Die Arbeit untersucht das Spannungsfeld der Legitimation einer radikalen Partei durch demokratische Wahlen am Beispiel der palästinensischen Wahlen 2006, bei der die Hamas als Wahlsieger hervorging.
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Wenn sich nach einer Ankündigung von Neuwahlen gewaltsame Auseinandersetzungen anstatt friedlicher Proteste zwischen der Hamas und der Fatah, den beiden größten Parteien Palästinas, entwickeln, wie im Dezember 2006 geschehen1, dann scheint die Demokratie wieder in weite Ferne gerückt zu sein. Nun läuft der Demokratisierungsprozess von Palästina seit einiger Zeit (mit den ersten Wahlen 19962), doch die Wahlen im Januar 2006 haben die Frage nach der Wahl extremer Parteien wie der Hamas aufgeworfen. Als die radikalislamische Partei für sie selbst unerwartet gewann3 und damit eine bestätigte Legitimation erfahren hat, fragte sich manch ein westlicher Beobachter, warum man die Wahlen überhaupt durchgeführt hatte4. Zwar waren die Wahlen in Palästina die demokratischsten Wahlen in der Region5, aber gerade diese Wahlen brachten nun eine radikale Partei an die Macht. Müssen sich radikale Parteien nicht vor Wahlen fürchten? Sollen nichtdemokratische Systeme zunächst mit Wahlen demokratisiert und so womöglich die Wahl von extremen Parteien geduldet werden, oder sollten erst die demokratischen Grundwerte in den Ländern verfestigt werden, bevor man sich mit Wahlen beschäftigt? Und wie ist die Situation Palästinas innerhalb dieser Fragen überhaupt einzuordnen? Nachfolgend liegt die These zu Grunde, dass es in Palästina zwar einen leichten überwiegend institutionellen Wandel zur Demokratie gegeben hat, dieser sich aber nicht gesellschaftlich verfestigt hat und dass dies ein langfristiger Prozess ist. Die Wahl der Hamas zwischen Radikalität und Mäßigung würde dies verdeutlichen.
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1 Büchner, Herold und Fras, Damir: Bewaffneter Machtkampf in Gaza, in Berliner Zeitung vom 16.12.2006, Jg. 62, Nr. 295, S. 1.
2 Baumgarten, Helga: Autoritäre Systeme unter den Bedingungen der Globalisierung – das Beispiel Palästinas, in: Pawelka, Peter und Richter-Bernburg, Lutz : Religion, Kultur und Politik im Vorderen Orient, Wiesbaden 2004, S. 76.
3 Hroub, Khaled: A “new Hamas” through its new documents, in: Journal of Palestine studies, Jg. 35, H.4, 2006, S.6; Johannsen, Margret: Sprachlos hinter Mauern. Israel und Palästina nach der Wahlentscheidung, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, Jg. 51, H. 5, 2006, S.571.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Demokratie, Wahlen und Legitimation
- Die Hamas
- Strukturen
- Ansichten
- Die palästinensischen Wahlen vom Januar 2006
- Ergebnisse und Folgen
- Demokratietheoretische Auswirkungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit den Auswirkungen der Wahl der Hamas auf den Demokratisierungsprozess in Palästina. Der Fokus liegt auf der Analyse der demokratischen Legitimation einer radikalen Gruppe und deren Folgen für die politische Entwicklung Palästinas. Dabei wird die Situation im Kontext der demokratischen Theorie und im Lichte aktueller Forschungsarbeiten betrachtet. Die zentrale Fragestellung lautet, welche Folgen die Wahl der Hamas für den Demokratisierungsprozess hat.
- Die Frage nach der demokratischen Legitimation von extremen Parteien
- Die Strukturen und Ansichten der Hamas
- Die Ergebnisse und Folgen der palästinensischen Wahlen 2006
- Die Auswirkungen der Wahl der Hamas auf den Demokratisierungsprozess in Palästina
- Der theoretische Standpunkt der demokratischen Legitimation
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Diese Einleitung stellt den Kontext der Hausarbeit dar und führt die zentrale Fragestellung ein. Sie erläutert den Bezugspunkt des Konflikts zwischen Hamas und Fatah und die Bedeutung der palästinensischen Wahlen 2006 für den Demokratisierungsprozess.
- Demokratie, Wahlen und Legitimation: Dieses Kapitel beleuchtet die theoretischen Grundlagen der Demokratie, insbesondere hinsichtlich der Legitimation durch Wahlen. Es werden verschiedene Aspekte der Demokratie, wie Volkssouveränität, Gleichheit und Partizipation, erörtert. Der Fokus liegt auf der Rolle der Wahlen als Instrument zur Umsetzung des Volkswillens und der Frage, inwiefern sie die Legitimation auch für radikale Parteien gewährleisten können.
- Die Hamas: Dieses Kapitel präsentiert die Hamas als islamistische Organisation und beleuchtet ihre Strukturen und Ansichten. Es wird auf den historischen Kontext der Hamas in Bezug auf die Muslimbrüder und die Rolle der Organisation während der ersten Intifada eingegangen.
- Die palästinensischen Wahlen vom Januar 2006: Dieses Kapitel analysiert die Ergebnisse und Folgen der palästinensischen Wahlen 2006. Es geht auf die überraschende Wahl der Hamas ein und diskutiert die Auswirkungen auf den Demokratisierungsprozess in Palästina. Die Kapitel betrachtet zudem die Folgen aus demokratischer Sicht.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter dieser Hausarbeit sind: Demokratie, Legitimation, Wahlen, Palästina, Hamas, Radikalismus, Islamismus, Demokratisierung, Strukturen, Ansichten, Folgen, Ergebnisse, Politikwissenschaft.
- Quote paper
- Jan Refle (Author), 2007, Demokratie zwischen den Extremen?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/186815