Der Bundespräsident besitzt unter den Verfassungsorganen der Bundesrepublik
Deutschland die schwächste Stellung. Oft ist deshalb von Kompetenzarmut die Rede.
Das Staatsoberhaupt gilt als „erster Repräsentant des Staates“, „Integrationsfigur“ oder
„Staatsnotar“. Es stellt sich jedoch die Frage, ob das Amt des Bundespräsidenten durch
diese Formulierungen bereits umfassend beschrieben ist oder ob es darüber
hinausreicht. Ist der Bundespräsident „Repräsentant oder Politiker“ (Winkler 1967: 3)
oder gar beides? Besitzt er eigenständige politische Handlungsmöglichkeiten?
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, „Welche Macht besitzt der
Bundespräsident?“. Bevor diese Frage näher behandelt werden kann, bedarf es jedoch
einer Definition des Begriffes Macht. Max Weber definiert Macht als „...jede Chance,
innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben
durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht“ (Weber 1972: 28). Auch nach
Schubert und Klein bedeutet Macht „...die Möglichkeit der Machthabenden, ohne
Zustimmung, gegen den Willen oder trotz Widerstandes anderer die eigenen Ziele
durchzusetzen und zu verwirklichen“(Schubert/Klein 2001:68). Diese Definition soll für
die vorliegende Arbeit gelten. Es soll untersucht werden, inwiefern der Bundespräsident
die Möglichkeit hat, eigene Ziele gegen den Willen der anderen Verfassungsorgane,
insbesondere der Bundesregierung, durchzusetzen. Um dies zu erörtern, sollen die fünf
wichtigsten Funktionen des Staatsoberhauptes zur näheren Betrachtung ausgewählt
werden. Eine wichtige Aufgabe des Bundespräsidenten besteht in der Beteiligung an der
Regierungsbildung. Hier soll besonders seine Rolle bei der Wahl und Ernennung des
Bundeskanzlers berücksichtigt werden. Eine weitere wichtige Aufgabe des Präsidenten
ist die Mitwirkung bei der Gesetzgebung. Auch seine völkerrechtliche
Vertretungsfunktion soll betrachtet werden. Bezüglich der Repräsentations- und
Integrationsfunktion sollen die Reden des Bundespräsidenten im Mittelpunkt stehen.
Letztlich soll die Funktion des Staatsoberhauptes in parlamentarischen
Krisensituationen beachtet werden. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Entscheidung des Parlamentarischen Rates über das Amt des Bundespräsidenten
- Vorschlag und Ernennung des Bundeskanzlers
- Möglichkeiten des Bundespräsidenten
- Politische Praxis
- Ausfertigung und Verkündung von Gesetzen
- Möglichkeiten des Bundespräsidenten
- Politische Praxis
- Völkerrechtliche Vertretung der BRD
- Möglichkeiten des Bundespräsidenten
- Politische Praxis
- Repräsentation und Integration
- Möglichkeiten des Bundespräsidenten
- Politische Praxis
- Reservefunktionen für Krisensituationen
- Möglichkeiten des Bundespräsidenten
- Politische Praxis
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der Frage nach der Macht des Bundespräsidenten im politischen System der Bundesrepublik Deutschland. Ziel ist es, die Kompetenzen und Handlungsmöglichkeiten des Staatsoberhaupts zu analysieren und zu bewerten, indem die wichtigsten Funktionen des Bundespräsidenten im Detail beleuchtet werden. Dabei soll untersucht werden, ob das Amt des Bundespräsidenten lediglich repräsentative Aufgaben erfüllt oder ob es auch eigenständige politische Handlungsmöglichkeiten besitzt.
- Beteiligung an der Regierungsbildung
- Mitwirkung bei der Gesetzgebung
- Völkerrechtliche Vertretungsfunktion
- Repräsentations- und Integrationsfunktion
- Funktion des Staatsoberhauptes in Krisensituationen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik ein und definiert den Begriff Macht im Kontext der Arbeit. Anschließend wird die Entscheidung des Parlamentarischen Rates über die Ausgestaltung des Amtes des Bundespräsidenten im Vergleich zum Reichspräsidenten der Weimarer Republik beleuchtet. Das Kapitel „Vorschlag und Ernennung des Bundeskanzlers“ beschreibt die Kompetenzen des Bundespräsidenten bei der Regierungsbildung und analysiert seine Möglichkeiten und Grenzen. Die Funktion des Bundespräsidenten bei der Ausfertigung und Verkündung von Gesetzen sowie seine völkerrechtliche Vertretungsfunktion werden in separaten Kapiteln behandelt. Das Kapitel „Repräsentation und Integration“ widmet sich den Reden des Bundespräsidenten und deren Rolle bei der Repräsentation und Integration der Gesellschaft. Schließlich befasst sich die Arbeit mit den Reservefunktionen des Bundespräsidenten in Krisensituationen.
Schlüsselwörter
Bundespräsident, Macht, Bundeskanzler, Regierungsbildung, Gesetzgebung, Völkerrecht, Repräsentation, Integration, Krisensituation, Parlamentarischer Rat, Weimarer Republik, Grundgesetz.
- Arbeit zitieren
- Luisa Herrmann (Autor:in), 2003, Welche Macht besitzt der Bundespräsident?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18715