Personen oder Sozialgruppen erschwert ist und die ungleiche Verteilung von ökonomischen und sonstigen Ressourcen, von sozialen Positionen und Rängen als ein soziales Problem angesehen wird.“ (Schäfers 2000: 399) In der Star Trek Episode herrschen unter dem Volk der Dinaali ungleiche Zugangschancen im Bereich der Bildung und Beruf, zudem hängt das Ausmaß der medizinischen Versorgung vom jeweiligen Berufsstatus ab. In dieser Arbeit wollen wir einerseits einen der Ausgangspunkte sozialer Ungleichheiten betrachten: die soziale Macht. Viele Soziologen haben sich bereits mit Machtphänomenen beschäftigt. Anhand der Episode können wir deren Forschung belegen indem wir näher auf den Machtbegriff eingehen und dessen Formen untersuchen.

Andererseits widmen wir uns im zweiten Teil, passend zu den Geschehnissen der Episode, mit dem Thema der sozialen Ungleichheit und dessen Auswirkungen auf die Gesundheit. Verschiedene Studien belegen, dass es hinsichtlich der Mortalität und Morbidität unterschiede bezüglich des sozialen Status gibt.

Am Ende der Folge kommt es zum Anstoß einer Revolution, daher gehen wir abschließend in einem kurzen Exkurs näher auf den Klassenkampf ein.

2. Soziale Macht: ein Ausgangspunkt sozialer Ungleichheit

2.1 Machtbegriff

Unter Macht versteht man viele Möglichkeiten zur Durchsetzung und Beeinflussung. Dies geschieht generell in einem Überlegenheitsverhältnis bzw. einem Abhängigkeitsverhältnis zwischen Personen, Gruppen, Organisationen oder Gesellschaften. Beide Verhältnisarten zeigen sich auch bei den Dinaali, die einerseits abhängig von den medizinischen Leistungen des Hospitalschiffs sind, andererseits die Überlegenheit von Chellick anerkennen, was „zu einer starken Anpassungsbereitschaft führt“. (Popitz 1992: 114). Chellick gehört nicht dem Volk der Dinaali an, er kann mit dem Versorgungsschiff von Planet zu Planet fliegen. Aus dieser Position ergibt sich eine große Macht.

Laut Max Weber ist Macht „jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht“ (Weber 1980: 28). Das heißt, Widerstand wird nicht automatisch vorausgesetzt. Individuen lassen sich also auch aus Gründen der Fügsamkeit, Zweckmäßigkeit oder Konformität befür-worten. Max Weber geht dabei nicht darauf ein, auf welcher Basis die Macht grundsätzlich steht, allerdings stellt sie oftmals eine wichtige Versorgungschance für das Leben und die Kultur einer ganzen Gesellschaft dar (vgl. Weber 1980: 60). Die Machtausübung an sich könnte zum Beispiel wegen physischer Stärke, politischer Entscheidungsgewalt oder auf Grund ökonomischer Ressourcen erfolgen.

Für Siebel (1974) gibt es neben diesen eher übergeordneten Faktoren noch weitere Möglichkeiten, wodurch sich Macht ergeben kann. Dazu gehören unter anderem individuelle Vorzüge, „soziales Prestige, Wissen, Fähigkeiten, Eigentum und Besitz“ (Siebel 1974: 210). Im Fall der Episode würde am ehesten der Grund der ökonomischen Ressourcen zutreffen, da beispielsweise Chellick davon spricht, dass die Ressourcen knapp sind und man deswegen Prioritäten setzen muss. Man kann aber auch die anderen Faktoren nicht außer acht lassen. Erst die Fähigkeiten und das Wissen haben Chellicks Hospitalschiff in die Lage gebracht Macht über die Dinaali auszuüben.

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Die Webersche Versorgungschance beruht bei den Bewohnern des Planeten auf einem Zuteilungsmechanismus für medizinische Leistungen. Der Zuteiler, also der Hauptcomputer, legt fest welche Patienten einen hohen Bedarf an Ressourcen, d.h. Medikamenten und medizinischer Behandlung haben und welche darauf verzichten müssen. Für die Dinaali ist diese Macht zumindest auf medizinischer Ebene notwendig, da ein gewisser Organisationsbedarf unerlässlich ist und sie den geschichtlichen Prozess reflektiert (vgl. Popitz 1992: 17). Das Volk selbst ist nicht in der Lage die komplette medizinische Versorgung zu organisieren. Da es sich um einen Prozess handelt der eventuell schon länger andauert, ist es durchaus möglich dies auch als geschichtliche Entwicklung der Dinaali anzusehen.

2.2 Stockwerke der Macht

Bei den Stockwerken der Macht handelt es sich nach Elias (1986) um das Problem der Machtverteilung. Macht verteilt sich über die ganze Länge und Breite aller „Integrationsebenen der vielstöckigen industriellen Staatsgesellschaften“ (Elias 1986: 156). Dieser Aspekt lässt sich auch auf eine einzelne Fabrik oder wie in unserem Fall auf ein Hospitalschiff herunterbrechen. Es geht darum, welche Gruppen Zugang zu höheren und damit besseren Ebenen bekommen und welche nicht. In der Episode wird dies durch den Behandlungskoeffizienten geklärt (s.u.), durch den festgelegt wird wie die zur Verfügung stehenden Medikamente verteilt werden. Diese Verteilung ist bereits eine Funktion der Machtbalance, auf die wir später noch zurückkommen. Die Verteilung drückt aber auch die gegenseitige Abhängigkeit aus, denn je mehr Medikamente in einer Ebene verbraucht werden, umso weniger bleibt für andere Ebenen übrig. Auch auf die ungleiche Verteilung werden wir später ausführlicher eingehen.

2.3 Begriff der Herrschaft

Im Sinne von Max Weber ist die institutionalisierte Form der Macht die Herrschaft. Der Begriff der Herrschaft „kann nur die Chance bedeuten: für einen Befehl Fügsamkeit zu finden“ (Weber 1980: 29). Direkt verbunden damit ist die Disziplin, die einen eingeübten, wider-stands- und kritikfreien Gehorsam aller darstellt.

Siebel (1974) stellt dies noch klarer dar: „Darüber hinaus ergibt sich Herrschaftsmacht aus traditionellen Verhaltensweisen, aus organisatorischen und vertragsmäßigen Bedingungen, aus Verfügungsberechtigungen über Dienstleistungen anderer und über materielle Güter“ (S. 210). Alle diese Faktoren könnten so auch auf die Dinaali zutreffen. Besonders interessant ist der Punkt der vertragsmäßigen Bindungen. In der Episode wird zwar nicht eindeutig erklärt, dass die Herrschaft über den medizinischen Sektor nur solange besteht, bis die Dinaali sich wieder selbst versorgen können, jedoch ist es vorstellbar, da es sich um eine intelligente Rasse handelt, die sich in anderen Angelegenheiten selbst versorgen kann.

2.4 Legitimität

Es ist sehr wichtig, dass der Anspruch der Herrschenden als rechtmäßig also legitim anerkannt wird. Dies erfährt der Doktor kurz vor seiner Versetzung nach Ebene Blau, als er weiterhin den hilflosen Patienten in Ebene Rot helfen will. Dr. Voje besteht aber darauf, dass das was der Zuteiler sagt so auch richtig ist. Seine Begründung dafür ist, dass der Zuteiler weiß, welche Patienten am ehesten Hilfe brauchen. Der Zuteiler als Computer steht für eine „zunehmende Entpersonalisierung des Machtverhältnisses“ (Popitz 1992: 233). Dies ist aber nur eine Tendenz des Prozesses der Institutionalisierung. Laut Popitz (1992) gibt es zwei weitere Kennzeichen - die Formalisierung und Integrierung der Macht - die eine „Erhöhung der Stabilität“ des Machtgefüges bedeuten. Der Holodoc hat es nicht einfach dagegen anzukämpfen,

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denn „Prozesse dieser Art [...] sind darauf angelegt, dauerhafte Strukturen hervorzubringen, Verlässlichkeit, Konstanz“ (Popitz 1992: 234) und sind somit kaum reversibel. Homans (1968) geht unter diesem Aspekt auf die ausgleichende Gerechtigkeit von Tauschbeziehungen ein. Es wird erwartet, dass die Belohnungen sich proportional zu den Kosten verhalten. Dies ist auch hier der Fall. Je schlauer und erfolgreicher die Personen, umso höher werden sie für die Gesellschaft eingestuft und umso besser ist ihre Belohnung - die medizinische Behandlung. Wirkt sich diese Beziehung negativ auf eine Person aus, also wird sie in ihrer Gerechtigkeit verletzt, müsste sich eigentlich das emotionale Verhalten wie z.B. Ärger erhöhen (vgl. Homans 1968: 64). Bei den Dinaali scheint dies aber Anfangs nicht so zu sein, da sie sich mit der ungerechten Verteilung der Medikamente zufrieden geben und dies auch als legitim ansehen. Erst als der Doktor den Patienten diese Missstände begreiflich macht, tendieren sie, wenn auch zögernd, dazu doch dagegen anzukämpfen. Bevor sie dies jedoch tun, zeigen sie eine gewisse Wertschätzung für Personen von höheren Ebenen. Sie finden es gerecht, dass diejenigen, die gesellschaftlich mehr erreicht haben eine bessere Behandlung bekommen als sie selbst.

Für den Doktor ist dies keine legitime Herrschaft, weshalb er ja auch versucht Zytoglobininjektionen, eine Injektion, die auf Ebene Rot für viele Patienten das Leben retten würde, ihnen aber nur begrenzt zugänglich ist, nach Ebene Rot zu schmuggeln. Als er das macht stößt er erst einmal auf einen verständnislosen Dr. Voje, denn für ihn ist die Herrschaft legitim, da er diese für richtig hält und auch akzeptiert. Letztlich hilft er dem Doktor aber doch noch mit der Begründung - oder besser gesagt - Ausrede, je schneller die Injektionen verteilt würden, umso geringer wäre die Chance, erwischt zu werden. Macht ist in modernen Gesellschaften begründungsbedürftig. Aus dieser Sicht sieht der Doktor die ganze Situation. Er stellt im Gegensatz zu den Bewohnern des Planeten die Legitimität der Macht des Hospitalschiffes in Frage und sieht sie als freiheitsbegrenzend an (vgl. Popitz 1992: 20). Luhmann (1983) sieht Macht als einen „Mechanismus der Übertragung von [...] Selektionsleistungen, die durch Entscheidung erbracht worden sind“ (Luhmann 1983: 25). Die Entscheidungen des Machtinhabers bezüglich selektiver Alternativen werden demzufolge akzeptiert und dessen Weisungsgewalt wird als bindend anerkannt. „Die Wahrheit gewisser Entscheidungsprämissen“ (Luhmann 1983: 25) ist aber eigentlich nicht ausreichend für die Anerkennung, sondern bedarf einer Herausbildung legitimer Macht.

2.5 Formen der Herrschaft und der Macht

Das Dilemma für diese Gesellschaft ist, dass sie keine ausreichenden Möglichkeiten sieht um sich selbst medizinisch zu versorgen. Aus diesem Problem ergibt sich der Vorteil für Chellicks Hospitalschiff, da man hier über genügend Machtmittel verfügen kann, die sich nicht so schnell verbrauchen.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Soziologische Aspekte von Star Trek: Aspekte der Sozialen Ungleichheit und Sozialen Macht
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Note
1.3
Autor
Jahr
2004
Seiten
17
Katalognummer
V186143
ISBN (eBook)
9783869438900
ISBN (Buch)
9783656992387
Dateigröße
697 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
soziologische, aspekte, star, trek, sozialen, ungleichheit, macht
Arbeit zitieren
Martin Weiß (Autor:in), 2004, Soziologische Aspekte von Star Trek: Aspekte der Sozialen Ungleichheit und Sozialen Macht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/186143

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