Im Zentrum des christlichen Glaubens steht das Bekenntnis zum dreieinen Gott. Dennoch,
obwohl getauft auf den Namen des trinitarischen Gottes, stehen sehr viele Christen
und sogar Theologen der Trinität Gottes fremd gegenüber. Nachdem die Trinität für
Jahrhunderte im Zentrum der Theologie stand, spielt sie heute für sehr viele Christen im
Glaubens- und Lebensvollzug keine wesentliche Rolle mehr. Vielen Christen reicht ein
einfaches (monotheistisch-abstraktes) Gottesbild, an das zu glauben für sie ohnehin
schon schwer genug ist. Ferner besteht für viele Christen im trinitarischen Gottesglauben
die Gefahr eines Tritheismus, da ihnen bei dieser Gottesvorstellung die Einheit
Gottes zu sehr im Hintergrund steht. Dementsprechend bevorzugen viele einen modalistischen
Gott, der in sich selbst eine differenzlose Einheit ist und erst in der Schöpfung
und Geschichte nach außen ein trinitarisches Gesicht annimmt, um dadurch vor allem
einem möglichen Tritheismus entgegenzuwirken. Für andere besteht wiederum die
Gefahr, sich in Spekulationen über die göttlichen Personen und Relationen zu verrennen.
In den Beschlüssen des 2. Vatikanischen Konzils steht die an der göttlichen Trinität
"abgelesene" "Communio", die – grob vereinfacht – eine Gemeinschaft von gegenseitigem
Durchdringen und zugleich Anerkennen von Individualitäten ist, wieder im
Zentrum der katholischen Theologie. Dadurch hat, vor allem nach der Bischofssynode
19851, die Communio-Theologie einen großen Aufschwung erfahren. Gisbert Greshake
gehört zu den Theologen, die seitdem bemüht sind, die göttliche Communio wieder in
das Zentrum des christlichen Glaubens zu stellen. Für ihn ist "Communio" der Kern
aller Theologie. Dementsprechend geht es ihm darum, die "theoretische Bedeutung und
praktische Konsequenz, man könnte auch sagen: die Leuchtkraft des Glaubens"2 herauszustellen,
wenn die Christen ernsthaft an einen dreipersönlichen Gott glauben, der in
sich Communio ist.
[...]
1 Die Synode betont, daß die Communio-Ekklesiologie der zentrale und grundlegende Gedanke des 2.
Vatikanischen Konzils ist. Vgl. Leo Scheffczyk, Aspekte der Kirche in der Krise. Um die Entscheidung
für das authentische Konzil (Quaestiones Non Disputatae I), Siegburg: Verlag Franz Schmitt, 1993, 71-2.
2 Greshake, Der dreieine Gott: Eine trinitarische Theologie, Freiburg-Basel-Wien: Herder, 1997, 23.
Inhaltsverzeichnis
- I. Communio als Grundgedanke allen Seins
- A. Der Communiobegriff
- 1. Ursprung und Bedeutung des Begriffs Communio
- 2. Zugänge zu einer personal-kommunialen Trinitätstheologie
- 3. Herkunft und Definition des Personbegriffs
- 4. Die Relevanz des Personenverständnisses für das Verständnis der Communio
- B. Gott
- 1. Gott ist Communio – Communio als Verstehensschlüssel
- 2. Die Einheit Gottes und die Differenz der göttlichen Personen
- 3. Die drei göttlichen Personen
- 4. Ergebnis
- C. Schöpfung
- 1. Gott und Schöpfung
- 2. Schöpfung als Bild der Trinität
- 3. Schöpfung als Prozeß – Ziel der Schöpfung: Communio
- 4. Ergebnis
- II. Anthropologie
- A. Der Mensch als Bild des dreieinen Gottes
- B. Das Wort
- 1. Das Wort "an sich"
- 2. Gottes Wort
- 3. Das Wort Gottes angesichts geschöpflicher Vermittlung
- C. Der Mensch als selbständiges Subjekt und relationales Wesen
- 1. Der Ruf ins "Eigene" und ins "Andere"
- 2. Der Leib als Medium
- 3. Der Mensch als Person und Subjekt
- 4. Ergebnis
- D. Freiheit und Abhängigkeit des Menschen
- E. Sünde und Leid
- 1. Das Wesen der Sünde: Verweigerung von Communio
- 2. Die gemeinschaftliche Dimension der Sünde
- 3. Erbsünde
- 4. Die Bedeutung der Sünde für Gott
- 5. Der Preis der Liebe
- 6. Ergebnis
- F. Prinzip Stellvertretung
- G. Inkarnation
- H. Erlösung
- 1. Die Bewegung Gottes auf die Welt zu
- 2. Die Bewegung der Welt auf Gott hin
- I. Auf dem Weg zur vollendeten Communio
- 1. Nachfolge Jesu
- 2. Herstellende und darstellende Praxis
- 3. Auferstehung und vollendete Communio
- III. Greshakes Ergebnisse für die gelebte christliche Praxis
- A. Kirche
- B. Religiöser Dialog
- C. Gesellschaft und Schöpfung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die theologische Anthropologie von Gisbert Greshake, wobei der Fokus auf dem Konzept der „Communio“ liegt. Das Hauptziel ist es, die Bedeutung der Communio als verbindendes Element zwischen Offenbarungsglauben und christlicher Praxis aufzuzeigen.
- Communio als grundlegendes Prinzip in der Trinität und Schöpfung
- Die Rolle der Communio im menschlichen Dasein, insbesondere im Verhältnis von Individuum und Gemeinschaft
- Die Bedeutung der Communio für die Überwindung von Sünde und Leid durch Erlösung
- Die Anwendung des Communio-Konzepts auf aktuelle Themen wie Kirche, religiösen Dialog und gesellschaftliche Herausforderungen
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel I. Communio als Grundgedanke allen Seins: Dieses Kapitel behandelt den Begriff der Communio als fundamentalen Aspekt der Trinität und Schöpfung. Es untersucht die Wurzeln und die Bedeutung des Begriffs Communio sowie die Beziehung zwischen dem Begriff der Person und dem Verständnis von Communio.
- Kapitel II. Anthropologie: Der Mensch als Bild des dreieinen Gottes. Dieses Kapitel beleuchtet die Anthropologie von Greshake. Es behandelt den Menschen als Bild des dreieinen Gottes, die Rolle des Wortes Gottes in der Schöpfung und das Wesen des Menschen als relationales Wesen.
- Kapitel III. Greshakes Ergebnisse für die gelebte christliche Praxis: In diesem Kapitel werden die Auswirkungen von Greshakes anthropologischem Ansatz auf die gelebte christliche Praxis beleuchtet. Es analysiert die Bedeutung der Communio für die Kirche, den religiösen Dialog und die Gestaltung von Gesellschaft und Schöpfung.
Schlüsselwörter
Communio, Trinität, Schöpfung, Anthropologie, christliche Praxis, Offenbarung, Glaube, Sünde, Erlösung, Kirche, religiöser Dialog, Gesellschaft.
- Arbeit zitieren
- Markus Dange (Autor:in), 1999, "Communio als 'Klammer' zwischen Offenbarungsglauben und gelebter christlicher Praxis. Eine systematische Analyse der theologischen Anthropologie von Gisbert Greshake", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18964