Untersuchung der Rolle von Produktdesignern als Promotoren in Innovationsprojekten


Diplomarbeit, 2012

80 Seiten


Leseprobe


I. Inhaltsverzeichnis

II. Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

2. Grundlagen zum Promotorenmodell in Innovations-projekten
2.1 Organisation von Innovationsprojekten
2.1.1 Die prozessuale Perspektive von Innovationen
2.1.2 Innovation im Rahmen der Unternehmensorganisation
2.1.3 Organisation von Innovationen als Projekt
2.2 Anlässe und Hemmnisse von Innovationsprojekten
2.2.1 Innovationsanlässe
2.2.2 Innovationshemmnisse
2.3 Schlüsselpersonen-Konzepte im Rahmen von Innovationen
2.3.1 Das Champion-Konzept
2.3.2 Das Gatekeeper-Konzept
2.3.3 Die Entwicklung des Promotorenmodells
2.3.4 Die Charakteristika der einzelnen Promotorenrollen
2.3.5 Die Promotorenstrukturen

3. Die Bedeutung des Produktdesigns in Innovations-projekten
3.1 Definition und Abgrenzung des Designbegriffs
3.2 Der Designprozess
3.3 Die Organisation des Produktdesigns im Unternehmen
3.4 Die Ausbildung zum Produktdesigner
3.5 Charakteristische Fähigkeiten von Produktdesignern
3.6 Zusammenhang von Design und Innovation

4. Analyse der Rolle von Produktdesignern in Innovations-projekten
4.1 Methodik und Untersuchungsdesign
4.2 Analysemodell
4.3 Datenerhebung und Datenanalyse
4.4 Zusammenfassung und Fazit

III. Literaturverzeichnis

II. Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Der Designprozess

Abbildung 2: Der Neuproduktentwicklungs- bzw. Innovationsprozess

1. Einleitung

1.1 Problemstellung

Bereits Schumpeter identifizierte Innovationen und ihre schöpferische Zerstörungskraft als den Antrieb der wirtschaftlichen Entwicklung sowohl auf makro- als auch auf mikroökonomischer Ebene.1 Innovationen gelten dabei im Allgemeinen als „Königsweg zum Wohlstand einer Volkswirtschaft“2 und Unternehmen als die Treiber von Innovationen.3 Innovationen sind zudem kein Selbstzweck sondern Mittel zur Gewinnung von Wettbewerbsvorteilen und stets auf die Erfüllung wirtschaftlicher und sowie sozialer Ziele ausgerichtet, und die Fähigkeit zur kontinuierlichen Hervorbringung von Innovationen ist letztendlich überlebenswichtig für Unternehmen.4

Der Innovationsbegriff zu einem schillernden und diffusen Modebegriff in verschiedensten Bereichen geworden.5 Mueser präsentiert beispielsweise 39 Begriffsdefinitionen von Innovation.6 In Anlehnung an Hauschildt und Salomo stellen Innovationen qualitativ neuartige Zweck-Mittel-Kombinationen in Form von Produkten oder Prozessen dar, „die sich gegenüber einem Vergleichszustand ’merklich’ ... unterscheiden.“7 Unternehmen bringen Innovationen in vielfältigen Formen hervor. Neben Produkt- und Prozessinnovationen als technische Innovationen werden beispielsweise auch organisationale Innovationen (z.B. Systeme) und geschäftsbezogene Innovationen (Geschäftmodelle, Märkte, Branchen) unterschieden.8

In der vorliegenden Arbeit werden Produktinnovationen betrachtet. Diese sind im Unternehmensbereich der häufigste Innovationsgegenstand und bestimmen als Mittel zur Bedürfnisbefriedigung maßgeblich die Wettbewerbsfähigkeit und damit auch den Unternehmenserfolg mit.9

Produktinnovationen stellen Bündel von Eigenschaften im Sinne von neuartigen Zweck-Mittel-Kombinationen dar, die von Unternehmen auf einem Markt eingeführt werden, und die „wahrnehmbar von einem zu einem vorausgehenden Zeitpunkt exi- stenten Eigenschaftsbündel (abweichen; der Verf.), auch wenn die verglichenen Ei- genschaftsbündel gleiche Bedürfnisse erfüllen.“10 Ein Produkt wird demnach definiert als ein auf dem Markt angebotenes Leistungsbündel, das durch eine spezifische Menge von Funktionen und Eigenschaften dazu dient, im Rahmen einer Tauschakti- on Geld gegen Ware die Ziele des Anbieters (Gewinn- bzw. Absatzziele) zu erfüllen bzw. bestimmte Bedürfnisse des Abnehmers nutzenstiftend zu befriedigen. Produkte können einerseits hinsichtlich des Aspekts der Bedürfnisbefriedigung nach der Art des Kundennutzens, den sie bieten, charakterisiert und unterschieden werden ande- rerseits auch anhand ihres Leistungsangebots in Form der Eigenschaften und Funk- tionen.11 Produktmerkmale spielen bei Akzeptanz- und Kaufentscheidungen von Kunden eine signifikante Rolle und bestimmen damit auch den Produkterfolg, wobei herauszustellen ist, dass neue Produkte stets auf den Innovationsbedarf im Sinne der Nutzenvorstellung des Kunden auszurichten sind, der innovative Charakter eines Produkts jedoch noch keine Erfolgsgarantie darstellt.12

Insbesondere angesichts der zunehmenden Wettbewerbsintensität, dem ruinösen Preiswettbewerb auf vielen Märkten und der steigenden Anzahl technisch identischer Produkte, gewinnen qualitative und nichtpreisliche Faktoren, wie z.B. das Design, zunehmend an Bedeutung, um sich als Unternehmen mit seinem Produktangebot von der Konkurrenz zu differenzieren, die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, und den Kunden bei seiner Kaufentscheidung positiv zu beeinflussen.13 Dabei ist das Zusammenspiel von Design und Innovation, der richtige Mix aus preislichen und nichtpreislichen Faktoren der Schlüssel zum Erfolg von Produkten, Unternehmen und ganzen Branchen.14 Das hat sowohl die Politik erkannt, wie die Ausrufung des Jah- res 2009 durch die EU zum Jahr der Kreativität und Innovation belegt, als auch die Wirtschaft. Darauf lassen Schlagzeilen, wie „Stoppt den Exodus der Kreativen“ schließen.15

Im Laufe der Geschichte wurden zahlreiche Innovationen mit bestimmten Persön- lichkeiten assoziiert (Da Vinci, Edison, Nobel) und auch die Innovationsforschung hat im Laufe der Zeit zahlreiche sogenannte Schlüsselpersonenkonzepte entwickelt, die als Organisations- bzw. Koordinationsmodelle versuchen, bestimmte Individuen als Initiatoren und Treiber von Innovationsprozessen zu identifizieren. Ebenso werden Designer häufig mit ihren Kreationen in Verbindung gebracht und prägen ganze Produktarten mit ihrem jeweiligen Stil (Rams, Starck, Colani).

In der vorliegenden Arbeit wird deshalb untersucht, ob Produktdesigner im Rahmen von Produktinnovationsprozessen die Rolle von Promotoren als Schlüsselpersonen übernehmen.

1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

Im Rahmen einer explorativen Untersuchung der Rolle von Produktdesigner als Promotoren in Innovationsprojekten soll anhand einer Dokumentenanalyse geklärt werden, ob Anhaltspunkte für die Existenz von Produktgestaltern im Sinne der von Witte entwickelten und von weiteren Autoren erweiterten Promotorenrollen identifizierbar sind. Zuletzt sollen auf Basis der ermittelten Ergebnisse Empfehlungen für die weitere Forschung formuliert werden.

Dazu wird im folgenden Kapitel die Innovation aus der Prozessperspektive betrachtet. Es werden sowohl die charakteristischen Merkmale von Innovationsprozessen aufgezeigt als auch die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der verschiedenen Prozessmodelle im Innovationsmanagement.

Im folgenden Abschnitt wird die Innovationstätigkeit im Rahmen der Unternehmens- organisation erläutert. Dieser Teil dient der Hinführung zum Verständnis des Innova- tionsvorhabens als Projekt. Die Erläuterung von Innovationen als Projekte und die Eignung der Methoden des Projektmanagements im Rahmen von Innovationen er- folgt im Abschnitt 2.1.3. Im Anschluss werden sowohl potentielle Anlässe als auch Widerstände (Hemmnisse) von Innovationen aufgezeigt. Zur Förderung von Innova- tionen sind einige Schlüsselpersonen-Konzepte entwickelt worden, von denen die am weitesten verbreiteten vorgestellt werden. Dabei wird insbesondere das Promoto- ren-Modell von Witte ausführlich erläutert.

Das dritte Kapitel widmet sich dem Thema Design. Nach der Abgrenzung des De- signbegriffs wird zunächst der Designprozess ausführlich erläutert. Auch hier werden die Merkmale herausgearbeitet, und es werden Parallelen zum Innovationsprozess erkennbar. Im Anschluss wird die Organisation der Designtätigkeit im Unternehmen ausführlich dargelegt. Es folgt eine Betrachtung der Ausbildung und der charakteri- stischen Fähigkeiten von Designern. Zum Abschluss dieses Kapitels wird der Zu- sammenhang von Design und Innovation geklärt und dazu auch ein integrierter De- sign- und Innovationsprozess vorgestellt (siehe Abbildung 2 in Kap. 3.6).

Im vierten Kapitel erfolgt schließlich die Untersuchung von Produktdesignern als Promotoren. Dazu wird zunächst das Untersuchungsdesign erklärt, und das Untersuchungsmodell wird entwickelt. Daraufhin folgt die Datenerhebung und Datenanalyse, sowie die Zusammenfassung der Ergebnisse.

2. Grundlagen zum Promotorenmodell in Innovations- projekten

2.1 Organisation von Innovationsprojekten

Wie in der Einleitung bereits erläutert werden Innovationen einerseits aus der objektbezogenen Perspektive im Sinne eines Produkts betrachtet, andererseits stellen Innovationen das Resultat eines von Menschen und Maschinen gestalteten und umgesetzten, kreativen Arbeitsprozesses dar, der von einem impliziten Startpunkt ausgeht, was eine Untersuchung auch aus prozessualer Sicht nahelegt.16

2.1.1 Die prozessuale Perspektive von Innovationen

Die Entwicklung von etwas Neuem läuft in Form eines zeit- und kostenaufwendigen, multidisziplinären Prozesses ab, der im Vergleich zu den in einem Unternehmen sonst üblichen Routineprozessen durch einen deutlich höheren Grad an Unsicherheit gekennzeichnet ist, und an dem Akteure aus vielen verschiedenen Funktionsberei- chen aktiv beteiligt sind.17 In der Literatur finden sich neben vielfältigen Beschreibun- gen von Innovationsprozessen als Problemlösungs-, Fortschritts-, Entscheidungs-, Informationsverarbeitungs- und Kommunikationsprozesse auch zahlreiche Ansätze, den Innovationsprozess in einzelne Phasen, Schritte oder Stufen zu unterteilen, in denen die innovative Idee bis zu ihrer Umsetzung in der Praxis vorangetrieben wird.18 Eine idealtypische Darstellung des Innovationsprozesses umfasst dabei bei- spielsweise die gesamte Zeitspanne von der Ideengenerierung für eine neuartige Problemlösung über die Ideenakzeptierung bis hin zur Ideenrealisierung im Sinne der Markteinführung der Innovation.19

Trotz der verschiedenen Darstellungen von Innovationsprozessen als Abfolge von einzelnen Phasen bzw. Schritten besteht keine Notwendigkeit für ein linear- sequentielles Durchlaufen. Als multidisziplinäre und multipersonelle Prozesse im Sinne einer Querschnittsaufgabe innerhalb des Unternehmens bzw. zwischen Unter- nehmen und Zulieferern, Kunden und Kooperationspartnern, sind Innovationsprozess in der Realität gekennzeichnet durch Iterationen, die auf parallele und nicht lineare Abläufe, Rückkopplungen und Abbruchoptionen in einzelnen Phasen zurückzuführen sind. Dadurch entsteht ein komplexes Netzwerk von Aktivitäten, das wiederum als Innovationsprozesskette betrachtet werden kann.20

Die vielfältigen Prozessansätze in der Literatur und in der Praxis dienen dazu, den Gesamtprozess bzw. die Teilaufgaben und Methoden in den einzelnen Phasen transparent und steuerbar zu machen sowie die Rahmenbedingungen für einen op- timalen Prozessablauf aufzuzeigen. Sie unterscheiden sich hinsichtlich der Höhe des Abstraktionsniveaus und des Betrachtungsfokus, d.h. sowohl in der Art der Abgren- zung und Dauer einzelner Phasen, ihrer Anzahl als auch ihrer Bezeichnung und der Ausdehnung des Gesamtprozesses. Dabei gilt: je allgemeiner die Darstellung, umso höher die Anwendbarkeit auf konkrete Innovationsvorhaben bei gleichzeitig relativ geringerer Aussagekraft bei spezifischen Innovationsprozessen. Wiederum lassen sich detailliertere und damit aussagekräftigere Phasenmodelle beispielsweise auf- grund ihrer Spezifität (bezüglich Branche, Organisationsform, Unternehmensgröße oder -kultur) nur selten auf verschiedene Unternehmen anwenden.21

Der Fokus der vorliegenden Arbeit ist auf Produktinnovationen ausgerichtet und so wird im weiteren Verlauf entsprechend dem Vorgehen von anderen Autoren im Rah- men der prozessualen Betrachtung von Produktinnovationen der Produktinnovati- onsprozess synonym mit den Begriffen Produktentwicklung(-sprozess), Neuprodukt- entwicklung(-sprozess) bzw. aus dem Englischen mit „(new) product development (process)“ verwendet.22 Ein Phasenmodell des Innovations- bzw. Neuproduktent- wicklungsprozesses wird exemplarisch im Kapitel 3.6 dargestellt und erläutert. (siehe Abbildung 2)

Die vorangegangene Erläuterung macht deutlich, dass der Prozessbegriff im Rah- men von Innovationen in Abhängigkeit von der Phasenanzahl, der Phasendauer und der Phasenbezeichnung differenziert werden kann. Allen Ansätzen ist jedoch ge- mein, dass von einer Idee bzw. Initiative als Startpunkt als auch von einer bestimm- ten Dauer bzw. einem Endtermin ausgegangen wird, wobei über letzteren in Literatur und Praxis Uneinigkeit herrscht. Dennoch weisen Innovationsprozesse aufgrund ihrer zeitlichen Begrenzung, ihrer Einmaligkeit und ihrer Multipersonalität die Definitionsmerkmale von Projekten auf.23

Im folgenden Abschnitt wird zunächst die Innovationstätigkeit im Rahmen der Unter- nehmensorganisation betrachtet, und im Anschluss wird die Innovation als Projekt er- läutert.

2.1.2 Innovation im Rahmen der Unternehmensorganisation

Wie zuvor dargelegt kann die Produktinnovation aus prozessualer Perspektive aufgrund ihrer Komplexität als Abfolge von vielen miteinander verwobenen Teilprozessen (Phasen, Schritten, Stufen) aufgefasst werden, von denen jeder für sich wiederum als ein Teilprojekt mit unterschiedlichen Aktivitäten betrachtet werden kann. Diese neuartigen und risikobehafteten Prozessabläufe sind zu Beginn der Innovation in der Regel ohne erkennbare Struktur und bedürfen einer organisatorischen Gestaltung im Sinne von Handlungen des Organisierens, d.h. Aufteilung von Koordination und Arbeit, die der Strukturierung sowie der systematischen und zielgerichteten Bewältigung komplexer Teilaufgaben dienen.24

Im Rahmen der Produktinnovation regelt die Organisation als Ergebnis des Organi- sierens sowohl die Kommunikation als auch die Interaktionen zwischen den beteilig- ten und betroffenen Akteuren und richtet die strukturellen Voraussetzungen anhand von spezifischen Regeln, insbesondere bezüglich des Positions- und Kompetenzge- füges, nach ihnen aus. In diesem Zusammenhang wurden Kooperations- und Koor- dinationsfähigkeiten, sowie die Fähigkeit zum Projektmanagement, die Bildung von Strukturen, eine innovationsfreundliche und die Arbeitsteilung anerkennende und fördernde Unternehmenskultur, und schließlich das aktive Engagement von erfahre- nen Schlüsselpersonen als erfolgsrelevante Organisationseigenschaften identifi- ziert.25

Die Unternehmensorganisation umfasst neben der Aufbauorganisation zur Einrich- tung von Organisationseinheiten mit entsprechenden Verantwortungsbereichen, Auf- gaben und Kompetenzen für eine effiziente Umsetzung von Prozessen stets auch die Ablauforganisation, die der inhaltlichen (Aufgaben), zeitlichen (sequentiell, simultan) und räumlichen (hintereinander, parallel) Ausgestaltung der Prozessabläufe dient.

Für die Organisationsgestaltung in Unternehmen sind die beiden Elemente unerläss- lich; sie sind in der Praxis untrennbar miteinander vernetzt, ergänzen und bedingen sich gegenseitig, und sollten „gleichermaßen und konsequent auf den Kundennutzen ausgerichtet werden.“26 Dabei wird der Ablauforganisation zunehmend Vorrang ein- geräumt, da die jeweiligen Prozesse in Form von Unternehmensleistungen den Kundennutzen generieren. Gleiches gilt für die Projektorganisation als dritte, gegen- standsbezogen Organisationsart, bei der projektbezogene Regelungen gestalten werden.27

Im Rahmen der Aufbauorganisation können Unternehmen prinzipiell nach Verrich- tungen bzw. Funktionen gegliedert werden. Daneben gibt es noch die Möglichkeit der Gliederung nach Objekten bzw. Divisionen, bei der gleichartige Objekte, Divisionen, Produkte, Projekte oder aber auch Regionen oder Kundengruppen zu Organisati- onseinheiten (Sparten, Geschäftsbereichen) zusammengefasst werden. Daneben sind auch Mischformen der zuvor genannten anzutreffen. Die Aufbauorganisation ei- nes Unternehmens determiniert letzten Endes die Arbeitsteilung, Kooperation sowie den Grad der Spezialisierung und Zentralisierung bzw. Dezentralisierung.28

Aus der zunehmenden Innovationsorientierung von Unternehmen sowie den Merk- malen von Innovationsprozessen resultiert der Bedarf nach innovationsorientierten, informellen Organisationsstrukturen, die sowohl den gegenwärtigen Effizienzerfor- dernissen des Unternehmens genügen als auch ausreichend flexibel sind, um auf zukünftige Innovationsanforderungen ausgerichtet zu werden.29 Derartige Organisa- tionsmodelle sind sowohl durch Teamarbeit und Kooperationsfähigkeiten als auch durch flexible Strukturen mit eindeutigen Schnittstellen gekennzeichnet, sie berück- sichtigen die existierenden Interdependenzen und fördern die Mitarbeiterkreativität, die Ideenentwicklung und -umsetzung. Im Rahmen der Verknüpfung von innovati- onsfördernden Organisationsstrukturen und Routineaktivitäten spielt die Bestimmung des Neuheitsgrades von Produktinnovationen eine herausragende Rolle. Bei ausrei- chend hoher Neuartigkeit des Produkts sind die Innovationsaktivitäten, die typi- scherweise in Linien- oder Stab-Linienorganisation vollzogen werden, den Routine- abteilungen zu entziehen und an komplexere organisatorische Mischformen zu über tragen.30 Solche informellen Organisations- bzw. Strukturmodelle entstehen spontan und emergent und basieren z. B. auf sozialen Kontakten, Gruppendynamik und Sympathien. Sie sollten die formellen Organisationsstrukturen bei der Zielerreichung unterstützen, insbesondere bei Auftreten von unvorhersehbaren oder ungeplanten Situationen.31

Die durch die Aufbauorganisation hinsichtlich zeitlicher Abfolge und Umfang sowie räumlicher Durchführung bestimmten Teilaufgaben werden im Rahmen der Ablaufor- ganisation detailliert ausgestaltet und als Arbeitprozesse verknüpft.32 Die zeitliche und logische Positionierung der Teilaktivitäten, bildet neben der räumlichen Arbeits- platzanordnung und den Material- und Informationsflüssen die Prozessstruktur ab, die durch die Prozessart determiniert wird. In diesem Sinne wird die Ablauforganisa- tion auch als Prozessorganisation bezeichnet; sie ist das Resultat des Strukturie- rungsprozesses, bei dem in Abhängigkeit vom Grad der Komplexität und Neuheit der Innovation sowie den erforderlichen Teilvorgängen und zur Verfügung stehenden technischen und personellen Ressourcen bestimmt wird, ob Teilaktivitäten parallel und in welcher Reihenfolge umgesetzt werden.33

In welcher Form das Unternehmen den Innovationstätigkeiten und den damit ver- bundenen Aufgaben nachkommt wird von vielen Faktoren, wie z.B. der jeweiligen Ressourcenausstattung, der Unternehmensgröße, der Wettbewerbssituation, der zugrundeliegenden Strategie und vorhandenen Kompetenzen und Potentialen, be- stimmt. Ein Unternehmen kann beispielsweise die komplette Handlungskette von der Planung über die Umsetzung bis zur Kontrolle des Innovationsvorhabens selbsttätig hausintern bewerkstelligen. Dafür werden für Innovationen im Sinne einer Dauerauf- gabe im Unternehmen spezialisierte, zentrale oder dezentrale Organisationseinhei- ten in Form von Stabstellen, FuE- bzw. Produktmanagementbereichen errichtet, und Lenkungsausschüsse, Problemlösungsgruppen oder Beratergremien zur Koordinati- on eingesetzt. Bei komplexen, befristeten Sonderaufgaben erfolgt die Organisation in Projektform und unter Einsatz diverser Projektmanagementmethoden. Auch eine überbetriebliche Zusammenarbeit mit externen Unternehmen oder Institutionen Im Rahmen von Innovationskooperationen oder Gemeinschaftsforschung ist möglich, sowie der Erwerb von externen Innovationen bzw. ganzen Unternehmen. Auch Kombinationen dieser einzelnen strukturellen Gestaltungsalternativen sind in der Praxis zu beobachten.34

Die vorangegangenen Ausführungen machen deutlich, dass die formalen Organisati- onsstrukturen zum Ziel haben, die routinemäßigen Geschäftsprozesse effizient ab- zuwickeln, um die Konkurrenzfähigkeit eines Unternehmens zu gewährleisten. Hin- sichtlich neuartiger Aufgaben mit noch unklaren Lösungswegen sowie Innovationen und damit auch der Entwicklung neuer Produkte versagen solche Strukturen jedoch zunehmend.35 Widersprüchliche empirische Ergebnisse zeigen jedoch, dass infor- melle bzw. organische Organisationsformen nicht immer zur Steigerung der Produkt- innovationsfähigkeit beitragen. Nach Brockhoff lässt sich daraus die Vermutung ab- leiten, dass unterschiedliche Organisationsformen lediglich in bestimmten Innovati- onsprozessphasen unterstützend wirken, so z.B. die flexiblen, informellen Formen in den frühen Phasen der Ideengenerierung, wohingegen in der Durchsetzungsphase eher straffe, mechanistische Organisationsformen förderlich sein können.36

Mit der Zunahme der Aufgabenkomplexität und der Dynamik des Unternehmensum- felds steigen auch die Koordinationsanforderungen und der Konfliktgehalt von Inno- vationsvorhaben, was die formalen Strukturen zwar nicht obsolet werden lässt, den Fokus jedoch hin zu mehr Flexibilität und Reaktionsvermögen verschiebt.37 In diesem Fall werden derartige Aufgaben in der Regel in Projektform formuliert und eine ent- sprechende Projektorganisation eingerichtet.38 Aus diesem Grund wird im Folgenden Abschnitt die Projektorganisation sowie das Projektmanagement und dessen Metho- den erläutert.

2.1.3 Organisation von Innovationen als Projekt

Ein Projekt kann auf vielfältige Weise definiert werden, häufig orientiert man sich je- doch an der Definition nach DIN 69901, die besagt, dass „ein Projekt .. ein Vorhaben (ist; d. Verf.), das im Wesentlichen durch die Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet ist, z.B. durch Zielvorgabe, durch zeitliche, finanzielle, personelle und andere Begrenzungen, durch Abgrenzung gegenüber anderen Vor- haben und durch eine projektspezifische Organisation.“39 Aufgrund ihrer Erst- und Einmaligkeit sind Projekte durch einen mehr oder minder großer Anteil an Pionierar- beit gekennzeichnet, wobei der Weg zur Lösung anfangs oft unklar ist.40 Analog zur Projektdefinition definiert DIN 69901 das Projektmanagement als „die Gesamtheit von Führungsaufgaben, -organisation, -techniken und -mittel für die Ab- wicklung eines Projektes. Es schließt die Planung, Überwachung und Steuerung aller Aspekte eines Projektes sowie die Führung der Projektbeteiligten zur sicheren Errei- chung der Projektziele mit ein.“41 Dabei steht im Rahmen des Projektmanagements der Lösungsprozess, insbesondere dessen Moderation und Gestaltung im Fokus, und nicht die Lösung per se.42

Der Projektverlauf weist einen Prozesscharakter auf, ist aber durch seine Definiti- onsmerkmale von den permanenten Geschäftsprozessen bzw. Routinetätigkeiten sowie großen Veränderungsprozessen, deren Ende oft nicht absehbar ist, abzugren- zen. Die Abgrenzung erfolgt nicht immer ganz trennscharf, da sich oft Gemeinsam- keiten und Überschneidungen zwischen Projekten und den einzelnen Prozessarten ergeben können, und Projekte in den meisten Fällen auf dauerhafte Veränderungen ausgerichtet sind. Daraus resultiert ihr Konfliktpotential, da Veränderungen Instabili- tät in den etablierten Machtstrukturen zur Folge haben.43 Projekte sind auch selbst durch Prozesse gekennzeichnet, die bei verschiedenen Projekten identisch sein können und sich innerhalb eines Projektes auch wiederholen können. Ihre Darstel- lung erfolgt in der Regel in Form von Ablauf- oder Blockdiagrammen.44

Vor dem Beginn eines Projekts wird eine Anfrage im Sinne eines ersten Meilensteins formuliert. Sie stößt den Prozess, zunächst die Definitionsphase, an. Hierbei wird der Auftrag geklärt, woraufhin es zur Angebots- und zur Auftragserteilung (zweiter bzw. dritter Meilenstein) kommt. Es erfolgt der eigentliche Projektstart mit Beginn der Kon- zeptionsphase. Lag der Fokus bis zu diesem Zeitpunkt v.a. auf der Risikominimie- rung, gilt es jetzt, das geeignete Projektteam zu entwickeln. Im Anschluss an die Konzeptionsphase werden die erarbeiteten Konzepte begutachtet (Meilenstein K- Review), und der oder die erfolgsversprechendsten mit Beginn der Realisierungs- phase zur Umsetzung freigegeben. Im Lauf dieses Prozessabschnitts wird in regel- mäßigen und kurzen Abständen der Projektsstatus ermittelt. Nach dem jetzt auch das Team etabliert ist, gewinnt der Umgang mit Konfliktsituationen an Bedeutung. Nach Abschluss dieser Phase erfolgt die P-Review (Projektbesprechung) sowie wie die Vorabnahme. Auf Basis der Review-Meilensteine werden jeweils Fortführungs- bzw. Abbruchentscheidungen getroffen. Sie beinhalten sowohl eine retro- als auch eine prospektive Komponente. Es folgt die Einführungsphase, die ebenfalls eine Be- standaufnahme in Form eines Reviews umfasst, die Konfliktintensität nimmt langsam ab. Als finaler Meilenstein folgt die Abnahme durch den Kunden bzw. den Anwender, es beginnt die Nutzungsphase des Projektergebnisses. Das Projektende ist ebenso wichtig wie der Start, und die gesammelten Erfahrungen sollten ausgewertet und für spätere Projekte nutzbar gemacht werden.45

Projekte laufen in der Regel parallel zur normalen Geschäftstätigkeit und den Routineaufgaben ab. Für ein zielgerichtetes Zusammenarbeiten aller Projektbeteiligten und einen reibungsarmen Ablauf gewährleistet das Projektmanagement die organisatorische Eingliederung des Projekts in die sogenannte Stammorganisation (Aufbau- und Ablauforganisation) des Unternehmens. In der Praxis wird in der Regel zwischen der Projekt-Stabs-, der Reinen Projekt- und der Matrix-Projekt-Organisation sowie deren Mischformen unterschieden.46

Die hier betrachteten FuE-Projekte weisen spezifische Besonderheiten im Vergleich zu anderen Projektarten auf. Sie sind u.a. gekennzeichnet durch eine meist sehr ho- he technische Komplexität, ein kleineres Zeitfenster hinsichtlich der Markteinführung, einen hohen Grad an verschiedenen Risiken, intensive Kommunikationsanforderun- gen, vielfältige Schnittstellen.47 Auch innerhalb der FuE-Projekte gibt es verschiede ne Erscheinungsformen, wobei der Fokus dieser Arbeit auf Neu(produkt)entwicklungsprojekten liegt, deren Ziel darin besteht, ein neues Produkt auf den Markt zu bringen oder im Kundenauftrag zu entwickeln. Neben der Zielset- zung unterscheidet sich diese Projektart hinsichtlich des Zeitdrucks und des Pionier- anteils von anderen FuE-Projekten.48 Diese sogenannten Pionierprojekte stellen be- sondere Anforderungen an die Leiter und die Beteiligten in Bezug auf ihre Einstellungen und die Formen der Zusammenarbeit. Zu nennen sind hier insbesondere der Willen und die Fähigkeit zur interdisziplinären Zusammenarbeit, die permanente Lernbereitschaft und Motivation, gegenseitiger Respekt, eine offene und aktive Kommunikation, sowie Selbstdisziplin.49

Die Projektbeteiligten füllen die im Rahmen der Projektorganisation klar festgelegten Rollen aus, die Verantwortlichkeiten, Kommunikations- und Entscheidungswege vor- geben. Dabei kann es sich z.B. um Auftraggeber, Projektleiter, Kunden, Entscheider, Anwender, das Projektteam oder die Linienorganisation handeln, also die Stakehol- der im Sinne von mittelbar oder unmittelbar am Projekt beteiligte, vom Projekt betrof- fene oder am Projekt interessierte Personen(gruppen).50 Mit der Anzahl der Beteilig- ten steigt auch der Kommunikationsaufwand, da alle relevanten Informationen (Ziele, Ideen, Daten) rechtzeitig bei Bedarf verfügbar sein müssen. Hierbei kommen dem Projektleiter die Aufgaben zu, das Projekt sowohl nach außen gut zu verkaufen, Ziel- setzungen und Entscheidungen herbeizuführen, Resultate zu liefern und zu berich- ten, sowie das Vorhaben adäquat auch nach innen zu kommunizieren, es zu planen, zu organisieren, durchzuführen und dabei zu steuern, zu kontrollieren, und es abzu- sichern.51 Die Kommunikation verläuft nach zu Projektbeginn präzisierten Regeln und umfasst neben der passiven und aktiven Information auch Vereinbarungen und Ver- pflichtungen (Commitments) sowie Entscheidungen.52 Aus den vielfältigen techni- schen, organisatorischen, sozialen und kommunikativen Schnittstellen resultieren entsprechend hohe Anforderungen an die persönlichen, methodisch-fachlichen, so- zialen als auch unternehmerischen Kompetenzen des Projektleiters und der übrigen Teammitglieder, wobei alle vier Kompetenzfelder als erfolgskritisch anzusehen sind.53

Die unterschiedlichen Projektphasen und wechselnde Umfeldbedingungen stellen unterschiedliche Anforderungen an die anspruchsvolle Tätigkeit des Projektleiters, dadurch ist er angehalten, im Prozessablauf flexibel zwischen verschiedenen Rollen zu wechseln.54 Während er in der Ideensuch- bzw. Vorentwicklungsphase eher als „Coach“ agieren sollte, der Kreativität, Diskussionen und Interaktionen anregt, ge- winnt in der eigentlichen Entwicklungsphase das Leistungsdenken zunehmend an Bedeutung.55 Wurde der Projektauftrag direkt dem Projektleiter erteilt, trägt er auch die Hauptverantwortung sowohl für den Erfolg als auch für den Misserfolg des Pro- jekts. Ein im Sinne eines Diktators agierender Leiter muss in der Regel mit einem geringeren Engagement der Teammitglieder rechnen, in der Rolle eines Lehrers dürfte sein pädagogisches Gespür mehr aktive Mitarbeit begünstigen. Als Manager verplant und verfügt er eher anonym über die Projektressourcen, wohingegen ein Pa- tron als Oberhaupt der Mitarbeiterfamilie seine Schützlinge verteidigt, im Gegenzug aber Bewunderung und Gehorsam gegenüber seiner Person erwartet.56 Wurde im Gegensatz dazu der Auftrag dem (gesamten) Team erteilt, tritt der Projektleiter in den Hintergrund, er wird zum Koordinator. Das Team trifft die Entscheidungen, die Verantwortung wird auf die einzelnen Mitglieder verteilt, und der Leiter wirkt ausglei- chend, unterstützend, entlastend, z.B. durch die Übernahmen administrativer Aufga- ben, wobei er in dieser Rolle die entsprechende Akzeptanz im Team braucht. Meist erfolgt in diesem Fall die Auftrags- bzw. Aufgabenzuteilung durch einen starken Auf- traggeber bzw. einen etwaigen Lenkungsausschuss.

Während der gesamten Projektdauer ist es enorm wichtig, die Freude an der Arbeit und die Aussicht auf den Projekterfolg als Motivation aufrechtzuerhalten, in dem der Leiter als Enabler agiert und Widerstände beseitigt, damit das Team seiner fachli- chen und qualitativen Verantwortung im Rahmen der Aufgabenerfüllung nach- kommt.57

2.2 Anlässe und Hemmnisse von Innovationsprojekten

2.2.1 Innovationsanlässe

Innovationen sind weder Selbstzweck noch Selbstläufer. Vielmehr bedürfen sie einer Idee bzw. einer Initiative als Auslöser und Quelle des kreativen Schaffensprozesses. In diesem Sinne werden im folgenden Abschnitt zunächst Innovationsanlässe erläutert und im Anschluss wird auf Widerstände von Innovationen eingegangen.

Zahlreiche Autoren haben sich mit Anlässen für Innovationen auseinandergesetzt und hierfür verschieden Kategorisierungs-/Typisierungsmöglichkeiten erarbeitet.

Brockhoff nennt als Gliederungsmöglichkeiten für Innovationsanlässe den Entste- hungsort von Produktinnovationen sowie dessen Erfolgsbeitrag, die Veränderung von Angebots- bzw. von Nachfragebedingungen und die daraus resultierende Präfe- renzverschiebung hin zu einem neuen Eigenschaftsbündel sowie potentielle Akzep- tanzhindernisse, die ein Anbieter allein meist nicht zu überwinden vermag. Als in Frage kommende Entstehungsorte im Sinne von Quellen für neue Produktideen identifiziert er einzelne Geschäftsbereiche, wie das Marketing und die FuE, sowie die Geschäftsleitung, aber u.a. auch Kunden, wobei angemerkt wird, dass eine eindeuti- ge personelle Zuordnung nicht immer erfolgen kann. Er berücksichtigt in seiner Be- trachtung ebenso „technology push“ (Technologiedruck) und „demand pull“ (Nach- fragesog) als Quellen, weist jedoch auch hier auf die Abgrenzungsproblematik auf- grund von potentiellen Verzerrungen im Rahmen von empirischen Untersuchungen hin.58 Auch Schweizer sieht Abteilungen und einzelne Dependancen von Unterneh- men als potentielle Auslöser von Innovationen, insbesondere wenn diese versuchen, durch eigene Lösungen ihre Unabhängigkeit voneinander zu gewährleisten.59

Ebenso können sich die von Kunden bzw. Nutzern eingebrachten Ideen als Ursprung erfolgreicher Innovationen herausstellen. Brockhoff stellt hierbei die nutzer- bzw. an- wenderseitige Beteiligung an der Entwicklung bzw. Konstruktion in der Softwareent- wicklungs-, Bau-, Medizintechnik- und Flugzeugbaubranche anhand von Beispielen heraus.60 Auch Cleff verdeutlicht anhand der Ergebnisse einer CIS Studie „die her- ausragende Rolle der Kunden als Impulsgeber im Innovationsprozess“.61

Weitere Anlässe für Produktinnovationen können aus Veränderungen der Angebots- oder Nachfragebedingungen resultieren. Werden Faktorpreise, Faktormengen oder die Kosten der Faktorkombination durch Wettbewerber oder Institutionen derart be- einflusst, dass die Grenzkosten, die in die Preisbildung einfließen und deren Funktion die Angebotsbedingungen abbildet, ein Produkt unrentabel für den Anbieter bzw. bei relativer Preissteigerungen unattraktiv für den Abnehmer machen, kann der Innova- tor gezwungen werden, vermehrt Innovationsanstrengungen zur Suche nach Alterna- tiven zu unternehmen. Bei Veränderungen der Nachfragebedingungen kann ein sol- cher Innovationsdruck auf Veränderungen der Bedürfnisse von Abnehmern zurück- zuführen sein. Bedürfnisse ändern sich aufgrund von Umweltveränderungen, dem simplen Wunsch nach Veränderungen von Gewohnheiten oder aufgrund der Wahr- nehmung eines alternativen, als „besser“ erachteten Produkts, wobei „besser“ sich auf den Preis, den Nutzen, die Produkteigenschaften, aber auch auf die Art des Mar- ketings usw. beziehen kann.62 Auch die Zulässigkeit von Produktinnovationen kann durch Markteinführungs- und Akzeptanzhindernisse eingeschränkt oder gar nicht ge- geben sein. Solche Hindernisse resultieren aus den kulturellen Grenzen von Innova- tionen in Form von gesellschaftlichen Norm- und Regelsystemen, wie z.B. (Schutz- )Rechte, Verordnungen, Vorschriften und Verbote. Ebenso kann eine fehlende sozia- le Akzeptanz aufgrund der politischen aber auch medialen Meinungsbildung in der Bevölkerung die (weitere) Anwendung bestimmter Techniken einschränken oder ver- hindern, wie aktuelle Debatten zur Gentechnik belegen. Innovatoren sind in Folge dessen gezwungen, nach alternativen Lösungsmöglichkeiten zu suchen, was wie- derum das Hervorbringen63 weitere Produktinnovationen stimulieren kann.

Von Au bezeichnet im Rahmen seiner Typisierung von Innovationen die Anlässe für selbige als Induktionsmechanismen. Dabei differenziert er ebenfalls zwischen Push- Innovationen als mittelinduziert, Pull-Innovationen als zweckinduziert sowie den ei- gentlichen Innovationen im Sinne einer hybriden Form der Innovationslösung. Leider bleibt er in seiner Arbeit eine Erläuterung der letzteren schuldig.64 Feldmann arbeitet bei der Definition des Innovationsbegriffs dessen originäre Dimen- sion heraus, die den Auslöser des Innovationsimpulses abbildet. Er unterscheidet auch in angebotsinitiierte (technology push) und durch Nachfrage ausgelöste (de- mand pull) Innovationen, führt des weiteren jedoch noch eine dritte, aus gesellschaf- lichen Bedürfnissen abgeleitete und schließlich durch rechtliche Regulationen verfe- stigte Art, die sogenannte „society demand“ Innovation (z.B. Umweltinnovationen), auf. Alternativ bezeichnet er Innovationen, die im Gegensatz zu den reaktiv, d.h. durch Markt- oder Technologieimpulse ausgelöste, als antizipativ initiierte, die aus der visionären Vorstellungskraft des Innovators heraus entstanden sind. Gleichzeitig stellt er die Eigenständigkeit dieser Kategorie in Frage, da ein Nachweis für die Un- abhängigkeit einer solchen Antizipation/Vorstellungskraft von etwaigen Impulsen nur schwer zu erbringen sei. Gleiches gilt für die Differenzierung nach Push und Pull, da sich beide in der Regel bedingen und die Existenz beider als erfolgsrelevant für In novationen gilt.65 Zusätzlich nennt Feldmann auch situative Effekte als potentielle Anlässe für Innovationen. Dabei kann es sich sowohl um krisengetriebene, d.h. aus einer für das jeweilige Unternehmen bedrohlichen Lage heraus, als auch um chancengetriebene Innovationen handeln. Bei letzteren wirkt kein Handlungsdruck aufgrund einer akuten Notsituation sondern die potentiellen Erfolgsaussichten als Auslöser. Ursprung der jeweiligen Krise oder Chance können wiederum marktliche, technologische bzw. gesellschaftliche Impulse sein.66

Innovationen sind notwendig für die Wettbewerbsfähigkeit und letztendlich auch für das Überleben von Unternehmen und für die Sicherung des Wohlstands einer Volkswirtschaft. Innovationen stellen gleichzeitig Wagnisse dar, die sowohl ein Kon- fliktpotential als auch Risiken für die innovierende Organisation bergen, da sie unsi- cher in Bezug auf das erwartete Ergebnis sind und Veränderungen in Unternehmen bzw. ganzen Branchen zur Folge haben. Mit Piechs Worten: „Mit Innovationen geht ein Unternehmen immer Risiken ein. Ohne Innovationen geht ein Unternehmen im- mer ein.“67 Schweizer geht sogar soweit zu fragen, was denn an einer Idee wirklich neu sei, wenn diese nicht auf Widerstand stieße.68 Auf die Widerstände gegen Inno- vationen, die in vielfältiger Form auftreten können, wird im Folgenden ausführlich eingegangen.

2.2.2 Innovationshemmnisse

Witte identifizierte im Rahmen der Entwicklung seines Organisationsmodells personelle und sachliche Barrieren im Laufe des Innovationsprozesses. Diese stellen nach seinem Verständnis keine festen Schranken dar, sondern überwindbare Hindernisse im Sinne von graduellen Widerständen, die ganz oder nur teilweise überwunden werden können. Er führt die Existenz dieser Hindernisse auf eine fehlende spezifische und innovationsfördernde Organisationsform zurück sowie auf die unzulängliche Bereitschaft und Fähigkeit der am Innovationsprozess beteiligten Akteure, sich positiv eingestellt und aktiv an der Lösungssuche zu beteiligen.69

[...]


1 vgl. Schumpeter (1950), S. 134ff zitiert nach: Vahs, Burmester (2005), S. 2-5

2 Fischer, Lange (2005), S 367

3 vgl. Volkmann, Tokarski (2010), S 171 und von Au (2011), S. 16f.

4 vgl. Vahs, Burmester (2005), S. 60 und Pleschak, Sabisch (1996), S. 8 und Arnold u.a. (2010), S. 3

5 vgl. Vahs, Burmester (2005), S. 1 und Hauschildt, Salomo (2007), S. 3

6 vgl. Mueser (1985), S. 158-176 zitiert nach: Stockstrom (2009), S. 10

7 Hauschildt, salomo (2007), S. 7

8 vgl. ebenda, S. 13

9 vgl. Pleschak, Sabisch (1996), S. 14 und Vahs, Burmester (2005), S. 132

10 Brockhoff (2007), S. 22 und vgl. Johne, Salomo (2007), S. 724

11 vgl. Pleschak, Sabisch (1996), S. 15 und Brockhoff (2007), S. 21

12 vgl. Geschka (2005), S. 381 und Brockhoff (2007), S. 38

13 vgl. Zec (1998), S. 9 und Schebesch (1992), S. 1 und Götz (2008), S. 1f und Roy (1986), S. 2f

14 vgl. Walsh u.a. (1992), S. 7

15 vgl. http://www.ejki2009.de/ueber_das_europaeische_jahr_2009_2.html und Roland Berger, Handelsblatt Nr. 132 vom 12.07.02 Seite 11, 12.07.2002 und Bruder (2004), S. 201f

16 vgl. Pleschak, Sabisch (1996), S. 30 und von Au (2011), S. 51

17 vgl. von Au (2011), S. 17 und Vahs, Burmester (2005), S. 50 und Euringer (1995), S. 2

18 vgl. Pleschak, Sabisch (1996), S. 26-28 und Witte (73), S. 2f. und ebenda, S. 24f. und Vahs, Burmester (2005), S.85

19 vgl. von Au (2011), S. 24 und Pleschak, Sabisch (1996), S. 24 und Feldmann (2007), S. 37

20 vgl. Feldmann (2007), S. 43f. und von Au (2011), S. 51-53 und Pleschak, Sabisch (1996), S. 26f.

21 vgl. Vahs, Burmester (2005), S. 85f. und Pleschak, Sabisch (1996), S. 24 und Feldmann (2007), S. 37-42

22 vgl. Stockstrom (2009), S. 12 und Ernst (2007), S. 423-425 und Johne, Salomo (2007), S 725 und Balderjahn, Schnurrenberger (2005), S. 416

23 vgl. Hauschildt, Salomo (2007), S. 26f. und Hauschildt (2005), S. 166 und Stein (2007), S. 11

24 vgl. Pleschak, Sabisch (1996), S. 125 und ebenda, S. 263 und Hauschildt (1998), S. 2 und Vahs, Burmester (2005), S. 295f.

25 vgl. Fleisch, Thiesse (2005), S. 720 und Vahs, Burmester (2005), S. 298

26 Spath (2009), S. 13

27 vgl. Pleschak, Sabisch (1996), S. 263-266 und Vahs, Burmester (2005), S. 298 und Spath (2009), S. 4f. und ebenda, S. 13

28 vgl. Pleschak, Sabisch (1996), S. 266-268

29 vgl. Pleschak, Sabisch (1996), S. 263 und Fleisch, Thiesse (2005), S. 720

30 vgl. Pleschak, Sabisch (1996), S. 263-269 und Vahs, Burmester (2005), S. 303 und Johne, Salomo (2007), S. 726

31 vgl. Spath (2009), S. 3f.

32 vgl. Kugeler, Vieting (2005), S. 221f.

33 vgl. Pleschak, Sabisch (1996), S. 266 und Spath (2009), S. 5

34 vgl. Vahs, Burmester (2005), S. 304-313 und Pleschak, Sabisch (1996), S. 200-272

35 vgl. Schweizer (2008), S. 17

36 vgl. Brockhoff (2007), S. 43

37 vgl. Stockstrom (2009), S. 1

38 vgl. Schweizer (2008), S. 17

39 Stein (2007), S. 11

40 vgl. Stein (2007), S. 12 und Schweizer (2008), S. 17

41 Stein (2007), S. 13

42 vgl. Schweizer (2008), S. 17

43 vgl. Stein (2007), S. 14f. und Schweizer (2008), S. 17

44 vgl. Stein (2007), S. 67

45 vgl. ebenda, S. 68f.

46 vgl. ebenda, S. 36-39 und Schweizer (2008), S. 38-40

47 vgl. Stein (2007), S. 21

48 vgl. Schweizer (2008), S. 191f.

49 vgl. Stein (2007), S. 22 und Schweizer (2008), S. 194

50 vgl. Stein (2007), S. 40-42

51 vgl. Schweizer (2008), S. 31 und Stein (2007), S. 45

52 vgl. Stein (2007), S. 64

53 vgl. ebenda, S. 44 und ebenda, S. 63

54 vgl. Schweizer (2008), S 46

55 vgl. ebenda, S. 201

56 vgl. ebenda, S. 46

57 vgl. ebenda, S. 47-49 und Stein (2007), S. 46

58 vgl. Brockhoff (2007), S 24-26

59 vgl. Schweizer (2008), S. 141

60 vgl. Brockhoff (2007), S. 26

61 Cleff (2010), S. 262

62 vgl. Brockhoff (2007), S. 33-35

63 vgl. ebenda, S. 31f.

64 vgl. von Au (2011), S. 19f.

65 vgl. Feldmann (2007), S. 28-30

66 vgl. ebenda, S. 34f.

67 Schweizer (2008), S. 22

68 vgl. ebenda, S. 141

69 vgl. Witte (1973), S. 5f.

Ende der Leseprobe aus 80 Seiten

Details

Titel
Untersuchung der Rolle von Produktdesignern als Promotoren in Innovationsprojekten
Hochschule
Universität Stuttgart
Autor
Jahr
2012
Seiten
80
Katalognummer
V188101
ISBN (eBook)
9783656117254
Dateigröße
1344 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Innovationsmanagement, Design, Promotoren
Arbeit zitieren
Johann Debicki (Autor:in), 2012, Untersuchung der Rolle von Produktdesignern als Promotoren in Innovationsprojekten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/188101

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