Die derzeitige Situation des Online-Handels wirft zwei zentrale Fragestellungen auf. Einerseits sollte untersucht werden, welche Gründe überhaupt dafür sprechen, das Online-Shopping den anderen Einkaufsformen vorzuziehen und andererseits, was die Konsumenten trotz nachweisbarer Nützlichkeit des Internetkaufs davon abhalten könnte, diese Einkaufsform zu wählen.
Der Gegenstand dieser Diplomarbeit ist es, der zweiten Fragestellung nachzugehen. Als Bezugsrahmen zur Behandlung des Problems wird die Risikotheorie gewählt. Um das Verhalten des Konsumenten im Internet erklären, prognostizieren und durch gezielte Maßnahmen beeinflussen zu können, bedarf es der Übernahme und Weiterentwicklung der Erkenntnisse und Methoden aus der traditionellen Marketingforschung.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Online-Shopping - Vertriebsweg der Zukunft?
2.1 Definition und Abgrenzung von Online-Shopping
2.2 Die Akzeptanz des Internets als Einkaufsstätte
2.3 Die Vorteile des Kunden im Internet
2.4 Probleme beim Online-Shopping aus Kundensicht
3. Das Modell des wahrgenommenen Risikos
3.1 Theoretische Grundlagen
3.2 Operationalisierung des wahrgenommenen Risikos
3.3 Einflussgrößen und Konsequenzen des Kaufrisikos
3.4 Der Beitrag der Informationsökonomie zur Erklärung des Kaufrisikos
3.5 Ansatzpunkte zur Risikoreduktion
4. Die Risikowahrnehmung des Konsumenten im Internet
4.1 Das Risiko in „Non-Store“ - Kaufsituationen
4.2 Kaufrisiko als Determinante der Online-Kaufentscheidung
4.3 Der Kaufprozess im Internet aus informationsökonomischer Sicht .
4.4 Bestimmungsfaktoren des Risikos beim Internetkauf
4.5 Internetspezifische Dimensionen des wahrgenommenen Risikos
5. Implikationen für das Marketing
5.1 Überblick über bisherige Forschungsergebnisse zum Thema „Online- Shopping“
5.2 Strategien zur Reduktion des Kaufrisikos im Internet
5.3 Kundentypologisierung auf der Basis des wahrgenommenen Risikos
6. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Seit Mitte der 90er Jahre sind die Umsätze, die Unternehmen durch den Verkauf von Waren und Dienstleistungen über das Internet realisieren, enorm gewachsen. Wäh- rend das Business-to-Business Geschäft bereits hohe Umsatzzahlen veröffentlicht, setzt sich das Internet im privaten Bereich etwas langsamer durch. „Kundenverhalten gibt Online Händlern ein Rätsel auf - Obwohl immer mehr Menschen ins Netz ge- hen, kaufen die wenigsten online ein...“ lautet der Titel einer Anzeige, die im April 2002 in der Netzzeitung veröffentlicht wurde (Schwan 2002). Auch heute hat sich die Situation nicht grundlegend verändert. Der Marktanteil im Business-to-Consumer Segment fällt mit 10% am Gesamtumsatz des E-Commerce noch sehr bescheiden aus. Laut den Ergebnissen zahlreicher Prognosen wird jedoch zukünftig ein bedeu- tender Anteil des Einzelhandelsumsatzes über das Online-Shopping abgewickelt (BITKOM Studie 2006). Die derzeitige Situation des Online-Handels wirft zwei zentrale Fragestellungen auf. Einerseits sollte untersucht werden, welche Gründe überhaupt dafür sprechen, das Online-Shopping den anderen Einkaufsformen vorzu- ziehen und andererseits, was die Konsumenten trotz nachweisbarer Nützlichkeit des Internetkaufs davon abhalten könnte, diese Einkaufsform zu wählen.
Der Gegenstand dieser Diplomarbeit ist es, der zweiten Fragestellung nachzugehen. Als Bezugsrahmen zur Behandlung des Problems wird die Risikotheorie gewählt. Um das Verhalten des Konsumenten im Internet erklären, prognostizieren und durch gezielte Maßnahmen beeinflussen zu können, bedarf es der Übernahme und Weiter- entwicklung der Erkenntnisse und Methoden aus der traditionellen Marketingfor- schung. Bei dem Konzept des wahrgenommenen Kaufrisikos handelt es sich um ein partielles Erklärungsmodell des Konsumentenverhaltens, welches den psychologi- schen Ansätzen der Käuferverhaltensforschung zugerechnet wird (Panne 1977). Die Risikotheorie besagt, dass die in Verbindung mit einem Kauf wahrgenommenen Ri- siken in hohem Ausmaß Einfluss auf das tatsächliche Kaufverhalten haben. Die Wahrnehmung von Risiko und dessen Bedeutung für das Konsumentenverhalten wurde in zahlreichen Studien für unterschiedliche Vertriebskanäle bereits nachge- wiesen. Die Anwendung des Risikoansatzes auf das Online-Shopping bietet sich insbesondere deshalb an, da in verschiedenen Arbeiten festgestellt wurde, dass in „Non- Store“-Kaufsituationen ein höheres Risiko empfunden wird als bei einem Kauf im Geschäft. Mit der Höhe der wahrgenommenen Risiken sinkt dementsprechend die Kaufwahrscheinlichkeit. Kenntnisse über die Zusammensetzung des Kaufrisikos beim Online-Shopping würde es dem Anbieter erlauben, die Marketinginstrumente effektiver zum gezielten Abbau von Kaufhemmnissen einzusetzen und dadurch ge- gebenenfalls neue Internetnutzer zu motivieren, von der elektronischen Einkaufs- möglichkeit Gebrauch zu machen.
Im Anschluss an das einleitende Kapitel befasst sich der zweite Abschnitt mit der Charakterisierung des Online-Shoppings als Untersuchungsobjekt der vorliegenden Diplomarbeit. Eine besondere Aufmerksamkeit wird der Definition des Online- Shoppings gewidmet, da sich bisher kein einheitliches Begriffsverständnis herausge- bildet hat und es insbesondere gegenüber dem E-Commerce abgegrenzt werden muss. Anschließend wird anhand der Ergebnisse der aktuellen Studie des Bundes- verbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM) die derzeitige Situation des Internet-Shoppings erläutert. Darauffolgend sollen die Vor- und Nachteile der neuen Einkaufsform aus der Sicht des Kunden gegenüberge- stellt werden, um den Nutzen des Online-Shoppings auswerten zu können.
Kapitel 3 stellt die allgemeine Risikotheorie dar. Nach den theoretischen Grundlagen wird zunächst zur Messung des Risikokonstruktes sowohl auf die zweidimensionalen als auch auf die mehrdimensionalen Operationalisierungsansätze ausführlich einge- gangen (Abschnitt 3.2). Im Anschluss werden die zwei Kategorien von Untersu- chungsmodellen der Risikoforschung vorgestellt. Zum einen sollen die Faktoren i- dentifiziert werden, mit deren Hilfe das Auftreten und die Höhe des wahrgenomme- nen Risikos erklärt werden kann. Zum anderen sollen die Auswirkungen der Risiko- wahrnehmung im Kaufentscheidungsprozess diskutiert werden, um das Kaufverhal- ten in Abhängigkeit von der Art und Höhe des Kaufrisikos beschreiben zu können (Abschnitt 3.3). Darüber hinaus liefert dieses Kapitel eine Einführung in die informa- tionsökonomische Eigenschaftstypologie (Abschnitt 3.4). Als letztes werden die wichtigsten Ansätze zur Risikohandhabung eingeleitet (Abschnitt 3.5).
In Kapitel 4 erfolgt die Übertragung des Konzepts des wahrgenommenen Risikos auf das Einkaufsmedium Internet. In diesem Teil der Arbeit liegt der Schwerpunkt in der
Analyse der Erfassung und Bedeutung der Risikowahrnehmung von Konsumenten beim Online-Shopping. Nach einer kurzen Einleitung zum Thema Risikowahrneh- mung in „Non-Store“-Kaufsituationen wird das Kaufrisiko als erklärende Variable hinsichtlich des Online-Kaufverhaltens betrachtet und dessen Einfluss auf die Onli- ne-Kaufwahrscheinlichkeit überprüft (Abschnitt 4.2). Im Anschluss wird die infor- mationsökonomische Eigenschaftstypologie auf den Einkaufsprozess im Internet angewandt, um die Auswirkungen des wahrgenommenen Risikos auf die Kaufent- scheidung analysieren zu können (Abschnitt 4.3). Darüber hinaus werden die Variab- len identifiziert, die das erlebte Risiko beim Internetkauf beeinflussen (Abschnitt 4.4). Abschließend wird das Kaufrisiko in verschiedene internetspezifische Risiko- dimensionen aufgespaltet, die mit Hilfe von Beispielen erläutert werden (Abschnitt 4.5).
Kapitel 5 liefert zuerst einen Überblick über den derzeitigen Forschungsstand des Kaufverhaltens im Online-Shopping. Es werden die zentralen Aspekte der Überlegungen hervorgehoben und für das Marketing relevante Anwendungsmöglichkeiten diskutiert. Das abschließende Kapitel dient der Interpretation der gewonnenen Erkenntnisse und liefert eine Zusammenfassung der gesamten Arbeit.
2. Online-Shopping - Vertriebsweg der Zukunft?
In diesem Kapitel soll zunächst geklärt werden, was unter dem Begriff Online- Shopping verstanden wird und wie es sich von E-Commerce abgrenzen lässt. Im Hinblick auf die Analyse der Konkurrenzsituation zwischen dem Online-Shopping und den traditionellen Vertriebswegen geht es in erster Linie darum, die Barrieren zur Akzeptanz des Internets als Einkaufsstätte aufzudecken. Anschließend werden grundlegende Vor- und Nachteile des Online-Shoppings aus der Kundenperspektive herausgestellt und die Situationen gekennzeichnet, in denen Online-Shopper den Internetkauf oder den stationären Handel vorziehen. Die Untersuchung beschränkt sich hauptsächlich auf eine vergleichende Betrachtung von Online-Shopping und dem stationären Handel, da sowohl dem Katalogversandhandel als auch dem traditi- onellen Teleshopping im Vergleich zum stationären Handel eine geringere Bedeu- tung beigemessen wird.
2.1 Definition und Abgrenzung von Online-Shopping
Electronic Commerce (häufig auch E-Commerce oder E-Business) ist das Schlagwort, mit dem neuartige, elektronische Handelsformen auf Basis des Internets bezeichnet werden, bei denen mindestens eine Transaktion zwischen Anbieter und Nachfrager elektronisch unterstützt wird (Dach 2000).
Aufgrund der Tatsache, dass Electronic Business sich in einer frühen Entwicklungs- phase befindet, wird häufig darauf hingewiesen, dass der Begriff in Wissenschaft und Praxis derzeit uneinheitlich verwendet wird. Bisher hat sich keine eindeutige und allgemein akzeptierte Definition herausgebildet, so dass je nach Betrachtungsper- spektive verschiedene Aspekte, die den Bereich des Online-Shoppings betreffen, unter dem Begriff E-Commerce subsumiert werden. Mit dem Online-Shopping wird allerdings nur ein Teilbereich des Electronic Commerce betrachtet, der auf den Ver- trieb bzw. den Handel mit Waren beschränkt ist (Hermanns und Sauter 2001, S. 15- 32). In diesem Zusammenhang bieten sich folgende Definitionsansätze aus der Lite- ratur an, um das Online-Shopping für diese Arbeit abzugrenzen.
Dach (2000) definiert das sogenannte Interactive Home Shopping als Teilgebiet des E-Commerce als „jene Business-to-Consumer-Transaktionen des klassischen Kon- sumgüterhandels, bei denen zumindest alle Phasen der akquisitorischen Distribution über ein interaktives Medium abgewickelt werden und die Nutzung durch den Verbraucher von zu Hause oder seinem Arbeitsplatz erfolgt“ (Dach 2000, S.179).
Im Gegensatz zu Dach (2000) werden bei Müller-Hagedorn (2000) auch die Transaktionen zum E-Commerce gezählt, bei denen die Zahlungsabwicklung außerhalb des Internets stattfindet. Außerdem wird der Ort, an dem das Internet genutzt wird, nicht zur Abgrenzung herangezogen. Er definiert Electronic Commerce als „jene Transaktionen zwischen selbständigen Wirtschaftssubjekten, durch die der Austausch von wirtschaftlichen Gütern gegen Entgelt begründet wird (Handel im weiten funktionellen Sinn), wobei nicht nur das Angebot elektronisch offeriert wird, sondern auch die Bestellung bzw. die Inanspruchnahme elektronisch unter Verwendung eines interaktiven Mediums erfolgt“ (Müller-Hagedorn 2000, S. 54 f.).
Bei der Abgrenzung, die die EU Kommission wählt, handelt es sich dagegen um eine relativ weite Definition. Weder die Art der verkauften Leistung noch die Form der elektronischen Unterstützung werden näher spezifiziert. „[Beim elektronischen Ge- schäftsverkehr geht es] eindeutig um geschäftliche Transaktionen, die auf elektroni- schem Wege über Telekommunikationsnetze getätigt werden“ (EU Kommission 1998).
Für die weiteren Ausführungen dieser Arbeit soll das breite Feld von Electronic Commerce auf den Teilbereich des Online-Shopping eingeengt werden, der als eine neue Betriebsform des Einzelhandels aufgefasst werden kann.
Online-Shopping ist der Teil des Business-to-Consumer E-Commerce, bei dem Kon-sumenten Dienstleistungen oder Konsumgüterüber einen an das Internet ange-schlossenen Computer von einem beliebigen Ort außerhalb des stationären Handels aus erwerben.
Sowohl der Bereich des Business-to-Business als auch die Consumer-to-Consumer Transaktionen werden hiermit ausgeklammert, so dass der Schwerpunkt in die Busi- ness-to-Consumer Beziehung gesetzt wird. Dieser Bereich befindet sich gegenüber dem weit entwickelten Business-to-Business E-Commerce in einer sehr frühen Phase der Entwicklung und ist daher für den Untersuchungsrahmen dieser Arbeit durchaus interessanter.
2.2 Die Akzeptanz des Internets als Einkaufsstätte
In den vergangenen Jahren hat das Internet als Handelsmedium stark an Bedeutung gewonnen. Bei den Prognosen zur Entwicklung des Online-Shoppings wird häufig auf die Unterscheidung zwischen Business-to-Consumer (B2C) und Business-to- Business (B2B) Bezug genommen. Während das B2B-Geschäft bereits hohe Um- satzzahlen zu verzeichnen hat, setzt sich das Online-Shopping im privaten Bereich langsamer durch. Die Einkäufe der privaten Verbraucher machen einen sehr geringen Anteil am Gesamtumsatz des E-Commerce aus. Die Ergebnisse der neuesten Studien zeigen, dass etwa 90% des elektronischen Handels auf Geschäfte zwischen Unter- nehmen entfallen. Im Jahr 2006 kauften private Verbraucher per Internet Waren und Dienstleistungen im Wert von 46 Milliarden Euro (44% mehr als im Vorjahr) und gewerbliche Kunden für insgesamt 392 Milliarden Euro ein. Die beliebtesten Pro- dukte im B2C-Bereich sind Bücher, gefolgt von Tickets für Veranstaltungen und Bekleidung. Immer häufiger laden sich Konsumenten in Deutschland legal Musik, Hörbücher, Spiele, Videos oder Software aus dem Internet direkt auf den Computer.
Abbildung 1 gibt einen Überblick über die Ergebnisse der aktuellen Untersuchung des Marktforschungsinstituts EITO im Auftrag des BITKOM (www.bitkom.org).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Ergebnisse der BITKOM Studie „Der elektronische Handel boomt“ (2006) (www.bitkom.org)
Mit der steigenden Verbreitung des Online-Shoppings steigt auch die Zahl der unzu- friedenen Kunden. Die europäischen Verbraucherzentralen berichten, dass sich die Zahl der Beschwerden innerhalb des letzten Jahres verdoppelt hat. Zu den am häu- figsten genannten Beschwerdegründen zählen u.a. die Nicht-Lieferung bestellter Wa- ren und verspätete oder unvollständige Lieferungen. Vor allem bemängelten die Kunden die gelieferte Ware, weil sie defekt war oder nicht der Bestellung entsprach (Stern 2007).
Die Nutzung des Internets ist eine grundlegende Voraussetzung für das Online- Shopping. Der Teil der Internet-Nutzer, die bereits im Internet eingekauft haben, werden als Online-Shopper bezeichnet. Internet-Nutzer, die nicht von der Einkaufs- möglichkeit Gebrauch machen, heißen hingegen Nicht-Online-Shopper (Dach 2000, S. 1 f.). Im Allgemeinen kommt bei der Beurteilung der neuen Einkaufsstätte psy- chologischen Barrieren eine große Bedeutung zu. Die Skepsis, Unsicherheiten und Misstrauen gegenüber den Funktionsmechanismen elektronischer Medien spiegelt sich in breiten Schichten der Bevölkerung wieder. Akzeptanzbarrieren bestehen vor allem in Bezug auf die Zahlungsmodalitäten, den Verlust der Privatsphäre und die rechtlichen Bestimmungen (Bauer et al. 2003, Weiber und Egner-Duppich 2006, S. 342-353).
Insbesondere bei langlebigen Gebrauchsgütern wie Autos, elektrischen Haushaltsge- räten, Produkten der Unterhaltungselektronik sowie bei Mobilfunkverträgen infor- mieren sich die Konsumenten zunächst über das Internet, bevor sie sich anschließend für den Online-Kauf oder für die klassischen Vertriebswege entscheiden. Der Preis- vergleich und Produktinformationen sind entscheidende Gründe für die Informati- onsbeschaffung im Internet (Online-Shopping Survey der ENIGMA GfK 2006). Das Ausmaß, in dem die Konsumenten in der Zukunft über das Internet ihre Einkäufe tätigen werden, hängt sicherlich von mehreren Faktoren ab. Die Verfügbarkeit von Computern und die Bereitschaft, das Internet zu nutzen, zählen zu den wichtigsten Einflussfaktoren. Die Akzeptanz wird in erster Linie von den Kosten der Nutzung, von der Beurteilung der Online-Angebote wie beispielsweise Qualität, Preis, Liefer- geschwindigkeit, vom technischen Komfort und vor allem vom wahrgenommenen Risiko abhängen (Müller-Hagedorn et al. 2000, S. 18 ff.).
Zusammenfassend kann davon ausgegangen werden, dass sich das Online-Shopping neben dem stationären Handel und dem traditionellen Versandgeschäft als dritte Säule fest etabliert hat. Das Internet als Informations- und Reservierungsmedium hat bereits eine hohe Akzeptanz gefunden, während die privaten Verbraucher gegenüber der Nutzung des Vertriebskanals zur physischen Lieferung bisher etwas zurückhaltend sind (Van den Poel und Leunis 1999).
2.3 Die Vorteile des Kunden im Internet
In diesem Kapitel der Arbeit werden zunächst die Vorteile des Online-Shoppings herausgearbeitet (Alba et al. 1997, Hoffman et al. 1995). Gemeint sind verschiedene Gründe, die aus der Perspektive des Konsumenten dafür sprechen könnten, sich für den Online-Handel zu entscheiden.
Das Internet bietet dem Kunden neben dem Zugang zu einer gigantischen Informati- onsmenge auch eine alternative Einkaufsmöglichkeit zu den traditionellen Ver- triebswegen. Der zentrale Vorteil für den Kunden ist, dass er rund um die Uhr und damit unabhängig von jeglichen Ladenöffnungszeiten von nahezu jedem Ort, an dem er über einen Online-Zugang verfügt, seine Einkäufe tätigen kann. Demnach ist aus
Kundensicht die Convenience das Hauptargument für die Wahl des Online- Shoppings (Dach 2000, S. 192). Convenience steht sowohl für den Zeitaufwand als auch für die Bequemlichkeit, Leichtigkeit bzw. Mühelosigkeit, die ein Konsument mit einem Einkaufsvorgang in einer bestimmten Einkaufsstätte verbindet (Seiders et al. 2000).
Auf der Grundlage der technischen Möglichkeiten des Internets haben Konsumenten einen effizienteren Zugang zu einer deutlich größeren Menge an umfangreichen und aktuellen Informationen, die auf den Webseiten der Online-Händler für jedermann zur Verfügung gestellt werden. Daneben existieren unbegrenzte Informationsmög- lichkeiten durch Dritte, so dass der Konsument keineswegs nur auf die angebotenen Informationen des Verkäufers angewiesen ist. Im Laufe der Entwicklung des E- Commerce haben sich bedeutende Informationsquellen wie virtuelle Meinungsplatt- formen, Diskussionsforen, Newsgroups oder Chats herausgebildet, die Konsumenten nutzen, um Erfahrungen mit Produkten und Unternehmungen auszutauschen. Diesen Informationsquellen wird eine besonders hohe Glaubwürdigkeit unterstellt, da die Mitglieder keine kommerziellen Interessen verfolgen (Wilke 2000, S.261 ff.). Dar- über hinaus bieten viele Institutionen oder Fachzeitschriften auf ihren Webseiten umfangreiche Informationen zu Produkten und Anbietern, Leistungsvergleiche und Testergebnisse etc. an. Angesichts der fast unüberschaubaren Menge an zugängli- chen Informationen kommen virtuellen Intermediären wie Suchmaschinen und intel- ligenten Softwareagenten eine besondere Rolle zu. Durch deren Einsatz kann der Konsument zu deutlich geringeren Suchkosten das preisgünstigste Leistungsangebot aus den verfügbaren Kaufalternativen ermitteln (Wilke 2000, S.239).
In der virtuellen Einkaufswelt steht dem Kunden eine deutlich größere Auswahl an Produktalternativen und Anbietern zu Verfügung, die er im Rahmen seiner Kaufent- scheidung berücksichtigen kann. Hinsichtlich Sortimentsbreite und -tiefe ist der On- line-Handel dem stationären Geschäft überlegen, wobei insbesondere auch das Auf- finden von Nischenprodukten möglich wird (Dach 2000, S. 187). Insbesondere Auk- tionen bieten eine sehr große Auswahl an seltenen Gütern und gebrauchten Produk- ten an (z.B.: www.ebay.de).
Die geographische Distanz als begrenzender Faktor für den Zugang zu ausländischen Märkte verliert an Bedeutung. Der grenzüberschreitende Internethandel hat den Vor- teil, dass potentielle Online-Käufer mit Hilfe von speziellen Suchmaschinen die An- gebote in den unterschiedlichen Ländern miteinander vergleichen können. Teilweise fallen sowohl die Preise als auch die Mehrwertsteuersätze einzelner Produktgruppen unterschiedlich aus, so dass sich eine Bestellung im Ausland trotz der Portokosten sicherlich lohnen kann. Innerhalb von der EU wird der Käufer nicht mit Zöllen be- lastet, so dass die tatsächlichen Kosten transparent bleiben (Rüdiger 2006, S. 3 ff.).
Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass das Internet die Machtposition des Nachfragers gegenüber dem Anbieter steigern kann. Durch den ermöglichten Zugang zu Informationen von Anbietern, anderen Konsumenten und neutralen Institutionen, der zum größten Teil selbst gesteuert werden kann, erhöhen sich die Markt- und Preistransparenz. Aufgrund der hohen Anzahl von Kaufalternativen bieten sich er- weiterte Wahlmöglichkeiten, die dem Kunden eine gestärkte Position bei der Interak- tion mit den Händlern und eine größere Verhandlungsmacht einräumen (Online- Shopping Survey der ENIGMA GfK 2006, Rüdiger 2006, S. 3 ff.). Als Folge erhöh- ter Preistransparenz entsteht ein intensiver Wettbewerb, wodurch es zu Preissenkun- gen kommt. Zusätzlich finden sich im Internet auch völlig neue Preissetzungsverfah- ren, wobei aus Kundensicht insbesondere Verfahren mit einer kundengesteuerten Preisfestlegung wie das Powershopping oder Auktionen Vorteile bieten. Beim Po- wershopping profitiert der Kunde durch die Bündelung von einzelnen Kaufanfragen zu einem Sammelkauf von Mengenrabatten, die üblicherweise nur der Großhandel erzielen kann (Müller-Hagedorn et al. 2000, S. 29).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Vorteile des Internets gegenüber anderen Vertriebswegen (Korb 2000, S. 145)
Schließlich bietet das Internet im Gegensatz zu den klassischen Dienstleistungen sogenannte E-Services, die je nach Ausgestaltung einen höheren Nutzen in Form von Bequemlichkeits- und Zeitvorteilen stiften können. Hierzu gehören zum einen völlig neuartige E-Services wie beispielsweise Suchmaschinen, Auktionsplattformen oder intelligente Softwareagenten und zum anderen bereits existierende Dienstleistungen, die durch den Einsatz des Internets ganz oder teilweise virtualisiert werden. Der Onlinekauf und Ausdruck von Bahnkarten ist ein typisches Beispiel für eine virtualisierte Dienstleistung (Bruhn 2002, S. 7 ff. Rüdiger 2006, S. 19 f.).
Abbildung 2 zeigt die Ergebnisse einer Untersuchung bezüglich der wahrgenomme- nen Vorteile des Online-Shoppings im Vergleich zu den anderen Vertriebskanälen. Je nachdem, welche Wichtigkeit die Konsumenten diesen Aspekten beimessen, wer- den sie sich für die eine oder andere Einkaufsalternative entscheiden (Korb 2000, S. 145 ff.).
2.4 Probleme beim Online-Shopping aus Kundensicht
Ob sich der Konsument letztendlich aufgrund der im vorausgegangenen Abschnitt erläuterten Vorteile tatsächlich für den Online-Kauf entscheidet, hängt von den wahrgenommenen Risiken und Unsicherheiten ab, die dem Nutzen gegenüberstehen. Im Folgenden wird auf die zentralen Probleme des Online-Shoppings aus Kunden- sicht eingegangen. Insbesondere soll aufgezeigt werden, inwieweit trotz der vielge- lobten Vorteile der höheren Transparenz, der niedrigeren Transaktionskosten und der besseren Verständigungsmöglichkeiten nicht nur Informationsasymmetrien abgebaut werden, sondern auch neue Unsicherheitsfaktoren entstehen und neue Informationsa- symmetrien ausgelöst werden können.
Die globale Ausweitung des Angebots stellt den potentiellen Käufer einem Umfeld internationaler Anbieter gegenüber, welches außerhalb seines aus dem traditionellen Handel bekannten Informations- und Einkaufswissens liegt. Während die traditionel- len Märkte ein Umfeld bieten, dessen Normen und Regeln für alle Marktteilnehmer bekannt sind und sich bewährt haben, ist der Online-Handel sehr fremd und bisher wenig durch Regeln strukturiert. Obwohl bei den meisten Kaufentscheidungsprozes- sen Informationsasymmetrien vorliegen, kommen beim Online-Shopping weitere Faktoren hinzu, die diese Problematik verstärken. In der virtuellen Einkaufswelt ist der Wunsch des Konsumenten, das Produkt vor dem Kauf auszuprobieren, weitest- gehend unrealisierbar. Dadurch, dass die Produktpräsentation im Internet nur über die Webseite erfolgen kann, entfällt die Möglichkeit, taktile, gustatorische und olfak- torische Eigenschaften direkt zu inspizieren oder die Passform direkt zu überprüfen. Demnach kann davon ausgegangen werden, dass bei Online-Kaufentscheidungen eine Informationsasymmetrie zugunsten des Anbieters vorliegt. Diese Asymmetrie bietet die Möglichkeit, den Informationsvorsprung zum Schaden des Nachfragers opportunistisch auszunutzen, wodurch sich die Kaufunsicherheit weiter erhöht. Der Online-Händler könnte beispielsweise die Kunden nur selektiv informieren und so- mit vermeintliche Schwächen seiner Produkte verbergen. Die mangelnde Beurteil- barkeit relevanter Produkteigenschaften vor dem Kauf erhöht ebenfalls das Risiko des Fehlkaufs (Korb 2000, S. 76 ff., Rüdiger 2006, S. 27 ff.).
Des Weiteren wird der mangelnde Schutz der Privatsphäre im Internet als ein zentra- ler Nachteil des Online-Shoppings angesehen. Der Kunde muss bei einer Online- Bestellung persönliche Informationen wie private Anschrift oder E-Mail Adresse preisgeben. Somit ist er dem unautorisierten Zugriff auf seine persönlichen Daten potentiell ausgesetzt und geht ein Risiko hinsichtlich der Wahrung seiner Privatsphä- re und Anonymität ein. Die gespeicherten Daten können sowohl vom Online- Anbieter selbst als auch von einem Dritten, der die Daten unerlaubt abfängt, miss- bräuchlich verwendet werden (Dach 2002, S. 143 ff., Rüdiger 2006, S. 24 ff.).
Darüber hinaus stehen dem Online-Shopper nur beschränkte Möglichkeiten zur Be- urteilung der Vertrauenswürdigkeit und Identität des Anbieters zur Verfügung. Wäh- rend beim stationären Handel beispielsweise über die Ausgestaltung der Geschäfts- räume oder das Erscheinungsbild des Verkaufspersonals auf die Vertrauenswürdig- keit des Anbieters geschlossen werden kann, steht im Internet lediglich die Webseite zur Einschätzung des Online-Anbieters zur Verfügung. Er befindet sich in der Regel nicht innerhalb des Kontaktkreises des Kunden, so dass die Begutachtung der Au- thentizität erschwert wird. Folglich ist für die Realisation einer Transaktion das Schaffen von Vertrauen seitens des Anbieters sehr wichtig (Rüdiger 2006, S. 27 ff., Weiber und Egner-Duppich 2006, S. 342-353).
Eine weitere Barriere des Online-Shoppings ist die physische Umsetzung der im In- ternet getätigten Käufe. Obwohl die Lieferzeit eines Paketes in Deutschland im in- ternationalen Vergleich recht kurz ist, kann eine typische Bestellung in der Regel erst in zwei bis drei Tagen geliefert werden, was oft als nicht zufriedenstellend empfun- den wird. Die Wartefrist entfällt lediglich bei digitalisierbaren Produkten wie bei- spielsweise Software, Musik oder Zeitschriften, die direkt über das Internet versendet werden können (Kapitel 4.3). Aufgrund der geringen Bedeutung der digitalen Distri- bution erreicht der überwiegende Teil der online bestellten Produkte die Konsumen- ten mit einer zeitlichen Verzögerung. Die Konsumenten werden auch zukünftig die kleineren Einkäufe, die die täglichen dringenden Bedürfnisse befriedigen, im statio- nären Handel tätigen, da sie die Waren sofort benötigen und nicht bereit sind, auf die Lieferung zu warten. Daher ist die Lieferzeit als eine klare Schwäche des Online- Shoppings zu sehen (Dach 2002, S. 139 f.).
Das Internet hat darüber hinaus Schwierigkeiten damit, den Kunden einen stim- mungsvollen Shopping-Bummel im Sinne eines Kauferlebnisses zu ermöglichen und dabei Impulskäufe zu stimulieren. Im Hinblick auf die Ladenatmosphäre konkurrie- ren Gestaltungsmerkmale einer realen Einkaufsumwelt (z.B. Farbe oder Musik) mit den auditiven und visuellen Reizen einer Webseite. Während der stationäre Handel dem Konsumenten die Möglichkeit einer persönlichen Beratung bietet, kann der Kunde beim Online-Shopping bestenfalls per Telefon, Chat oder E-Mail mit dem Verkaufspersonal in Kontakt treten (Dach 2002, S. 145 ff.). Überraschenderweise zeigen Ergebnisse empirischer Studien, dass sogar der Katalogversandhandel seine Kunden besser unterhält und visuell anspricht als das Internet-Shopping (Mathwick et al. 2001). Selbst Jeffrey Bezos, Gründer und CEO von amazon.com, erwartet nicht, dass ein virtueller Buchladen jemals das sinnliche Erlebnis eines Besuchs in einem Buchladen um die Ecke wird ersetzen können. Er sagte in einem Interview: „We are trying to make the shopping experience just as fun as going to the book store, but there’s some things we can’t do. I’m not interested in retrofitting the physi- cal bookstore experience in the virtual world" (Taylor 1996). Meinungsführer schei- nen sich weitgehend darüber einig zu sein, dass Konsumenten das Einkaufsvergnü- gen hinsichtlich der Ladengestaltung und des Verkaufspersonals beim Einkauf im stationären Handel höher schätzen als beim Online-Shopping (Dach 2002, S. 145 ff.).
Weiterhin kommt beim Online-Shopping hinzu, dass das Internet eine vollkommen neue Einkaufsumgebung darstellt, so dass dem Konsumenten Erfahrungen und Informationen über den Ablauf von Prozessen (beispielsweise Zahlungssystem und Warenkorbhandling) fehlen. Die genannten Faktoren führen dazu, dass die Unsicher- heit bei Online-Käufen tendenziell höher ausgeprägt ist als bei Offline-Käufen, wo- durch das wahrgenommene Risiko steigt und sich die Gefahr des frühzeitigen Ab- bruchs des Kaufprozesses erhöht (Weiber und Egner-Duppich 2006, S. 342-353).
Schließlich wirft der virtuelle Einkauf auch in rechtlicher Hinsicht eine Vielzahl von Problemen auf. Zum einen muss untersucht werden, ob und wie überhaupt wirksame Verträge im Internet zustande kommen können. Zum anderen stellt sich auch regel- mäßig die Frage, welche Rechtsordnung anwendbar ist, wenn beispielsweise aus Deutschland über das Internet bei einem amerikanischen Unternehmen ein Buch be- stellt wird, der Server aber in der Schweiz liegt und der Besteller ein durchreisender Italiener ist. Für die Teilnehmer am Geschäftsverkehr im Internet ist es weiterhin interessant zu wissen, ob deutsche Verbraucherschutznormen wie das Haustürwider- rufsgesetz oder das Fernabsatzgesetz, die seit dem 01.01. 2002 in das BGB integriert wurden, einschlägig sind (Nuissl 1999).
Aufgrund der Gewohnheit des Kunden, den Einkauf über die Formen des traditionellen Handels zu tätigen, wird das Online-Shopping nur dann in Anspruch genommen, wenn es ihm Nutzenvorteile oder zumindest den gleichen Nutzenwert schafft wie der traditionelle Einkauf (Korb 2000, S. 76 ff.).
3. Das Modell des wahrgenommenen Risikos
Nachdem sich der vorige Abschnitt mit der Charakterisierung des Online-Shoppings als Untersuchungsobjekt dieser Arbeit befasste, geht es in diesem Kapitel darum, die theoretischen Grundlagen vorzustellen, mit deren Hilfe die Risikowahrnehmung im Internet analysiert werden soll. Dazu werden zunächst die Grundzüge der Risikothe- orie dargestellt. Daran schließt sich eine Einführung in die informationsökonomische Eigenschaftstypologie an. Abschließend werden auf der Grundlage der theoretischen Erkenntnisse die wichtigsten Ansätze zur Risikoreduktion diskutiert.
3.1 Theoretische Grundlagen
Das wahrgenommene Kaufrisiko stellt im Rahmen der Konsumentenverhaltensfor- schung ein wichtiges psychisches Konstrukt dar. Der Begriff wurde erstmals in ex- pliziter Form von Bauer (1960, deutsch 1976) in die Literatur zum Käuferverhalten eingeführt. Er charakterisiert das Konstrukt folgendermaßen: „Consumer behavior involves risk in the sense that any action of a consumer will produce consequences which he cannot anticipate with anything approximating certainty, and some of which at least are likely to be unpleasant” (Bauer 1960, S.24). Bauer (1960) vertritt die These, dass das Konsumentenverhalten vor dem Kauf vor allem darauf ausge- richtet ist, das wahrgenommene Kaufrisiko, also die Unsicherheit bezüglich gewisser Produkteigenschaften, zu minimieren.
Die im Zusammenhang mit einer bevorstehenden Kaufentscheidung wahrgenomme- nen Risiken können sehr vielfältig sein. So lassen sich beispielsweise folgende Risi- koarten unterscheiden: finanziell, funktional, psychologisch, physisch, sozial oder zeitlich (Jacoby und Kaplan 1972). Die Wahrnehmung potentieller Kauffolgen ist jedoch individuell sehr verschieden und wird durch das Zusammenwirken produkt-, personen- und situationsspezifischer Faktoren geprägt (Cunningham 1967).
3.2 Operationalisierung des wahrgenommenen Risikos
Die Operationalisierung des Risikos ist nicht sehr einfach, da das subjektiv wahrgenommene Risiko das Unsicherheitsgefühl des Konsumenten in der Entscheidungssituation definiert, welches sich nicht in Wahrscheinlichkeiten ausdrücken lässt (Kroeber-Riel 1999, S.387). In der Forschung zum Konstrukt des wahrgenommenen Risikos lassen sich grundsätzlich zwei Strömungen unterscheiden: Zwei-Komponenten Modelle und mehrdimensionale Modelle.
Das verbreitete Verfahren zur Messung des Risikos (Cunningham-Modell 1967) basiert auf der Annahme, dass das wahrgenommene Risiko auf zwei Komponenten zurückzuführen ist:
(1) die wahrgenommene Eintrittswahrscheinlichkeit (wahrgenommene Unsicher- heit) und
(2) die eingeschätzten negativen Konsequenzen einer Entscheidung (wahrge- nommene Kauffolgen).
Die Konsumenten werden aufgefordert auf einer Ratingskala anzugeben, erstens wie stark die nach dem Kauf entstehenden negativen Folgen sein können und zweitens wie sicher sie sind, dass diese nachteiligen Folgen eintreten. Zur Berechnung des wahrgenommenen Risikos werden anschließend die auf den Ratingskalen ermittelten Werte multiplikativ miteinander verknüpft (Cunningham 1967). Das Cunningham- Modell wurde in der Risikoliteratur vielfach übernommen, modifiziert und präzisiert. Eine auf der „Zwei-Komponenten-These“ beruhende modifizierte Modellvariante findet sich bei Bettman (1973). Bei ihm erfasst die zweite Komponente nicht die „Kauffolgen“, sondern die „Wichtigkeit“, die der Käufer einer zufriedenstellenden Markenwahl zumisst. Bettman untersucht darüber hinaus sowohl die multiplikative als auch die additive Verknüpfung beider Komponenten, wobei die Frage nach der Vorziehenswürdigkeit einer der beiden alternativen Kombinationsmethoden bis heute als ungeklärt gilt (Bettman 1975).
Die Zwei-Komponenten Modelle wurden vor allem bezüglich der Unabhängigkeit und Gleichgewichtigkeit der Komponenten kritisiert. Steigt beispielsweise die Unsi- cherheitskomponente stets mit zunehmender Ausprägung der zweiten Komponente, so ist die Unabhängigkeitsannahme nicht erfüllt. Ebenfalls ist die Voraussetzung der Gleichgewichtigkeit nicht gegeben, da die subjektive Einschätzung der Verlustkom- ponente ab einer gewissen Stärke bei der Beurteilung der Kaufsituation dominierend zur Unsicherheitskomponente betrachtet werden muss. Der Kunde nimmt zunächst die möglichen Folgen einer Fehlentscheidung wahr und nicht so sehr die Wahr- scheinlichkeit ihres Eintretens. Des Weiteren implizieren die verwendeten Ratingska- len ein Intervallniveau, wobei Käufer unter Umständen nur ordinale Unterschiede hinsichtlich beider Komponenten wahrnehmen können (Schweiger et al. 1976). Schließlich besteht ein wesentlicher Nachteil des Modells in der mangelnden Be- rücksichtigung unterschiedlicher Risikoinhalte. Mit dem Kauf eines Produkts sollen in der Regel mehrere Ziele realisiert werden, so ist es unzureichend, die Inhaltskomponente nur global als „wahrgenommene Kauffolgen“ zu erfassen. Das Messergebnis gewinnt an Erklärungsgehalt, wenn diese Komponente in verschiedene Zieldimensionen aufgespaltet wird, die im Rahmen einer Kaufentscheidung onen aufgespaltet wird, die im Rahmen einer Kaufentscheidung wahrgenommen werden (Kuhlmann 1980).
[...]
- Arbeit zitieren
- Serda Göktas (Autor:in), 2007, Wahrgenommenes Risiko beim Online-Shopping, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/186465
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