Frank Wedekind "Frühlingserwachen": Werk, Inhalt / Zusammenfassung und Biographie


Referat / Aufsatz (Schule), 2001

58 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Frank Wedekind: Frühlingserwachen:

Akt 1 / Szene 2)

S. 6 reden sie von ihren Fächern: Geographie, Geschichte, Griechisch, Latein und Mathe; gesagt wird, dass sie viele Arbeiten haben S.7 sie gehen in die Schule, damit sie Prüfungen machen und damit sie durchfallen; durchfallen müssen sie , weil man 7 braucht wegen eines zukleinen Klassenzimmers; ein Produkt der Erziehung des Menschen ist sein Schamgefühl, das tief eingewurzelt ist in der menschlichen Natur;

S.8: es wird von der Erziehung der Buben und Mädchen gesprochen; es gibt Gefahren durch die Instinkte;

S.9: man braucht eine neue Erziehungsmethode, weil die jetzige zur Verweichlichung der Menschen führt;

S. 11: kommt die Sexualerziehung zu Sprache und die Quellen ihrer Sexualerziehung: die Aufklärung suchen sie in Büchern, Illustrierten, in der Beobachtung der Natur; einer sagt, seine Gouvernante habe ihn aufgeklärt; der „Kleine Meyer“; die Sexualerziehung ist ein Störfaktor beim Lernen; Erfolg hat man beim Lernen, wenn man stumpfsinnig ist;

S. 12: hinausgeworfen werden kann man aus der Schule, wenn man ein nacktes Mädchen anschaut;

Szene 3 :

S. 13: kommt eine Nebenbeschäftigung zur Sprache: sie schneiden sich die Haare (Mädchen)

S.14: als Erziehungsmethode verwendet man Schläge; das Ideal der Kindererziehung bei den Mädchen: ein Kind sollte frei sein

Szene 4:

S. 16: das Gymnasium hat Parkanlagen; Moritz‘ Vergehen: er ist ins Konferenzzimmer eingedrungen und als Strafe hat er einen Sonntagnachmittag bekommen und eine Bemerkung ins Zeugnis; sein Vergehen war, dass er nachgesehen hat, ob er Promoviert hat;

Szene 5:

Melchior will keine Konfirmation

Akte 2/ Szene 1 )

S. 23; Moritz hat in der Griechischstunde geschlafen; eine Strafe von prof. Zungenschlaf ist: er zwickt die Schüler in die Ohren ; in derselben Szene erfährt man, dass die Schüler Literaturgeschichte haben;

S 25: die Schule ersetzt die Gesundheit nicht, man muss in die frische Luft und Spazieren gehen; man erfährt, dass man auch während des Spazierganges fleißig sein kann (vgl. Klosterschule);

Szene mit dem Rektor: als I länschen Rilow zum Rektor Sonnenstich kommt um von Trenk den Tod anzuzeigen reagiert der Rektor gefühllos, kühl, als sei er nicht gerührt; er spricht nicht über den Tod des Schülers, sondern mahnt den Schüler;

Melchior liest Faust und macht sich Gedanken über das Werk, da er noch zu jung ist, muss er Faust zu zweit lesen, um das Werk besser zu verstehen; (vgl. Faust und Gretchen -> Melchior und Wendla)

Frau Gabor glaubt eher an ihren Sohn, an den Menschen als an irgendeine erzieherische Maßnahme; Faust ist für Melchior strafbar und selbst wird er sich selbst für schuldig erklären;

Szene 2:

S.2S: Geschichte mit dem Storch: Wendla glaubt daran Wendla ist nicht aufgeklärt, aber sie weiß nicht wen fragen (vgl. Klosterschule); die Mutter will sie nicht aufklären, weil die Liebe ein Tabu ist; die Mutter hat Angst vor der Aufklärung (sie könnte sogar ins Gefängnis eingesperrt werden)

S.31 : die Liebe zwischen Frau und Mann sei eine außergewöhnliche Sache; die Frau muss den Mann von ganzem Merzen lieben und die Frau habe Prüfungen zu bestehen (vgl. Klosterschule)

Szene 3 :

S.33: Hänschen Rilow und sein Harem: verschiedene Bilder /Figuren als Symbole für die erotischen Vorstellungen des pubertierenden Jungen, diese Sammlung betrachtet er als seinen Harem; Keuschheit ist das Ergebnis einer musterhaften Erziehung, aber nicht nur bei der Frau, sondern auch beim Mann; Hänschen Rilow ist auch keusch erzogen worden;

Szene 4:

Lieben heißt für Wendla küssen; laut Melchior gibt es keine Liebe, es gibt nur Eigennutz und Egoismus;

Szene 5: Konsequenzen von schlechten Zeugnisnoten bei Moritz Stiefel: Angst und Frust; aus Angst und Frust will er nach Amerika ( unbedachte Handlung); die Eltern könnten schlecht reagieren; Selbstmordversuch; es wäre aber ein unlauteres, befremdendes Mittel; ein Trost trotz dieser schlechten Noten: sehr schlechte Schüler sind trotzdem vorzügliche Menschen geworden und umgekehrt; die Frau Gabor versichert ihm, dass zwischen ihm und Melchior sich die Freundschaft nicht ändern wird,

Szene 7:

S.38: Moritz ist nicht aufgeklärt worden; betet cm gewisses Fräulein Snandulia an und wälzt Mord und Todesgedanken hin und her; trifft auf Ilse, die völlig aufgeklärt und ein Freudenmädchen ist; am Ende des 2ten Aktes bringt er sich um;

Akt 3 /Szene 1 :

Konferenzzimmer; die Bilder von Jean Jacques Rousseau und l^estalozzi hängen dort; es gibt einen grünen Tisch und Gasflammen; der Rektor sitzt auf erhöhtem Sessel;

S.43: der Antrag auf Relegation (Ausschluss) eines schuldbeladenen Schülers ist nicht möglich, weil man Angst hat vor einer Selbstmordepidemie, wie es in verschiedenen Gymnasien der Fall ist; es sind Gymnasien suspendiert worden, weil 25% zum Opfer dieser Selbstmordepidemie gefallen sind.

Eindruck über diese Schule;

sowohl der Rektor als auch die Lehrerschaft tragen

komische Namen : Rektor = Sonnenstich; Knüppeldick; Zungenschlag (stottert), Fliegentod; Hungergurt; Knochenbruch; Affenschmalz; Pedell ( Hausmeister an einer Schule oder Uni) - Habebald ( Name befindet sich auch in Goethes Faust: einer der drei Gewaltigen)

vermummte Herr; eine symbolische Gestalt, die als Gegenspieler des toten Moritz Stiefel das Leben verkörpert; die Vermummung war nötig, weil das Leben keine Individualität hat;

die Reaktion der Professoren: der bevorstehende Ausschluss des Schülers scheint ihnen egal zu sein; sie interessieren sich iur ein offenes oder geschlossenes Fenster; menschlich sind sie nichts wert: die Sprache der Lehrer: sie ist ein belangloses hohles Geschwätz, dass ihre persönlichen Empfindungen darstellt, gerade dann, wo an Menschlichkeit appelliert wird; sie ist hochgeschwollen, pedant, redundant und hohl; die Figuren: Spießbürger, kleinkarierte Figuren, die von sich sehr eingenommen sind und zeitweise aggressiv und beleidigend wirken ( Episode Fliegentod gegen Zungenschlag mit dem Ventilator im Hirn); sie wirken unanständig;

Meinung der Schule: wenn kein Antrag auf Ausschluss vorhanden ist, dann könnte die Schule beschuldigt werden; da der Rektor und Professoren Hüter und Bewahrer der Anstalt sind, haben sie die Pflicht gegen eine drohende Suspendierung zu agieren; sie müssen bestrafen, damit die Schule nicht bestraft wird; sie können aber die Leistungen des Schülers nicht als mildernden Umstand gelten lassen, da mehr gute Schüler könnten selbstmordgefährdet werden;

Der Anlass des Todes von Moritz: ein Schriftstück, das unmoralisch ist, eine zwanzig Seiten lange Abhandlung der Beischlaf betitelt, in Dialogform, mit Lebensgroßen Abbildungen und mit den schamlosesten Unflätigkeiten gefüllt;

Haltung des Rektors und der Lehrerschaft bei der Disziplmarkonferenz: dem Beschuldigten wird keine Möglichkeit gegeben sich zu verteidigen; obwohl Melchior sich zu wehren versucht, kann er nur mit ja und nein antworten;

Szene 2:

Die Begräbnisszene an der der Rektor, der Professor Knochenbruch und die Gymnasiasten tei Inehmen;

S.48: Was ist Selbstmord ? : ist Verstoß gegen die sittliche Weltordnung und der Beweis für die sittliche Weltordnung, weil sic am Schluss gewinnt, die Welt geht weiter (Rektor Sonnenstich);

Knochenbruchs Worte (hart, gefühllos, direkt): verbummelt, versumpft, verhurt, verlumpt und verludert;

S.49: Worte von Rektor und von Prof Knochenbruch: deplaziert und sinnlos, laut Rektor S. : wir hätten ihn ja wahrscheinlich doch nicht promovieren können;

Prof. Knochenbruch: und wenn wir ihn promoviert hätten, im nächsten Frühling wäre er des allerbestimmtesten sitzengeblieben

S.50: man erfährt, dass Moritz Stiefel sich erschossen hat, weil er Probleme gehabt hat, in der Schule mitzukommen; Worte der männlichen Gymnasiasten: belangloses, unehrenhaftes Geplauder; sie reden nicht nur vom Erhängen, sondern vom Aussehen des Toten, von einer vermeintlichen 5Mark Schuld und von seinen Problemen in der Schule;

ohne Übergang sprechen sie über ihre eigenen Hausaufgaben , über ihre eigenen Probleme

S.51: Worte der weiblichen Gymnasiastinnen: ehrenhafter, man erfahrt, wer die Pistole hat und warum Montz sich erschossen hat; wegen dem Parallelepipedon die Haltung der Mädchen ist eher menschlich: sie bringen Blumen;

Szene 3 ;

Frau Gabors Erziehungsmethode: geistvoll, das Kind ist ein Spielzeug; Herrn Gabors Erziehungsmethode: das Kind ist kein Spielzeug, man muss es ernsthaft erziehen; Herr Gabor gegenüber Frau Gabors Erziehungsmethode: er hat geschwiegen;

laut Frau Gabor wurde Melchior schuldlos von der Schule ausgeschlossen; er muss in die Korrektionsanstalt( schweizerisch) (Besserungsanstalt und Erziehungs-) ; laut Frau Gabor ist ihr Sohn keine Verbrechematur ( er besitzt eine edle Denkweise und einen rechtlichen Charakter), in der Anstalt wird er aber zum Verbrecher werden und untergehen; laut Herrn Gabor ist Melchior schuldig und im Kern seines Wesens angefault, dem Unmoralischen hingegeben und geistig korrupt; die Frau Gabor entschuldigt ihren Sohn, das Schriftstück sei eine harmlose und dumme Sache gewesen (freizügige Erziehung);

S.53: Anschuldigung der Mutter, was die Schule betrifft: wer an moralische Korruption denkt, muss ein vollständig entseelter Bürokrat oder beschränkt sein (Schule ist bürokratisch und beschränkt)

S.54: Melchior Kennzeichnung: frühlings frohes Herz, helles Lachen, kindliche Entschlossenheit; für den Vater hat er sich vergangen, für die Mutter hat er sich nicht vergangen; dann kommt der Ausschluss von Melchior aus der Schule und sein fehltritt mit einem 15 jährigen Mädchen wird bekannt; er hat sie vergewaltigt;

S.55: kommt die Frage auf: entweder ein anderes Gymnasium oder eine Korrektionsanstalt: der Vater ist für die Korrektionsanstalt mit ihrer eisernen Disziplin, mit ihren Grundsätzen und ihrem moralischen Zwang und hauptsächlich ihrer Entwicklung ihrer christlichen Denk- und Empfindungsweise; in einer Korrektionsanstalt muss man sich fügen, man lernt das Gute und nicht das Interessante, man folgt nicht seinem Naturell, sondern dem Gesetz;

Szene 4:

ln der Korrektionsanstalt hat Melchior ein Gefühl der Überwachung, er darf sich nicht absondem, muss wie die anderen tun, die Handlungen und Haltungen der Zöglinge befolgen (Vgl. Klosterschule);

Die Beschreibung der Korrektionsanstalt: es wird ein Fluchtversuch von Melchior geplant; man erfährt nicht sehr viel über die Anstalt, nur, dass unter den Fenstern Brermesseln gepflanzt wurden und dass die Fenster aus Schmiedeeisen vergittert sind;

Szene 5:

Wendlas Krankheit: sie erwartet ein Kind; da sie nicht verheiratet ist, glaubt sie nicht, dass sie ein Kind erwartet (sie ist immer noch nicht aufgeklärt);

Szene 6:

ein Kuss auf den Mund von Hänschen und Emst; (vgl. Klosterschule) jedesmal, wenn die Aufklärung mangelhaft ist, versuchen Buben und Mädchen in eigener Regie hinter die Geheimnisse der Sexualität zu kommen;

Szene 7:

Melchior, der aus der Korrektionsanstalt geflohen ist und als Mörder gilt, trifft auf den toten Moritz im Friedhof, beim Grab der Wendla, Melchior verachtet sich selbst; der tote Moritz lacht aber über die Menschen, ist mit sich zufrieden, weil er erhaben ist; diese Erhabenheit ist aber eine Lüge (sagt der vermummte Herr /das Leben);

Wendlas Tod: an Abortus gestorben, weil die Mutter ihr Mittel verabreicht hat (vgl Goethe umgekehrt)

Die Moral:

S.69: Moral ist das Produkt zwischen Sollen und Wollen, sagt der vermummte Herr;

>

kleiner Meyer ... ein Konversationslexikon über alle Wissensgebiete nach dem evangelischen Kirchenrecht kann ein Selbstmörder kirchlich bestattet werden, aber er bekommt keinen Grabstein

Pestalozzi: Johann Heinrich: 18-19Jhdt: schweizerischer Pädagoge, Sozialreformer und Schriftsteller;

Jean- Jacques Rousseau: 18Jhdt; frz. Schriftsteller, Staatswissenschaftler, Pädagoge, Verfasser des „Emil“ als pädagogisches Lehrbuch beide Schrifsteller vertreten eine fortschrittliche Pädagogik ohne Repressionen, daher Ironie, dass ihre Porträts in diesem Konferenzzimmer hängen.

Der Direktor der Korrektionsanstalt wird von Melchior Großinquisitor genannt (oberster Richter der span. Inquisition gegen die Ketzer)

1. Thematik:

Kaum ein Thema hat den Menschen und Dichter Frank Wedekind so anhaltend beschäftigt wie das der menschlichen Sexualität, und auch das zweite Thema von Frühlings Erwachen, die Schule,

Beide Themen erfahren um die Jahrhundertwende eine intensive literarische Bearbeitung. Neu allerdings ist die Verbindung beider Themen, die Darstellung sexueller und schulischer Probleme Jugendlicher während der Pubertät.

Noch provokanter als das Thema ist die Art, in der Wedekind es in seinem Drama gestaltet. Nicht dass Jugendliche als Protagonisten fungieren, ist das eigentlich Überraschende.

Die Probleme, die die Pubertät mit sich bringt, werden aus der Sicht der Pubertierenden dargestellt. Aufgrund dieser Sichtweise tritt der Zusammenhang, der zwischen den sexuellen und schulischen Nöten bestehen, von den Jugendlichen aber nicht durchschaut wird, in den Hintergrund.

Beide Themen sind zwar als aufeinander bezogene, aber gleichwohl als gegenständige Handlungsstränge durch das Drama hindurch zu verfolgen.

- Sexualität:

Es wird der Gesellschaft am Ende des 19.Jhdts Unaufrichtigkeit im Umgang mit der Sexualität bescheinigt Dem öffentlichen Bewusstsein galt zu jener Zeit Sexualität als etwas Unappetitliches, ihr unterworfen zu sein war man nicht bereit einzugestehen; deshalb wurde sie totgeschwiegen und, da sie nun einmal nicht ganz abzuschaffen war, diskret unter die Bettdecke ehelicher Schlafzimmer verbannt. Die Kehrseite dieser Prüderie und Tabuisierung alles Geschlechtlichen zeigte dich in der Doppelmoral der Wilhelminischen Ära. Hinter der Fassade bürgerlicher Anständigkeit fand man durchaus Wege seme Sexualität auszuleben.

Die mit dem Verlust moralischer Aufrichtigkeit erkauften Möglichkeiten sexueller Triebbefriedigung außerhalb der Ehe, die sich das männliche Geschlecht stillschweigend zustand, bleiben der Jugend verwehrt. Ebenso wie man das Kind in trügerischer Überein Stimmung mit der Grammatik der deutschen Sprache als geschlechtliches Neutrum behandelte und zum Teil auch heute noch behandelt, sprach man den Jugendlichen jeglicher sexuellen Regungen und Bedürfnisse auch noch über die Pubertät hinaus ab. Unter diesen Voraussetzungen musste eine sexuelle Aufklärung der Jugend nicht nur überflüssig, sondern geradezu widernatürlich erschemen, weckte sie doch künstlich Bedürfnisse, deren Befriedigung ohnehin nicht möglich war Die Erwachsenen verdrängten offenbar die Erfahrungen der eigenen Jugend und unterwarfen ihre Kinder der gleichen repressiven Sexalmoral, der sie selbst in ihrer Jugend ausgesetzt gewesen waren. Frau Bergmann rechtfertigt das Totschweigen der Sexualität ihrer Tochter gegenüber mit den Worten: Ich habe an dir nicht anders getan, als meine liebe gute Mutter ab mir getan hat.

Auch an den Mitteln, mit denen man die Einhaltung dieser moralischen Prinzipien überwachte, hatte sich im Laufe der Generationen nicht viel geändert. Die Begegnungen zwischen den Geschlechtern unterlagen der gesellschaftlichen und familiären Kontrolle. Schwerer zu unterbinden waren autoerotische Handlungen Jugendlicher. Die von Pädagogen, aber auch von Medizinern verbreitete Ansicht, dass Onanie verheerende Schäden hervorrufe, sollte die Jugendlichen von solch sexueller Betätigung abschrecken. Zudem wirkte der Einfluss der sexualfeindlich eingestellten Kirche auf die Gewissensbildung disziplinierend So war im letzten Grund jene Generation, der man jede Aufklärung und jedes unbefangene Beisammensein mit dem anderen Geschlecht prüde untersagte, tausendmal erotischer disponiert als die Jugend von heute mit ihrer höheren Liebesfreiheit.

In summa haï jener gesellschaftliche Druck auf unsere Jugend statt einer höheren Sittlichkeit nur Mißtrauen und Erbitterung in uns gegen alle diese Instanzen gezeitigt. Vom ersten Tag unseres Erwachens fühlen wir instinktiv, daß mit ihrem Verschweigen und Verdecken diese unehrliche Moral und etwas nehmen wollte, was rechtens unserem Alter zugehörte, und daß sie unseren Willen zur Ehrlichkeit aufopferte einer längst unwahr gewordenen Konvention. “

Es ist der 26-jährige Schriftsteller Frank Wedekind, der seinen Jugendlichen Sprache verleiht. Mit dem Protest gegen bürgerliche Konventionen und dem Brechen gesellschaftlicher Tabus steht er keineswegs allein. Das geistige und insbesondere literarische Klima des letzten Jahrzehnts des 19.Jhdts. und der nachfolgenden zwei Jahrzehnten war durch eine Aufbruchsstimmung und ein Aufbegehren gekennzeichnet, das sich auf fast alle Lebensbereiche erstreckte und in der massiven Rebellion der Expressionisten gegen die Väter generai ion kulminierte. In dieser Protesthaltung darf man eine Gemeinsamkeit jener literarischen Intellektuellen sehen, die sich selbst als „Moderne“ empfanden. Sie verbindet so unterschiedliche Stilrichtungen wie Naturalismus, Symbolismus, Jugendstil und Expressionismus.

Eine der vielschichtigen Ursachen fur einen geistigen Aufbruch ist in den revolutionären naturwissenschaftlichen Erkenntnissen jener Zeit zu suchen. Auf dem hier interessierenden Gebiet der Sexualmoral war es jedoch die in dieser Zeit entstandenen Forschungsrichtung der Psychoanalyse, die zu einem neuen Verständnis und zu einer neuen Bewertung der menschlichen Sexualität führte und die unlöslich mit dem Namen Sigmund Freuds verbunden ist.

Es gibt verblüffende Parallelen zwischen Wedekinds literarischem Werk Frühlings Erwachen und Freuds wissenschaftlichen Erkenntnissen über die kindliche und jugendliche Sexualität. Unbestritten ist, dass Wedekind aus der Fachliteratur Kenntnisse über die Sexual forsch ung besaß und auf diesem Gebiet wissenschaftlich auf der Höhe seiner Zeit war.

Das grundlegende Ergebnis der psychoanalytischen Sexualforschung besteht zunächst darin, Kindern und Jugendlichen Sexualität und damit sexuelle Bedürfnisse nicht länger abzusprechen, sondern ausdrücklich zuzugestehen. Wichtiger für das Verständnis von Frühlings Erwachen ist die Erkenntnis, dass Heranwachsende eine sexuell polymorphe Phase durchmachen und daher Homosexualität nicht selten anzutreffen ist. Man kommt heute nicht mehr herum um die Anerkennung klinischen Beweismaterials, das zeigt, dass sexuelle Gefühle, die sich in Onanie, Voyeurismus, Exhibitionismus und sado- maochistischen Bestätigungen ausdrücken, zur normalen sexuellen Entwicklung Jugendlicher gehören. Bei all diesen Erscheinungen handelt es sich also um latente, nicht um manifeste Verhaltensweisen, um das vorübergehende Erproben sexueller Möglichkeiten während der Entwicklung, die nach deren Abschluss in der Regel nicht weiter praktiziert werden. Angesichts dieser gesicherten psychoanalytischen Erkenntnisse bleibt es unverständlich, wie auch neuere Interpreten von Frühlings Erwachen im Hinblick auf die Figuren des Dramas bezweifeln können, ob diese Jugendlichen jemals zu natürlichen un verkrampften Geschlechtsbeziehungen finden werden. Wie wenig festgelegt diese bei ihnen sind, zeigt die Figur des Hänschen Rilow. Bei seiner Onanie stimuliert er sich mit weiblichen Aktdarstellungen, nimmt jedoch daneben eine homoerotische Beziehung zu Emst Röbel auf.

Ungeachtet ihres Übergangscharakters galten allerdings auch Sigmund Freuds pubertäre Homosexualität und Masochismus als perverse Verhaltensweise. Heute sind Psychologen und Psychoanalytiker mit solcher Disqualifizierung abweichenden Sexualverhaltens erheblich zurückhaltender.

( Szenen in denen Masturbation, sado- masochistische Anwandlungen, Homosexualität und Gruppenonanie dargestellt werden)

Frühlings Erwachen zeigt zwar deren Negation kein Zweifel aber kommt darüber auf, dass sie das Falsche ist. Die Perversion bleibt Wedekinds traurige Abweichung von der genitalen Normalität, die von den kleinen Perversen nicht erreicht werden kann. Melchior immerhin erzwingt diese genitale Normalität, lässt sich jedoch ebenso zu sadistischen Handlungen hinreißen. Und es ist keineswegs so, dass der Geschlechtsakt zwischen Melchior und Wendla als positives Beispiel für eine „richtig“ praktizierte Sexualität einer angeblich perversen gegenübergestellt würde. Wedekind ist weit davon entfernt das Sexualverhalten seiner jugendlichen Akteure zu kritisieren und in ihnen kleine Perverse zu sehen. Er scheint in der Beurteilung pubertären Sexualverhaltens vielen seiner Interpreten voraus zu sein.

Schule:

Meine ganze Schulzeit war, wenn ich ehrlich sein soll, nichts als ein ständiger langweiliger Überdruß, von Jahr zu Jahr gesteigert durch die Ungeduld, dieser Tretmühle zu entkommen.

Häufig trifft man bei ihnen auf die Einstellung, dass die Schulzeit eine Zeit sei, die es gelte, möglichst schnell hinter sich zu bringen, nach der erst das eigentliche Leben beginne. Offenbar ist es der Schule in hundert Jahren nicht gelungen, die in ihr verbrachte Zeit den Schülerinnen und Schülern als sinnerfüllten Teil ihres Lebens erfahren zu lassen und ihnen eine Identifikation mit ihrer Tätigkeit zu ermöglichen. Die Schule ist trotz aller Veränderungen, die sie in den letzten hundert Jahren unbestreitbar erfahren hat, ihrer Struktur und Funktion nach gleich geblieben. Sie wird nach wie vor als aufgegebenes Pensum erlebt und nicht als eigener Gestaltungsraum.

Alle diese Beispiele unterscheiden sich von früheren Behandlungen dieses Themas dadurch, dass die Schulzeit nicht länger als bloße Episode im Rahmen von autobiographischen Romanen oder Entwicklungsromanen erscheint, sondern zu einem eigenständigen Thema avanciert. ( wachsende Bedeutung der schulischen Ausbildung im Laufe der zweiten Hälfte des 19.Jhdts.)

Die infolge der industriellen Revolution veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse und Produktionsprozesse verlangten jedoch besser und spezieller ausgebildete Arbeitskräfte. Die erhoffte man sich von einer verlängerten und stärker auf die Bedürfnisse der Wirtschaft aus gerichteten schulischen Ausbildung. Aufgrund der Ausdehnung der Schulzeit konnte diese nun als eigener Lebensabschnitt erfahren werden.

Durch die Konkurrenz zwischen den Schulsystemen gerieten die Schiller zunehmend unter den Leistungsdruck, der häufig von ehrgeizigen Eltern noch verstärkt wurde.

Die Schule hat jedoch nicht nur auf die Interessen der Wirtschaft Rücksicht zu nehmen, sondern unterliegt als staatliche Einrichtung auch politischer Einflussnahme. (Wilhelm II: Schon längere Zeit hat mich der Gedanke beschäftigt, die Schule in ihren einzelnen Abstufungen nutzbar zu machen, um der Ausbreitung sozialistischer und kommunistischer Ideen entgegenzuwirken.)

Solche politischen Vorgaben behinderten nicht nur die freie geistige Entfaltung der Schülerinnen und Schüler, sondern knebelten nicht minder ihre Lehrer, die zu politischen Vollzugsbeamten degradiert wurden.

Die Schüler erfuhren das ihnen verordnete Pensum unmittelbar von ihren Lehrern, mussten deshalb auch diese dafür verantwortlich machen und nicht eine ihnen unbekannte und für sie unsichtbare den Lehrern Vorgesetzte Schulbehörde oder gar noch diesen übergeordnete politische Instanz.

Engten diese Interessen der Wirtschaft und die Einflussnahme der Politik den Freiraum aller in der Schule Tätigen in gleicher Weise ein, so unterlagen die Schüler noch einer weiteren Beschränkung. Denn in dem Maße, in dem sich die Schulzeit der Jugendlichen verlängerte, verlängerte such auch deren Abhängigkeit vom Elternhaus.

Mit der Schulzeit wurde in den Augen der Eltern auch die Kindheit und die Zeit der Unmündigkeit ihrer Kinder verlängert und damit die Zeit, in der sie Macht über ihre Kinder ausüben konnten.

Verhängnisvoll wirkte sich die Behandlung Achtzehnjähriger als Kinder auf dem Gebiet der Sexualität aus.

Das Ignorieren der eigenen Sexualität galt als Voraussetzung fur den schulischen Lernerfolg. Ganz konsequent bestand deshalb die Sexualerziehung im Wesentlichen darin, dass die unterblieb. Man kann sich vorstellen, welches Entsetzen Sigmund Freud bei seinen Zeitgenossen hervorrief, als er m einem offenen Brief von der Schule die sexuelle Aufklärung der Kinder forderte.

Damit ist ein erster Zusammenhang zwischen den beiden Themenbereichen in Wedekinds Drama angedeutet, der allerdings von den Erwachsenen dort nicht nur geleugnet, sondern in ironischer Pointienmg geradezu auf den Kopf gestellt wird. Um den guten Ruf des Gymnasiums zu wahren, der durch den Selbstmord von Moritz Schaden zu nehmen droht, muss dessen wahrer Grund verschwiegen werden und Melchiors für seinen Freund verfasste Aufklärungsschrift als vorgeschobene Erklärung herhalten. Allein Frau Gabor durchschaut diese Perfidie: Man hatte einen Sündenbock nötig. Man durfte die überall lautwerdenden Anschuldigungen nicht auf sich beruhen lassen. Frau Gabor verrät freilich nicht, worin diese Anschuldigungen bestehen. Es kann jedoch keinem Zweifel unterliegen, dass Moritz Opfer elterlichen Ehrgeizes und schulischer Überforderung ist.

Wenn Wedekind in seinem Drama einen Schüler Selbstmord begehen lässt, so geht es ihm nicht um die vordergründige theatralische Wirkung, die sich damit erzielen lässt. Vielmehr entspricht diese Tat durchaus dem, was Wedekind als Schüler in seinem schulischen Umfeld tatsächlich erlebt hat. ln einem Brief aus dem Jahre 1881 berichtet er einem Freund vom Selbstmord seines Mitschülers Frank Oberlin. Skeptisch hingegen wird man Wedekinds spätere Aussage beurteilen müssen, der Darstellung der familiären und schulischen Verhältnisse seiner Dramenfiguren lägen persönliche Erlebnisse zu Grunde Demgegenüber wird man nüchtern feststellen müssen, dass Wedekind für sein Drama kaum auf eigene Erfahrungen zurückgreifen konnte. Was er dort darstellt, entspricht durchaus nicht dem, was er m semer eigenen Familie und in seinem Schulleben erfahren hat.

2) Aufbau:

- Exposition: (l.Akt)

Frühlings Erwachen als Paradigma für die offene Form angeführt; erster Akt bietet eine Exposition in nahezu klassischer Weise

Eingangsszene:

belanglose Plauderei zwischen Mutter und Tochter;

Hier wird nichts Bedeutsames verhandelt; es geht um die wahrlich nicht weltbewegende Frage, ob Wendla noch ihr Prinzcsschenleid tragen darf oder nun ein langes Kleid anziehen muss. Immerhin könnte diese Frage zu einer Auseinandersetzung zwischen Mutter und Tochter fuhren. Doch selbst die findet nicht statt, da Frau Bergmann ihre wahren Argumente verschweigt und die Wendlas von einer noch unterbrochenen kindlichen Naivität zeugen, sodass von einer Argumentation bei ihr eigentlich keine Rede sein kann. Wenn Frau Bergmann Wendlas Frage, warum sie ihr Kleid so lang gemacht hat, mit der ihrer Tochter ja nicht bekannten Feststellung begegnet Du wirst 14 Jahre heute!, so weicht sie einer direkten Antwort aus. Und doch vermag der Zuschauer einen Zusammenhang zwischen dem Alter der Tochter und der von ihrer Mutter Шг notwendig erachteten Länge des Kleides herzustellen. Hinter Frau Bergmanns Wusch, ihre Tochter von jetzt an züchtig verhüllt zu kleiden, steht die unausgesprochene Befürchtung, dass diese nun, da sie 14 Jahre alt geworden ist, das Interesse des männlichen Geschlechts zu erregen beginnen könnte. Ihre weiteren Äußerungen enthalten deutliche Hinweise auf die fortgeschrittene körperliche Entwicklung ihrer Tochter, die sich ihrer eigenen Gcschlechtigkeit und ihrer möglichen Wirkung auf das andere Geschlecht noch nicht bewusst ist. Sie möchte weiter Kind bleiben und reagiert ihrem kindlichen Selbstverständnis entsprechend. Bereits im ersten Wortwechsel des Dramas klingt also das Thema Sexualität indirekt an.

Wenn Wendla andeutet, dass sie unter dem Bußgewand nichts anzuziehen gedenkt und sie in dieser Aufmachung ins Gegenlicht tritt, sodass ihre Körperkonturen unter dem Kleid sichtbar werden, so wird hier eine ausgesprochen erotische Vorstellung evoziert. Gewiss bleibt diese unterhalb von Wendlas Bewusstseinsschwelle, eben nur ein Ahnen ihrer Geschlechtlichkeit. Diecingangsszene des Dramas stimmt das Thema Sexualität ganz behutsam an und charakterisiert mit Frau Bergmanns Verschweigen und Wendlas Ahnen bereits diese beiden Figuren in Bezug auf dieses Thema.

Die Mutter vermag nicht offen darüber zu sprechen, die Tochter steht auf der Grenze zwischen kindlich- naiver und ahnungsvoller Unwissenheit. Nachdem so der Zuschauer auf das Thema Sexualität eingestimmt worden ist, kann die nächste Szene deutlichere Töne anschlagen. Das Gespräch zwischen Melchior und Moritz kreist um die Erscheinungen, die der Eintritt der Geschlechtsreife bei Jungen auslöst. Sie gestehen sich gegenseitig ein, schon männliche Regungen empfunden zu haben. Während diese bei Moritz eine Verstörung und unbestimmte Schuldgefühle hervorrufen, da er sie nicht einordnen kann, ist Melchior bereits über die biologischen Zusammenhänge informiert. Mit dem erstaunlichen Ausruf Du weißt das also noch nicht, Moritz? reagiert Melchior auf die Frage seines Freundes, auf welche Art und Weise wir eigentlich in diesen Strudel hineingeraten. Über den Vorgang der Zeugung will Moritz sich gern von Melchior aufklären lassen, aber nicht im Gespräch, wie dieser vorschlägt, sondern in Form einer schriftlichen Unterweisung.

Auf die Jungen - Szene folgt eine Mädchen- Szene. In dem Gespräch der drei Mädchen scheint es freilich auf ersten Blick um andere Dinge zu gehen als um Sexualität. Dass jedoch in beiden Szenen die Wendung vorkommt Wenn ich Kinder habe, deutet daraufhin, dass die Themen beider Gespräche gar nicht so weit auseinander liegen. Zwar steht bei den Mädchen nicht die Zeugung im Mittelpunkt des Interesses, sondern - diesen Vorgang gewissermaßen überspringend - das Kinderkriegen. Das Gespräch enthält aber noch weitere, den Mädchen freilich unbewusste erotische Elemente. z.B. Marthas Bericht einer heftigen Familiensszene.

Diese zeigt die ganze Ahnungslosigkeit Marthas, die mit den bewusst unklaren Anspielungen ihrer Eltern auf die ihr unterstellten erotischen Absichten nichts anzufangen weiß. Ferner ist aus Wendlas entschiedener Bejahung ihrer Weiblichkeit unschwer ein erotischer Unterton herauszuhören und ihr wiederholt bekundetes Interesse an den Schlägen, die Martha offenbar regelmäßig von ihren Eltern bezieht, weist auf Wendlas masochistische Wünsche voraus. Auch das auffällige Interesse der Mädchen an ihren Klassenkameraden fügt sôch in den thematischen Zusammenhang dieser Szene ein.

¿ine Begegnung zwischen Jungen und Mädchen folgt; letzte Szene der ersten Aktes, in der sich Melchior und Wendla zufällig im Wald begegnen, im Verlauf des Gespräches erzählt Wendla, dass sie geträumt habe, von ihrem Vater geschlagen zu werden Diese Phantasie stellt tatsächlich den verdrängten Wunsch dar, vom Vater geliebt zu werden, ein Verlangen, das durch eine repressive Bewegung in den Wunsch verwandelt wurde, von ihm geschlagen zu werden. Sigmund Freud schreibt diese Rückwendung dem unbewussten Schuldgefühl wegen der sexuellen Unterwerfung unter den Vater zu. Obwohl Wendla sich das Gefühl, geschlagen zu werden, grauenvoll vorstellt, bittet sie Melchior darum, der sich nach anfänglicher Weigerung dazu bereit findet. Wendla stachelt ihn solange an, fester zu schlagen, bis er schließlich völlig unkontrolliert mit den Fäusten auf sie eindrischt. Melchiors sadistischer Ausbruch kommt ebensowenig unvorbereitet wie Wendlas masochistisches Verlangen. Bereits in dem Gespräch mit Moritz berichtet er von einem Traum - eine Entsprechung zu Wendlas-, in dem er ihren Hund solange gepeitscht habe, bis er kein Glied mehr rührte. Der masochistische Vorgang, mit dem der erste

Akt schließt, präludiert die sexuellen Handlungen der folgenden Akte. Damit ist die Exposition des Themas Sexualität abgeschlossen.

vierte Szene; wieder eine reine Jungen- Szene:

Bislang war ausschließlich von dem Thema Sexualität die Rede. Das Thema Schule wird zwar zu Beginn der zweiten Szene kurz angesprochen. Das reicht aber nicht, um den Zuschauer in dieses Thema einzufuhren. Das geschieht in der vierten Szene. Obwohl Moritz erst nach einiger Zeit zu den sechs Gymnasiasten stoßt, steht er von Beginn an im Mittelpunkt des Gesprächs, oder genauer, seine für alle Mitschüler ungeheuerliche Tat ins Konferenzzimmer eingedrungen zu sein und Einblick in das Protokoll der Versetzungskonferenz genommen zu haben. Überglücklich berichtet er nun, dass er zusammen mit Emst Röbel auf Probe versetzt worden sei. Einer von ihnen beiden habe am Ende des ersten Quartals dem anderen Platz zu machen. Sein Geständnis, dass er sich im Falle seiner Nichtversetzung erschossen hätte, wird von den Mitschülern ebensowenig ernst genommen, wie in der ersten Szene Wendlas Vorausweisung auf ihren frühen Tod von der Mutter ernst genommen wird, der erste Akt führt beide Themen an; exponiert zugleich deren jeweilige Protagonisten;

In der zweiten Szene werden Melchior und Moritz bereits dadurch aus der Gruppe der Jungen herausgehoben, dass es nach einem kurzen Auftakt heißt: Alle entfernen sich bis auf Moritz und Melchior, die beiden also den wesentlichen Teil der Szene allein bestreiten. In der dritten Szene dagegen profilieren sich keines der Mädchen deutlich von den anderen. Allerdings ist Wendla dem Zuschauer bereits aus der Eingangsszene bekannt. Endgültig werden sie und Melchior als Protagonisten des Themas Sexual ität jedoch erst in der fünften Szene exponiert, während die vierte Moritz als Protagonisten des 'Themas Schule aufweist.

in Exposition: die Situation der Personen so zu umreißen, dass Zuschauer in konzentrierter Form mit ihr vertraut wird. Ausgangspunkte für den Fortlauf des Stückes

Die dritte Aufgabe der Exposition, über die Vorgeschichte der Dramahelden zu informieren, entfallt, da dieses Drama ohne Vorgeschichte auskommt. Es setzt mit dem Beginn der Pubertät der jugendlichen Akteure ein; was davor war, ist ohne Belang und Bedeutung.

Während die Szenenabfolge des ersten Aktes eine klare Architektonik erkennen lässt und der Akt als Exposition in sich abgerundet wirkt, weisen seine einzelnen Szenen weitaus weniger Geschlossenheit auf. Bei ihnen springt das Ausschnitthafte als weiteres Kennzeichen der offenen Dramaform ins Auge Nie erscheint der Anfang und nur selten das Ende einer Szene zwingend festgelegt.

[...]

Ende der Leseprobe aus 58 Seiten

Details

Titel
Frank Wedekind "Frühlingserwachen": Werk, Inhalt / Zusammenfassung und Biographie
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2001
Seiten
58
Katalognummer
V189938
ISBN (eBook)
9783656142942
ISBN (Buch)
9783656143192
Dateigröße
13404 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Das E-Book besteht aus gescannten Textseiten und ist deshalb nicht per Software durchsuchbar
Schlagworte
Frank Wedekind;, Frühlingserwachen;, Werk;, Inhalt;, Biographie;, Zusammenfassung;
Arbeit zitieren
MMag. Dr. Sabine Picout (Autor:in), 2001, Frank Wedekind "Frühlingserwachen": Werk, Inhalt / Zusammenfassung und Biographie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/189938

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