So ist also der, der in unserer heutigen Wirtschaftswelt Moral und Ethik achtet,
„dumm“? OTTFRIED HÖFFE [1993] spricht sogar von „Moral als Preis der Moderne“.
Ökonomisches Handeln hat sich demnach von humanen, sozialen und religiösen Werten abgekoppelt. Das Anliegen der Wirtschaftsethik ist es, diese Werte wieder in
einen engeren Zusammenhang zum ökonomischen Handeln zu bringen.
• Was sind die wirtschaftsethischen Aspekte, die die unterschiedlichen Religionen
hervorbringen, und welche tatsächlichen Konsequenzen haben sich
daraus entwickelt?
Oder konkret gefragt:
• Lässt sich aus dem Umgang der Bibel oder des Korans mit der Ökonomie der
jeweiligen Zeit etwas lernen für den Umgang mit wirtschaftlichen Fragen des
gegenwärtigen globalen Marktes, insbesondere für unsere Einstellung zu
Geld und Besitz?
Dies sind die Fragen, denen ich mit dieser Diplomarbeit auf den Grund gehen
möchte. Zunächst gilt es zu klären, ob die Wirtschaftsethik –und somit die Wirtschaft
selbst– überhaupt etwas mit Religion zu tun hat. Dazu ist es sinnvoll, den
Begriff der Ethik im Allgemeinen zu definieren und dann auch den der Wirtschaftsethik
im Speziellen abzugrenzen.
Indem ich anschließend die drei großen monotheistischen Religionen einzeln in
Hinblick auf ihre Aussagen zu Geld und Besitz untersuche, hoffe ich eine Antwort
darauf zu finden, welchen Beitrag in der wirtschaftsethischen Reflexion der Rückgriff
auf die religiösen Traditionen für die Klärung dessen leisten kann, was eine
menschen- und sachgerechte Ordnung der Wirtschaft ist.
Inhaltsverzeichnis
- 1 EINFÜHRUNG
- 1.1 DIE AUFLEGUNG EINES SÜNDENFONDS
- 1.2 ZIELSETZUNG
- 1.3 DEFINITIONEN
- 1.3.1 Ethik
- 1.3.2 Wirtschaftsethik
- 2 PHILOSOPHISCHE- UND RECHTLICHE ANSÄTZE
- 2.1 ARISTOTELES
- 2.1.1 Die zweifache Verwendungsart einer Sache
- 2.1.2 Der Zins als unnatürliche Erwerbskunst
- 2.2 DAS RÖMISCHE RECHT
- 2.2.1 Vertragsarten des römischen Rechts
- 2.2.2 Der Eigentumsbegriff bei Cicero
- 3 DIE JÜDISCHE RELIGION
- 3.1 VORSTELLUNGEN UND GESCHICHTE
- 3.2 SCHRIFTEN
- 3.3 RITEN UND BRÄUCHE
- 3.4 JÜDISCHE WIRTSCHAFTSETHIK
- 3.4.1 Ökonomie als Haushaltsökonomie
- 3.4.2 Ehrlichkeit
- 3.4.3 Arbeit als Fortführung der Schöpfung Gottes
- 3.4.4 Die Barmherzigkeit des Arbeitgebers
- 3.4.5 Gemeinschaft und Gerechtigkeit
- 3.4.6 Kreativität
- 3.4.7 Das Zinsverbot
- 3.4.8 Sabbat
- 3.4.9 Sabbatjahr und Jubeljahr
- 3.4.10 Das Verhältnis zu Privateigentum und Reichtum
- 3.4.11 Fazit
- 4 DAS CHRISTENTUM
- 4.1 DAS CHRISTENTUM IM ÜBERBLICK
- 4.1.1 Jesus Christus
- 4.1.2 Schriften
- 4.1.3 Christliche Ethik
- 4.2 CHRISTLICHE WIRTSCHAFTSETHIK
- 4.2.1 Das Verhältnis des Menschen zur Arbeit
- 4.2.1.1 Die neutestamentarische Auffassung
- 4.2.1.2 Die frühchristliche und mittelalterliche Auffassung
- 4.2.1.3 Die evangelische Arbeitsethik
- 4.2.1.4 Die Auffassung der katholischen Soziallehre
- 4.2.2 Privateigentum
- 4.2.2.1 Die neutestamentarische Auffassung
- 4.2.2.2 Die frühchristliche- und mittelalterliche Auffassung
- 4.2.2.3 Die evangelische Auffassung
- 4.2.2.4 Die Auffassung der katholischen Soziallehre
- 4.2.3 Der Umgang mit Zinsen
- 4.2.3.1 Der Umgang mit Zinsen im Neuen Testament
- 4.2.3.2 Die frühchristliche und mittelalterliche Auffassung
- 4.2.3.3 Modifikation der traditionellen Lehre
- 4.2.3.4 Das evangelische Zinsverbot
- 5 DER ISLAM
- 5.1 MOHAMMED
- 5.2 SCHRIFTEN
- 5.3 GOTTES- UND WELTBILD
- 5.4 DIE FÜNF SÄULEN DES ISLAM
- 5.4.1 Glaubensbekenntnis
- 5.4.2 Gebete
- 5.4.3 Almosensteuer
- 5.4.4 Pilgerfahrt
- 5.4.5 Fasten
- 5.5 VERHALTENSSICHERHEIT
- 5.6 KEINE SÄKULARISIERUNG
- 5.7 ISLAMISCHE WIRTSCHAFTSETHIK
- 5.7.1 Privateigentum
- 5.7.1.1 Der Mensch als Stellvertreter Gottes
- 5.7.1.2 Eigentumserwerb
- 5.7.1.3 Die Verwendung von Privateigentum
- 5.7.2 Arbeit
- 5.7.3 Nicht Koran-konforme Wirtschaftstätigkeiten
- 5.7.4 Der Umgang mit Zinsen
- 5.7.5 Das islamische Bankensystem
- 5.7.5.1 Historische Entwicklung
- 5.7.5.2 Die Praxis
- 5.7.5.3 Finanzinstrumente
- 5.7.6 Blick in die Zukunft & Probleme
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Diplomarbeit untersucht den Einfluss der Religion auf die Entwicklung wirtschafts-ethischer Ansätze, insbesondere im Hinblick auf die Einstellungen zu Geld und Besitz. Sie analysiert die Perspektiven von Judentum, Christentum und Islam auf die ökonomischen Aspekte des Lebens und die daraus resultierenden Handlungsempfehlungen.
- Der Beitrag der Religionen zur wirtschafts-ethischen Reflexion
- Die Rolle von Geld und Besitz in den unterschiedlichen Religionen
- Die Bedeutung von Arbeit, Eigentum und Zinsen aus religiöser Sicht
- Die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Ansätzen der drei monotheistischen Religionen
- Die Relevanz der religiösen Traditionen für die Gestaltung einer gerechten und menschenwürdigen Wirtschaftsordnung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, in der die Motivation für das Thema und die Forschungsziele dargestellt werden. Anschließend werden die Definitionen von Ethik und Wirtschaftsethik erläutert.
Im zweiten Kapitel werden die philosophischen und rechtlichen Ansätze zur Wirtschaftsethik dargestellt. Hierbei stehen Aristoteles und das römische Recht im Mittelpunkt, um die Entwicklung von Wirtschaftsdenken in der Antike zu beleuchten.
Das dritte Kapitel widmet sich der jüdischen Religion und ihrer Sicht auf wirtschaftliche Fragen. Es werden zentrale Schriften, Riten und Bräuche sowie die jüdische Wirtschafts-ethik, einschließlich der Positionen zu Arbeit, Eigentum und Zinsen, vorgestellt.
Kapitel 4 befasst sich mit dem Christentum und seiner Sicht auf die Wirtschaft. Es werden die neutestamentarischen, frühchristlichen und mittelalterlichen sowie evangelischen und katholischen Auffassungen zum Verhältnis des Menschen zur Arbeit, zum Privateigentum und zum Umgang mit Zinsen analysiert.
Das fünfte Kapitel stellt den Islam und seine Wirtschaftsethik vor. Die zentralen Schriften, die Gottes- und Weltbilder sowie die fünf Säulen des Islam werden erläutert. Anschließend werden die islamischen Ansätze zu Arbeit, Privateigentum und Zinsen sowie das islamische Bankensystem untersucht.
Schlüsselwörter
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Wirtschaftsethik, Religion, Geld, Besitz, Judentum, Christentum, Islam, Arbeit, Eigentum, Zinsen, wirtschaftliche Ordnung, sozialverantwortliches Investieren, globale Märkte. Sie untersucht die Bedeutung von religiösen Traditionen für die Gestaltung einer gerechten und menschenwürdigen Wirtschaft.
- Arbeit zitieren
- Isabell Weig (Autor:in), 2003, Der Einfluss der Religion auf die Entwicklung wirtschaftsethischer Ansätze, unter besonderer Berücksichtigung der Einstellungen zu Geld und Besitz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18738