Stellen wir uns vor, wir befinden uns in einem Gespräch und möchten etwas ausdrücken, wozu uns aber im wahrsten Sinne des Wortes 'die Worte fehlen'. Wie finden wir den Ausdruck, den wir suchen, um genau das sagen zu können, was wir sagen möchten?
Aronoff und Fudemann (2007) sprechen folgende Theorie an, die davon ausgeht, dass wir drei Möglichkeiten haben, um zu dem gesuchten Wort zu gelangen: Zum einen durchsuchen wir unser mentales Lexikon nach dem passenden Ausdruck. Das mentale Lexikon ist unser persönlicher Wortschatz, den wir uns seit unserer Geburt angeeignet haben und ständig erweitern. Die zweite Möglichkeit ist, einen Ausdruck mithilfe von uns bereits bekannten Regeln zu bilden und die dritte besteht darin, einen neuen Ausdruck mithilfe der Analogie zu kreieren.
Doch nach welchen Kriterien produzieren wir neue Ausdrücke? Wonach suchen wir uns die jeweiligen Affixe aus, mithilfe derer wir neue Lexeme erfinden? Und warum gibt es Affixe, die häufiger in einem Sprachgebrauch vorkommen als andere?
Mit all diesen Fragen beschäftigt sich unter anderem die Produktivität in der Morphologie. Es ist sicher nicht falsch zu behaupten, dass Produktivität zu einem der unklarsten Begriffe in der Linguistik gehört. So meint auch Mayerthaler (1981: 124): “'Productivity' is among the least clear concepts in linguistics.“
Dennoch ist es möglich, Produktivität zu beschreiben und sie mithilfe neuer Erkenntnisse immer wieder ein Stückchen mehr zu präzisieren, um eine klare Vorstellung zu bekommen.
In dieser Arbeit geht es darum, anhand von verschiedenen Theorien, Ansätzen und Beispielen Produktivität näher zu erläutern. Des weiteren möchte ich zeigen, dass Produktivität nichts total Abstraktes ist und sich durchaus auch regelmäßige Muster erkennen lassen. Hierfür sollen auch die Beschränkungen angeführt werden, die erklären, warum manche mögliche Neologismen in der Sprache nicht realisiert werden. So soll letztlich festgestellt werden, dass, so unklar der Begriff auch sein mag, er gewisse Strukturen beinhaltet, die zeigen, dass Produktivität ein wichtiger Bereich der Morphologie ist, den es zu erforschen gibt und der mit zunehmender Zeit immer klarer definiert wird.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Produktivität
- Aktuale und usuelle Lexeme
- Verschiedene Definitionen
- Haspelmath (2002)
- Rainer (1993)
- Was ist produktiv?
- Grade der Produktivität
- Booij (2005)
- Aronoff und Anshen (1988)
- Beschränkungen der Wortbildungsregeln
- Phonologische Beschränkungen
- Morphologische Beschränkungen
- Syntaktische Beschränkungen
- Semantische Beschränkungen
- Pragmatische Beschränkungen
- Blocking
- Schlussbemerkung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Begriff der Produktivität in der Morphologie. Sie untersucht die verschiedenen Theorien und Ansätze zur Erklärung der Produktivität und zeigt auf, dass Produktivität nicht nur ein abstrakter Begriff, sondern auch ein Bereich mit regelmäßigen Mustern ist. Die Arbeit analysiert die Beschränkungen der Wortbildungsregeln, die erklären, warum manche Neologismen in der Sprache nicht realisiert werden. Ziel ist es, zu verdeutlichen, dass der Begriff der Produktivität trotz seiner Unklarheit gewisse Strukturen beinhaltet und somit ein wichtiger Bereich der Morphologie ist, der weiter zu erforschen ist.
- Verschiedene Definitionen und Konzepte der Produktivität in der Morphologie
- Analyse der Unterscheidung zwischen aktualen und usuellen Lexemen
- Untersuchung der Beschränkungen der Wortbildungsregeln
- Bedeutung von Produktivität für die Entwicklung und Struktur von Sprachen
- Zusammenhang zwischen Produktivität, Kreativität und Analogiebildung
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt das Thema der Produktivität in der Morphologie vor und führt in die Problematik ein, dass der Begriff trotz seiner zentralen Bedeutung in der Linguistik unklar definiert ist. Es werden verschiedene Ansätze und Theorien zur Erklärung der Produktivität vorgestellt, die in der Arbeit weiter untersucht werden sollen.
- Produktivität: Dieses Kapitel analysiert die Unterscheidung zwischen aktualen und usuellen Lexemen und zeigt auf, wie sich usuelle Lexeme durch häufigen Gebrauch zu aktualen Lexemen entwickeln können. Es werden verschiedene Definitionen von Produktivität vorgestellt, die sich auf die Rolle von morphologischen Regeln bei der Bildung neuer Lexeme beziehen.
- Grade der Produktivität: Dieses Kapitel beleuchtet verschiedene Ansätze zur Einteilung der Produktivität von Lexemen und Wortbildungsregeln. Es werden Theorien von Booij (2005) und Aronoff und Anshen (1988) vorgestellt, die sich mit dem Grad der Produktivität befassen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den zentralen Begriffen der Produktivität, Morphologie, Wortbildungsregeln, Aktualität und Usuelles Lexem, Beschränkungen, Neologismen und Kreativität. Darüber hinaus werden wichtige Theorien und Ansätze von Haspelmath, Aronoff, Fudemann, Booij und anderen Forschern auf dem Gebiet der Morphologie und Sprachentwicklung diskutiert.
- Quote paper
- Vincenza Incorvaia (Author), 2009, Produktivität - ein unklarer, aber erklärbarer Begriff, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/187997