Die Entstehung des Nationalismus in Deutschland ist eng mit dem Protestantismus verbunden. Das Verhältnis von Protestantismus zu Nationalismus veränderte sich im Laufe der deutschen Geschichte signifikant. Die Theologie wurde im Laufe der Zeit immer politischer und nationaler ausgerichtet, wobei dem Christentum fremde Begriffe wie Volk und Vaterland eine immer größere Bedeutung beigemessen wurde. Die Ursprüngliche universelle Bedeutung des Christentums für alle Menschen, wie sie im Neuen Testament postuliert wird, wurde im Laufe der Zeit durch eine alttestamentarische Bundestheologie verdrängt. Durch diese Verbindung entstand im Laufe der Jahrzehnte eine akzeptierte erlebnisgeprägte religiöse Geschichtsdeutung, welche das deutsche Volk als das von Gott berufene bestimmte. Aus dem anfänglichen Zweckbündnis zwischen Protestantismus und Nationalismus im Kampf gegen die französische Hegemonie und den Einfluss von Katholizismus und Judentum in Deutschland und Europa wurde seitens des Protestantismus eine immer größere Abhängigkeit. Der fortschreitende Bedeutungsverlust in der Gesellschaft führte schließlich dazu, dass der Protestantismus mehr und mehr in der nationalistischen Ideologie aufging und dabei seine eigene Identität verlor. Die Versuche, die 28 evangelischen Landeskirchen in einer einheitlichen Evangelischen Kirche zu organisieren, scheiterten im Verlauf der Geschichte aus unterschiedlichen Gründen. War es zu Beginn der Streit um die Agenden, fehlte es letztlich an einer ernsthaften Bedrohung für die einzelnen Landeskirchen, um sich in einer einheitlichen Kirche formieren zu müssen. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war der Nationalismus zur politischen Staatsreligion in Deutschland avanciert und hatte sich vom Protestantismus weitestgehend emanzipiert. Durch die über Jahrzehnte propagierte Synergie zwischen Protestantismus und Nationalismus hatte sich der Nationalismus schließlich in der Mentalität der deutschen Bevölkerung als nationale Staatsreligion etablieren können. Schließlich standen dem Nationalismus im Kaiserreich neben dem Christentum zwei weitere Bündniskonzepte zur Verfügung. Dabei handelte es sich zum einen um Lagardes Deutschen Gott und zum anderen um die völkische Idee. Der Staat des deutschen Kaiserreichs hatte sich indes säkular ausgerichtet und konnte unabhängig von der Bundestheologie bestehen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Welt im Wandel
- Die Befreiungskriege
- Do-ut-des Vorstellung
- Der Deutsche Gott
- Die Märzrevolution 1848
- Die christlich- einheitliche Staatsidee
- Die christlich-germanische Staatsidee
- Die christlich- autoritäre Staatsidee
- Die Einigungskriege
- Das Kaiserreich
- Das Judentum
- Der Erste Weltkrieg
- Die Anfänge der Weimarer Republik
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die komplexe Beziehung zwischen Protestantismus und Nationalismus in Deutschland von der Aufklärung bis zum Beginn der Weimarer Republik. Sie analysiert, wie sich dieses Verhältnis im Laufe der Zeit entwickelte und welche Rolle der Protestantismus im Entstehungsprozess und der Ausprägung des deutschen Nationalismus spielte.
- Die Entwicklung des Verhältnisses zwischen Protestantismus und Nationalismus
- Die Rolle der Theologie im Kontext der nationalen Ideologie
- Der Einfluss des Altes Testaments auf die nationale Identität
- Die Entstehung einer religiös geprägten Geschichtsdeutung
- Der Bedeutungsverlust des Protestantismus im Zuge der Nationalisierung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beschreibt die enge Verbindung zwischen Protestantismus und Nationalismus in Deutschland und die Veränderungen dieser Beziehung im Laufe der Zeit. Die folgenden Kapitel beleuchten verschiedene historische Phasen, beginnend mit den gesellschaftlichen Veränderungen und den Befreiungskriegen, wobei die Rolle des Protestantismus in der Entwicklung nationaler Ideen untersucht wird. Die Märzrevolution von 1848 und die Einigungskriege werden im Kontext der christlich geprägten Staatsideen analysiert. Das Kapitel über das Kaiserreich fokussiert auf die Rolle des Protestantismus im Kontext des aufkommenden Nationalismus und dessen Beziehung zum Judentum. Der Erste Weltkrieg wird in seiner Relevanz für die Entwicklung der Beziehung zwischen Protestantismus und Nationalismus betrachtet, bevor die Arbeit mit einem Überblick über die Anfänge der Weimarer Republik abschließt.
Schlüsselwörter
Protestantismus, Nationalismus, Deutschland, Aufklärung, Weimarer Republik, Bundestheologie, Nationale Identität, Religiöse Geschichtsdeutung, Kaiserreich, Christentum, Judentum.
- Arbeit zitieren
- Diplom Wirtschaftspädagoge Oliver Heil (Autor:in), 2011, Die Verbindung von Nationalismus und Protestantismus in Deutschland zwischen Aufklärung und den Anfängen der Weimarer Republik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/187064