Heinrich der Seefahrer und die portugiesische Expansion

Ein Vergleich zwischen der Realität und Age of Empires III


Facharbeit (Schule), 2011

28 Seiten, Note: 14


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung

2 Grundlagen zum Spiel

3 Heinrich der Seefahrer in Spiel und Realität
3.1 Einordnung Heinrich des Seefahrers in das Spiel
3.1.1 Zeitliche Einordnung
3.1.2 Lokale Einordnung
3.1.3 Vergleich mit den anderen Herrschern
3.2 Optischer Vergleich
3.3 Vergleich der Charakterzüge
3.4 Begründung für Heinrich den Seefahrer in Age of Empires III

4 Überprüfung der virtuellen Umsetzung der Kolonialmacht Portugal in Brasilien auf ihre historische Korrektheit
4.1 Überprüfung des virtuellen Militärs
4.1.1 Der Cassador
4.1.2 Sonstige Militäreinheiten
4.2 Überprüfung der Schiffsladungen der Heimatstadt
4.2.1 Brasilholz
4.2.2 Bandeirantes
4.2.3 Donatarios
4.2.4 Vertrag von Tordesillas
4.3 Überprüfung der Weiterentwicklungen
4.3.1 Encomienda Manor
4.3.2 Besteiros

5 Schluss

6 Literaturverzeichnis

7 Anhang

1 Einleitung

Computerspiele sind in unserer modernen Gesellschaft zwar weitestgehend geduldet, dennoch wird ihnen oft ein schlechter Einfluss auf die Intelligenz der Jugend nachgesagt. Umso mehr erstaunte es mich, als ich im Geschichtsunterricht der ersten gymnasialen Jahrgangsstufen mit viel Vorwissen aufwarten konnte, das ich zu einem großen Teil historischen Computerspielen entnommen hatte.

So stellte sich mir schnell die Frage, wie viel Wahrheit in einem typi- schen, historischen Computerspiel steckt, eine Frage, auf die ich nun im Rahmen dieser Seminararbeit eine Antwort suchen darf, wobei ich als Un- tersuchungsobjekt Age of Empires III auswählte. Die Serie hat einen gro- ßen Verbreitungsgrad und spiegelt somit den Mainstream wieder.

Da das Rahmenthema des wissenschaftspropädeutischen Seminars ÄDie portugiesische Expansion“ lautete und eine Analyse des gesamten Spiels den Umfang dieser Arbeit in erheblichem Maße übersteigen würde, beschränke ich mich hier auf die Nation der Portugiesen. Auch wenn damit nur ein Bruchteil des Spiels untersucht wird, darf man die Ergebnisse der Beobachtungen repräsentativ sehen, da alle anderen Völker aus Age of Empires III nach dem gleichen Schema aufgebaut sind.

Um mich der Fragestellung anzunähern, verschaffte ich mir zunächst über das historische Portugal wie auch über Heinrich den Seefahrer Basiswissen, wobei mir insbesondere die eher allgemein gehaltenen Werke von Salentiny1, Oliveira Marques2 und Jacob3 halfen. Ein recht umfangreiches Bild zu Heinrich dem Seefahrer konnte ich mir indes aufgrund der Analysen und Aufzeichnungen von Loth4 bilden.

Als nächstes betrachtete ich Age of Empires III. Hier konnte ich viele Punkte dem Spiel selbst entnehmen, wobei sich diverse Lücken während des Studiums von Radcliffes und Rymaszewskis Lösungsbuch5 schlossen. Ich entdeckte, dass eine zunächst von mir angedachte Versuchsreihe aus mehreren Age-of-Empires-Partien nur wenig brauchbare Ergebnisse lie- fern würde, sodass ich mich auf Heinrich den Seefahrer und die exklusi- ven Eigenschaften der Portugiesen im Rahmen einer theoretischen Be- trachtung beschränkte.

Während der Infant dabei unter anderem in zeitlicher und lokaler Hin- sicht in das Spiel eingeordnet und schließlich das Aussehen und die Cha- rakterzüge des virtuellen Abbilds mit dem historischen Heinrich verglichen werden sollen, stehen im Mittelpunkt der Betrachtung Portugals das Mili- tär, die Schiffsladungen aus der Heimatstadt und die Weiterentwicklungen.

Sobald diese zu vergleichenden Punkte festgelegt waren, suchte ich gezielter nach Informationen, wobei jedoch an einigen Stellen Lücken blieben. Dies lag auch daran, dass die meiste Literatur zur portugiesi- schen Expansion überwiegend die Fahrten nach Afrika und Asien behan- delte, während Age of Empires III auf dem amerikanischen Kontinent spielt.

So halfen mir Werke, die die brasilianische Geschichte behandelten, al- len voran von Bernecker6 und Newitt7, wobei ich Letzterem auch sehr viele Informationen über das portugiesische Militär verdanke. Positiv fiel mir auf, dass die Literatur in dem von mir recherchierten Bereich faktisch wider- spruchsfrei war, sodass ich mich voll und ganz darauf konzentrieren konn- te zu klären, wie viel historische Realität Age of Empires III innewohnt.

2 Grundlagen zum Spiel

Zunächst möchte ich eine grobe Beschreibung des Spiels geben, die wohl notwendig ist, um die Untersuchungen in dieser Arbeit zu verstehen. Bei Age of Empires III handelt es sich um ein typisches Echtzeit- Strategiespiel. Es wird gegen den Computer oder gegen reale Spieler ge- spielt, wobei man an einem zufälligen Standort einer vorher ausgewählten Karte mit einem Dorfzentrum, einer begrenzten Menge an Ressourcen und einigen Siedlern beginnt (vgl. Abbildung 1). Es gilt nun, das Gebiet zu erkunden und Rohstoffe ausfindig zu machen sowie abzubauen, um den Fortschritt der eigenen Nation voranzutreiben.

Im Verlauf des Spiels ist es wichtig, in den Zeitaltern voranzuschreiten(vgl. Abbildung 6), was zwar recht kostenintensiv ist, jedoch den Zugriff auf neue Weiterentwicklungen und Militäreinheiten ermöglicht. Ziel des Spiels ist es, die gegnerischen Spieler zur Aufgabe zu zwingen, indem man deren Lager einen irreparablen Schaden zufügt.

Eine Besonderheit von Age of Empires III, die das Spiel von seinen Vorgängern und auch von der Konkurrenz abgrenzt, ist das Konzept der Heimatstadt. Mit Erfahrungspunkten, die man zum Beispiel für das Errich- ten von Gebäuden, das Ausbilden von Einheiten oder das erfolgreiche Angreifen des Gegners erhält, schaltet man sogenannte Schiffsladungen frei, mit denen man sich - meist kostenlos - Rohstoffe, Einheiten oder Weiterentwicklungen aus der Heimatstadt schicken lassen kann. Dieses Konzept ist insofern sehr passend für das Game gewählt, als dass Age of Empires III ausschließlich die Kolonisation Amerikas behandelt und es im Grund die Regel war, den eigenen Kolonien auf Verlangen Unterstützung zu senden.

Des Weiteren verfügt jede Nation über einen Herrscher, der im Spiel selbst zwar nicht auftritt, als Verbündeter oder Feind jedoch des Öfteren Feedback zu den eigenen Aktivitäten gibt. Für Portugal ist dieser Anführer Heinrich der Seefahrer. Im Folgenden soll als erstes seine Umsetzung in Age of Empires III auf die historische Richtigkeit überprüft werden.

3 Heinrich der Seefahrer in Spiel und Realität

3.1 Einordnung Heinrich des Seefahrers in das Spiel

3.1.1 Zeitliche Einordnung

Wenn man Heinrich in das Spiel einordnen und zu diesem Zwecke zu- nächst einmal eine zeitliche Einordnung vornehmen will, so fällt auf, dass Heinrich der früheste Herrscher im Spiel (1394 bis 1460) und sogar der Einzige ist, der noch vor der Wiederentdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus im Jahre 1492 starb.8 Da Age of Empires III jedoch ausschließ- lich in Amerika spielt, passt Heinrich im Grunde nicht in den Handlungs- strang des Games, da er dort gar keine Kolonien hätte gründen können.

3.1.2 Lokale Einordnung

In Punkt 3.1.1 zur zeitlichen Einordnung wurde bereits erklärt, dass Heinrich der Seefahrer unmöglich Kolonien in Amerika hätte gründen können. Tatsächlich gingen seine Expeditionen auch gar nicht in den Westen, sondern hatten zum Ziel, einen Seeweg um die Südspitze Afrikas herum nach Indien zu finden.9 Die von ihm initiierten Seefahrten gingen also genau in die entgegengesetzte Richtung.

3.1.3 Vergleich mit den anderen Herrschern

Neben der zeitlichen und der lokalen Einordnung ist auch der Vergleich Heinrichs mit den anderen in Age of Empires III vertretenen Herrschern interessant. Hier muss erst einmal geklärt werden, dass Heinrich im Grun- de gar kein Herrscher, sondern lediglich ein Infant, also ein Königssohn war, der als Drittgeborener Zeit seines Lebens nie Anspruch auf den por- tugiesischen Thron hatte.10 11 12 Heinrich der Seefahrer ist somit der einzi- ge Staatsmann im Spiel, der offiziell keine vollständige Macht über die von ihm vertretene Nation ausübte. Dies steht in starkem Kontrast zu den an- deren Persönlichkeiten, die wie Elisabeth I. Königin13 oder wie Napoleon Bonaparte gar Kaiser14 waren. Selbst Moritz von Oranien (im Spiel: Moritz von Nassau) war in seinem Amt als Statthalter von Holland, Seeland, Ut- recht, Geldern und Overyssel der oberste Beamte in eben diesen Provin- zen und damit Herrscher über einen Großteil der Vereinigten Niederlan- de.15

3.2 Optischer Vergleich

Als nächstes soll die Person Heinrich des Seefahrers näher betrachtet werden, wobei ich zunächst einen optischen Vergleich zwischen der rea- len Persönlichkeit und dem Infanten in Age of Empires III durchführen möchte. Als historisches Abbild gilt hierbei der schwarz gekleidete Mann mit Chaperon im Mittelteil der Gemälde von Saint Vincent (Abbildung 2), der von vielen Historikern wie Salentiny16 oder Jacob17 als Heinrich der Seefahrer identifiziert wurde. Da der Maler Nuno Gonçalves seine aktive Zeit zwischen 1450 und 1472 hatte,18 darf das Abbild als zeitgenössische Darstellung gelten.

Zum Vergleich wird das Bildnis aus dem spielinternen Lexikon von Age of Empires III herangezogen (Abbildung 3), das Heinrich den Seefahrer im Kontrast zur zeitgenössischen Darstellung als Kriegsherr mit Schwert und Rüstung und nicht als zivil bzw. akademisch gekleideten Mann darstellt. Diese zunächst herausragende Kontroverse lässt sich aber durch ge- schichtliches Hintergrundwissen zusammenführen. So war der Infant zum Beispiel bei der Schlacht von Ceuta im Jahre 1415 laut den Chroniken selbst ein wichtiger Soldat, der sich Ädurch außergewöhnlichen Mut her- vorgetan haben“19 und schließlich mit wenigen Mannen die Schlacht ent- schieden haben soll.20 So könnte Heinrich in seiner Jugendzeit tatsächlich eine stürmischere Natur an sich gehabt haben, die das Bild aus Age of Empires III zeigt, bevor er später zu dem ÄKaufmann und Organisator“21 wurde, der in Gonçalves‘ Gemälde dargestellt sein könnte. Die verschie- denen Darstellungen Heinrichs müssen also nicht im Gegensatz zueinan- der stehen, sondern könnten verschiedene Lebensabschnitte von ihm präsentieren.

3.3 Vergleich der Charakterzüge

Beim Vergleich der Charakterzüge tut man sich indes schwer, einen ähnlichen Gedankengang zu formen. So ist überliefert, dass Heinrich Äein Mann von ausgezeichneten Ratschlag und großen Ansehen“22 war, dem Äeine ruhige Art zu sprechen“23 attestiert wurde und der überdies hinaus Äbescheiden [war], wenn er recht hatte.“24. Weiterhin soll er Ä[i]m Glück wie im Unglück […] demütig“25 gewesen sein Äund so geneigt, Fehler zu verzeihen, daß es ihm zum Vorwurf gemacht wurde.“26.

Der virtuelle Heinrich hingegen präsentiert sich deutlich temperament- voller. So teilt er seinem Verbündeten nach einem verlorenen Krieg schon einmal mit, dass dies Äalles deine Schuld [die des Verbündeten, Anm. d. Verf.]“27 sei oder dass dies immer als der Krieg in Erinnerung bleiben wür- de, Äden wir deinetwegen [wegen des Verbündeten, Anm. d. Verf.] verlo- ren haben.“28. Doch auch wenn die Schlacht erfolgreich war, spricht der Infant in seinem Siegestaumel recht arrogant, stellt beispielsweise fest, dass man Ä[t]rotz deiner Fehler [die des Verbündeten, Anm. d. Verf.] […] die Oberhand“29 habe. Derlei Aussagen passen überhaupt nicht in das Bild des überlieferten Heinrich.

Nun könnte man zwei Vermutungen anstellen, wie dieser Gegensatz zustande gekommen ist. Die erste wäre, dass die Entwickler von Age of Empires III - ähnlich wie im Gemälde - den jungen und kämpferischen Heinrich darstellen wollten. Da aus dieser Zeit jedoch keine Überlieferungen zu seinem Charakter vorhanden sind, hätte sich das Team hier nur auf Spekulationen stützen können.

[...]


1 Salentiny, Fernand: Aufstieg und Fall des portugiesischen Imperium, Wien: Böhlau 1977.

2 Oliveira Marques, António Henrique R. de: Geschichte Portugals und des portugiesischen Weltreichs. Stuttgart: Kröner 2001.

3 Jacob, Ernst Gerhard: Grundzüge der Geschichte Portugals und seiner Übersee-Provinzen. Darmstadt: Wiss. Buchges. 1969.

4 Loth, Heinrich: Heinrich der Seefahrer. Die portugiesischen Entdeckungsfahrten. Magdeburg: Rektor der Pädag. Hochsch. 1991.

5 Radcliffe, Doug/Rymaszewski, Michael: Age of Empires III. Sybex offizielles Lösungsbuch. Köln: Sybex 2005.

6 Bernecker, Walther L. et al.: Eine kleine Geschichte Brasiliens. Frankfurt a. M.: edition suhrkamp 2000.

7 Newitt, Malyn: A history of Portuguese overseas expansion 1400 - 1668. London: Routledge 2005.

8 Loth 1991. S. 7.

9 Beazley, Charles Raymond: Prince Henry the Navigator. London: Routledge 1968. S. 139.

10 Beazley 1968. S. 138.

11 Jacob 1969. S. 73.

12 Bernecker, et al. 2000. S. 12

13 Klein, Jürgen: Elisabeth I. und ihre Zeit. München: C. H. Beck 2004. S. 7.

14 Willms, Johannes: Napoleon. Eine Biographie. München: C. H. Beck 2009. S. 374 f..

15 Muller, Pieter Lodewijk: Moritz, Prinz von Oranien, Graf von Nassau-Dillenburg. In: Allgemeine Deutsche Biografie. Hrsg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 22. (1885). S. 283-293.

16 Salentiny, 1977. S. 349.

17 Jacob 1969. S. 73.

18 Kuiper, Kathleen (Hrsg.): The 100 most influental Painters & Sculptors of the Renaissance. New York: Britannica Educational Publishing 2010. S. 101.

19 Kroboth, Rudolf: Heinrich der Seefahrer und das Zeitalter der portugiesischen Entdeckungen. In: Heinrich der Seefahrer oder die Suche nach Indien. Hrsg. von Rudolf Kroboth und Gabriela Pögl. Darmstadt: Wiss. Buchges. 1989. S. 17

20 Loth 1991. S. 15

21 Loth 1991. S. 28

22 Neuwirth, Arnulf: Chroniken der portugiesischen Seefahrer. Nach: Loth 1991. S. 19.

23 Neuwirth nach Loth 1991. ebenda.

24 Neuwirth nach Loth 1991. ebenda.

25 Barros, João: Die Fahrten entlang der Westküste Afrikas und die Entdeckung der Inseln Porto Santo und Madeira und des Cabo Verde. In: Kroboth 1989. S. 310 f.

26 Kroboth 1989. ebenda.

27 vgl. Dialoge in Age of Empires III

28 vgl. Dialoge in Age of Empires III

29 vgl. Dialoge in Age of Empires III

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Heinrich der Seefahrer und die portugiesische Expansion
Untertitel
Ein Vergleich zwischen der Realität und Age of Empires III
Note
14
Autor
Jahr
2011
Seiten
28
Katalognummer
V188929
ISBN (eBook)
9783656231035
ISBN (Buch)
9783656231813
Dateigröße
1659 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Computerspiel, Simulation, Heinrich der Seefahrer, Portugal, Brasilien, Strategiespiel, Geschichte, Kolonialismus, Portugiesische Expansion
Arbeit zitieren
Sebastian Herbst (Autor:in), 2011, Heinrich der Seefahrer und die portugiesische Expansion, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/188929

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