Laut Statistik Austria (2008a, S. 5) besuchten im Schuljahr 2007/08 1.450 Jugendliche eine Handelsschule in Oberösterreich. Der Trend geht in den letzten Jahren zu deutlich rückläufigen Schülerzahlen. Für viele Schüler stellt die Handelsschule nur eine „Second best Lösung“ zum Lehrberuf dar. Aber sie schafft auch Lebensund
Beschäftigungsperspektiven und stellt nach Aff & Rechberger (2008b, S. 6f) ein wichtiges „bildungs- und sozialpolitisches Scharnier“ zwischen der ersten und zweiten Schwelle dar. 58 % der HAS Absolventen gehen nach der Schulausbildung sofort arbeiten (vgl. Rechberger, 2009, S. 13ff). Dadurch wird die Handelsschule mit einer Bandbreite an Schülererwartungen konfrontiert. Einerseits bildet sie ein „Auffangbecken für Jugendliche ohne Perspektive“, andererseits stellt sie eine Vorbereitung für den Aufbaulehrgang mit Matura da (vgl. Aff & Rechberger, 2008b,S. 1).
Besonders Handelsschulen in Großstädten haben einen hohen Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund. Zudem stammt der Großteil der Schüler aus der Hauptschule. Das führt zu einem niedrigen Eingangsniveau der meisten Handelsschulanfänger, deren fachliche Rückstände es auszugleichen gilt. Vor allem Schüler mit Migrationshintergrund haben im Bereich der sprachlichen Fähigkeiten, wie die PIRLS und PISA Studie 2006 gezeigt haben, große Rückstände gegenüber einheimischen Kindern (vgl. Suchan et al., 2009, S. 13, 31f; Schreiner, 2007, S. 8, 58f). In diesem Zusammenhang drängt sich natürlich die Frage auf, in wieweit Schüler mit Migrationshintergrund im Bildungssystem benachteiligt werden.
Um diesen heterogenen Vorkenntnissen in den Klassen gerecht werden zu können, braucht es für die Zukunft Reformkonzepte und Projekte für die Weiterentwicklung der Handelsschule. In den letzten Jahren wurden bereits einige Reformimpulse in die Praxis umgesetzt und erwiesen sich großteils als sehr erfolgreich. Seit September 2009 beispielsweise läuft das Pilotprojekt HAS+, das sich speziell dem
erhöhten Förderbedarf von Handelsschülern widmet.
Das Ziel dieser Diplomarbeit besteht darin, die bedeutendsten Probleme und erfolgversprechendsten Maßnahmen, auch im Hinblick auf Schüler mit Migrationshintergrund in ersten HAS Klassen, aus Sicht der unterrichtenden Lehrer zu ermitteln.
Inhaltsverzeichnis
- 1.1 Einleitung
- 1. Die Handelsschule im österreichischen Bildungssystem
- Schnittstelle 8. Schulstufe
- 1.2 Die Entwicklung und Schülerzahlen der Handelsschule
- 1.3 Probleme an Handelsschulen
- 1.3.1 Motive für die Wahl der Handelsschule
- 1.3.2 Soziodemografische Merkmale der Handelsschüler
- 1.4 Inwieweit sind Schüler mit Migrationshintergrund benachteiligt?
- 1.4.1 Individuelle Determinanten
- 1.4.2 Familiäre Determinanten
- 1.4.3 Schulische Determinanten der Lern- und Leistungsfähigkeit
- 2. Reformkonzepte und Projekte - für eine Fortentwicklung der Handelsschule
- 2.1 Allgemeine Reformimpulse
- 2.1.1 Curriculare Reformoptionen
- 2.1.2 Strukturelle Reformoptionen
- 2.1.3 Resümee
- 2.2 Schulautonome Reformkonzepte
- 2.2.1 „Einstiegsphase“ (HAK/HAS Perg)
- 2.2.2 „COOL“ (HAK/HAS Steyr)
- 2.2.3 „Übergangsstufe“ (HAK/HAS Linz - Rudigierstraße)
- 2.3 Pilotprojekt HAS+ Oberösterreich
- 2.4 ESF-Projekt Oberösterreich
- 3. Untersuchung von Problemen und Maßnahmen in ersten HAS-Klassen aus Lehrersicht
- 3.1 Problemdefinition und Ziele der Untersuchung
- 3.2 Hypothesen und theoretisches Modell
- 3.3 Forschungsdesign und Methodik
- 3.3.1 Untersuchungsdesign
- 3.3.2 Erhebungsmethode und Durchführung der Untersuchung
- 3.3.3 Stichprobe
- 3.3.4 Auswertungsmethode
- 3.4 Darstellung und Interpretation der Untersuchungsergebnisse
- 3.4.1 Berufserfahrung und Einschätzung der Probleme
- 3.4.2 Unterrichtsgegenstand und Einschätzung der Probleme
- 3.4.3 Schüler mit Migrationshintergrund und sprachliche Defizite
- 3.4.4 Schüler mit Migrationshintergrund und Verhaltensauffälligkeit
- 3.4.5 Schüler mit Migrationshintergrund und schulische Lern- und Leistungsfähigkeit
- 3.4.6 Schüler mit Migrationshintergrund und Anteil der Leistungsschwachen
- 3.4.7 Berufserfahrung und Motivation der Lehrer
- 3.4.8 Wichtigkeit und Erfolgsaussichten bestimmter Maßnahmen
- 3.4.9 Unterrichtete Schulstufe und Anteil der Leistungsschwachen
- Die Bedeutung der Handelsschule im österreichischen Bildungssystem
- Herausforderungen und Probleme, die mit der Integration von Schülern mit Migrationshintergrund an Handelsschulen verbunden sind
- Relevanz von Reformkonzepten und Projekten zur Weiterentwicklung der Handelsschule
- Empirische Analyse der Auswirkungen von schulischen Maßnahmen auf die Lern- und Leistungsfähigkeit von Schülern mit Migrationshintergrund
- Bewertung und Interpretation der Ergebnisse im Hinblick auf die Weiterentwicklung der Handelsschule in Oberösterreich
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit befasst sich mit der Weiterentwicklung der Handelsschule in Oberösterreich. Sie untersucht aktuelle Probleme und Herausforderungen, die mit der Integration von Schülern mit Migrationshintergrund zusammenhängen. Die Arbeit analysiert verschiedene Reformkonzepte und Projekte, die eine Fortentwicklung der Handelsschule anstreben, und untersucht die Effektivität dieser Maßnahmen aus Lehrersicht.
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 beleuchtet die Rolle der Handelsschule im österreichischen Bildungssystem und stellt die Entwicklung der Schülerzahlen und die Herausforderungen dar, mit denen Handelsschulen konfrontiert sind. Kapitel 2 analysiert verschiedene Reformkonzepte und Projekte, die auf eine Weiterentwicklung der Handelsschule abzielen, und diskutiert deren Ziele und Inhalte. Kapitel 3 präsentiert die Ergebnisse einer empirischen Untersuchung, die sich mit den Problemen und Maßnahmen in ersten HAS-Klassen aus Lehrersicht auseinandersetzt.
Schlüsselwörter
Handelsschule, Bildungssystem, Migrationshintergrund, Integration, Lern- und Leistungsfähigkeit, Reformkonzepte, Projekte, Empirische Untersuchung, Lehrerperspektive.
- Quote paper
- Verena Pfarrwaller (Author), 2010, Zur Weiterentwicklung der Handelsschule in OÖ - Theoretische Überlegungen und empirische Analysen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/189449