Der Sachverhalt ist das Gesetz der Strasse:
A und B wollen etwas gegen die mögliche Einführung von generellem Tempo 30 im Innenstadtbereich tun und mit entsprechenden Beschriftungen auf ihren Autos freiwillig im Berufsverkehr 30 Km/h fahren und so die anderen Autofahrer "ausbremsen" und so auf ihr Anliegen aufmerksam machen.
Der Polizeipräsident Berlin schreibt, das Vorhaben sei keine Versammlung i.S. des Versammlungsgesetzes, zuständigkeitshalber habe er den Antrag der beiden an die Verkehrslenkung Berlin weitergeleitet.
Diese schreibt den A und B, man betrachte ihren Antrag als Antrag auf eine Sondernutzungsgenehmigung, die man ihnen allerdings versagen müsse, dann der Zweck der Aktion sei das Begehen von Ordnungswidrigkeiten etc. Rechtsanwalt R soll sie beraten.
Es gibt deutliche Parallelen zu den tatsächlichen Fällen Loveparade und Fuckparade. Themen: Straßen- und Straßenverkehrsrechtliche Sondergenehmigungen im Spannungsfeld zu den Grundrechten Art 5 GG Meinungsfreiheitund Art. 8 GG Versammlungsfreiheit.
Einige Vorgaben aus dem Sachverhalt erwiesen sich im Nachhinein als mehrdeutig und wurden von den Bearbeitern unterschiedlich aufgefasst. Fast jeder zweite Bearbeiter entschied sich für ein Widerspruchsverfahren nach Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, so auch der Autor. Der Aufgabensteller hatte auf eine Feststellungsklage abgezielt.
Da der Verfasser das Konstrukt Widerspruchsverfahren nach Wiedereinsetzung konsequent umgesetzt hat und am Ende genauso zum gewollten Ergebnis "Ermessensfehler" der Verkehrslenkung kommt, gab es trotzdem eine gute Note. Sehr informativ und mit vielen Literaturhinweisen zu den beiden Grundrechtsthemen Versammlungsfreiheit und Meinungsfreiheit, aber auch zu Straßenverkehrsrechtlichen und Straßenrechtlichen Problematiken Sondernutzungsgenehmigung, Sondergenehmigung nach § 29 II StVO und Ausnahmegenehmigung nach § 46 StVO. Hier kommt primär das Berliner Straßengesetz zur Anwendung (landesrechtlich) und nur sekundär das Fernstrassengesetz (Bundesrecht). Außerdem zeigt der Verfasser ganz schön, wie man sich im Öffentlichen Recht aus der Affaire zieht, wenn man selbst nicht weiter weiß: Diskutieren und dann: Das hätte die Behörde bei ihrer Ermessens-Entscheidung mit in Erwägung ziehen müssen! Die Bearbeitervermerke sind in lesbarer Schrift mit eingefügt. BITTE ZITIERT MICH FLEISSIG!
"Eine sehr vertiefte, phantasievolle und v.a. normorientierte Bearbeitung ! Nur manchmal etwas zu phantasievoll - 13 Punkte"
Inhaltsverzeichnis
Teil 1: Vorgehen gegen das Schreiben des Polizeipräsidenten
A. Widerspruchsverfahren § 68 ff. VwGO
B. Zulässigkeit
I. Eröffnung des Verwaltungsrechtsweg § 40 I VwGO, § 1 I AGVwGO Berlin analog
1. Öffentlich-Rechtliche Rechtsnatur
a) Abgrenzungstheorien
aa) Interessentheorie
bb) Subordinationstheorie
cc) Modifizierte Subjektstheorie
b) Ergebnis Abgrenzungstheorien
2. Nichtverfassungsrechtliche Rechtsnatur
3. Abdrängende Sonderzuweisung § 40 II VwGO
II. Statthaftigkeit § 68 I S. 1 VwGO
1. Verpflichtungswiderspruch § 68 II VwGO
2. Anfechtungswiderspruch § 68 I, S.1 VwGO
a) Rechtsnatur des Schreibens des Polizeipräsidenten
aa) Wissenserklärung
bb) Belastender Feststellender Verwaltungsakt
b) Stellungnahme / Ergebnis
3. Ergebnis Widerspruchsart
4. Unstatthaftigkeitstatbestände
a) Besondere gesetzliche Regelung § 68 II VwGO
b) Ablehnungsbescheid oberste Landesbehörde § 68 II WwGO
c) Erstmalige Beschwer 68 I VwGO
5. Entbehrlichkeit des Vorverfahrens § 75 VwGO
a) Untätigkeit § 75 S. 1, Var 1 VwGO:
b) Nichtentscheidung Verpflichtungswiderspruch § 75 S. 1, Var. 2
6. Ergebnis Statthaftigkeit
III. Widerspruchsbefugnis, § 42 II VwGO analog
IV. Beteiligten- und Handlungsfähigkeit §§ 11, 12 VwVfG
V. Widerspruchsfrist § 70 I, S. 1 VwGO
1. Streit Fristenberechnung
a) 1. Ansicht:
b) 2. Ansicht:
c) Streitentscheid / Rechtsfolge
2. Jahresfrist § 70 II i.V.m. § 58 II VwGO
3. Heilung durch Sachentscheid
4. Wiederaufgreifen des Verfahrens § 51 VwVfG
5. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand §§ 45 III, 32 VwVfG
a) Versäumnis gesetzliche Frist §§ 45 III VwVfG, 70 I VwGO
b) Verschulden § 45 III VwVfg
c) Kausalität § 45 III VwVfg
d) Formelle Voraussetzungen § 32 II VwVfg
e) Antragstellung § 32 II, S.1 VwVfg
f) Antragsfrist § 32 II, S.1 VwVfg
g) Rechtsfolge / Ergebnis Wiedereinsetzung § 32 VwVfg
6. Zwischenergebnis Widerspruchsfrist
VI. Zuständige Behörde, § 70 VwGO
VII. Rechtsfolge / Zwischenergebnis Zulässigkeit des Widerspruchs
C. Ergebnis Zulässigkeit
D. Begründetheit des Widerspruchs
I. Inzidentprüfung Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes
1. Ermächtigungsgrundlage
2. Voraussetzungen
a) Formelle Voraussetzungen
aa) Zuständigkeit
bb) Verfahren
(1) Anhörung § 28 VwVfG
(2) Nichtabweichen § 28 II, Nr. 3 VwVfG
(3) Hilfsweise: Heilung nach § 45 I, Nr.3 VwVfG
(4) Hilfsweise: Heilung durch Widerspruch
cc) Ergebnis / Rechtsfolge Verfahren
dd) Form
(1) Bestimmtheit und Form § 37 VwVfG
(2) Begründung § 39 VwVfG
(3) Rechtsbehelfsbelehrung, §§ 58, 59 VwGO
(4) Rechtsfolgen Formfehler
(a) Nichtigkeit § 44 VwVfG
(b) Heilbarkeit § 45 VwVfG
(c) Unbeachtlichkeit § 46 VwVfG
b) Materielle Voraussetzungen
aa) Weiter Versammlungsbegriff
bb) Engerer Versammlungsbegriff
cc) Ganz Enger Versammlungsbegriff
dd) Stellungnahme
ee) Merkmal "Öffentlichkeit"
3. Ergebnis materielle Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes
II. Rechtsfolge / Ergebnis Verwaltungsakt
E. Rechtsfolge / Ergebnis Widerspruchsverfahren
Teil 2 : Vorgehen gegen das Schreiben der Verkehrslenkung Berlin
A. Widerspruch gegen Ablehnungsbescheid §§ 68 ff. VwGO
I. Zulässigkeit
1. Eröffnung des Verwaltungsrechtsweg § 40 I VwGO analog
a) Öffentlich-Rechtliche Rechtsnatur
b) Nichtverfassungsrechtliche Rechtsnatur
c) Abdrängende Sonderzuweisung § 40 II VwGO
2. Statthaftigkeit § 68 I S. 1 VwGO
3. Widerspruchsbefugnis, § 42 II VwGO analog
4. Beteiligten- und Handlungsfähigkeitfähigkeit §§ 11, 12 VwVfG
5. Widerspruchsfrist § 70 I, S. 1 VwGO
6. Zuständige Widerspruchsbehörde, § 70 VwGO
II. Ergebnis Zulässigkeit
III. Begründetheit des Widerspruchs
1. Die Rechtmäßigkeit des Bescheids der Verkehrslenkung Berlin
a) Ermächtigungsgrundlage
aa) § 11 BerlStrG, § 8 FStrG
(1) Abgrenzung Gemeingebrauch / Sondernutzung
(2) Schutzbereich des Art. 5 GG
(3) Ergebnis Abgrenzung Gemeingebrauch / Sondernutzung
bb) Sondererlaubnis §§ 13, 11 BerlStrG, §§ 29 II, 46 II StVO
b) Formelle Voraussetzungen
aa) Zuständigkeit
bb) Verfahren
cc) Form
(1) Unrichtigkeit § 42 VwVfG
(2) Unbeachtlicher Formfehler
(3) Ergebnis Formfehler
c) Materielle Voraussetzungen §§ 13, 11 BerlStrG, §§ 29 II StVO
d) Rechtsfolge / Ermessen
aa) Ermessensprüfung / Verhältnismäßigkeit
(1) Geeignetheit
(a) Normzweck Schutz des Straßenverkehrs
(b) Normzweck Ermöglichung von Veranstaltungen
(c) Stellungnahme Normzweck
(2) Erforderlichkeit
(3) Angemessenheit
bb) Ergebnis Ermessensprüfung / Verhältnismäßigkeit
2. Ergebnis Rechtmäßigkeit des Bescheids der Verkehrslenkung
IV. Ergebnis Begründetheit des Widerspruchs
B. Ergebnis Widerspruch
Teil 3: Die Aktion der A und B als Versammlung nach dem VersG
A. Mögliche Vorschläge des R
I. Herstellung von Öffentlichkeit
II. Personenmehrheit
III. Fahrtrouten
IV. Thema der Versammlung
B. Vorteile einer Versammlung nach dem VersG
I. Entfallen der Erlaubnispflicht
II. Verkehrsrechtliche Argumente
III. Finanzielle Argumente
Gutachten
Teil 1: Vorgehen gegen das Schreiben des Polizeipräsidenten
A. Widerspruchsverfahren § 68 ff. VwGO
R könnte A und B raten, gegen das Schreiben des Polizeipräsidenten Widerspruch (§ 69 VwGO; § 26 I, S.1 AZG) einzulegen. Der Widerspruch wird Erfolg haben, wenn er zulässig und begründet ist.
B. Zulässigkeit
I. Eröffnung des Verwaltungsrechtsweg § 40 I VwGO, § 1 I AGVwGO Berlin analog
Das Widerspruchsverfahren ist ein Verwaltungsverfahren, dessen Durchführung zugleich Sachentscheidungsvoraussetzung eines späteren gerichtlichen Verfahrens ist. Deshalb müssen die Anforderungen des § 40 I 1 VwGO für die zulässige Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage auch bei der Erhebung eines Widerspruchs gegeben sein. Ein Widerspruch ist demnach gem. § 40 I VwGO nur zulässig, wenn der nachfolgende Prozess eine öffentlich- rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art wäre und keine abdrängende gesetzliche Zuweisung besteht.
1. Öffentlich-Rechtliche Rechtsnatur
Eine Streitigkeit ist öffentlich-rechtlich, wenn das Rechtsverhältnis, aus dem der Klageanspruch abgeleitet wird, öffentlich rechtlich ist.
a) Abgrenzungstheorien
aa) Interessentheorie
Nach der Interessentheorie ist das zumindest dann der Fall, wenn die zugrundeliegende Norm öffentlich-rechtlich ist: Die streitentscheidende Norm ist öffentlich-rechtlich, wenn sie dem öffentlichen Interesse dient. Hier geht es um §§ 1, 14 VersG in Vbd. mit Art. 8 GG. Bede Normen dienen dem öffentlichen Interesse, Art 8 GG insofern er die Versammlungsfreiheit garantiert, das Versammlungsgesetz, indem es einen Rechtsrahmen schafft in dem dieses Recht unter Berücksichtigung der allgemeinen Interessen der Öffentlichkeit ausgeübt werden kann. Danach ist die vorliegende Streitigkeit öffentlich-rechtlicher Natur.
bb) Subordinationstheorie
Die Subordinationstheorie unterscheidet danach, ob ein Über- und Unterordnungsverhältnis vorliegt. Dies ist immer der Fall, wenn es um einen Verwaltungsakt, eine Satzung oder eine Rechtsverordnung geht. Ob hier ein Verwaltungsakt (§ 35 VwVfG[1] ) vorliegt, könnte jedoch noch fraglich sein. Jedenfalls lässt sich aus der einseitigen Zurückweisung der Anmeldung durch den Polizeipräsidenten ein Über- und Unterordnungsverhältnis ausmachen, insofern er A und B's Anmeldung seiner Beurteilung unterwirft. Danach ist die vorliegende Streitigkeit öffentlich-rechtlicher Natur.
cc) Modifizierte Subjektstheorie
Die modifizierte Subjektstheorie oder Sonderrechtstheorie beurteilt den öffentlich-rechtlichen Charakter danach, ob die streitentscheidende Norm ausschließlich einen Hoheitsträger einseitig berechtigt oder verpflichtet. Hier geht der Streit um die §§ 14f. VersG. § 15 VersG ermächtigt jedenfalls die Versammlungsbehörde z.B. zur Erteilung von Auflagen. Sie handelt dabei hoheitlich, d.h. in Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben (§ 1 IV VwVfG). Danach ist die vorliegende Streitigkeit öffentlich-rechtlicher Natur.
b) Ergebnis Abgrenzungstheorien
Da alle drei Theorien zum selben Ergebnis kommen, braucht der Streit hier nicht entschieden zu werden. Die Streitigkeit zwischen A du B einerseits und dem Polizeipräsidenten Berlin andererseits ist öffentlich-rechtlicher Natur.
2. Nichtverfassungsrechtliche Rechtsnatur
Das Nichtvorliegen einer verfassungsrechtlichen Streitigkeit wird anhand einer positiven Definition dessen, was eine verfassungsrechtliche Streitigkeit darstellt, festgestellt. Danach sind Streitigkeiten verfassungsrechtlicher Art Streitigkeiten zwischen am Verfassungsleben unmittelbar beteiligten Rechtsträgern, Verfassungsorganen und Teilen von solchen um ihre aufgrund von Verfassungsrecht zukommende Rechte, Pflichten, Kompetenzen, sowie Normenkontrollverfahren[2].
Hier streiten A und B um die Anmeldung ihrer Aktion als "Öffentliche Versammlung" nach § 14 VersG., Art. 8 GG. Die Streitigkeit ist also keine verfassungsrechtliche Streitigkeit.
3. Abdrängende Sonderzuweisung § 40 II VwGO
Abdrängende Sonderzuweisungen i.S.v. § 40 II VwGO sind nicht ersichtlich.
II. Statthaftigkeit § 68 I S. 1 VwGO
Fraglich muss zunächst sein, ob hier nach §§ 68 I S.1, 69 VWGO ein Anfechtungs- oder ein Verpflichtungswiderspruch nach §§ 68 II, 69 in Frage kommt.
Der Anfechtungswiderspruch ist statthaft, wenn das Gesetz ein Widerspruchsverfahren vorschreibt, also später eine Anfechtungsklage in Betracht kommt (§ 68 I S. 1 VwGO) und die Aufhebung eines belastenden VA begehrt wird, der sich noch nicht erledigt hat.
Der Verpflichtungswiderspruch ist dagegen statthaft, soweit die Ablehnung eines Verwaltungsaktes rechtswidrig oder unzweckmäßig ist, und der Widerspruchsführer dadurch in seinen Rechten bzw. rechtlich geschützten Interessen verletzt ist, und einen Anspruch auf nochmalige Bescheidung hat (§ 113 V, S.2 VwGO analog). Hier wollen A und B immer noch ihre Aktion als "Öffentliche Versammlung" i.S. des § 14 VersG anmelden. Dieses Begehren muss zunächst in seiner Rechtsnatur untersucht werden.
1. Verpflichtungswiderspruch § 68 II VwGO
Ein Verwaltungsakt ist auch die behördliche Ablehnung eines Verwaltungsaktes[3]. Jedoch entscheidend für die Statthaftigkeit eines Verpflichtungswiderspruchs ist ob "die Situation der Verpflichtungsklage in der Form der Versagungsgegenklage (§ 42 Abs. 1) gegeben ist. … Es kommt also … allein auf den Verwaltungscharakter der begehrten Maßnahme an, und nicht etwa auf die Rechtsnatur der Versagung".[4] Aus dem Sachverhalt muss fraglich sein, ob A und B tatsächlich einen Verwaltungsakt begehren. In Frage kämen hier ausschließlich ein Verbots- oder Auflagenbescheid gem. § 15 I VersG: Hilfsweise ließe sich nämlich orientiert an der Verwaltungspraxis konstruieren, das Ziel von A und B liege in einem "Negativbescheid" i.S. des § 15 I VersG, also in einem Verwaltungsakt, der im Idealfall den Verzicht der Versammlungsbehörde auf Auflagen nach § 15 I VersG festlegt.[5] Doch dagegen spricht die Systematik der §§ 14, 15 VersG vor dem Hintergrund von Art. 8 I GG. Grundsätzlich hat der Veranstalter einer Versammlung i.S. des Versammlungsgesetzes nicht mehr zu besorgen als die Anmeldung. Wollte man nun einen Bescheid nach § 15 VersG als das eigentliche Ziel der Anmeldung definieren, dann würde man die Wertungen des Art. 8 I in sein Gegenteil verkehren, denn dann rückte man die an sich unproblematische Anmeldung schon nahe an eine Erlaubnis oder Genehmigung, was der Grundnorm Art. 8 I GG völlig zuwiderliefe.[6] "Dies wird in Rechtsprechung und Literatur dahingehend verstanden, dass das Anmeldeerfordernis (§ 14 VersG) im Zusammenspiel mit der Auflage-möglichkeit (§ 15 VersG) sonstige Genehmigungs- und Erlaubnisakte der allgemeinen Rechtsordnung … ersetzt."[7]
Vielmehr ist dagegen aus dem Sachverhalt und der Lebenswirklichkeit anzunehmen, dass A und B lediglich eine gesetzlich zwar nicht vorgesehene, aber in der Verwaltungspraxis übliche[8] Anmeldebestätigung ihrer Aktion als Öffentliche Versammlung gem. § 14 VersG erstreben, jedenfalls aber deren Annahme. Diese ist jedoch kein Verwaltungsakt, denn: "Sie enthält keine Regelung, sondern bestätigt nur, dass und welche Anmeldung eingegangen ist."[9]
Demnach kommt ein Verpflichtungswiderspruch nicht in Betracht, da A und B keinen Verwaltungsakt begehren.
2. Anfechtungswiderspruch § 68 I, S.1 VwGO
Nach alldem kann nur die Aufhebung eines Verwaltungsaktes das Ziel des Widerspruchs sein. In Frage kommt hier allein die Zurückweisung des Antrags auf Anmeldung einer Versammlung durch das Schreiben des Polizeipräsidenten. Wird diese Zurückweisung durch einen erfolgreichen Anfechtungswiderspruch aufgehoben, dann bleibt die Anmeldung von A und B als nach den Vorgaben des § 14 VersG vollständig und richtig erfolgt zurück, und die Behörde hat nur noch die Möglichkeiten Auflagen nach § 15 I zu erteilen. Allerdings ist ein Widerspruch i.d.R. nur statthaft, wenn er sich gegen einen Verwaltungsakt richtet[10]. Dazu müsste das Schreiben des Polizeipräsidenten tatsächlich ein Verwaltungsakt sein.
a) Rechtsnatur des Schreibens des Polizeipräsidenten
Ein Verwaltungsakt (§ 35 VwVfG) ist jede Maßnahme einer Behörde zur hoheitlichen Regelung eines Einzelfalls (konkret-individuell) auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts mit rechtlicher Außenwirkung. Hoheitlich und auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts handelt die Behörde in der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben (§ 1 IV VwVfG).
aa) Wissenserklärung
Das Schreiben des Polizeipräsidenten könnte eine sogenannte Wissenserklärung sein, und damit ein Realakt, der nicht auf die Setzung einer Rechtsfolge abzielt, sondern lediglich eine Information gibt über die bestehende Rechtslage.[11] Insbesondere zweifelhaft könnte erscheinen, ob das Schreiben des Polizeipräsidenten überhaupt den Regelungscharakter trägt, der zwingende Voraussetzung ist für das Vorliegen eines Verwaltungsaktes und dem ihm innewohnenden Maßnahmencharakter.[12] Im Zweifel ist durch Auslegung am Empfängerhorizont im Sinne des § 133 BGB analog zu ermitteln, ob für den Adressaten erkennbar war, dass eine einseitige, verbindliche und hoheitliche Regelung durch die Behörde gewollt ist.[13] Nach dem Sachverhalt messen A und B dem Schriftstück keine größere Bedeutung bei, und auch aus der Perspektive eines verständigen Dritten wird den A und B lediglich die bestehende Rechtslage erklärt, i.S. einer schlichten Bürgerinformation oder Auskunft. Danach ist das Schreiben des Polizeipräsidenten kein Verwaltungsakt.
bb) Belastender Feststellender Verwaltungsakt
In Bezug auf Bescheide deren Regelungscharakter zweifelhaft sein kann, hat das OVG NRW jedoch definiert: Entscheidend sei, "ob durch sie Rechte begründet, geändert, aufgehoben oder verbindlich festgestellt werden oder die Begründung, Änderung, Aufhebung oder verbindliche Feststellung solcher Rechte mit Außenwirkung abgelehnt wird."[14]
Eine derart potentiell verbindliche Regelung könne auch dann anzunehmen sein, so das OVG NRW weiter, wenn eine generelle und abstrakte Regelung des Gesetzes für den Einzelfall mit Bindungswirkung als bestehend oder nicht bestehend festgestellt, konkretisiert oder individualisiert werde. So haben auch das VG Berlin[15] und in der Folge auch das OVG BBrb[16] in einem vergleichbaren Fall entschieden: Die Feststellung, eine Veranstaltung sei keine Versammlung i.S. des VersG durch die Versammlungsbehörde sei ein belastender feststellender Verwaltungsakt[17]. Das OVG BBrb erkennt dabei zudem abweichend von der Vorinstanz eine Prüfungskompetenz der Versammlungsbehörde, die sich aus Auslegung der §§ 14 I, 15 I VersG ergebe.[18] "Anderenfalls wäre es durch eine beliebige Anmeldung möglich, jedwede Veranstaltung in diesen besonderen Kreis [der durch § 1 VersG, Art. 8 GG privilegierten "öffentlichen Versammlung"] zu erheben."[19] Danach ist das Schreiben des Polizeipräsidenten ein Verwaltungsakt.
b) Stellungnahme / Ergebnis
"Generell messen juristische Laien formlosen Erklärungen mindere Bedeutung zu",[20] und so liegt auch der Fall bei A und B nach dem Sachverhalt. Der Laie mag auch als verständiger Dritter i.S. des § 133 BGB einen Verwaltungsakt nicht immer gleich als solchen erkennen können. Und wie in den oben zitierten Urteilen könnte auch im vorliegenden Fall ebenso der gerichtlich Klärung bedürfen, ob das Schreiben des Polizeipräsidenten Berlin tatsächlich ein Verwaltungsakt i.S. des § 35 VwVfG ist. Jedoch sind für die Charakterisierung hoheitlichen Handelns als Verwaltungsakt abseits der geringfügigen Formerfordernisse des § 37 VwVfG andere Merkmale ausschlaggebend: Auf der Rechtsfolgenseite bleibt den A und B die Privilegierung ihrer Aktion nach § 1 VersG, Art. 8 GG versagt. Könnte auch der Regelungscharakter des Schreibens formal gesehen fraglich sein, ist er materiell für A und B tatsächlich belastender Natur. Der jüngeren Rechtsprechung, die materielle Gesichtspunkte für die Auslegung mit heranzieht, ist von daher zuzustimmen. Das Schreiben des Polizeipräsidenten ist demnach ein Verwaltungsakt.
3. Ergebnis Widerspruchsart
A und B können gem. § 68 I S.1 VWGO ein Anfechtungswiderspruch einlegen gegen das Schreiben des Polizeipräsidenten und die Aufhebung der Zurückweisung als "öffentliche Versammlung" nach § 14 VersG begehren. Die Beeinträchtigung durch die Ablehnungsbescheid des Polizeipräsidenten ist auch noch nicht entfallen, da die Aktion ja erst noch in der Zukunft stattfinden soll.
4. Unstatthaftigkeitstatbestände
Nach § 68 I S.2 könnte einer dort genannten Ausnahmetatbestände vorliegen, die der Statthaftigkeit des Widerspruchs entgegenstehen.
a) Besondere gesetzliche Regelung § 68 II VwGO
Ein Unstatthaftigkeitstatbestand kraft besonderer gesetzlicher Regelung gem. § 68 II i.V.m. I 2, 1.Var. VwGO liegt nicht vor.
b) Ablehnungsbescheid oberste Landesbehörde § 68 II WwGO
Ein Ablehnungsbescheid einer obersten Bundes- oder Landesbehörde gem. § 68 II i.V.m. I 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor: Der Polizeipräsident ist obere Landesbehörde des Landes Berlin. (Art. 55, 67 I, S.1, S2 Nr.2 BLNVerf). Oberste Landesbehörde ist der Senat: BLNVerf, Art. 67 I S.2 Nr. 2., §§ 2 I, 3 Nr. 2., 8 I, S.1 AZG, § 5 ASOG Berlin.
c) Erstmalige Beschwer 68 I VwGO
Eine erstmalige Beschwer durch einen Abhilfe- oder Widerspruchsbescheid gem. § 68 I, S. 2 Nr. 2 VwGO liegt ebenfalls nicht vor.
5. Entbehrlichkeit des Vorverfahrens § 75 VwGO
Das Vorverfahren könnte aber auch nach § 75 VWGO entbehrlich sein.
a) Untätigkeit § 75 S. 1, Var 1 VwGO:
Entscheidet die Behörde über einen Antrag nicht oder nicht in angemessener Zeit, dann ist das Vorverfahren gem. § 75 S. 1, 1. Alt. VwGO entbehrlich. Hier hat sich jedoch der Polizeipräsident. Berlin für unzuständig erklärt. Auch das ist eine Entscheidung i.S. von § 75 S. 1, 1. Alt. VwGO. Ein Fall von Untätigkeit i.S. des § 75 S. 1, Var 1 VwGO liegt demnach nicht vor.
b) Nichtentscheidung Verpflichtungswiderspruch § 75 S. 1, Var. 2
Entscheidet die Behörde über einen Antrag nicht oder nicht in angemessener Zeit, dann ist das Vorverfahren gem. § 75 S. 1, 2. Alt. VwGO entbehrlich. A und B haben jedoch noch keinen Widerspruch eingelegt, insoweit kommt § 75 S. 1, Var. 2 nicht in Betracht.
6. Ergebnis Statthaftigkeit
Der Widerspruch ist statthaft, besondere Unstatthaftigkeitstat-bestände oder Entbehrlichkeitsgründe liegen nicht vor.
III. Widerspruchsbefugnis, § 42 II VwGO analog
Der Widerspruchsführer, der sich gegen einen belastenden VA zur Wehr setzt, muss geltend machen, durch den beanstandeten VA in eigenen Rechten betroffen zu sein. Nach der allgemein anerkannten Möglichkeitstheorie muss die Rechtsverletzung zumindest als möglich erscheinen. A und B könnten in ihrem Recht, eine öffentliche Versammlung zu veranstalten nach § 1 VersG, und in ihrem Grundrecht nach Art. 8 I GG in Vbdg. mit Art. 26 I BLNVerf verletzt sein.[21] Die Widerspruchsbefugnis liegt somit vor.
IV. Beteiligten- und Handlungsfähigkeit §§ 11, 12 VwVfG
Als natürliche Personen sind A und B beteiligtenfähig. An der Handlungsfähigkeit von A und B im Sinne von § 12 I Nr. 1 VwVfG besteht nach dem Sachverhalt kein Zweifel.
V. Widerspruchsfrist § 70 I, S. 1 VwGO
Grundsätzlich müssten A und B innerhalb der Monatsfrist des § 70 I, S. 1 VwGO gegen den Ablehnungsbescheid vom 10. Januar vorgehen, sofern nicht ein Ausnahmetatbestand eingreift.
1. Streit Fristenberechnung
Streit herrscht in der Rechtswissenschaft, wie die Monatsfrist des § 70 I VwGO zu berechnen ist.[22]
a) 1. Ansicht:
Gem. §§ 57 II VwGO, § 222 ZPO i.V.m. §§ 187 ff. BGB, da § 57 VwGO für alle Fristen der VwGO gelte. Danach endete die Widerspruchsfrist des § 70 I am 10. Februar um 24 Uhr. Nach dieser Ansicht haben A und B die Monatsfrist des § 70 I VWGO versäumt, ihr Widerspruch kann nicht mehr fristgerecht erfolgen.
b) 2. Ansicht:
Gem. §§ 79, 31 VwVfG i.V.m. §§ 187 ff. BGB, da § 70 VwGO nicht ausdrücklich auf § 58 VwGO verweist. Auch danach endete die Widerspruchsfrist des § 70 I am 10. Februar um 24 Uhr. Auch nach dieser Ansicht haben A und B die Monatsfrist des § 70 I VWGO versäumt.
c) Streitentscheid / Rechtsfolge
Da beide Ansichten zum selben Ergebnis kommen. braucht der Streit nicht entschieden zu werden. A und B können nicht mehr fristgerecht Widerspruch einlegen, sofern nicht ein Ausnahmetatbestand greift.
2. Jahresfrist § 70 II i.V.m. § 58 II VwGO
Bei fehlender bzw. unrichtiger Rechtsbehelfsbelehrung schreiben die §§ 70 II, 58 II eine Verlängerung der Widerspruchsfrist auf ein Jahr vor. Die Rechtsmittelbelehrung wurde jedoch nach dem Sachverhalt vollständig und in richtiger Weise erteilt. Eine Verlängerung der Jahresfrist kommt daher nicht in Betracht. Der Ablehnungsbescheid des Polizeipräsidenten. Berlin vom 10. Januar 2011 ist seit 11. Februar 2011, 0:00 Uhr bestandskräftig und zunächst unanfechtbar.
3. Heilung durch Sachentscheid
R könnte sich dafür entscheiden A und B dahingehend zu beraten, das Fristversäumnis zu ignorieren, trotzdem einen formal ordnungsgemäßen Widerspruch einzulegen und einen Widerspruchsbescheid abzuwarten. Nach ständiger Rechtsprechung soll es bei einseitig belastenden Verwaltungsakten im Ermessen der Behörde stehen, als "Herrin des Verfahrens" durch eine Sachentscheidung den Rechtsweg neu zu eröffnen.[23] Diese Heilung durch Sachentscheid ist in der Literatur heftig umstritten[24] und wird weitgehend abgelehnt. Zudem ist die Erfolgsaussicht ungewiss, denn unstrittig kann die Behörde den verfristeten Widerspruch immer als unzulässig zurückweisen[25] oder einen Wiederholungsbescheid erlassen, der nach ganz allgemeiner Ansicht keine Heilungswirkung hat. Nach weitgehend herrschender Meinung in der Literatur sind nur Anträge auf Wiederaufgreifen des Verfahrens oder auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtlich zulässige Mittel die Verfristung des Widerspruchs zu überwinden.[26]
4. Wiederaufgreifen des Verfahrens § 51 VwVfG
Hilfsweise könnten A und B auch überlegen, ein Wiederaufgreifen des Verfahrens zu beantragen, wenn die Voraussetzungen des § 51 VwVfG vorliegen. Allerdings sind Wiederaufgreifensgründe im Sinne des § 51 I VwVfG aus dem Sachverhalt nicht ersichtlich. Ein Wiederaufgreifen kommt daher nicht in Frage.
5. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand §§ 45 III, 32 VwVfG
A und B könnten aber gemäß § 32 VwVfG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Verwaltungsverfahren beantragen.
a) Versäumnis gesetzliche Frist §§ 45 III VwVfG, 70 I VwGO
Tatbestandsvoraussetzung ist zunächst die Nicht-Einhaltung einer gesetzlichen Frist. Hier wurde von A und B die Widerspruchsfrist gem. § 70 I S. 1 VWGO nicht eingehalten.
b) Verschulden § 45 III VwVfg
Die fehlende Begründung eines Verwaltungsaktes (§ 39 I VwVfG) indiziert gem. §§ 45 III S.1, Var 1, 45 III, S.1, 2.HS. ein Nicht-Verschulden des Antragstellers.
c) Kausalität § 45 III VwVfg
Die fehlende Begründung muss aber auch kausal sein für das Fristversäumnis, diese Kausalität muss der Antragsteller darlegen. Rechtsunkundigkeit darf ihm dabei aber nicht zur Last gelegt werden.[27] Nach dem Sachverhalt messen A und B als Nichtjuristen dem Schreiben des Polizeipräsidenten Berlin keine weitere Bedeutung bei. Es kann daher noch als fraglich gelten, ob die fehlende Begründung tatsächlich kausal ist für das Fristversäumnis von A und B. Allerdings ist von der Kausalität auszugehen, solange nicht offenkundig ist, dass die Frist aus anderen Gründen versäumt wurde[28]. Das ist hier nach dem Sachverhalt nicht der Fall. Es ist somit davon auszugehen, dass A und B die Widerspruchsfrist wegen der fehlenden Begründung versäumt haben.
d) Formelle Voraussetzungen § 32 II VwVfg
A und B müssen für ein erfolgreiches Widereinsetzungsverfahren auch die formellen Voraussetzungen des § 32 II einhalten.
e) Antragstellung § 32 II, S.1 VwVfg
A und B oder R als ihr Vertreter müssen einen formlosen Antrag auf Wiedereinsetzung stellen. Der Antrag muss begründet werden.[29]
f) Antragsfrist § 32 II, S.1 VwVfg
Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach "Wegfall des Hindernisses" zu stellen. Im vorliegenden Fall ist das "Hindernis" i.S. des § 32 II die Rechtsunkenntnis der A und B[30]. Das Hindernis fällt mir dem Rechtsrat des R am 22. Februar 2001 weg. Die Zwei-Wochenfrist endet demnach am 8. März 2011 um 0 Uhr.[31]
g) Rechtsfolge / Ergebnis Wiedereinsetzung § 32 VwVfg
A und B haben nach erfolgter Antragstellung einen Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Einen entsprechenden Antrag müssen Sie gem. § 32 II S.1 VwVfG innerhalb von zwei Wochen stellen. Nach § 32 II S.3 VwVfG ist auch der Widerspruch in dieser Frist einzulegen. Ein Ausschlussgrund nach § 32 V VwVfG liegt nicht vor. Die Jahresfrist des § 32 III VwVfG kommt im vorliegenden Fall dagegen nicht zum Tragen.
6. Zwischenergebnis Widerspruchsfrist
Per Einsetzung in den vorigen Stand können A und B noch binnen zwei Wochen Widerspruch einlegen.
VI. Zuständige Behörde, § 70 VwGO
Der Widerspruch ist grundsätzlich bei der Ausgangsbehörde einzulegen (§ 70 I 1 VwGO). Im vorliegenden Fall kann gem. § 73 I, S. 2, Nr.2 VwGO nicht bei der nächst höheren Behörde (§ 70 I S.2 VwGO) Widerspruch eingelegt werden, weil es sich bei der nächst höheren Behörde um eine oberste Landesbehörde handelt: Der Senat von Berlin (BLNVerf, Art. 67 I S.2, Nr. 2., §§ 2 I,II, 3 I, Nr. 2., 8 I, S.1 AZG, § 5 ASOG Berlin).
VII. Rechtsfolge / Zwischenergebnis Zulässigkeit des Widerspruchs
Der Widerspruch ist zulässig, soweit A und B die o.g. Voraussetzungen beachten.
C. Ergebnis Zulässigkeit
Der Widerspruch gegen den Bescheid des Polizeipräsidenten Berlin vom 10. Januar 2011 ist per Wiedereinsetzung gem. §§ 45, 32 VwVfG zulässig.
D. Begründetheit des Widerspruchs
Begründet ist der Widerspruch, wenn der angegriffene Verwaltungsakt rechtswidrig oder unzweckmäßig ist, und der Widerspruchsführer in seinen Rechten verletzt ist (§§ 68 I, S. 1, 113 I S.1 VwGO analog).
I. Inzidentprüfung Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes
Ob und wieweit der Verwaltungsakt rechtmäßig ist, muss daher zunächst überprüft werden.
1. Ermächtigungsgrundlage
Ermächtigungsgrundlage sind hier, wie oben festgestellt §§ 14, 15 VersG in Vbdg. mit Art. 8 II GG. An der Vereinbarkeit des § 14 VersG mit der grundgesetzlich garantierten Anmeldfreiheit in Art. 8 I GG, gibt es nach der verfassungskonformen Auslegung des § 14 VersG im Hinblick auf Art. 8 GG durch das BVerfG[32] zwar noch viele grundsätzliche Bedenken[33], sie wird aber in der Literatur als grundrechtsfreundliche Lösung weitgehend akzeptiert.[34]
[...]
[1] Alle §§ des VwVfG verstehen sich in Verbindung mit § 1 BlnVwVfG
[2] nach BVerfGE 70, 55: "doppelte Verfassungsunmittelbarkeit"
[3] Detterbeck, Rn. 1360
[4] Linhart, S. 71
[5] Hettich Rn. 115, S. 90
[6] Kunig in: von Münch / Kunig Art. 8, Rn. 27; von Münch / Staatrecht II, Rn. 478; Hettich, Rn. 119; BVerwGE 82, 34 (38 f.);
[7] BVerfG, 1 BvQ 28/01 vom 12.7.2001, Rn. 17 = NJW 2001, 2459
[8] Linhart, a.a.O.
[9] Hettich , Rn. 115, S. 90
[10] Detterbeck, Rn. 1361
[11] Bull, Rn. 615; Peine Rn. 117
[12] Bull / Mehde Rn. 696ff. mit Verw. auf VGH München, NVwZ 1990, 775
[13] Peine, Rn. 129; BVerwG NWVBl. 2000, 173 (175); OVG Schleswig NJW 2000, 1059 (1060); VGH Mannheim NVwZ 1983, 100
[14] OVG NRW, Beschluss vom 28.5.2002 – 12 B 360/02
[15] VG Berlin, Urt. v. 23.11.2004 – VG 1 A 271.01
[16] OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 2.5.2006 – OVG 1 B 4.05
[17] bestätigend: VG Aachen, Beschl. v. 06.09.2010 – 6 K 1135/10
[18] Tölle, S. 885, Rn. 211
[19] Tölle, Rn. 211, S.886; Ergänzungen in [Parenthese] durch den Verfasser
[20] Skrobotz, JurPC Web-Dok. 86/2002 Rn. 38 m. Verw. auf Westerhoff, JR 1997, S. 485 (490)
[21] Art. 8 GG versteht sich im Folgenden stets in Vbdg. mit Art. 26 I BLNVerf
[22] vgl. etwa Kopp/Schenke § 70 VwGO Rn. 6 m. w. Nachw.)
[23] Schenke / Kopp VwGO, § 70, Rn. 9
[24] zum Streitstand Kopp / Schenke VwGO, § 70, Rn. 9, Fn. 19, desgl. ablehnend Würtenberger, Fn. 303 m. w. Nachweisen
[25] VGH Mannheim, NVwZ 1982, 316
[26] a.a.O.
[27] Grün / Obermayer § 32, Rn. 33
[28] Meyer / Knack § 45, Rn. 50; Siegmund /Brand / Sachs, #D, Rn. 160
[29] BVerwG 9.7.1975, NJW 1976, 75
[30] Grün / Obermayer a.a.O.
[31] zur Berechnungsmethode siehe oben!
[32] BverfGE 85,69; BverfGE 69, 315
[33] Sodan, Art. 8, Rn. 12.c
[34] Kunig in: von Münch / Kunig Art. 8 Rn. 27; Ott / Wächtler § 14, Rn. 8, mit Bedenken dagegen in Rn. 14
- Arbeit zitieren
- Diplom-Politologe Hubertus Heuser (Autor:in), 2011, Hausarbeit zur großen Übung im Öffentlichen Recht - SoSe 2011, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/188895