Kiel ist für die frühe Neuzeit als „Adelsstadt“ angesprochen worden, ein Umstand, der sich der zeitweilig hohen Frequenz adeliger Häuser in Kiel verdankt, sowie der Institution des Kieler Umschlags, der als adeliger Kapitalmarkt zugleich auch als Ursache für das besondere adelige Interesse an der Stadt Kiel angenommen worden ist. Dabei ist das Bild vom Umschlag geprägt durch lebendige Beschreibungen, z.B. der eines Caspar Danckwerth aus dem Jahre 1652:
„Kiel ist für die schleswig-holsteinische Ritterschaft sehr günstig gelegen, ungefähr in der Mitte ihrer Edelsitze. Deshalb führen sie in Kiel, wo sie viele Häuser besitzen, wiederholt ansehnliche Zusammenkünfte wie Hochzeiten, Bestattungen usw. durch, und vor langer Zeit wurde dorthin auch der alljährliche sogenannte Umschlag gelegt, der eine jährliche Zusammenkunft vieler vornehmer Leute am Heiligen-Drei-Königs-Tag in der Stadt Kiel ist, nicht allein für den Adel in den beiden Fürstentümern Schleswig und Holstein, sondern auch für die königlichen und fürstlichen Rentemeister und andere Personen vornehmen und geringen Standes in grosser Zahl. Hier werden Gelder in vielen Tonnen Gold zusammengeführt, und wer einem anderen etwas schuldig ist, der bezahlt hier auf dem Umschlag. Wer Geld übrig hat, leiht es gegen Zinsen wieder aus. Die Zusammenkunft führt den Namen Umschlag deshalb, weil man dort Geld umsetzt und umschlägt, d.h. von einem zum anderen wendet oder Wechsel dafür ausstellt ... Sonst ist in dieser Stadt Kiel das Jahr über kein besonderer Handel, obwohl sie einen guten und bequemen Hafen hat.“
Fragt man aber insbesondere nach dem mittelalterlichen Kieler Umschlag, bzw. seinem Kapitalmarkt und dem Adel, der diese Institution in seiner Stadt initiiert hat, ist ein Bild sehr viel weniger deutlich zu fassen, als es Danckwerth vielleicht noch aus unmittelbarer Anschauung hatte gewinnen können, und man ist geneigt, auf die Warnung zu hören, neuzeitliche Zustände nicht einfach auf das Mittelalter anzuwenden . Da vorliegende Arbeit im Rahmen eines Seminars zum mittelalterlichen Städtewesens in Schleswig und Holstein entstanden ist, liegt der Schwerpunkt des Interesses automatisch im Mittelalter, was angesichts der überragenden Bedeutung, die dem Kieler Umschlag in der Frühen Neuzeit zukommt, nicht immer leicht zu handhaben ist. Es bietet sich jedoch im Rahmen der Fragestellung an, insbesondere die Quellen zu seinen mittelalterlichen Anfängen genauer zu betrachten.
Inhalt
1. Einleitung
2. Die Stadt Kiel
2.1. Stadt und Adel
2.2. Die Lage der Stadt in Schleswig und Holstein
2.3. Kiel als Kapitalmarkt - der Rentenmarkt
3. Kiel als Adelsstadt
3.1. Der holsteinische Adel
3.2. Kiel als Tagungsort des Adels
3.3. Adelige Finanzen
3.3.1. Der Adel als Kriegsunternehmer
3.3.2. Adelige Eigenwirtschaft und Gutswirtschaft
3.3.3. Der Umschlag: Der Rezeß von
3.4. Der Adel in Kiel
3.4.1. Adelige Amtmänner
3.4.2. Adeliger Grundbesitz
3.4.3. Hochzeiten des Adels
3.4.4. Der Ritterkaland zu Kiel
3.4.5. Adelige Übergriffe
4. Der Kieler Umschlag
4.1. Anfänge
4.2. Ort
4.3. Termin
4.4. Zusammenfassung
5. Fazit und Ausblick auf das „Jahrhundert der Adelswirtschaft“
6. Quellen- und Literaturverzeichnis
- Arbeit zitieren
- Björn Fricke (Autor:in), 2008, Kiel als Adelsstadt und Kapitalmarkt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/188729
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