Leseprobe
Inhaltsverzeichnis:
1. Einleitung
2. Die Theorie des Realismus
2.1 Der politische Realismus - Begriffsklärung und Abgrenzung
2.2 Die sechs Grundsätze des politischen Realismus
3. Der Atomstreit
3.1 Das Atomprogramm des Iran
3.2 mögliche Auswirkungen auf den arabisch - israelischen Konflikt
4. Fazit
5. Abkürzungsverzeichnis
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
In der nationalen Sicherheitsstrategie1 der Vereinigten Staaten von Amerika vom März 2006 steht geschrieben, dass wir „von einem einzelnen Land keine größere Herausforderung zu gegenwärtigen haben als vom Iran“2. Auf den Punkt gebracht heißt das, die USA sehen im Iran die Hauptbedrohung. Präsident George Bush3 hatte schon oft im selben Atemzug mit dem Thema Iran4 seine „Achse des Bösen“5 genannt. Allgemein wird an starken Ausdrücken nicht gespart, wenn man über den Iran spricht. Doch was hat es damit auf sich?
Seit der Iran ein eigenes Atomprogramm verfolgt, sind sich die Experten uneinig, ob die Technik nur zivil genutzt werden oder in nuklearen Waffen zum Einsatz kommen soll. Wenn man davon ausgeht, dass der Iran sich atomar bewaffnen will, dann wäre das höchst bedenklich angesichts des arabisch-israelischen Konflikts. Man denke nur an die vielen Israel-feindlichen Reden und Drohungen durch den iranischen Präsidenten. Fakt ist, dass der Iran seit Januar 2006 wieder damit angefangen hat Uran anzureichern. Und seit diesem Tag wird das Thema heftig diskutiert. Angefangen vom US-Botschafter in der UNO, John Bolton6, der offen für Militärschläge plädiert, bis hin zum UN-Sicherheitsrat. Diesen Atomstreit friedlich beizulegen scheint eine Prüfung für die westliche Welt und ihre Sicherheitsorgane zu sein. Der Iran stellt insbesondere die „EU und ihre gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) auf die Probe“ (vgl. Perthes 2008, S.13).
Der Iran demonstriert gern Stärke, zumindest gegenüber dem eigenen Volk. So nannte Präsident Ahmadinejad7 sein Land „die mächtigste und unabhängigste Nation der Welt“8. Das Atomprogramm und das Auflehnen gegen die westliche Welt wirken wie ein Test, wie weit man gehen kann. Denn der Iran fühlt sich schon lange bedroht, Das iranische Atomprogramm auf der einen Seite durch Israel und auf der anderen durch die Präsenz der Amerikaner in der Region.
Doch was beabsichtigt der Iran mit dem Auflehnen gegen die westliche Welt? Ist die Atompolitik nur der Versuch ein Gegengewicht zur Atommacht Israel herzustellen? Und würde der Iran überhaupt Atomwaffen einsetzen? Wenn ja, gegen wen? Israel? Die folgende Arbeit soll einen Überblick über das Atomprogramm des Iran geben und es soll versucht werden das Bestreben des Iran anhand der Theorie des politischen Realismus zu erklären. Als erstes möchte ich einen Überblick über den politischen Realismus geben, danach die Atompolitik des Iran erläutern und zum Schluss prüfen, inwieweit die Theorie das Bestreben des Iran innerhalb des israelisch-arabischen Konflikts erklären kann.
2. Die Theorie des Realismus
2.1 Der politische Realismus - Begriffsklärung und Abgrenzung
Der Realismus ist eine Theorie der Internationalen Beziehungen und geht davon aus, dass die Welt „von entgegengesetzten Interessen und von Konflikten9 zwischen ihnen beherrscht wird“ (Morgenthau 1963, S. 49). Weiterhin setzt sich der Realismus mit dem Charakter und der Verteilung von Macht10 auseinander.
Das wichtigste Ziel eines Staates ist das eigene Überleben, welches sich nur realisieren lässt, wenn man mächtiger ist, als die anderen. Deshalb streben alle Staaten nach Macht, sei es wirtschaftlich, militärisch oder politisch. Dabei ist Politik nichts anderes, als der Kampf um Macht. (vgl. Morgenthau 1963, S. 69) Jede politische Entscheidung „sucht entweder Macht zu erhalten, Macht zu vermehren oder Macht zu demonstrieren“ (Morgenthau 1963, S. 81). Das heißt grundsätzlich wird sich ein Staat, der im Hinblick auf seine Machtpolitik saturiert ist, darauf konzentrieren den Status quo11 zu erhalten, und somit eine Veränderung der Mächteverteilung im internationalen System zu verhindern suchen. (vgl. Rohde 2004, S. 65) Ein Staat, der eine für ihn vorteilhafte Änderung der bestehenden Machtverhältnisse sucht, „verfolgt eine Politik des Imperialismus“ (Morgenthau 1963, S. 81). Und ein Staat, dessen Politik nur darauf ausgerichtet ist Macht zu demonstrieren, verfolgt eine „Prestigepolitik“. (vgl. Morgenthau 1963, S. 81)
Wenn man davon ausgeht, dass die Tugend des Staates die Sicherheit12 ist, dann ergibt sich für den politischen Realismus, dass die Staaten in Konkurrenz um Sicherheit stehen. Die volle Sicherheit wird dabei nie erreicht, sondern bei dem Versuch diese zu erlangen, wird meist Macht als Mittel zur Erreichung größerer Sicherheit angesammelt (vgl. Herz 1959, S. 39). Dabei muss man bedenken, dass wenn ein Staat an Macht dazugewinnt, ein anderer oder mehrere Staaten an Macht verlieren müssen.
Der politische Realismus erkennt, dass die Regierungsformen, sowie die Strukturen der internationalen Beziehungen, mögen sie im Detail auch Unterschiede aufweisen, verbunden sind durch den Wunsch nach Sicherheit und den Wettbewerb um Macht. (vgl. Herz 1959, S. 59) Man spricht von dem „die Menschen und Gruppen in der Gesellschaft beherrschenden Sicherheits- und Machtdilemma“ (Herz 1959, S. 59).
2.2 Die sechs Grundsätze des politischen Realismus
Der Klassische Realismus von Morgenthau13 ist eine Theorie, die bis in die Gegenwart bestand hat und aus der weitere Denkschulen hervorgegangen sind. Im Folgenden möchte ich die von Morgenthau in der zweiten Auflage seines Werkes „Politics among Nations“ veröffentlichten sechs Punkt des Klassischen Realismus kurz zusammen fassen.
Grundsätzlich wird das politische Verhalten von objektiven Gesetzen bestimmt, die ihren Ursprung in der Natur des Menschen haben. (vgl. Rohde 2004, S. 55) Die Beachtung dieser Gesetze politischen Handelns ist die sicherste Strategie für politischen Erfolg. Auch um die Gesellschaft zu verbessern, muss man diese Gesetze verstehen.
„Eine Theorie der Politik muss der zweifachen Prüfung durch die Vernunft und durch die Erfahrung unterworfen werden.“ (Morgenthau 1963, S. 50) Die Geschichte ist dabei hauptsächlicher Gegenstand der Untersuchung. Politikwissenschaftler sollten sich in die Person eines Staatsmannes hinein versetzen, der ein außenpolitisches Problem zu lösen hat oder hatte, und sich dabei fragen, welche Alternativen des Handelns es gibt bzw. gegeben hätte. Im Grunde sollen Tatsachen untersucht werden und die Gegenüberstellung mit der Hypothese des Handelns soll dann der internationalen Politik Sinn verleihen. (vgl. Morgenthau 1963, S. 50)
Weiterhin geht Morgenthau davon aus, dass der Leitfaden und Wegweiser durch die Internationale Politik, sowie durch die historisch-politische Wirklichkeit der im Sinne der Macht verstandene Begriff des Interesses ist. (vgl. Rohde 2004, S. 56) Eine rationale Außenpolitik muss einem aufgeklärten nationalen Interesse entsprechen, welches aufgrund eigener Interessen und auch unter Beachtung der Interessen anderer Nationen entsteht. (vgl. Rohde 2004, S. 58)
Die internationale Politik wird als Prozess verstanden, wo sich konkurrierende nationale Interessen begegnen, die dann entweder beigelegt oder neu formuliert werden müssen aufgrund „diplomatischer Verhandlungen oder kriegerischer Handlungen“ (Rohde 2004, S. 58). Dabei bleiben politische Entscheidungen stets von Macht motiviert und das wichtigste Ziel politischen Handelns sei das eigene Überleben. Aber die größten Ungerechtigkeiten im menschlichen Handeln resultieren daraus, „dass der Mensch sich nicht mit dem Ziel der Selbsterhaltung zufrieden geben will, sondern eine Form geistlicher Selbsterhaltung anstrebt, die stets auf Kosten anderer geht“ (Rohde 2004, S. 58). Wenn man sich vorstellt, dass alle Nationen einen steten Machtkampf untereinander ausfechten, um ihre geographische, politische und kulturelle Identität zu erhalten, dann verstehen wir auch bestimmte Geschehnisse der Geschichte und bestimmte Bestrebungen von Nationalstaaten, wie das Wettrüsten oder das Formen von Allianzen zur Absicherung.
Weiter wird der Begriff der Macht noch einmal differenziert in politische und militärische Macht. Politische Macht sei dabei eine Art psychologische Beziehung zwischen den Machthabern und denen, auf die Macht ausgeübt wird. Die, die Macht ausüben werden immer einen Einfluss auf die Handlungen der anderen haben und damit erlangen sie die Herrschaft über bestimmte Handlungen. Politische Macht muss mit Überzeugung ausgeübt werden, sobald sie sich physischer Gewalt bedient, zeigt sie Schwäche. Dabei führt die konkrete Anwendung von Gewalt dazu, dass militärische Macht an die Stelle politischer Macht tritt. (vgl. Rohde 2004, S. 59) Die höchste Tugend der Politik ist das Abwägen der Folgen alternativer politischer Handlungen, auch Klugheit genannt. (vgl. Morgenthau 1963, S. 56) Der Staat kann nicht erfolgreiches politisches Handeln durch moralische Bedenken in Frage stellen. „Es gibt keine politische Moral ohne Klugheit.“ (Morgenthau 1963, S. 56) Das soll als Übersicht über die sechs Punkte des Klassischen Realismus laut Morgenthau reichen. Im Folgenden werde ich einen Überblick über das Atomprogramm des Iran geben.
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1 Am 20. September 2002 von veröffentlicht, formuliert die NSS die amerikanische Außen-u. Sicherheitspolitik
2 The National Security Strategy of the United States of America, Washington D.C. 2002 www.whitehouse.gov/nsc/nss.pdf gelesen am 06.01.2009
3 George W. Bush, geb. am 06. Juli 1946, war der 43. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika
4 vollständiger Name: Islamische Republik Iran
5 ein am 29. Januar 2002 von US-Präsident Bush in einer Rede zur Lage der Nation geprägter Begriff, unter dem er Nordkorea, Irak und Iran zusammenfasst und diesen Ländern unterstellt, aufzurüsten und den Weltfrieden zu bedrohen
6 John Robert Bolton, geb. am 20. November 1948, von Präsident Bush am 1. August 2005 per Dekret zum UNBotschafter ernannt, nachdem der Senat den Vorschlag erst ablehnte
7 Mahmud Ahmadinejad, geb. am 28. Oktober 1956, seit dem 3. August 2005 der sechste Präsident der Islamischen Republik Iran
8 Ahmadinejad in Agence France Press vom 18.April 2008
9 nach Czempiel: Positionsdifferenz über die Zuteilung von Werten in den drei Sachgebieten Sicherheit, Wohlfahrt und Herrschaft, In: Czempiel, Ernst - Otto: Internationale Politik - ein Konfliktmodell, Paderborn: Schöning, S. 198
10 Herrschaft von Menschen über das Denken und Handeln anderer Menschen (vgl. Morgenthau 1963, S. 71)
11 der derzeitige Zustand
12 Nach Buzan: Abwesenheit einer Bedrohung gegenüber einem Gesellschaftssystem und seinen zentralen Werten (Buzan 1991: 270 ff).
13 Hans J. Morgenthau, 1904-1980, entwickelte den politikwissenschaftlichen Ansatz des Klassischen Realismus