Die Annahme des Minarettverbots durch das Schweizer Stimmvolk am 29. November 2009 hat mich mehr geärgert als irgendein anderes Abstimmungsresultat in meinen bisher 28 Jahren als Stimmbürger dieses Landes. Nie fühlte ich mich der obsiegenden Mehrheit mehr entfremdet als dieses Mal. Bei den allermeisten Abstimmungen, auch solchen zu Verfassungsartikeln, geht es um Sachfragen, für oder gegen die man aus guten oder weniger guten Gründen sein kann. Beim Minarettverbot ging es vordergründig um eine Bauvorschrift, hintergründig aber um Grundsatzfragen der Verfassung – um Rechtsgleichheit, um Religionsfreiheit. Ich bin ein wenig stolz auf die liberale Verfassung der Schweiz, die in ihrer aktuellen Form vor zehn Jahren auch mit meiner Stimme in Kraft gesetzt wurde. In der seit Jahren schwelenden, internationalen Wertedebatte wird immer mal wieder die Frage aufgeworfen, was der Westen eigentlich zu bieten habe, ausser dem materiellen Reichtum. Von den «christlichen Grundwerten» ist dann jeweils die Rede, und auch von den abendländischen Werten. Damit sind die Werte der Aufklärung gemeint, Grundwerten wie Meinungsäusserungs-‐, Glaubens-‐ und Religionsfreiheit, Rechtsgleichheit und Demokratie? Ich finde es wichtig, dass letztere strikte eingehalten werden, auch wenn Religionsvertreter deren Einschränkung fordern (Stichwort
Mohammed-‐Karikaturen), auch wenn Wirtschaftsführer darüber nachdenken, ob nicht ein autoritäres System (Stichworte China, Singapur) wirtschaftlich erfolgversprechender wäre, und politisch korrekt gesinnte Menschen finden, zarte Seelen müssten vor rüpelhaften Wörtern geschützt werden. Die Prinzipien der Aufklärung sind hohe Werte, die, so meine Überzeugung, gegen
ökonomische, religiöse und auch erzieherische Versuchungen unbedingt verteidigt werden müssen. Ich hätte mir ganz einfach gewünscht, dass meine
Mitbürgerinnen und Mitbürger diese Grundwerte teilen und dafür einstehen. Das «Ja» zum Minarettverbot ist ein Statement zur politischen Grundhaltung der Schweizerinnen und Schweizer, also zu ihrer Einstellung zur öffentlichen Sache. Es ist deshalb nicht rückgängig zu machen, durch keinen
Richterspruch.[...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung: Wieso ich mich mit diesem Thema auseinandersetze.
- Fallbeschreibung: Worum es bei der Abstimmung über die Minarettabstimmung ging.
- Fragestellungen: Welche Aspekte des Falles will ich philosophisch untersuchen?
- Philosophie: Ausgangslage der Untersuchung ist die Hypothese, die lautet: <
> - Klärung der Begriffe (anhand von Philosophen):
- Vernunft (Kant, Jaspers, Rorty)
- Aufklärung (Kant)
- Glaube (Jaspers)
- Aberglaube
- Symbole und Mythen (Cassirer, Barthes)
- Zusammenhänge
- Vernunft und Freiheit
- Klärung der Begriffe (anhand von Philosophen):
- Praxis: Verdrängen Glaube und Aberglaube die Freiheit – wenn ja, wo? Lässt sich allenfalls ändern? Diskussion der Begriffe Vernunft, Freiheit, Glaube und Aberglaube in der schweizerischen Demokratie von heute.
- Vernunft und Freiheit
- Aufklärung
- Glauben
- Aberglauben
- Symbole und Mythos
- Diskussion
- Erkenntnisse: Zu welcher These führen die Untersuchungen?
- Kreis der Betroffenen: Wem nützen meine Erkenntnisse?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit untersucht das Schweizer Minarettverbot von 2009 als Fallbeispiel politischen Aberglaubens. Die Arbeit hinterfragt, ob das "Zeichen setzen" der Initianten mit dem Verbot ein Akt politischer Vernunft darstellt. Die Analyse basiert auf philosophischen Konzepten von Vernunft, Aufklärung, Glaube und Aberglaube, sowie der Rolle von Symbolen und Mythen in der politischen Meinungsbildung.
- Die philosophische Analyse des Minarettverbots im Kontext von Vernunft und Aberglaube.
- Die Rolle von Symbolen und Mythen in der politischen Entscheidungsfindung.
- Die Bedeutung von Aufklärung und deren Prinzipien im Bezug auf die Abstimmung.
- Die Untersuchung der Beziehung zwischen Glauben, Aberglauben und Freiheit in der Schweizer Demokratie.
- Die Analyse der Motivationen der Befürworter des Minarettverbots.
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 (Einleitung): Der Autor beschreibt seine persönliche Betroffenheit über das Minarettverbot und betont die Bedeutung der liberalen Werte der Schweizer Verfassung, insbesondere im Kontext der internationalen Wertedebatte.
Kapitel 2 (Fallbeschreibung): Dieses Kapitel beschreibt die Initiative "Gegen den Bau von Minaretten", ihre Hintergründe und die Motivationen der Initianten. Es werden diverse Aussagen von Befürwortern zitiert, die auf Intoleranz und die Zuschreibung negativer Eigenschaften an den Islam zurückzuführen sind.
Kapitel 3 (Fragestellungen): (Inhalt nicht im Auszug vorhanden)
Kapitel 4 (Philosophie): (Teilweise im Auszug vorhanden. Es beschreibt die Klärung der philosophischen Begriffe und deren Anwendung auf die Thematik. )
Kapitel 5 (Praxis): (Teilweise im Auszug vorhanden. Es beschreibt die Diskussion der Begriffe in Bezug auf die Schweizer Demokratie.)
Kapitel 6 (Erkenntnisse) und Kapitel 7 (Kreis der Betroffenen): (Inhalt nicht im Auszug vorhanden um Spoiler zu vermeiden)
Schlüsselwörter
Minarettverbot, politische Vernunft, Aberglaube, Symbolpolitik, Aufklärung, Glaube, Freiheit, Schweizer Demokratie, Rechtsgleichheit, Religionsfreiheit, Islam, Symbole, Mythen.
- Arbeit zitieren
- Michael Lütscher (Autor:in), 2010, Das Minarettverbot - ein Fall politischen Aberglaubens?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/187216