Mountainbike – Erfolgsgarant für den alpinen Sommertourismus?

Eine Netzwerk- und Angebotsanalyse anhand der Tourismusregion Lenzerheide


Bachelorarbeit, 2009

54 Seiten, Note: 5,5


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Theoretische Grundlagen von Tourismus und Netzwerken
2.1 Begriffsbestimmung Tourismus
2.2 Alpiner Sporttourismus
2.3 Was sind Netzwerke?
2.4 Regionale Touristische Netzwerke
2.5 Zusammenfassung der Theoretischen Grundlagen

3 Entwicklung der Mountainbike-Industrie
3.1 Entstehungsgeschichte des Mountainbikes und dessen Typen
3.2 Warum Mountainbike?
3.2.1 Ökonomische Bedeutung des Mountainbike-Tourismus
3.2.2 Fallbeispiel Moab
3.2.3 Fallbeispiel Leogang

4 Empirische Untersuchung
4.1 Analyse des Mountainbike-Tourismus Netzwerk-Konzepts
4.1.1 Motive der Mountainbiker
4.1.2 Ansprüche der Mountainbiker an ihre Feriendestination
4.1.3 Mountainbike-Tourismus-Netzwerk
4.2 Analyse des Mountainbike-Tourismus-Netzwerks in Lenzeheride
4.2.1 Tourismusregion Lenzerheide
4.2.2 Mountainbike-Konzept Lenzerheide
4.2.3 Identifikation der Akteure in Lenzerheide und ihre Vernetzung
4.2.4 Mountainbike Angebote in Lenzerheide
4.3 Zusammenfassung der empirischen Untersuchung

5 Zusammenfassung, Diskussion und Ausblick
5.1 Zusammenfassung der theoretischen und empirischen Erkenntnisse
5.2 Diskussion
5.3 Fazit
5.4 Ausblick

Literaturverzeichnis

Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 Entwicklung der Hotelübernachtungen in der Sommersaison (Staatsekretariat für Wirtschaft [SECO], 2008)

Abb. 2 Beziehungsgeflecht zwischen verschiedenen Akteuren (eigene Darstellung) ...

Abb. 3 Relative Häufigkeit der MTB-Motive (Heinz, 2007, S. 23)

Abb. 4 Ansprüche an MTB-Strecken (Heinz, 2007, S. 34)

Abb. 5 An eine MTB-Region gestellte Anforderungen (Heinz, 2007, S. 49)

Abb. 6 Soll Vergleich für den MTB-Tourismus in der Region Lenzerheide (Lenzerheide Tourismus, 2008a)

Tabellenverzeichnis

Tab. 1 Die drei wichtigsten „Mountainbiking-Features“ (modifiziert nach Cessford, 1995)

Tab. 2 Was ein fahrrad-freundlicher Herbergsbetrieb bieten sollte (nach Heinz, 2007, S. 54)

Tab. 3 Vom Herbergsbetrieb erwartete Services (nach Heinz, 2007, S. 54)

Tab. 4 Wichtige Akteure und Angebote im MTB-Tourismus (eigene Darstellung)

Tab. 5 Anforderungen an Bike-Hotels der Tourismusdestination Lenzerheide (nach www.lenzerheide.com)

1 Einführung

Mit sFr. 31,3 Mia. trug der Tourismus im Jahr 2008 6 % am Schweizer Bruttoinlandprodukt (BIP) bei1. Die Fremdenverkehrsbilanz, d. h. der Betrag, der von ausländischen Gästen in der Schweiz ausgegeben wird, betrug 2007 sFr. 14,6 Mia. Sie ist nach Exporteinnahmen2 somit die viertgrösste Branche der Schweiz und auf Augenhöhe mit der Uhrenindustrie (Schweizerischer Tourismus-Verband [STV], 2008, S. 6). Gewisse Regionen sind stärker vom Tourismus abhängig als andere. So ist in Graubünden beispielsweise der Tourismus mit 30 % des kantonalen BIP die Haupteinnahmequelle des Kantons (Amt für Wirtschaft und Tourismus Graubünden [AWT], 2008, S. 36). Die Bruttowertschöpfung des Gesamtsystems Sport betrug 2005 1,8 % des BIP. Davon fielen alleine 27 % auf den Sporttourismus, was ca. sFr. 2,2 Mia. entspricht (Berwert, Rütter, Nathani, Holzhey & Zehnder, 2007). Diese Zahlen verdeutlichen eindrücklich die Wichtigkeit des Tourismus.

Die Zahl der Hotelübernachtungen in der Sommersaison sind seit einigen Jahren zwar wieder ansteigend, befinden sich aber immer noch unter dem Niveau von 1990 (Abb. 1). Die Gründe dafür sind vielfältig. Einen grossen Einfluss dürfte die hohe Mobilität der heutigen Zeit haben. Der einfache Zugang zu Fernverkehrsmitteln erlaubt dem Reisefreudigen schnell und günstig in die entlegensten Regionen der Erde zu verreisen. Gerade in kälteren Regionen wie der Schweiz, Deutschland, England oder Frankreich, welche in dieser Reihenfolge die meisten Logiernächte im Schweizer Tourismus generieren (STV, 2008), ist der Reiz ungemein gross an einem tropischen Strand „die Seele baumeln zu lassen“. Vielerorts ist wohl aber auch das Geld einfach zu knapp, um teure Ferien in den Bergen zu verbringen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Entwicklung der Hotelübernachtungen in der Sommersaison (Staatsekretariat für Wirtschaft [SECO], 2008)

Vor allem für Regionen, welche eine kostenintensive Infrastruktur zu finanzieren haben, wird dies zunehmend zu einem Problem. Bergbahnen, die während der Hochsaison im Dezember und Februar ausgelastet bzw. fast schon überlastet sind, haben während2 /3 des Jahres praktisch keine Frequenzen (Lenzerheide Bergbahnen, 2009). Hotels, Restaurants und Detailhandelsbetriebe bleiben während Monaten geschlossen. In den Sommermonaten gleichen viele Tourismusdestinationen einem Geisterdorf. Ferienhäuser mit geschlossenen Fensterläden und ein praktisch nicht stattfindendes öffentliches Leben zeugen davon. Noch vor rund 20 Jahren repräsentierten Wanderer die grösste Einnahmequelle in solchen Gebieten (Lenzerheide Tourismus, 2009). Und obwohl Wandern dank dem Nordic Walking wieder an Beliebtheit gewonnen hat (Lamprecht, Fischer & Stamm, 2008), ist es zu unbedeutend, um langfristig einen funktionierenden Tourismus sicher zu stellen. Mittlerweile sind durch die Modernisierung und höheren Personalkosten auch die Fixkosten des Bergbahnbetriebs gestiegen. Marco Michel (s. Anhang), Produktmanager bei den Lenzerheide Bergbahnen, bestätigt, dass das Sommergeschäft finanziell gesehen ein reines Verlustgeschäft ist. Ein funktionierender Sommerbetrieb der Bergbahnen gehört jedoch zum Gesamtpaket einer Tourismusdestination und ist unablässig, will man nicht noch mehr Gäste verlieren. Deshalb wurde der Betrieb während der Sommersaison bisher auch nicht eingestellt.

Angesichts der voranschreitenden Klimaerwärmung und den damit verbundenen kürzeren schneereichen Wintern v. a. in tieferen Lagen, verschärft sich dieses Problem zusätzlich. Die Zeitspanne, in welcher der relativ gut funktionierende Wintertourismus für ein ausgeglichenes Jahresbudget sorgt, verringert sich so zunehmend. Ebenso gravierende Konsequenzen dürfte der bevorstehende Schneemangel verursachen. Zwar rechnet man in Zukunft mit einer höheren Niederschlagsmenge während der Wintermonate, die Schneefallgrenze wird sich jedoch pro Grad Erwärmung um 150 m in die Höhe verschieben (Abegg & Elsasser, 2007, S. 220). Um nicht vom Wintersport-Wettbewerb ausgeschlossen zu werden, sind hohe Investitionen in Kunstschneeanlagen unumgänglich. In tieferen Lagen werden die Liftanlagen in nicht allzu ferner Zukunft wohl ihren Betrieb einstellen müssen (Abegg & Elsasser, 2007, S. 219 ff.). Wie kann nun dieses Problem angegangen werden? Gibt es für alpine Ferienorte Alternativen bzw. Ergänzungen zum Schneetourismus und was sind die Voraussetzungen, um diese erfolgreich umzusetzen?

Das Mountainbike (MTB) erfreut sich einer grossen Beliebtheit und verzeichnet stetig wachsende Anhängerzahlen (Lamprecht, Fischer & Stamm, 2008). Vor rund 20 Jahren entstanden, ist Mountainbiking mittlerweile zu einem beliebten Freizeitsport geworden. Ursprünglich waren es ein paar wenige Abenteurer, welche mit ihren selbstkonstruierten Bikes die Hügel von Kalifornien hinunter rasten. Später übernahmen Szenesportler auch hier die neue Trendsportart und fuhren kreuz und quer auf Wald- und Bergwegen. Anfangs waren sie verschrien und man sagte ihnen nach, dass sie durch ihr rücksichtsloses Verhalten

Mensch und Tier erschrecken würden. Auch die Natur hätte unter der „enormen“ Last eines Mountainbikes zu leiden (Breuer & Sander, 2003). Seit einigen Jahren aber, kann man beim Mountainbiking bereits von einem etablierten Massensport sprechen. Das MTB hat dem klassischen Rennrad, zumindest im privaten Gebrauch, seit einiger Zeit den Rang abgelaufen. Das Branchenwachstum hält seit Jahren an und es stossen immer neue Firmen auf den Markt (www.velosuisse.ch3 ). Dabei werden die Sportgeräte immer raffinierter. Es gibt kaum mehr Bikes welche nicht vorne und hinten gefedert sind (sog. „Fullys“). Scheibenbremsen sind Standard und Gangschaltungen sind inzwischen zu hochkomplexen Systemen avanciert. Auch die verwendeten Materialien werden immer exklusiver. Zwar hat der klassische Aluminiumrahmen, welcher aufgrund seiner Festigkeit bei vielen Bikes nach wie vor zum Einsatz kommt, noch nicht ausgedient. Karbon- und Graphitlaminate werden trotz ihrer hohen Preise aber vermehrt bei verschiedenen Bikes verarbeitet. Preise bis zu sFr. 10‘000.- sind bei Top-Bikes keine Seltenheit. Auch die Gruppe der Mountainbiker wird immer breiter. Waren es in den Anfängen lediglich ein paar Sport- und Naturverrückte, sitzen heute Leute sämtlicher Alters- und Gewichtsklassen im Sattel.

Im Zuge dieser Entwicklungen, haben Touristiker in den letzten Jahren vermehrt auf die Sparte MTB gesetzt. Pionier und Vorreiter in dieser Hinsicht und wohl auch eine der grössten MTB-Destinationen überhaupt, ist die Region Portes-du-Soleil, welche sich aus vier Schweizer und acht Französischen Orten zusammensetzt. Um ein breiteres Publikum anzusprechen, hat man begonnen, die Mountainbikes mit den ohnehin schon vorhandenen und für den Wanderbetrieb laufenden Transportanlagen auf den Berg zu befördern. Dies führte dazu, dass zuerst viele Downhiller und Freerider (vergl. Kap. 3.1), die mit ihren schweren und stark gefederten Bikes kaum berghoch fahren können, dieses Angebot nutzten. Abfahrtspisten, Hindernissparcours und Bike-Parks entstanden. Bereits vorhanden waren Cross-Country-Parcours. Dies sind Bike-Strecken, welche eher für die traditionellen Mountainbiker, also Ausdauer- und Gesundheitssportler, angelegt worden sind (www.portesdusoleil.com). Die neueste Zielgruppe, die sich seit einigen Jahren von diesen beiden Extremen herauskristallisiert hat, ist die Gruppe der All-Mountain bzw. Enduro Fahrer. Sportler also, die sowohl das Bergauf- wie auch das Bergabfahren geniessen (Bergamin, 2008). Ob die Industrie mit material- und systemtechnisch ausgeklügelten Fahrrädern ein Bedürfnis in diese Richtung geschaffen hat oder ob umgekehrt, das Bedürfnis nach leichtem hoch und sicherem aber trotzdem spassigem runter Fahren die Entwicklung in diese Richtung vorangetrieben hat, ist schwierig zu beantworten. Sicher ist, dass diese Gruppe die höchsten Zuwachsraten zu verzeichnen hat. Aus einer breit angelegten Studie des Fachmagazins „MountainBIKE“ mit 14‘269 Teilnehmern gehen bei der Befragung der Kaufabsichten für das Jahr 2008, vollgefederte Bikes mit 67% als Meistbevorzugte hervor (MountainBIKE, 2007). Dies wird u. a. von Urs Baselgia (s. Anhang), Geschäftsführer des MTB-Fachgeschäfts „Activ Sport“ in Lenzerheide, bestätigt. „Mittlerweile verkaufen wir zu ca.2 /3 All-Mountain Bikes. Mit steigender Tendenz“.

Nun stellt sich die Frage, ob der MTB-Sport das Potential aufweist, den Tourismusregionen zu einem florierenden Sommergeschäft zu verhelfen. Dass die Bergbahnen mehr Frequenzen einfahren können, zeigen mehrere Beispiele aus der Schweiz (Portes-du-Soleil, Laax etc.) oder auch aus Österreich (Ischgl, Saalbach etc.). Genügt es jedoch, lediglich die Liftanlagen und Seilbahnen für den Transport von Mountainbikes kompatibel zu machen? Wenn nicht, welche verschiedenen Player müssen in einem Netzwerk zusammenfinden und funktionieren, um in der international hart umkämpften Tourismusindustrie konkurrenzfähig zu sein? Inwiefern, wenn überhaupt, müssen Hotels, Restaurants, Sport- und andere Fachgeschäfte umrüsten, umdenken und umplanen, um die Ansprüche von Mountainbikern zu decken? Diese Fragen gilt es in einer Literaturanalyse zu klären. Weiter wird versucht, die Player eines MTB-Tourismus-Netzwerks zu identifizieren. Anhand des konkreten Beispiels der Tourismusregion Lenzerheide werden diese allenfalls vorhandenen Player in einer empirischen Analyse untersucht. Mit den verantwortlichen Akteuren werden Gespräche geführt, um herauszufinden, welche Produkte angeboten werden und wie die Kooperation zwischen den verschiedenen Akteuren funktioniert. Um Verwechslungen und Unklarheiten vorzubeugen, gehen zunächst einige Definitionen zentraler Begriffe voraus, um anschliessend die Theorie zum Thema Netzwerkanalyse zu erläutern. Zum Abschluss folgt eine kurze Zusammenfassung der Erkenntnisse sowie ein Ausblick in eine mögliche Zukunft.

2 Theoretische Grundlagen von Tourismus und Netzwerken

Die Theorie zum Tourismus ist äusserst umfangreich und dementsprechend wenig einheitlich. Nachfolgend wird versucht, mittels Fachliteratur den Begriff „Tourismus“ und insbesondere den „alpinen Sporttourismus“ begrifflich einzugrenzen. In einem weiteren Schritt wird kurz auf die Netzwerktheorie eingegangen, um dann im Speziellen das Konstrukt von touristischen Netzwerken verständlich zu machen.

2.1 Begriffsbestimmung Tourismus

Im alten Römischen Reich reiste die wohlhabende und gesundheitsorientierte Oberschicht in weiten Strecken zu Thermen und Bäder. Im Mittelalter war es die Kirche, die ihre Anhänger zu Pilgerreisen an die entlegensten Orte der damaligen bekannten Welt aufforderte. Später, in der Zeit der Aufklärung, trat das Bildungsmotiv in den Vordergrund (Müller, 2005, S. 12- 13). Ein bekannter Vertreter solcher Bildungsreisen war bspw. Johann Wolfgang Goethe, der, inspiriert durch seine Reisen durch Italien, Frankreich und Polen, bekannte klassische Werke wie „Faust“ oder „Iphigenie auf Tauris“ schrieb (Langer & Steinberg, 1998, S. 108-110). Reisen zwecks Erholung kamen erst langsam im 19. Jahrhundert auf. Auch hier blieb es jedoch einer sehr kleinen wohlhabenden Schicht vorbehalten. Erst Ende des 2. Weltkrieges, als sich Wohlstand und Wohlfahrt mehrten und breite Bevölkerungsschichten von Wirtschaftsaufschwung und Technologiesierung profitieren konnten, etablierte sich das Reisen als Beschäftigung in der nun vorhandenen Freizeit (Müller, 2005, S. 14-16).

Müller (2005, S. 17) definiert fünf „Boomfaktoren“, die das Reisen in seiner heutigen Form erst möglich gemacht haben. Darunter befindet sich, wie bereits angesprochen, der zunehmende Wohlstand und der damit zusammenhängende Einkommensbetrag, der frei einsetzbar ist; weiter die allgemeine Verstädterung und der damit verbundene Verlust von Naturräumen und sozialen Kontakten; die „Banalisierung“ der Erwerbstätigkeit sowie der zunehmende Stress am Arbeitsplatz und schliesslich der Zuwachs an Freizeit und die Zunahme an Mobilität durch Individual- (bspw. PKW) und öffentlichem Verkehr (bspw. Europäisches Schienennetz). Müller (2005, S. 18) schreibt weiter, dass das „soziale Ansehen“, welches mit dem Reisen einhergeht, ein wichtiger Motivator des heutigen Reiseverkehrs ist. Wer in den Ferien nicht verreist, fällt aus der Norm heraus und läuft Gefahr, an sozialem Ansehen zu verlieren. Zu betonen gilt es hier, dass auch früher schon die Feudalherren, Könige und Kaiser um ihres Ansehens willens verreist waren. Neu ist lediglich, abgesehen von den bereits aufgeführten veränderten Motiven, das Ausmass an Reisenden.

Der Begriff des Reisens ist inhaltlich stark mit der Definition von Tourismus verbunden. So weit wie die Geschichte des Reisens zurückgeht, so zahlreich sind die im Wandel der Neuzeit entstandenen Begriffsbestimmungen von Tourismus. Sämtlichen Definitionen gemeinsam ist jedoch die Reise an einen Ort, der nicht Wohnsitz ist (Müller, 2005, S. 65; Steinbach, 2003, S. 10-12). Danach scheiden sich die Geister. Es existieren Definitionen die das wirtschaftliche mehr in den Vordergrund rücken und dabei explizit auf das „Geld ausgeben“ in den jeweiligen Besuchsorten verweisen (Ogilvie, 1933, S. 5-6; in Müller, 2005, S. 64), andere rücken die Beziehungen zwischen Reisenden und Bereisten in den Vordergrund. So z. B. Hunziker und Krapf (1942, S. 21; in Müller 2005, S. 64), die den Fremdenverkehr als „Inbegriff der Beziehungen und Erscheinungen, die sich aus der Reise und dem Aufenthalt Ortsfremder ergeben“. Eine global breit akzeptierte und heutzutage oft verwendete Definition liefert Kaspar (1991, S. 18; in Müller, 2005):

Fremdenverkehr oder Tourismus ist die Gesamtheit der Beziehungen und Erscheinungen die sich aus der Reise und dem Aufenthalt von Personen ergeben, für die der Aufenthaltsort weder hauptsächlicher und dauernder Wohn- noch Arbeitsort ist (S. 65).

Diese Beschreibung schliesst unter „Gesamtheit der Beziehungen“ sowohl die wirtschaftliche und gesellschaftliche wie auch die umweltpolitische Komponente mit ein. Unter wirtschaftliche Beziehungen fallen v. a. die Kosten für den Transport zum Zielort und zurück sowie die Ausgaben in der jeweiligen Tourismusdestination; darunter Übernachtungskosten, Mahlzeiten und Souvenirs. Die gesellschaftlichen Beziehungen konzentrieren sich hauptsächlich auf die Interaktion zwischen der einheimischen Bevölkerung und/oder den Arbeitnehmern im Dienstleistungssektor und den Besuchern sowie den Touristen untereinander. Schliesslich beschreiben die umweltpolitischen Beziehungen sämtliche Interaktionen zwischen Mensch und Natur sowie den inszenierten Erlebnissen. Durch den Zusatz des nichtdauernden Arbeitsortes, wird auch der Geschäftstourismus, welcher immer mehr an Bedeutung gewinnt, in die Definition mit einbezogen (Müller, 2005, S. 65-69).

2.2 Alpiner Sporttourismus

Da in dieser Arbeit das MTB als potentieller „Retter in der Not“ untersucht wird, soll im speziellen noch etwas näher auf den Sporttourismus eingegangen werden. Schwark (in Nagel, Ehnold & Trillitzsch, 2008, S. 13) spricht von drei zentralen Anwendungsfeldern des Sporttourismus. In kulturbezogener Hinsicht, ist dies das Praktizieren einer „regionalspezifischen Sport- und Bewegungskultur“. Dies könnte bspw. eine Person sein, die von ausserhalb zwecks Ferien ins Berner Oberland reist, um dort Hornussen zu spielen. In sozialbezogener Hinsicht, sind dies Beziehungen, die durch das Sporttreiben mit „ortsansässigen Gemeinschaften“ entstehen, bspw. durch das Besuchen der Skischule. Solchen Beziehungen kann aber auch gänzlich aus dem Weg gegangen werden. Man denke dabei an clubmässig organisierte Resorts, bei denen das gesamte Sport- und Erlebnisprogramm von aussen abgeschottet stattfindet. In naturbezogener Hinsicht geht es schliesslich darum, ob der Naturraum bloss als Kulisse dient, oder der Besucher sich aktiv mit den ökologischen Gegebenheiten auseinander setzen muss, wie es bspw. beim Bergsteigen nötig ist. Das sportwissenschaftliche Lexikon (Röthig & Prohl, 2005, S. 544-545) unterscheidet beim Sporttourismus weiter nach sportausführenden und -konsumierenden Personen. Sporttourismus liege aber nur dann vor, wenn das Sportangebot den „dominanten Kern des Leistungsangebots“ ausmacht. Grundsätzliches Motiv des Reisenden soll demnach die Ausführung des jeweiligen Sports sein, oder der Besuch einer Sportveranstaltung. Gerade in Bezug auf den alpinen Sommertourismus nimmt der sportkonsumierende Gast einen wichtigen Platz in der Planung der Touristiker ein. Sportevents haben sich in den letzten Jahren als wahre Publikumsmagneten entpuppt. Häufig geht einem Tourismusangebot ein erfolgreicher Event voraus, welcher sich über mehrere Jahre etablieren konnte. 2001 wurde in Lenzerheide bspw. das erste „Bike-Attack“ Freeride Rennen veranstaltet. Ein MTB-Rennen, das mittlerweile über 18 km und 2000 Höhenmeter vom Gipfel des Rothorns hinunter nach Churwalden führt. Der Erfolg in der MTB-Szene und das darauffolgende mediale Echo, veranlassten die Entscheidungsträger in Lenzerheide, die Rennstrecke auch in der übrigen Zeit zur Verfügung zu stellen und aktiv zu bewerben. Davor wäre man wohl ausgelacht worden, hätte man das Bike mit der Gondel auf den Berg transportieren wollen. Mittlerweile fahren den ganzen Sommer über Mountainbiker mit der Gondel auf knapp 2900 m. ü. M., um danach in halsbrecherischer Art und Weise den Berg hinunter zu rasen (Lenzerheide Tourismus, 2009).

Zur Besonderheit des alpinen Tourismus zählt, dass er regional stark divergiert. Der Tourismus hat aus der Gesamtsicht der Alpen nicht überall dieselbe Bedeutung. „Vor allem in den peripheren Alpenregionen stellt er vielerorts das wirtschaftliche Fundament, das Entsiedelungstendenzen gestoppt und den Lebensraum für die lokale/regionale Bevölkerung erhalten hat“ (Tschurtschenthaler, 2007, S. 161). Bezüglich der Trägerschaft der touristischen Entwicklung in den Alpen, sind v. a. überregionale Unterschiede auszumachen. In Frankreich und Italien (ohne Südtirol) wurde der alpine Tourismus oft zentral von aussen initiiert und getragen. So entstanden Skidestinationen mit „grossen Betriebsstrukturen“ (Tschurtschenthaler, 2007, S. 162). Anders in der Schweiz und in Österreich sowie im Südtirol. Hier wurde die touristische Erschliessung von der regionalen Bevölkerung initiiert und getragen. Im Zuge dessen entstanden viele kleine und mittelgrosse Skiorte. Die globalen Veränderungen müssen dementsprechend auf lokaler Ebene differenziert betrachtet werden (Tschurtschenthaler, 2007, S. 162). In dieser Arbeit wird ausschliesslich auf den alpinen Tourismus in der Schweiz Bezug genommen. Tschurtschenthaler (2007, S. 163) spricht des Weiteren von der Landschaft als „Basis des alpinen Tourismus“. In verschiedenen durchgeführten Studien (Tschurtschenthaler, 2007, S. 163) standen Natur und Landschaft stets an erster Stelle, ging es um die Kriterien zur Festlegung eines Feriendomizils.

Da der Tourismus gerade in den Schweizer Alpen, wie angeführt, von der lokalen Bevölkerung initiiert wurde und nach wie vor von dieser getragen wird, ist es wichtig zu Verstehen, wie die Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Leistungsträgern mit unterschiedlichen Interessen funktionieren kann. Ein idealtypisches Kooperationsmodell liefert dabei die Netzwerktheorie.

2.3 Was sind Netzwerke?

In einem Netzwerk sind untereinander heterogene Akteure durch ein „Beziehungsgeflecht“ miteinander verbunden. Diese Verbundenheit ergibt sich aus einem den Akteuren gemeinsamen Ziel bzw. aus der Suche nach einem allgemeingültigen Lösungsweg für ein bestehendes Problem. Die Beziehungen können sowohl formell (bspw. durch Verträge) als auch informell, auf persönlichen Kontakten beruhend, sein (Nagel, Ehnold & Trillitzsch, 2008, S. 21). In der Betriebswirtschaft spricht man von einer Organisationseinheit deren Anhänger autonom agieren können. Zur Zielerreichung sind diese jedoch voneinander abhängig und stehen in wechselseitigen Beziehungen zueinander (Vier, 1996, S. 90 ff.). Abstrakt beschrieben bestehen Netzwerke aus einer Vielzahl an Kanten und Knoten (Abb. 2). Dabei stehen die Knoten im touristischen System i. d. R. für Personen, Institutionen oder Verbände. Die Kanten, welche die Knoten miteinander verbinden, stehen für die spezifischen Beziehungen zwischen den jeweiligen Knoten (Steinbach, 2003, S. 6).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Beziehungsgeflecht zwischen verschiedenen Akteuren (eigene Darstellung)

Steinbach (2003, S. 163 ff.) spricht von organisatorischen Netzwerken erster, zweiter und dritter Ordnung, wobei in dieser Arbeit besonders letztere von Relevanz ist. Diese bezieht sich auf komplexe touristische Gesamtangebote, deren Fokus auf der Planungs-, Marketingund Werbeebene liegt. Aufgaben dieser Ebenen sind:

- die Gestaltung der materiellen (z. B. Siedlungsstruktur) sowie der immateriellen (z. B. Gesetze, Verordnungen) Rahmenbedingungen für den Tourismus;
- die Entwicklung neuer, bzw. die Modifikation bestehender touristischer Produkte (= gesamte touristische Aktionsräume bzw. Elemente davon);
- die Konstruktion der komplementären organisatorischen (Versorgungs- und Vermarktungs-) Netzwerke zur „Erzeugung“ der touristischen Leistungsbausteine sowie zu ihrer Distribution (Absatzwege, Verkaufstechniken) auf den verschiedenen Märkten;
- die Festlegung von Zielgruppen und Werbestrategien für touristische Produkte und Regionen; die Bestimmung der Ziele und Strategien für die Öffentlichkeitsarbeit: z. B. der Aufbau oder die Verbesserung des Images nach aussen oder die Entwicklung einer „Corporate Identity“ innerhalb der organisatorischen Netzwerke bzw. der Fremdenverkehrsregionen (S. 165-166).

2.4 Regionale touristische Netzwerke

Es soll hier im Weiteren noch etwas genauer auf den regionalen Aspekt von Netzwerken eingegangen werden. Das aussergewöhnlichste Spezifikum ist hierbei, dass die Akteure innerhalb des Netzwerks in Konkurrenz zueinander stehen können, gegen aussen jedoch eine Einheit bilden sollen. Dabei wird über eine regionale Verbundenheit versucht, die verschiedenen Akteure zur Mitarbeit im Netzwerk zu bewegen. Diese regionale Verbundenheit entsteht einerseits aus der Erkenntnis, dass eine äussere Bedrohung zu kollektivem Schaden führen kann, und andererseits, aus einer verwurzelten Identifikation mit der Region jedes einzelnen Akteurs (Nagel, Ehnold & Trillitzsch, 2008, S. 22-24). Die Zusammenarbeit gelingt umso besser, je deutlicher und verständlicher das gemeinsame Ziel formuliert wird. Im konkreten Fall des Sporttourismus richten sich solche Ziele auf den Aufbau eines Produkts oder einer Dienstleistung, welche einen potentiellen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Destinationen versprechen (Nagel, Ehnold & Trillitzsch, 2008, S. 22 ff.). Wie in der Ökonomie üblich, soll ein solches Ziel den jeweiligen Umständen und den Veränderungen in der Umwelt stetig angepasst und modifiziert werden können. Wichtig für das Verständnis von regionalen Tourismus-Netzwerken ist die Erkenntnis, dass der Erfolg einzelner Akteure in schwerwiegendem Masse vom Erfolg der jeweiligen Destination abhängig ist (Saretzki, 2007, S. 279). Die Chancen, die sich aus einem Netzwerkzusammenschluss ergeben, sind vielfältig. Die Zusammenlegung von Ressourcen und die gleichzeitige Konzentration auf die Kernkompetenzen verbessern die Wettbewerbsfähigkeit und erhöhen die Chancen auf wirtschaftlichen Erfolg (Saretzki, 2007, S. 276). So profitieren die einzelnen Akteure von Synergieeffekten, die sich v. a. im Marketing bemerkbar machen. Zusammengelegte Werbebudgets können auf dem Markt eine grössere Wirkung erzielen als wenn jeder für sich, mit einem kleinen Budget, die gleichen Märkte zu bearbeiten versucht. Durch das ausnutzen von Grössenvorteilen (economies of scale) verbessert sich die Kostensituation. Ressourcenorientiert, fördern Netzwerke den Erfahrungsaustauch und den Transfer von Wissen, was wiederum zu einer Qualitätssteigerung führen kann. Ein Vorteil, der den Akteuren sonst eher verwehrt bleiben würde (Saretzki, 2007, S. 277-278). Für Tourismusregionen sollte daher ein gemeinsamer, nach aussen gerichteter Konkurrenzkampf (gegenüber anderen Netzwerken) gelten, der erst gegeneinander gerichtet wird, wenn sich der Kunde innerhalb des Netzwerks befindet. Durch eine intensive Auseinandersetzung mit „Markforschungsaktivitäten“ erhält man also als Resultat eine ganzheitlich auf den Kundennutzen ausgerichtete Region. Durch „die anteilige Beteiligung an den notwendigen Investitionen“, wird „eine Verringerung des Risikos für den einzelnen Kooperationspartner“ bewirkt (Nagel, Ehnold & Trillitzsch, 2008, S. 24).

2.5 Zusammenfassung der theoretischen Grundlagen

Eine begriffliche Eingrenzung von Tourismus gestaltet sich relativ schwierig. Eng mit dem Begriff des Reisens verwandt, entstanden über die Jahre verschiedene Definitionen. Durch eine örtliche und sachliche Abgrenzung lässt sich die Thematik jedoch übersichtlich einschränken. So spricht man beim Sporttourismus von drei zentralen Handlungsfeldern: Sporttourismus in kultur-, sozial- oder naturbezogener Hinsicht. Als charakteristische Ergänzung lassen sich Sporttouristen weiter in Sportausführende oder -konsumierende Gäste unterteilen, wobei diese Grenze fliessend verläuft. Da heutige Tourismusregionen aus ihren jeweiligen geschichtlichen Gegebenheiten heraus entstanden sind, ist des Weiteren eine Unterscheidung nach Gebieten nötig. Aufgrund dieser Tatsachen wird in dieser Arbeit vom alpinen Sporttourismus gesprochen.

Um diesen alpinen Sporttourismus volkswirtschaftlich funktionsfähig zu machen bzw. zu erhalten, gibt es eine Reihe theoretischer Empfehlungen. Die Netzwerktheorie, im Besonderen die regionale touristische Netzwerktheorie, geht davon aus, dass die notwendigen Angebote einer Tourismusdestination miteinander vernetzt werden müssen, um Wettbewerbsvorteile zu generieren und langfristig Erfolg zu erzielen. Dabei müssen Unternehmer einer Region, die untereinander in Konkurrenz stehen, gegen aussen zusammenspannen um ein gemeinsames Ziel erfolgreich zu erreichen. Die Vorteile die sich daraus ergeben sind v. a. Ressourceneinsparungen und die daraus resultierende Konzentration auf die jeweiligen Kernkompetenzen. Die Mitarbeit der Akteure im Netzwerk wird durch eine regionale Verbundenheit sowie durch das Erreichen eines gemeinsamen Ziels vorangetrieben.

3 Entwicklung der Mountainbike-Industrie

Zunächst muss geklärt werden, ob und - wenn ja - warum eine strategische Ausrichtung auf MTB-Tourismus für alpine Regionen lohnenswert sein kann. Dazu wird auf bekannte Zahlen der MTB-Industrie sowie auf verschiedene Studien Bezug genommen. Weiter werden zwei konkrete Fallbeispiele analysiert. Als erstes jedoch etwas zur Geschichte und zu aktuellen Zahlen des Mountainbikes.

3.1 Entstehungsgeschichte des Mountainbikes und dessen Typen

Bereits Anfang der 70er Jahre setzten Rennradfahrer in Kalifornien erste Impulse in Richtung des heutigen MTB-Sports. Sie nahmen ihre alten „Beach Cruiser“ und fuhren damit die asphaltierten Strassen der höchsten Hügel von Kalifornien runter. Gary Fisher, ein passionierter Radrennfahrer, nahm 1976 bei einem alten Beachbike einige Modifikationen vor. Sein Ziel war, ein stabiles Fahrrad zu bauen, das einer wilden Abfahrt stand halten konnte. Somit war bereits das erste Downhillbike erfunden. Es dauerte nicht lange bis sich erste Firmen dem neuen Sport annahmen und durch Materialweiterentwicklungen auch denjenigen eine Möglichkeit boten, die lieber bergauf fahren wollten. Konkret sind damit leichtere Rahmen aus Aluminiumlegierungen und Weiterentwicklungen bei den Übersetzungen, welche ein bergauf Fahren mit wesentlich weniger Kraftaufwand ermöglichten, gemeint. Bald darauf wurden erste Rennserien durchgeführt, später auch Weltmeisterschaften. Highlight in der Geschichte des MTB-Sports und gleichzeitige Etablierung des Mountainbikes in den Reihen traditioneller Sportarten, war die erstmalige Durchführung an den Olympischen Spielen 1996 in Atlanta als Demonstrationssportart. Seither sind MTB-Rennen, vorläufig die Disziplin Cross-Country, fester Bestandteil des Olympischen Programms.4 Das Cross-Country-Bike ist i. d. R. ein „Hardtail“. D. h., ein Mountainbike, das nur vorne gefedert ist. Dies damit das Gewicht möglichst gering gehalten werden kann und die Tretkraft direkter auf die Räder übertragen wird. Im Zuge der Entwicklung des Mountainbikes entstanden in den letzten Jahren verschiedene, neueren Bedürfnissen angepasste, Modelle. Darunter sind bspw. All-Mountain- und Enduro-Bikes gemeint, welche eine in Härte und Höhe variable Federung besitzen und somit das bergauf wie das bergab Fahren zum Erlebnis machen. Des Weiteren sind Freeride-Bikes auf dem Markt, welche in erster Linie ein variantenreiches Fahren und Springen in Parks und auf speziell präparierten Trails ermöglichen. Zum Schluss gibt es noch die Gruppe der bereits angesprochenen Downhill-Bikes, die ähnlich wie die Freeride-Bikes konzipiert sind. Sie haben jedoch einen noch grösseren Federweg (bis 200mm vorne und hinten), einen weiteren Achsenabstand sowie einen tieferen Schwerpunkt und sind speziell für rasante Abfahrten über Stock und Stein gebaut (Bergamin, 2009).

Grundsätzlich ist zu sagen, dass die Einteilung in die verschiedenen Modelle nicht eindeutig ist, wie Urs Baselgia (s. Anhang) von „Activ Sport“ bestätigt. Vielmehr sind es die einzelnen Firmen, die einen grossen Einfluss auf die Bezeichnung ihrer jeweiligen Bikes nehmen. Die Unterteilung in Cross-Country, All-Mountain, Freeride und Downhill, ist die in Fachmagazinen am häufigsten anzutreffende.5 Diese Unterscheidung erfolgt in erster Linie nach technischen Kriterien. Federweg und Federtechnologie, Achsenabstand, Rahmenkonstruktion, Lenkergrösse und Schaltkomponenten sind einige solcher Kriterien. Im Fachgeschäft wird jedoch eher nach Fahrertyp unterschieden. So werden bei „Activ Sport“ u.a. Können, Vorlieben und Einsatzort eruiert und dementsprechend das optimale Bike für die jeweilige Person ausgesucht, unabhängig davon, wie das Bike vom Hersteller aus „betitelt“ wurde.

In einer von Schweiz Tourismus durchgeführten repräsentativen Umfrage (Huser, 2005) wurden die Biker-Typen in „Nature“, „Adventure“ und „Relax“ eingeteilt. Dabei wurde untersucht, welches Fahrerlebnis für welche Gruppe wichtig ist. Für die Gruppe „Nature“ sind dies im Besonderen Fahrten in der unberührten Natur, im alpinen Raum mit „schöner Aussicht“ und auf abwechselndem Terrain. Schmale Pfade (Single Trails) und Fahrten über Wurzeln, Stock und Stein, sind der Gruppe „Adventure“ am wichtigsten. Die Gruppe der „Relax“-Biker ist am wenigsten differenziert. Eine schöne Aussicht und abwechslungsreiches Terrain sind hier auch zentral, wobei sie im Gegensatz zu den anderen Beiden auch gerne auf asphaltierten Strassen fahren.

3.2 Warum Mountainbike?

Das touristische Potential, welches in Mountainbikern gesehen wird, ist einerseits Resultat diverser durchgeführter Studien als auch Ergebnis konkreter Beispiele aus verschiedenen Destinationen.

Gemäss einer Studie des BASPO, hat die Zahl der Mountainbiker unter der Schweizer Wohnbevölkerung im Zeitraum von 2000 bis 2008 von 4,3 % auf 4,7 % zugenommen (Lamprecht, Fischer & Stamm, 2008). Dies entspricht einer Zunahme von über 52‘000 Bikern (Bevölkerungszahlen: Bundesamt für Statistik). Auch die reinen Verkaufszahlen, welche von Velosuisse seit 2002 evaluiert werden, zeigen eine allgemein steigende Tendenz im Fahrradsektor. So wurden in der Schweiz im Jahr 2002 total 263‘000 Velos verkauft, wovon 120‘000 Mountainbikes waren. Im Jahr 2008 wurden total 314‘284 Velos abgesetzt. Davon 141‘952 Mountainbikes. Die allgemeine Zunahme von in der Schweiz verkauften Fahrrädern betrug somit rund 19,5 %; bei den Mountainbikes rund 18,3 %6. Vergleichbare Zahlen sucht man in anderen Sportartikelbranchen vergebens (Lamprecht, Fischer & Stamm, 2008).

Rad fahren ist in den letzten Jahren vermehrt zu einem Lifestyle avanciert. Der Zukunftsforscher Matthias Horx (2007, S. 94) spricht von einer „Bike-Mania“ und dem Bike als „Gewinner des Klimawandels“. Seiner Ansicht nach setzt der moderne Stadtbewohner künftig vermehrt auf öffentliche Verkehrsmittel - oder er benutzt gleich ein „cooles“ Bike. Eine vom MTB-Fachmagazin „MountainBIKE“ durchgeführte Studie mit 13‘588 teilnehmenden Lesern (MountainBike, 2005), liefert verschiedene Resultate in Bezug auf das Reiseverhalten von Bikern. Demnach haben die durchschnittlichen Ausgaben für Reisen mit dem Bike zwischen 2006 und 2008 um knapp 12 % zugenommen. 91 % der Befragten gehen jährlich ein bis zwei Wochen in den MTB-Urlaub, wobei deren 79 % im Hotel oder in einer Pension übernachten. Für die Schweiz von besonderer Relevanz7 ist die Tatsache, dass im Jahr 2008 13 % der Befragten in der Schweiz Bike-Ferien machten und ganze 22 % ihre nächsten Ferien in der Schweiz planen. Zum Vergleich: im Jahr 2008 machten 32 % der Leser Bike-Ferien in Österreich, 36 % planen ihren nächsten Urlaub in unserem Nachbarland. Dies sind zwar immer noch beträchtlich mehr, jedoch kann die Schweiz mit einer Zunahme von 9 % im Gegensatz zu 5 % aufwarten.

[...]


1 Vergl. Auswärtiges Amt Deutschland. Zugriff am 16. Juli 2009 unter http://www.auswaertiges- amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Schweiz/Wirtschaft.html (Die Bruttowertschöpfung des Tourismus wird vom Schweizer Tourismus-Verband seit 2005 nicht mehr geschätzt [STV, 2008, S. 6])

2 Ausländische Touristen, die in der Schweiz Geld ausgeben und Dienstleistungen beanspruchen, haben auf die schweizerische Zahlungsbilanz dieselben Auswirkungen wie der Export von Waren (STV, 2008, S. 6).

3 Velosuisse ist der Verband der Schweizer Fahrradlieferanten. Er bezweckt den Zusammenschluss der Fabrikanten, Importeure, Grossisten und Agenturen der Fahrradbranche in der Schweiz zur Wahrung der gemeinsamen Interessen. Er fördert den Vertrieb über den Fachhandel (Eigenbeschrieb im Internet. Zugriff am 13. Juli 2009 unter www.velosuisse.ch).

4 Zur Geschichte des Mountainbikes vergl. exemplarisch Breuer & Sander, 2003; Gilomen, 2005

5 Im deutschsprachigen Raum sind besonders die auflagenstärksten Magazine „Bike“ und „MountainBIKE“ zu nennen (www.bike-magazin.de; www.mountainbike-magazin.de). Bis dato einziges schweizerisches MTB- Fachmagazin ist „Ride“, welches vier Mal jährlich mit einer Auflage von 10‘000 Exemplaren erscheint (www.ride.ch).

6 Das Bevölkerungswachstum betrug in dieser Zeit (2002 - 2008) 5,3 % (Bundesamt für Statistik).

7 Das Deutsche Fachmagazin „BIKE“ wird europaweit vertrieben und ist das auflagenstärkste Magazin im deutschsprachigen Raum. Es erscheint in kleiner Auflage in der Schweiz jeweils mit einem speziellen Schweizer Teil. Da die Herkunft nicht eruiert wurde, ist anzunehmen, dass ein Grossteil der Befragten aus Deutschland stammt.

Ende der Leseprobe aus 54 Seiten

Details

Titel
Mountainbike – Erfolgsgarant für den alpinen Sommertourismus?
Untertitel
Eine Netzwerk- und Angebotsanalyse anhand der Tourismusregion Lenzerheide
Hochschule
Universität Bern  (Sportwissenschaft)
Veranstaltung
Sportwissenschaft/Tourismus
Note
5,5
Autor
Jahr
2009
Seiten
54
Katalognummer
V189769
ISBN (eBook)
9783656141389
ISBN (Buch)
9783656141556
Dateigröße
1268 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
5,5 entspricht in der Schweiz der zweithöchsten Note (Skala 1 - 6).
Schlagworte
mountainbike, erfolgsgarant, sommertourismus, eine, netzwerk-, angebotsanalyse, tourismusregion, lenzerheide
Arbeit zitieren
Domenico Bergamin (Autor:in), 2009, Mountainbike – Erfolgsgarant für den alpinen Sommertourismus?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/189769

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