„Am Anfang (aller Gewalt) war Erziehung“ (Miller zit. nach Büttner 2000, S.206).
Seit etwa zehn Jahren richtet sich das Interesse der Forschungen der Psychotraumatologie zunehmend auf die Theoreme der Bindungstheorie, die 1969 durch den britischen Arzt und Psychoanalytiker John Bowlby begründet wurde. Dieser hatte bereits zum damaligen Zeitpunkt erkannt, dass sich traumatische Erfahrungen in der Kindheit auf die Bindungsfähigkeit auswirken und psychopathologisch manifestieren können.
Durch Studien der Entwicklungspsychopathologie konnte dies mittlerweile belegt werden. So kann die Basis einer sicheren Bindung einen Schutzfaktor hinsichtlich etwaiger Traumatisierungen und der Folge psychischer Erkrankungen darstellen, während eine unsichere Bindungsentwicklung den entsprechenden Risikofaktor erhöht.
Auch im Bereich der klinischen Bindungsforschung und des Settings in Psychotherapien findet zunehmend eine Übertragung dieser Erkenntnisse statt, indem der Zusammenhang zwischen frühen traumatischen Erfahrungen und einer daraus möglicherweise resultierenden Symptomatik von Bindungsstörungen in den Mittelpunkt vieler Überlegungen und Konzepte rückt, sodass sich beide Forschungsgebiete nunmehr in ihren Arbeiten und Auseinandersetzungen häufig ergänzen und ineinandergreifen.
In der vorliegenden Arbeit wird daher der Frage nachgegangen, wie frühkindliche Traumatisierungen sich auf das Bindungsverhalten auswirken bzw. wie sich dementsprechende Störungen der Bindungsfähigkeit in Denken und Handeln auch erwachsener Menschen ausdrücken und manifestieren können. Weiterhin soll geklärt werden, inwieweit die dargelegte Thematik Relevanz für die Soziale Arbeit aufweist und wie diesbezügliche Antworten darauf aussehen können.
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Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- TRAUMA – VERLETZUNG DER SEELE
- ZUR GESCHICHTE DER PSYCHOTRAUMATOLOGIE
- TRAUMA - DEFINITION UND KLASSIFIKATION
- FAKTOREN, PROZESSE UND REAKTIONEN HINSICHTLICH DES TRAUMAS
- PRÄTRAUMATISCHE FAKTOREN
- PERITRAUMATISCHE REAKTION/AKUTPHASE
- POSTTRAUMATISCHE REAKTION/VERARBEITUNGSPHASE
- CHRONIFIZIERUNG DES TRAUMAS – DIE POSTTRAUMATISCHE BELASTUNGSSTÖRUNG
- INTRUSION/WIEDERERLEBEN
- KONSTRIKTION/VERMEIDUNG UND BETÄUBUNG
- HYPERAROUSAL/ÜBERERREGUNG
- ÜBERLEBEN DES TRAUMAS DURCH DISSOZIATION
- TRAUMA-SCHUTZ- UND RISIKOFAKTOREN
- PROTEKTIVE FAKTOREN NACH DEM TRAUMA
- RISIKOFAKTOREN
- DIE BINDUNGSTHEORIE
- PSYCHOANALYSE UND BINDUNG
- BEGRÜNDUNG DER BINDUNGSTHEORIE – JOHN BOWLBY
- WEITERENTWICKLUNG DER BINDUNGSTHEORIE - MARIE AINSWORTH
- DIE,,FREMDE SITUATION"
- BINDUNGSSTILE/BINDUNGSTYPEN
- DIE BINDUNGSTHEORIE - DEFINITION UND ÜBERBLICK
- DIE PSYCHOPATHOLOGIE DER BINDUNG - BINDUNGSSTÖRUNG
- TRAUMA UND BINDUNG - FOLGEN UND KONSEQUENZEN
- STÖRUNG DER PERSÖNLICHKEITSENTWICKLUNG
- SPÄTFOLGEN DURCH TRAUMATISIERUNG IN DER KINDHEIT
- ANGST
- NICHTZUGEHÖRIGKEIT
- VERRAT
- SEXUALITÄT
- OHNMACHT
- CHRONIFIZIERUNG DER DISSOZIATION
- DISSOZIATION IM KONTEXT VON TRAUMA UND BINDUNG - TÄTER-OPFER-SPALTUNG
- PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNGEN – STÖRUNG DER BEZIEHUNGSFÄHIGKEIT
- DIE UNSICHER-DESORGANISIERTE BINDUNG UND DAS TRAUMA
- DIE BORDERLINE-PERSÖNLICHKEIT
- ERSCHEINUNGSFORMEN VON GEWALT GEGEN KINDER - DEFINITION UND HÄUFIGKEIT
- ZAHLEN, FAKTEN, DEFINITION
- TRAUMA UND BINDUNG - KONSEQUENZEN FÜR DIE SOZIALE ARBEIT
- TRAUMA ALS GESELLSCHAFTLICHES PROBLEM
- GESELLSCHAFTSÜBERGREIFENDE ASPEKTE DER BINDUNGSTHEORIE
- SOZIALE ARBEIT IM KONTEXT VON TRAUMA UND BINDUNG
- VON DER BEDEUTUNG DES PROFESSIONELLEN WISSENS
- GESCHLECHTSSPEZIFISCHE AUSEINANDERSETZUNG
- HILFE ZUR SELBSTHILFE - EMPOWERMENT
- SCHLUSSBETRACHTUNG
- LITERATURVERZEICHNIS
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit befasst sich mit dem Einfluss frühkindlicher Traumatisierungen auf die Bindungsfähigkeit und untersucht die daraus resultierenden Folgen für die Persönlichkeitsentwicklung und das spätere Leben. Die Arbeit analysiert den Zusammenhang zwischen Trauma und Bindung, beleuchtet die Auswirkungen auf die psychische Gesundheit und die Herausforderungen, die sich daraus für die Soziale Arbeit ergeben.
- Der Einfluss von Traumatisierungen auf die Bindungsentwicklung
- Die Auswirkungen von Bindungsstörungen auf die psychische Gesundheit
- Die Relevanz der Thematik für die Soziale Arbeit
- Die Bedeutung von professionellem Wissen und geschlechtsspezifischen Ansätzen in der Sozialen Arbeit
- Die Förderung von Selbstwirksamkeit und Empowerment bei Betroffenen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik von Trauma und Bindung ein und erläutert die Relevanz der Thematik für die Soziale Arbeit. Das zweite Kapitel beleuchtet das Thema Trauma aus unterschiedlichen Perspektiven. Es werden die Geschichte der Psychotraumatologie, die Definition und Klassifikation von Trauma sowie die Faktoren, Prozesse und Reaktionen im Zusammenhang mit Traumatisierungen dargestellt. Des Weiteren wird die Chronifizierung des Traumas und die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) im Detail erläutert. Das Kapitel schließt mit einer Betrachtung der Schutz- und Risikofaktoren im Zusammenhang mit Traumatisierungen.
Kapitel drei widmet sich der Bindungstheorie. Es werden die psychoanalytischen Wurzeln der Theorie, die Begründungsarbeit von John Bowlby und die Weiterentwicklung durch Marie Ainsworth dargestellt. Die verschiedenen Bindungsstile und die Bedeutung der Bindung für die psychische Entwicklung werden erläutert. Das Kapitel schließt mit einer Definition der Bindungstheorie und einer Betrachtung der Psychopathologie der Bindung, insbesondere der Bindungsstörung.
Kapitel vier untersucht die Folgen und Konsequenzen von Trauma und Bindung. Es werden die Auswirkungen von Traumatisierungen auf die Persönlichkeitsentwicklung und die Entstehung von Bindungsstörungen beleuchtet. Die Arbeit analysiert die verschiedenen Spätfolgen von Traumatisierungen in der Kindheit, wie Angst, Nichtzugehörigkeit, Verrat, Sexualität, Ohnmacht und die Chronifizierung der Dissoziation. Des Weiteren wird die Dissoziation im Kontext von Trauma und Bindung und die Täter-Opfer-Spaltung betrachtet. Das Kapitel schließt mit einer Analyse von Persönlichkeitsstörungen und der Bedeutung der unsicher-desorganisierten Bindung im Zusammenhang mit Traumatisierungen.
Kapitel fünf befasst sich mit den Konsequenzen von Trauma und Bindung für die Soziale Arbeit. Es wird die Bedeutung von Trauma als gesellschaftliches Problem und die gesellschaftlichen Aspekte der Bindungstheorie beleuchtet. Die Arbeit analysiert die Rolle der Sozialen Arbeit im Kontext von Trauma und Bindung und die Bedeutung von professionellem Wissen und geschlechtsspezifischen Ansätzen. Das Kapitel schließt mit einer Betrachtung der Bedeutung von Hilfe zur Selbsthilfe und Empowerment bei Betroffenen.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen frühkindliche Traumatisierung, Bindungstheorie, Bindungsfähigkeit, Bindungsstörung, Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), Dissoziation, Persönlichkeitsentwicklung, Soziale Arbeit, Empowerment, Hilfe zur Selbsthilfe, geschlechtsspezifische Ansätze.
- Arbeit zitieren
- Dipl. Soz.päd./Dipl. Soz.arb. Sandra Andrea Hoffmann (Autor:in), 2008, Trauma und Bindung. Frühkindliche Traumatisierung und ihre Einflüsse auf die Bindungsfähigkeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/186521