Die Analyse des Romangeschehens erfolgt unter der Prämisse, dass die Erfahrungen der Protagonisten aus Krieg und Nachkriegszeit einen nachhaltigen Einfluss auf ihr Befinden und ihre Denk- und Verhaltensweisen ausüben und diese sich zum Teil unmittelbar daraus
ableiten lassen. Die materiellen Lebensbedingungen haben sich in mancher Hinsicht entscheidend verbessert, aber bei genauerem Hinsehen erkennt man noch Spuren von Mangel und Entbehrung, besonders im Vergleich zwischen West und Ost. Einen besonderen
Schwerpunkt bildet die häufige Kritik an Gesellschaft und Institutionen, und schließlich gibt es auch Ansätze zu Weiterentwicklung und Fortschritt, beispielsweise das
Geschlechterverhältnis betreffend. Ein wichtiger Kerngedanke zeigt sich darin, dass Lügen und Betrügen zum Alltagsleben des Kleinen Mannes zu gehören scheinen. Sie dienen der Sicherung der Existenz. Dabei machen sich teilweise Skrupel bemerkbar, aber angesichts der
Verhältnisse in Staat und Gesellschaft, wo in viel größerem Ausmaß gelogen und betrogen wird, sind sie aus der Sicht vor allem der männlichen Protagonisten unangebracht. Dies wird zum Beispiel an der Kritik an Adenauer deutlich, der wegen seiner einseitig an der
Westintegration der Bundesrepublik orientierten Politik als "Minderer des Reiches" (63) und als Chef eines Regimes bezeichnet wird, das auf Wiederaufrüstung ausgerichtet ist und auf
"jene Elemente" zurückgreift, "die damals bei Hitler oben schwammen". (64) Es ist natürlich der Erzähler Walter Eggers, der hier spricht, aber es ist unverkennbar, dass er dem Autor
als Sprachrohr dient, um seiner Kritik am Zeitgeschehen polemisch Ausdruck zu verleihen.
Inhaltsverzeichnis
- Zeitgeschehen und Zeitkritik in "Das Steinerne Herz" von Arno Schmidt
- Zur Entstehungsgeschichte
- Zum Inhalt
- Erster Teil
- Zweiter Teil
- Dritter Teil
- Erfahrungen aus Kriegs- und unmittelbarer Nachkriegszeit und ihr Einfluss auf Befindlichkeiten, Denk- und Verhaltensweisen der Protagonisten
- Thematische Schwerpunkte
- Materielle Lebensbedingungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Analyse untersucht Arno Schmidts "Das Steinerne Herz" im Kontext des Zeitgeschehens der frühen 1950er Jahre in der Bundesrepublik Deutschland. Der Fokus liegt auf der Darstellung der Nachkriegswirklichkeit, den Erfahrungen der Protagonisten mit Krieg und Flucht, und der kritischen Auseinandersetzung Schmidts mit der politischen und gesellschaftlichen Situation.
- Die Auswirkungen von Krieg und Nachkriegszeit auf die Psyche der Protagonisten
- Der Vergleich der Lebensverhältnisse in Ost- und Westdeutschland
- Arno Schmidts politische und gesellschaftliche Kritik
- Die Rolle von Lügen und Betrug im Alltag
- Die Darstellung materieller Lebensbedingungen und des Wohnungsmarktes
Zusammenfassung der Kapitel
Zeitgeschehen und Zeitkritik in "Das Steinerne Herz" von Arno Schmidt: Dieser einleitende Abschnitt beschreibt den historischen Kontext von Arno Schmidts Roman "Das Steinerne Herz", der im April 1955 fertiggestellt wurde. Er beleuchtet den wirtschaftlichen Aufschwung der Bundesrepublik, die beginnende Verdrängung der NS-Vergangenheit und die deutsche Teilung als zentrale Aspekte des Zeitgeschehens, die den Roman maßgeblich beeinflussen. Der Roman wird als frühzeitiges literarisches Dokument der deutschen Teilung und der Lebensverhältnisse in der DDR präsentiert.
Zur Entstehungsgeschichte: Dieser Abschnitt behandelt die Schwierigkeiten bei der Veröffentlichung des Romans. Der Rowohlt Verlag zeigte zunächst kein Interesse. Ernst Krawehl vom Stahlberg Verlag übernahm die Betreuung, befürchtete aber Anzeigen und Indizierungen aufgrund politischer und pornografischer Passagen. Es kam zu Streichungen im Manuskript, bevor der Roman 1956 erschien. Die ursprüngliche Fassung wurde erst 1986 veröffentlicht, was die Brisanz der zeitkritischen Kommentare Schmidts unterstreicht.
Zum Inhalt: Der Roman ist in drei Teile gegliedert. Der erste Teil beschreibt die Ankunft des Ich-Erzählers Walter Eggers in Ahlden, wo er bei den Thumanns wohnt und heimlich nach hannoverschen Staatshandbüchern sucht, um eine "Große Kartei" anzulegen. Er täuscht seine wahren Absichten vor und beginnt eine Affäre mit Frieda Thumann. Der zweite Teil führt Walter und Karl Thumann nach Ostberlin, wo Walter ein wertvolles Buch stiehlt. Er lernt Line Hübner kennen, die ihm von ihren Fluchterlebnissen berichtet. Walter beobachtet die Unterschiede zwischen Ost- und Westberlin und kritisiert die Missstände beider Systeme. Der dritte Teil spielt wieder in Ahlden. Walter fälscht eine Sterbeurkunde und entdeckt einen Schatz. Er verkauft einen Teil des Schatzes und beschließt, mit Frieda zusammenzuleben und an seiner Kartei zu arbeiten.
Erfahrungen aus Kriegs- und unmittelbarer Nachkriegszeit und ihr Einfluss auf Befindlichkeiten, Denk- und Verhaltensweisen der Protagonisten: Dieser Abschnitt analysiert den Einfluss der Kriegs- und Nachkriegserfahrungen auf die vier Protagonisten. Walter Eggers, geprägt von seiner Zeit als Kriegsgefangener, zeigt eine Tendenz zur Gefühlsverdrängung. Karl Thumann leidet unter Alkoholabhängigkeit. Frieda zeigt die körperlichen Spuren der Mangelernährung während des Krieges. Line Hübner trägt die tiefgreifenden Traumata der Flucht aus Schlesien und Vergewaltigung mit sich herum. Der Vergleich ihrer Erfahrungen verdeutlicht die unterschiedlichen Bewältigungsstrategien mit den Folgen des Krieges und Flucht.
Thematische Schwerpunkte: Materielle Lebensbedingungen: Dieser Abschnitt untersucht die materiellen Lebensbedingungen der Protagonisten und deren Unterschiede zwischen Ost und West. Die verbesserte Situation im Westen wird im Kontrast zu den anhaltenden Schwierigkeiten im Osten dargestellt. Der Fokus liegt auf der Wohnungsfrage und dem Aufschwung des Wohnungsbaus für wohlhabende Schichten im Westen, während die Situation von Flüchtlingen und sozial Benachteiligten kaum Beachtung findet. Walter Eggers' Suche nach einer Unterkunft bei den Thumanns dient als Beispiel für die Nutzung materieller Vorteile zur Erreichung persönlicher Ziele.
Schlüsselwörter
Arno Schmidt, Das Steinerne Herz, Nachkriegszeit, Zeitkritik, deutsche Teilung, Ost-West-Vergleich, Kriegserfahrungen, materielle Lebensbedingungen, Propaganda, Lügen, Betrug, Hannoversche Landesgeschichte, Kartographie.
Häufig gestellte Fragen zu Arno Schmidts "Das Steinerne Herz"
Was ist der Gegenstand dieser Analyse?
Diese Analyse untersucht Arno Schmidts Roman "Das Steinerne Herz" im Kontext der frühen 1950er Jahre in der Bundesrepublik Deutschland. Der Fokus liegt auf der Darstellung der Nachkriegswirklichkeit, den Erfahrungen der Protagonisten mit Krieg und Flucht, und der kritischen Auseinandersetzung Schmidts mit der politischen und gesellschaftlichen Situation.
Welche Themen werden in der Analyse behandelt?
Die Analyse behandelt diverse Themen, darunter die Auswirkungen von Krieg und Nachkriegszeit auf die Psyche der Protagonisten, den Vergleich der Lebensverhältnisse in Ost- und Westdeutschland, Arno Schmidts politische und gesellschaftliche Kritik, die Rolle von Lügen und Betrug im Alltag sowie die Darstellung materieller Lebensbedingungen und des Wohnungsmarktes. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf den materiellen Lebensbedingungen und dem Kontrast zwischen Ost und West.
Wie ist der Roman "Das Steinerne Herz" strukturiert?
Der Roman ist in drei Teile gegliedert. Der erste Teil beschreibt die Ankunft des Ich-Erzählers in Ahlden und den Beginn einer Affäre. Der zweite Teil führt die Protagonisten nach Ostberlin, wo sie die Unterschiede zwischen Ost und West beobachten. Der dritte Teil spielt wieder in Ahlden und beinhaltet die Fälschung einer Sterbeurkunde und die Entdeckung eines Schatzes.
Welche Rolle spielen die Kriegs- und Nachkriegserfahrungen der Protagonisten?
Die Kriegs- und Nachkriegserfahrungen prägen die Protagonisten stark. Walter Eggers zeigt eine Tendenz zur Gefühlsverdrängung, Karl Thumann leidet unter Alkoholabhängigkeit, Frieda trägt die Spuren der Mangelernährung, und Line Hübner kämpft mit den Traumata der Flucht und Vergewaltigung. Die Analyse untersucht die unterschiedlichen Bewältigungsstrategien der Protagonisten.
Wie wird die politische und gesellschaftliche Situation der Nachkriegszeit dargestellt?
Der Roman präsentiert eine frühzeitige literarische Auseinandersetzung mit der deutschen Teilung und den Lebensverhältnissen in der DDR. Er zeigt den wirtschaftlichen Aufschwung im Westen, die beginnende Verdrängung der NS-Vergangenheit und die anhaltenden Schwierigkeiten im Osten. Schmidts Kritik an der politischen und gesellschaftlichen Situation wird deutlich.
Welche Schwierigkeiten gab es bei der Veröffentlichung des Romans?
Der Roman stieß zunächst auf Schwierigkeiten bei der Veröffentlichung. Der Rowohlt Verlag zeigte kein Interesse. Der Stahlberg Verlag übernahm die Betreuung, befürchtete aber Anzeigen und Indizierungen aufgrund politischer und pornografischer Passagen. Es kam zu Streichungen im Manuskript, bevor der Roman 1956 erschien. Die ursprüngliche Fassung wurde erst 1986 veröffentlicht.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren den Roman und die Analyse?
Schlüsselwörter sind: Arno Schmidt, Das Steinerne Herz, Nachkriegszeit, Zeitkritik, deutsche Teilung, Ost-West-Vergleich, Kriegserfahrungen, materielle Lebensbedingungen, Propaganda, Lügen, Betrug, Hannoversche Landesgeschichte, Kartographie.
- Quote paper
- Hans-Georg Wendland (Author), 2012, Zeitgeschichte und Zeitkritik in 'Das Steinerne Herz' von Arno Schmidt - Analyse ausgewählter thematischer Schwerpunkte - Teil I, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/189776