Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Begriff der Komposition in der Malerei und Musik
3. Johannes Itten: Der Weg zur Malerei
4. Die Farbenlehre von Johannes Itten
4.1 Grundlagen, Einflüsse, Entwicklungsphasen
4.2 Vorstellung und Deutung der Farbenlehre
4.3 Auswirkungen der Farbenlehre auf die Bildkomposition Ittens und deren Bezüge zur Musik
5. Schlussbetrachtung
6. Literatur
1. Einleitung
Innerhalb des Seminars Musik und Bilder - Musik nach Bildern habe ich mit Phillip Otufowora einen Vortragüber Josef Matthias Hauer und Johannes Itten gehalten. Bei den Arbeiten zum Vortrag ist mir vor allem die enge Verwandtschaft zwischen der Malerei und der Musik am Beispiel der beiden Künstler aufgefallen. Ähnlichkeiten beim Gebrauch der Fachtermini und den Vorgehensweisen im Schaffensprozess eines Werkes fand ich sehr faszinierend. So war eine Erkenntnis unserer Arbeit, dass die Künste Musik und Malereiüber Potenzen verfügen, die in ihrem Zusammenspiel zu Synergieeffekten führen können.
Die Hausarbeit soll am Beispiel von Johannes Itten zeigen, wie eng Malerei und Musik (vermutlich) miteinander verbunden sein können. Dazu werde ich mich sehr stark an Johannes Ittens zentralem Werk „Die Kunst der Farbe“ orientieren. Dem Begriff der Komposition wird dabei eine wesentliche Rolle zuteil. Ich möchte untersuchen, inwiefern sich die Komposition als Schaffensprozess hin zu einem Kunstwerk in der Musik und in der Malerei (Johannes Itten) verhält.
Im ersten Teil wird der Anschaulichkeit wegen der Schaffensprozess selbst charakterisiert. Die zentrale Frage dazu lautet: Was beschreibt Komposition in der Malerei und was in der Musik?
Im Anschluss daran wird Johannes Itten selbst kurz vorgestellt, damit der Leser die eventuellen Beweggründe des Malers in Bezug auf seine Theorien und sein Werk versteht. Hierfür sollen dessen Theorien und Inhalte aus dem Buch „Die Kunst der Farbe“ Gegenstand der Betrachtungen werden. Anschließend wird in Anlehnung an die „Kunst der Farbe“ aufgezeigt, welche Eigenschaften eine Bildkomposition nach den Maßgaben von Johannes Itten haben müsste und wo bei diesem Arrangement Parallelen zu Kompositionsprinzipien in der Musik zu ziehen sind.
2. Der Begriff der Komposition in der Malerei und Musik
Um dem Leser ein besseres Verständnis der von Itten verwendeten Begrifflichkeit der Komposition zu geben, ist es notwendig zu klären, was komponieren allgemein und in Bezug auf die Kunst aussagt. Dieser kurze Exkurs ist für die weiteren Betrachtungen von großer Bedeutung, da Itten bei seinen Erläuterungen sehr häufig von Farbkompositionen und Bildkompositionen schreibt.
Das Wort komponieren leitet sich von dem lateinischen Wort componere1 ab, was soviel wie zusammensetzen, aneinander fügen, schaffen, verfassen, ersinnen etc. heißt. Damit umfasst das Wort in seinem lateinischen Ursprung eine Vielzahl von Tätigkeiten, die einen Prozess beschreiben, an dessen Ende das Produkt eines Schaffenden steht. Dieses Ergebnis muss nicht von künstlerischer Art sein. Eine List ersinnen, einen Widerspruch verfassen oder eine Maschine zusammensetzen, sind ebenfalls Tätigkeiten, die mit dem Verb componere beschrieben werden können.
Für die heutige Zeit bezieht sich die „Komposition in allgemeiner (neuzeitlicher) Bedeutung [...] auf ein Gebilde mit Kunstanspruch (das sich somit durch besondere Gestaltungsqualität, Ausdrucksfähigkeit, Sinntiefe u.ä. ausweist).“2 Das heißt, dass in der Malerei und der Musik die substantivierte Form des Verbs componere in seinem Resultat als Kunstwerk zu verstehen ist.3 Das Komponieren bezieht sich dabei auf verschiedene Aspekte. Diese sind im Einzelnen, „1. die Herstellung dieses Gebildes, die schöpferische Tätigkeit als solches, das >Komponieren<; 2. das Ziel und Ergebnis dieser Tätigkeit, das jeweilige einzelne >Werk<; 3. das Gesamtgebiet des künstlerischen Schaffens und des bereits (historisch) Geschaffenen sowie die dazu führende oder daraus resultierende >Lehre<.“4
In Anlehnung an diese Gedanken gilt im Speziellen für die Malerei: Die Komposition ist „ allg. Zusammenfügung, Bildgefüge, somit im engeren Sinne der Aufbau eines Kunstwerkes, die Ausarbeitung seines grundsätzl. dialekt. Inhalt-Form- bzw. Struktur-Gestalt-Gefüges. K[omponist]en stützen sich auf historisch entstandene, modifizierte, weiterentwickelte und immer den neuen Zielen und Bedürfnissen anzupassende, semantisch relevante, visuell-ästhet.
Grundverhältnisse (Darstellungsform, Einheit, Klarheit) sowie auf Gesetzmäßigkeiten der bildner. Analyse, Erkenntnis, Wertung und Gestaltung der Welt und des Menschen.“5 Das heißt, dass die Vorgehensweisen bei einer Bildkomposition historisch gewachsen und tradiert sind und sich einem stetigen Wandel unterziehen. Dazu kommt, dass der Aufbau eines Kunstwerks den bereits erwähnten Gesetzmäßigkeiten der bildnerischen Analyse, etc. unterliegt. Diese äußern sich beim Malen eines Bildes in bestimmten Ordnungsprinzipien, wie z.B. dem Verhältnis von Farbe und Form, Symmetrie/Asymmetrie,6 aber auch in dem Anspruch an eine Aussage, den Trends, Gewohnheiten und Verhältnissen des Entstehungszeitpunkts.
Ähnlich verhält es sich auch in der Musik. Die Verwendung als musikalisches Fachwort bildet sich etwa im 15. Jahrhundert heraus. Die Komposition wird umgedeutet und steht nun „[…] im Zeichen eines zunehmend als >Kunst< behandelten und verstandenen musikalischen Schaffens […]“.7
Daraus resultieren auch die Gemeinsamkeiten für die Begriffsdefinition in der Malerei und der Musik. Während das Verb componere im lateinischen Ursprung noch ein sehr großes Tätigkeitsfeld behandelt und neben dem Verfassen von Briefen, dem Zusammensetzen von Gegenständen etc. eine Fülle von Arbeitsprozessen vereint, ist mit der Umdeutung im 15. Jahrhundert ein Begriff entstanden, der sich mehr und mehr auf den Schaffensprozess eines Künstlers bezieht. Damit wirkt dieser Begriff als Bindeglied zwischen der Malerei und der Musik und gleichzeitig als Abgrenzung des künstlerischen Schaffens zu einer alltäglichen Tätigkeit.
3. Johannes Itten: Der Weg zur Malerei
Johannes Itten wurde 1888 in der Schweiz als Sohn eines Lehrers geboren. Nach seiner Schulausbildung machte er eine Ausbildung zum Primarlehrer am Lehrerseminar Bern- Hofwil.8 Auf seine kurze Lehrtätigkeit folgte ein Ergänzungsstudium als Sekundarschullehrer. Durch die Studienreisen nach München, Köln und Holland zum Nachdenken angeregt, entschließt sich Johannes Itten gegen den Beruf des Lehrers und für die Malerei.9 Von 1913 bis 1916 ist er daraufhin Schüler von Adolf Hölzel in Stuttgart. Dort lernt er auch andere Künstler kennen und beginnt mit ersten Arbeiten zur gegenstandslosen Malerei.10 1916 siedelt er nach Wienüber und eröffnet dort eine Kunstschule, die neue Unterrichtsmethoden für die Malerei entwickelt und ausprobiert. 1919 bekommt er Kontakt zu Alma Mahler, die Itten wiederum Walter Gropius vorstellt.
Durch Gropius, dem Leiter des Bauhauses (1919 bis 1926 in Weimar, ab 1926 in Dessau),11 wird er schließlich an das Staatliche Bauhaus in Weimar gerufen und nimmt dort seine Tätigkeit als Meister auf, die sich vor allem in der Weiterentwicklung seiner in Wien begonnenen Gestaltungslehre zum Bauhaus-Vorkurs widerspiegelt.12
Nachdem Itten 1923 seinen Abschied am Staatlichen Bauhaus in Weimar nimmt, führt er von 1926 bis 1934 eine eigene Schule für Maler, Graphiker, Photographen und Architekten in Berlin.
Diese Jahre seiner Lehrtätigkeit (von 1916 bis 1934) werden als die Zeit wahrgenommen, in der er den Grundstein für seine eigene Farbentheorie legte, die durch die Veröffentlichung seines Buchs „Die Kunst der Farbe“ (1961) eine schriftliche, umfassende Fixierung und einen theoretischen Abschluss gefunden hat.
4. Die Farbenlehre von Johannes Itten
4.1 Grundlagen, Einflüsse, Entwicklungsphasen
Wie bereits erwähnt, war Johannes Itten drei Jahre Schüler von Adolf Hölzel. Dessen Ideen haben Johannes Itten wesentlich beeinflusst. So war Hölzel sehr von dem Gedanken angetan, dass es in der Malerei ein Lehrwerküber künstlerische Kontraste und das Verhältnis, in dem sie zu einander stehen nach dem Vorbild von Kontrapunkt und Harmonielehre in der Musik geben müsste.13 Diese Gedanken wurden „[…] von seinem Schüler Johannes Itten erweitert und dann zur Grundlage der Bauhauslehre gemacht […].“14
Auf seinen Lehrer gingen z.B. die Collagen15 aus gerissenem Papier und Stoff zurück, die ein fester Bestandteil des Vorkurses am Bauhaus waren.16 Im Vergleich zu Kursen dieser Art an anderen Schulen17, bekam der Vorkurs am Bauhaus durch Johannes Itten eine ganz neue Bedeutung, denn darin sollten die schöpferischen Kräfte entdeckt und entfaltet werden. „Orientiert an der Reformpädagogik zielte Ittens Unterricht auf den „ganzen Menschen.“18 Der Schüler bekam einen Eindruck von verschiedenen Werkstoffen und Grundgesetzen bildnerischen Gestaltens. Damit sollte ein Grundstein für dessen spätere Berufswahl gelegt werden.
Ein besonderes Augenmerk richtet Johannes Itten dabei auf die Farbgebung. Grundlage seines Kurses „[…] war eine „allgemeine Kontrastlehre“, die Itten mit zeichnerischen, wie plastischen Übungen verband. Nach Itten konstruierten sich alle Wahrnehmungen aus Kontrasten […].“19 Deshalb spielten in seinen Vorkursen das Verhältnis von Hell-Dunkel, die Form- und Farbenlehre etc. eine wichtige Rolle. „Entsprechend ließ Itten eine Vielzahl von möglichen Kontrastwirkungen erarbeiten und durchspielen, die auch mit farbigen Übungen kombiniert werden konnten.“20
Die Gedanken zu einer eigenen Farbenlehre und die Auseinandersetzung mit der Beeinflussung der menschlichen Wahrnehmung durch Farbkontraste gehen dabei unter anderem auf die Jahre vor der Bauhaustätigkeit zurück. „In der Stuttgarter Zeit von 1913- 1916 beschäftigte sich Itten intensiv mit den wichtigsten Farblehren von Goethe, Bezold, Rood, Chevreul und besonders Hölzels eigener Farbenkontrastlehre.“21 Diese Anregungen mögen einen starken Einfluss auf die Art und die Schwerpunkte des Vorkurses am Bauhaus unter Itten gehabt haben. Der Kurs bot mitunter eine gute Gelegenheit die gewonnen Erkenntnisse weiter zu entwickeln und an werdende Künstler heran zu tragen. Welche Bedeutung für die Entwicklung der Farbenlehre, die von Johannes Itten gelebte Mazdaznan- Religion gespielt haben könnte, soll an dieser Stelle nicht weiter betrachtet werden. Dazu heißt es bei Busch in Bezug auf die Jahre Ittens am Bauhaus nur, „Die >>allgemeine Kontrastlehre als die Grundlage des gesamten Unterrichtes<< ließe sich in weiteren Einzelheiten aus den geistigen Voraussetzungen dieser Lehre ableiten.“22
Adolf Hölzel verwendet in seiner Farbenlehre den Begriff Farbakkord. Ein Akkord, also z.B. ein Dreiklang bedient sich drei verschiedener Farben, die wiederum in verschiedenen Intensitäten auftreten können. Diese Gedanken von Hölzel zeigen intensive Berührpunkte der Malerei mit der Musik auf.
Ziehen wir nun die im ersten Kapitel gewonnene Erkenntnis heran, dass eine Komposition ein geschaffenes Werk mit einem künstlerischen Anspruch beschreibt, dann deutet sich jetzt schon bei Hölzel an, dass erüber die gleiche Verwendung des Begriffs Komposition, als musikalisches Stück und gemaltes Bild, hinausgeht und der Malerei weitere Fachbegriffe aus der Musik beiordnet. Das würde eine logische Konsequenz aus seiner Forderung nach einem Leitfaden für die Malerei, wie er in der Musik existiert, sein.23
4.2 Vorstellung und Deutung der Farbenlehre
Im folgenden Kapitel soll nun Ittens eigene Farbenlehre vertiefend vorgestellt werden. Dabei wird auch auf andere Personen, die maßgeblichen Einfluss auf Ittens Farbenlehre hatten, eingegangen. Dies liegt daran, dass eine Farbenlehre, die sich an den Kompositionsprinzipien der Musik anlehnt, kein alleiniger Gedanke von Johannes Itten, sondern ein Gedanke der damaligen Zeit war.
Johannes Itten hat eine Farbenlehre entworfen, die sich sehr stark an der von Adolf Hölzel orientierte. Itten und Hölzel waren stark von Goethes Farbenlehre geprägt, die wiederum in weiten Teilen mit der Farbenlehre von Philipp Otto Rungeübereinstimmte.24 Besonders beeindruckend war dabei für Hölzel, „[…] die Erkenntnis der komplementären Forderung der Farben, die im Auge zur „Totalität“ gelangen.“25 Dazu gibt Itten ein sehr anschauliches Beispiel. Ein graues Quadrat wird auf einen eisblauen und einen rotorangenen Hintergrund gelegt. Obwohl beide Quadrate die gleiche Farbe haben, erscheint dem Betrachter das Quadrat auf eisblauem Hintergrund rötlich, das auf rotorangenem Hintergrund bläulich. Werden beide Quadrate zeitgleich auf den jeweiligen Hintergründen betrachtet, dann sehen sie eindeutig anders aus.26 Dieses Phänomen ist der in Kapitel 4.1. genannte Farbkontrast, der die Wahrnehmung des menschlichen Auges beeinflusst. Mit der Anwendung dieses Wissens besteht die Möglichkeit, Farbnuancen zu erzeugen, die keine Farbe im Bild beinhaltet. Allein durch das Nebeneinandersetzen von bestimmten Farbschichten kann damit der gewünschte Eindruck entstehen. Der geschickte Einsatz dieser optischen Täuschung und das damit verbundene Austricksen des Gehirns führen zu einer neuen Farbwirkung. Dazu schreibt Itten: „Die Tatsache, daß sich stoffliche Wirklichkeitsformen und Farben in unwirkliche Vibrationen umwandeln können, gibt dem Künstler die Möglichkeit unsagbares auszudrücken.“27
Unter dieser Prämisse wählt Adolf Hölzel für seinen an Johann Wolfgang von Goethe angelehnten Farbkreis die drei Primärfarben Rot, Gelb und Blau und die drei Sekundärfarben Orange, Grün und Blauviolett. Im roten Farbbereich ist ihm dabei die Farbunterscheidung zu schwach. So teilt er die Farbe rot in Purpur und Hochrot auf und ordnet der zusätzlich entstandenen Farbe zwischen Blau und Grün das Cyanblau, als Komplementär, zu. Damit entwickelt Hölzel „[…] den achteiligen, in Analogie zur Musik, „diatonisch“ genannten Farbenkreis.“28 Durch weitere Farbdifferenzierungen entsteht der „chromatische“ (zwölfteilige) Kreis. Auf dieser Basis entwickelt Johannes Itten seinen ebenfalls zwölfteiligen Farbkreis, der sich im Wesentlichen nur durch die Bezeichnung der Farben unterscheidet. Zum besseren Verständnis folgt an dieser Stelle ein Vergleich der beiden Farbkreise (Abb.1 und 2).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Farbkreis Hölzel Abb. 2: Farbkreis Itten
Bei beiden Farbkreisen sind die jeweiligen komplementären Farben an der gegenüber liegenden Seite angeordnet und es wird deutlich, dass die Farbanordnungen gleich sind (mit dem Unterschied, dass sich die Farben bei beiden Kreisen entgegengesetzt zu einander aufbauen). Zusätzlich dazu befinden sich in beiden Farbkreisen geometrische Formen. Das gleichseitige Dreieck beschreibt bei Hölzel einen „rationalen“ Dreiklang.29 Bei zwölf verschiedenen Farben gibt es dementsprechend vier „rationale“ Dreiklänge. Zusätzlich dazu bilden bei drei Quadraten im Kreis „drei Doppelpaare komplementäre Spannungen, während gleichschenklige Dreiecke Dreiklänge herstellen, bei denen die Komplementärfarbe durch ihre Nachbarfarbe vertreten wird (gespaltenes Komplement).30 “ Diese Farbkombinationen können auch in anderen Anordnungen auftreten und werden von Hölzel mit dem Wort Grundakkorde bezeichnet.
Ähnliche Farbakkorde verwendet auch Johannes Itten. Er schreibt dazu: „Farbakkorde können aus zwei, drei, vier und mehr Farben gebildet werden. Man spricht dann von Zweiklängen, Dreiklängen, Vierklängen usw.“31
Diese Klänge können harmonisch oder dissonant sein. Dafür gibt es verschiedene Faktoren. Allgemein gilt, dass z.B. ein Zweiklang aus den beiden Komplementärfarben harmonisch ist. Einzelne Eigenschaften einer jeden Farbe bestimmen folglichüber Harmonie und Disharmonie.
Zwei-, Drei- und Vierklänge sind auch in der Musik ein wichtiger Grundbaustein eines Stückes. Wie es in der Malerei Farben gibt, so gibt es in der Musik Töne und Rhythmen.
Beide bilden imübertragenen Sinne die Farben, mit denen ein musikalisches Bild komponiert wird. Dabei ist für die Zusammenstellung von Klängen egal, welcher Ton den Ausgangspunkt bildet, solange er sich im Klangspektrum der einzelnen Instrumente bewegt. Die Aneinanderreihung von Klängen, d.h. die Melodie, ist in einem bestimmten Rhythmus notiert. Dieser ist - in Verbindung mit den Klängen - maßgeblich an der Unterscheidung zwischen konsonantem oder dissonantem Empfinden beteiligt. In der Musik entscheiden in diesem Fall Intervallverhältnisseüber einen Wohl- oder einen Missklang. Als konsonante Klänge gelten dabei Intervallabstände von Prime, Oktave, Quinte, Quarte (mit Hauptton oben), alle Terzen und Sexten. Als harmonisch werden diese Intervallverhältnisse empfunden, weil sie Obertöne des Grundtons in sich beinhalten. Dadurch wird ein hoher Verschmelzungsgrad der Töne mit einer Wirkung von Ruhe und Entspannung erzielt.
Dissonante Intervalle sind die Sekunden und Septimen, alle verminderten undübermäßigen Intervalle, sowie die Quarte (Hauptton unten). Diese Intervallbeziehungen zeichnen sich durch Reibung und Schärfe aus, die nach einer Auflösung in eine Konsonanz strebt.32 Ferner taucht der Begriff des Komplementärintervalls in ähnlicher Bedeutung, wie der Begriff der Komplementärfarbe auf. In der Musik bezeichnet ein komplementäres Intervall aber nicht die direkte Gegenfarbe, die in Mischung mit der Ausgangsfarbe ein neutrales Grau ergibt, sondern den Klang, der mit dem Ausgangsklang addiert das Intervall einer Oktave bildet.33 Die Zusammenstellung von Akkorden führt unter der Berücksichtigung der bereits vorgegebenen Intervallverhältnisse zu Harmonien oder Disharmonien.
Die Grundidee für die Farbakkordlehre von Itten entwickelte wiederum Hölzel, denn: „Auf der Suche nach den Harmoniegesetzen der Kunst erkannte Hölzel die Notwendigkeit von Kontrastbeziehungen, ohne die keine Harmonie der Farbe erreicht werden kann.“34 In der folgenden Tabelle sind diese, von Hölzel formulierten Kontraste, vermerkt und denen von Johannes Itten gegenübergestellt.35
[...]
1 Vgl. Stowasser, J.M./Petschenig, M./Skutsch, F.(2006): Stowasser. Lateinisch-deutsches Schulwörterbuch.- München, S. 103.
2 Klaus-Jürgen Sachs (1994): Komposition, in: Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik -Kassel, Sp. 506.
3 Vgl. Der Brockhaus in fünfzehn Bänden (1998) - Bd.7 -Mannheim, S. 440.
4 Klaus-Jürgen Sachs (1994): Komposition, in: Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik -Kassel, Sp. 506.
5 http://www.unterricht.kunstbrowser.de/bildnerischemittel/komposition/03c198991c1022105.html
6 Vgl. Krauße, Anna-Carola (2005): Geschichte der Malerei, Von der Antike bis heute -Berlin, S. 121.
7 Klaus-Jürgen Sachs (1994): Komposition, in: Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik -Kassel, Sp. 507.
8 Vgl. Bauhaus - Archiv (Hrsg.) (1967): Johannes Itten, Aquarelle und Zeichnungen- Darmstadt, S. 6f.. und http://www.johannes--itten.de/
9 Vgl. http://www.kettererkunst.de/kunst/kd/bio/JohannesItten-1888-1967.php
10 Vgl. Bauhaus - Archiv (Hrsg.) (1967): Johannes Itten, Aquarelle und Zeichnungen- Darmstadt, S. 6f..
11 Vgl. Chronik der Deutschen (1996)- Augsburg, S. 825.
12 Vgl. Bauhaus - Archiv (Hrsg.) (1967): Johannes Itten, Aquarelle und Zeichnungen- Darmstadt, S. 6f..
13 Vgl. v. Maur, Karin (Hrsg.) (1994/1996): Vom Klang der Bilder, Die Musik in der Kunst des 20. Jahrhunderts- München.
14 v. Maur, Karin (Hrsg.) (1994/1996): Vom Klang der Bilder, Die Musik in der Kunst des 20. Jahrhunderts- München.
15 Vgl. Düchting, Hajo (1996): Farbe am Bauhaus, Synthese und Synästhesie- Berlin, S. 21 zweiter Absatz.
16 Vgl. Düchting, Hajo (1996): Farbe am Bauhaus, Synthese und Synästhesie- Berlin, S. 22.
17 Die Vorkurse an anderen Kunsthochschulen, z.B. in Wien und Berlin, verfolgten das Ziel, durch die Kopie von bestimmten Objekten weitere Fertigkeiten im Umgang mit Gegenständen und den Kopierwerkzeugen zu erlangen.
18 Düchting, Hajo (1996): Farbe am Bauhaus, Synthese und Synästhesie- Berlin, S. 21.
19 ebenda
20 ebenda
21 Düchting, Hajo (1996): Farbe am Bauhaus, Synthese und Synästhesie- Berlin, S. 22.
22 Busch, Ludger (1994): Das Bauhaus und Mazdaznan. In Bothe, Rolf/Hahn, Peter/von Tavel, Hans Christoph (Hrsg.): Das frühe Bauhaus und Johannes Itten -Berlin, S. 87.
23 Vgl. 4.1 erster Absatz
24 Vgl. http://www.colorsystem.com/projekte/dt/!15RUND.HTM
25 Düchting, Hajo (1996): Farbe am Bauhaus, Synthese und Synästhesie- Berlin, S.22.
26 Vgl. Itten, Johannes (1973): Die Kunst der Farbe, Subjektives Erleben und objektives Erkennen als Wege zur Kunst- Ravensburg, S. 20.
27 Itten, Johannes (1973): Die Kunst der Farbe, Subjektives Erleben und objektives Erkennen als Wege zur Kunst- Ravensburg, S. 20.
28 Düchting, Hajo (1996): Farbe am Bauhaus, Synthese und Synästhesie- Berlin, S.22.
29 Vgl. Düchting, Hajo (1996): Farbe am Bauhaus, Synthese und Synästhesie- Berlin, S.22.
30 Düchting, Hajo (1996): Farbe am Bauhaus, Synthese und Synästhesie- Berlin, S.22f.
31 Itten, Johannes (1973): Die Kunst der Farbe, Subjektives Erleben und objektives Erkennen als Wege zur Kunst- Ravensburg, S. 118.
32 Vgl. Michels, Ulrich (2005): Dtv - Atlas Musik -München, S.88.
33 ebenda
34 Düchting, Hajo (1996): Farbe am Bauhaus, Synthese und Synästhesie- Berlin, S.23.
35 Vgl. Düchting, Hajo (1996): Farbe am Bauhaus, Synthese und Synästhesie- Berlin, S.23.