[...] „Der Führer hat seiner Verachtung des deutschen Volkes, seiner
Überzeugtheit von der Feigheit, Unterwürfigkeit, Dummheit dieser Menschenart, ihrer grenzenlosen Fähigkeit,
sich belügen zu lassen, oft Ausdruck gegeben und nur jedes Mal vergessen, eine Erklärung dafür hinzuzufügen,
wie es ihm gelingt, gleichzeitig in den Deutschen eine zur Weltherrschaft bestimmte Herrenrasse zu sehen. Wie
kann ein Volk, von dem psychologisch feststeht, dass es sogar gegen ihn niemals revoltieren wird, eine
Herrenrasse sein? Ich bitte den Geschichtshelden, diese Frage einmal zwischen zwei Schlachtenplänen einer
logischen Prüfung zu unterziehen.“1 Genau diese Frage ist es auch, die sich der Autorin in
Betrachtung der belarusischen Situation zur Zeit deutscher Besatzung aufdrängte, da sich hier
eine ähnlich ungeklärte Frage auftut. Wie sollte es gelingen, die sich widersprechende Politik
der ‚Volksaufklärung’ und Propaganda mit der kriegerischen Realität zu verbinden? Ist dies
überhaupt möglich, d.h. können Gründe für diese Widersprüche angegeben werden; Fakten
und Geschehnisse, die diese Politik zwar nicht rechtfertigen, sie jedoch ‚sinnvoller’
erscheinen lassen? Der Versuch der Beantwortung dieser Frage wird Aufgabe dieser Arbeit
sein.
Die Arbeitshypothese, zu deren Bestätigung oder Widerlegung die vorliegende Arbeit im
Schlussteil der Arbeit kommen wird, sagt aus, dass die deutsche Besatzungspolitik den Typus
eines Hilfsvolkes für die Belarusen aus rein ökonomischen und kriegspolitischen Gründen
konstruierte. Weiterhin, um dies zu präzisieren, geschah dies nur als eine Reaktion auf die
sich (für die Deutschen) verschlechternden Kriegsumstände. Wie mit einem möglichen
Widerspruch zwischen dem Hilfsvolk-Konstrukt und der Realität umgegangen wurde, ist
zwar eine mindestens ebenso interessante Fragestellung, müsste aber in einem anderen
Untersuchungskonzept beantwortet werden und kann daher hier nur am Rande behandelt
werden. Ein weiterer Punkt, der im Rahmen unserer Arbeit nicht behandelt wird, ist der
Partisanenkampf auf belarusischem Gebiet, da sich dieser unseres Erachtens nach lediglich
verstärkend auf die zu untersuchenden Faktoren ausgewirkt hat. Ein eigener, andersgearteter
* Mann, Thomas, Deutsche Hörer! Fünfundzwanzig Radiosendungen nach Deutschland, Insel-Verlag,
Leipzig 1970, S.30. Diese Radiosendung fand im Juli 1941 statt.
1 Ebenda, S.6.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Realität
- 1. Belarus
- a) Die Geschichte der Region bis 1941
- b) Bevölkerungsentwicklung bis 1941
- 2. Deutsche Besatzungspolitik 1941 – 1944
- a) Deutsche Entscheidungsträger und Verwaltung
- b) Belarusen und ihre Stellung in der deutschen Verwaltung
- c) Deutsche Interessen, Pläne und deren Durchführung
- 3. Reale Behandlung der Belarusischen Bevölkerung
- III. Propaganda
- 1. 'Volksaufklärung' und Propaganda im III. Reich
- a) Presse
- b) Propaganda, Sprache und Untersuchungsmethoden
- 2. Minsker Zeitung
- a) Untersuchte Teilfragen
- b) Untersuchungsergebnis der Minsker Zeitung
- 3. Propagandistische Einstufung der Belarusischen Bevölkerung
- III. Ergebnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit von Theresa Voigt analysiert die Einstufung der Bevölkerung von Belarus während des Zweiten Weltkriegs durch die deutsche Besatzungsmacht. Dabei werden die realen Lebensbedingungen der Belarusischen Bevölkerung unter der deutschen Herrschaft sowie die propagandistische Darstellung dieser Bevölkerung im Dritten Reich gegenübergestellt. Die Arbeit untersucht, wie die nationalsozialistische Ideologie die Realität der Bevölkerung in Belarus verzerrte und wie die deutsche Propaganda zur Konstruktion eines Feindbildes beitrug.
- Die Geschichte und Entwicklung der Region Belarus bis 1941
- Die deutsche Besatzungspolitik in Belarus und deren Auswirkungen auf die Bevölkerung
- Die Analyse der nationalsozialistischen Propaganda und ihrer Rolle in der Konstruktion eines Feindbildes der Belarusischen Bevölkerung
- Die Untersuchung der unterschiedlichen Einstufungen der Bevölkerung von Belarus durch die deutsche Besatzungsmacht, insbesondere die Unterscheidung zwischen „Hilfsvolk“ und „Untermenschen“
- Die Analyse des Verhältnisses zwischen Propaganda und Realität in Bezug auf die Belarusische Bevölkerung im Zweiten Weltkrieg
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die den historischen und politischen Kontext der Diplomarbeit erläutert. Kapitel II behandelt die Realität der Belarusischen Bevölkerung unter deutscher Besatzung. Es werden die Geschichte und Bevölkerungsentwicklung des Landes bis 1941, die deutsche Besatzungspolitik und deren Auswirkungen auf die Bevölkerung sowie die reale Behandlung der Belarusischen Bevölkerung unter der deutschen Herrschaft beschrieben. Kapitel III fokussiert auf die nationalsozialistische Propaganda im Dritten Reich, insbesondere die Darstellung der Belarusischen Bevölkerung in der deutschen Presse. Die Arbeit analysiert die Sprache und Methoden der Propaganda sowie die Untersuchte Teilfragen und Untersuchungsergebnisse der Minsker Zeitung. Die Arbeit endet mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse und Schlussfolgerungen.
Schlüsselwörter
Die Diplomarbeit befasst sich mit den zentralen Begriffen und Themen des Nationalsozialismus, der deutschen Besatzungspolitik, der Propaganda, der Einstufung von Bevölkerungsgruppen und der deutschen Darstellung der Belarusischen Bevölkerung im Zweiten Weltkrieg. Zentrale Themen sind die Konfrontation zwischen Realität und Propaganda, die Konstruktion von Feindbildern und die Ideologie des Nationalsozialismus in Bezug auf die Belarusische Bevölkerung. Die Arbeit analysiert die deutsche Besatzungspolitik und ihre Auswirkungen auf die Lebensbedingungen der Belarusischen Bevölkerung, sowie die Rolle der deutschen Propaganda in der Konstruktion eines Feindbildes.
- Arbeit zitieren
- verheiratet Decker Theresa Voigt (Autor:in), 2003, Zwischen Nazipropaganda und Realtität - Die Einstufung der Bevölkerung von Belarus während des 2. Weltkrieges als "Hilfsvolk" oder als "Untermenschen", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18662