Nicht erst seit kurzem existiert das Wissen in den Menschen, dass man sich unterscheidet vom Nächsten, dass jemand mehr oder weniger, mindestens aber anders ist, als man selbst. Die damit oftmals unbewusst stattfindende Quantifizierung der eigenen Leistungen zur vergleichenden Einordnung in ein Gesamtbild seines Umfeldes, d.h. Gemeinschaft und Welt, hat Folgen, die sich nach innen oder außen bemerkbar machen können, sei es in einer Zufriedenheit mit dem Ergebnis und der damit einher gehenden inneren Ausgeglichenheit, die einen Schaffensdrang a priori zu mindern in der Lage ist oder im Gegenteil dazu eine Ruheperiode zur Folge hat, die erst einen Grundstein zum Außergewöhnlichen legt; oder diese Positionierung hinterlässt ein Gefühl der Unvollständigkeit, die zu beheben einen rastlosen, wechselhaften Charakter ausmachen kann, der in viele Richtungen tastet und dem dabei zuweilen ein großer Wurf gelingt. Auf diese Art und Weise lassen sich gewisse Typen umreißen, deren Werke oder Taten, den entsprechenden Willen zum Erzeugen derselben voraus gesetzt, das Maß des Normalen, Durchschnittlichen überragen und damit als Fixpunkte für das maximal Mögliche der jeweiligen Zeit zu gelten in der Lage sind – die Genies.
Wenn man abseits vom materiellen Werk einer Person den Geniebegriff anwenden möchte, so muss man ihm zunächst einen Definitionsbereich geben, der die Besonderheit dieser Figur hervor hebt, also die Eigenschaften bestimmen, die zu eben genannten Fixpunkten werden können. Dies lässt sich in der Literatur dergestalt lösen, als dass man den Helden, der, um dem Terminus Genie gerecht zu werden, nicht zwangsläufig ein durch die Sinne wahrnehmbares, umgrenztes Produkt erzeugt haben muss sondern genauso gut beispielsweise eine Führerrolle übernehmen kann, einer solchen Kategorisierung unterzieht. Unser Beispiel für eine derartige Betrachtung wird die Gestalt des Emil Sinclair in Hermann Hesses Bildungsroman 'Demian' sein, welcher auf seiner außergewöhnlichen Reise zur idealen Persönlichkeit viele Stationen durchläuft, die eine Interpretation hinsichtlich des Geniecharakters zulassen und uns damit die Möglichkeit der Darlegung einer Entwicklungsgeschichte desselben bietet, anhand derer sich die Vorstellungen Otto Weiningers von Ideal und Genius versinnbildlichen lassen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Hauptteil
- Hesse in kurzer Biographie
- 'Demian' - ein Abstract
- Beobachtungen zur Verbindung von Individualität und Genie
- Schluss
- Abschließende Betrachtungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den Geniebegriff in Hermann Hesses Roman "Demian" und beleuchtet die Parallelen zwischen Otto Weiningers Werk "Geschlecht und Charakter" und der Protagonistendarstellung Hesses. Ziel ist es, die Genievorstellungen um 1900 anhand von Weiningers Theorien zu analysieren und deren Reflexion in Hesses Roman aufzuzeigen.
- Der Geniebegriff um 1900
- Parallelen zwischen Weiningers "Geschlecht und Charakter" und "Demian"
- Die Entwicklung des Protagonisten Emil Sinclair
- Individualität und Genie in Hesses Werk
- Hesses Biographie und deren Einfluss auf "Demian"
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik des Geniebegriffs ein und skizziert die methodische Vorgehensweise der Arbeit. Der Hauptteil beginnt mit einer kurzen Biographie Hermann Hesses, gefolgt von einer Zusammenfassung des Romans "Demian". Anschließend werden Beobachtungen zur Verbindung von Individualität und Genie im Roman vorgestellt. Der Fokus liegt auf der Analyse der Charaktere und deren Beziehung zum Geniegedanken der Jahrhundertwende. Die Kapitel vermeiden jedoch jegliche Schlussfolgerungen oder zentrale Offenbarungen des Romans.
Schlüsselwörter
Hermann Hesse, Demian, Otto Weininger, Geschlecht und Charakter, Geniebegriff, Individualität, Bildungsroman, Jahrhundertwende, Ideal, Protagonist, Emil Sinclair.
- Arbeit zitieren
- Marcus Vorlop (Autor:in), 2011, Der Geniebegriff in Hermann Hesses 'Demian', München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/187140