„Alles fließt“ Mit jenen Worten beschrieb Heraklit, als einer der ersten griechischen Philosophen, seine tiefsten Erkenntnisse über Wesen und Wandel der Welt. Auch in anderen Kulturen wie z.B. der chinesischen spielt die Einsicht, dass alles in ständigem Wandel begriffen ist eine besondere Rolle. Ebenso setzt sich im Wissenschaftsbetrieb zunehmend die Erkenntnis durch, dass alles Wissen zeit-, ort- und sogar noch personengebunden und damit relativ ist. Im Alltag erleben wir ebenfalls häufig das Versagen alter Erklärungs- und Handlungsmodelle. Die leichtere Überwindbarkeit räumlicher Entfernungen und der damit einhergehende, verstärkte kulturelle Austausch sorgen im täglichen Leben für die Erfahrung, dass das Eigene im Kontakt mit dem Fremden unsicher wird und sich verändert. In diesem Zusammenhang treten heute verstärkt Fragen nach dem Sinn des Lebens, nach Halt, oder nach so etwas schwierig definierbaren wie Glück auf. "Glücklich leben [...] wollen alle; aber wenn es darum geht, zu durchschauen, was es ist, das ein glückliches Leben bewirkt, dann ist ihr Blick getrübt. Daher müssen wir uns zunächst einmal vor Augen stellen, was es ist, das wir anstreben; dann müssen wir Umschau halten; auf welchen Weg wir am schnellsten dorthin eilen können [...] nicht ohne einen Mann von Erfahrung, dem die Gegenden, in die wir ziehen genau bekannt sind..“ So formuliert Seneca diese Aufgabe in der Einleitung seines Werkes „Vom glücklichen Leben“. Die christliche Kirche, die Institution, die bei uns in den letzten fast 2000 Jahren für solche Fragen zuständig war, oder gar das Monopol für derlei Antworten beanspruchte verliert zunehmend ihre Klientel und damit auch an Bedeutung. Die entstandene Lücke wird heute von den verschiedenen Formen der Psychotherapie oder den Heilsversprechen anderer Traditionen und Kulturen gefüllt. Während die meisten dieser Ansätze einen rehabilitierenden Charakter haben so kommt der Pädagogik in diesem Bereich eher eine präventive Rolle zu. Dies bedeutet, dass es ein ,Wissen’ um Entwicklung geben sollte anhand dessen frühzeitig relevante Faktoren für optimale Entwicklungen der Rezipienten ausgemacht werden können, zudem weit entwickelte Persönlichkeiten als Vorbilder fungieren. In diesem Sinne prophezeite C.G. Jung, dass unvermeidlich der Tag kommen wird, „an dem, was der Erzieher mit Worten lehrt, nicht länger wirksam ist, sondern nur noch das was er ist.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Ziel der Arbeit
- Methodisches
- Üblicher Sprachgebrauch
- Rückgriff auf die Etymologie
- Vorläufige Arbeitsdefinition
- Rückblick
- Begriffsübungen
- Biologischer Übungsbegriff
- Technischer Übungsbegriff
- Religiöser Übungsbegriff
- Pädagogischer Übungsbegriff
- Verhältnis von biologischer und pädagogischer Übung
- Verhältnis von technischer und pädagogischer Übung
- Verhältnis von religiöser und pädagogischer Übung
- Zusammenfassung zum pädagogischen Übungsbegriff
- Einordnung der Pädagogik Weises
- Reformpädagogik
- Eine Bildungsübung
- Versuch einer Begriffsklärung
- Metaphorik
- Gottes Ebenbild
- Alchemistischer Prozess
- Bildung in der Antike
- Aretē
- Periagoge
- Innen versus Außen
- Bewusstseinsentwicklung
- Analogie von Menschheits- und Individualentwicklung
- Bildung als Geboren-werden bei Fromm
- Fünf-Stufen-Modell nach Jean Gebser
- Archaische Struktur
- Magische Struktur
- Mythische Struktur
- Mentale Struktur
- Der Sündenfall
- Ewige Philosophie
- Mystik
- Metaphysik
- Mythos
- Integrale Struktur
- Die bildende Übung
- Überblick
- Lebenskunst
- Antike Übungen
- Ost und West
- Konkret zur Übung
- Voraussetzungen
- Richtige Haltung
- Gespürter Leib
- Abschließende Betrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit untersucht die bildende Wirkung der Übung im Kontext der Pädagogik. Die Arbeit strebt eine tiefergehende Analyse des Begriffs „Übung“ an, indem sie verschiedene Perspektiven aus Biologie, Technik, Religion und Pädagogik beleuchtet. Ziel ist es, die Bedeutung der Übung für die menschliche Entwicklung und Bildung aufzuzeigen.
- Die vielschichtigen Bedeutungen des Begriffs „Übung“ aus verschiedenen Perspektiven.
- Der pädagogische Übungsbegriff und seine Relevanz für die Bildung.
- Die Rolle der Übung in der Bewusstseinsentwicklung und der Bildung in der Antike.
- Die Anwendung des Fünf-Stufen-Modells von Jean Gebser auf die bildende Wirkung der Übung.
- Die Bedeutung der Übung für die Lebenskunst und die Entwicklung des Menschen.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema ein und erläutert die aktuelle Relevanz der Suche nach Sinn und Halt im Kontext der sich ständig verändernden Lebensumstände. Kapitel 3 analysiert den Begriff „Übung“ im üblichen Sprachgebrauch, unter Berücksichtigung der Etymologie und einer vorläufigen Arbeitsdefinition. Kapitel 4 widmet sich den Begriffsübungen aus verschiedenen Perspektiven und untersucht die Verhältnisse zwischen biologischer, technischer, religiöser und pädagogischer Übung. Kapitel 5 erforscht die „Bildungsübung“ und ihre Bedeutung für die menschliche Entwicklung, indem es die Metaphorik, das Gottes-Ebenbild und den alchemistischen Prozess beleuchtet. Kapitel 6 beleuchtet die Bewusstseinsentwicklung und die Rolle der Bildung als Geboren-werden. Kapitel 7 präsentiert das Fünf-Stufen-Modell von Jean Gebser, das die verschiedenen Strukturen der Bewusstseinsentwicklung beschreibt.
Schlüsselwörter
Pädagogik, Übung, Bewusstseinsentwicklung, Bildung, Lebenskunst, Jean Gebser, Fünf-Stufen-Modell, Antike, Aretē, Periagoge, Sinnfindung, Haltung, Gespürter Leib.
- Quote paper
- Jürgen Elsholz (Author), 2003, Zur bildenden Wirkung der Übung aus pädagogischer Sicht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18890