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Hierbei verfolgt die vorliegende Arbeit das Ziel, die Verwendung des Mimesisbegriffs bei
Adorno nicht partiell zu beleuchten, sondern strukturell aufzudecken. Mimesis wird nicht als
Zentralbegriff verstanden, dessen Konstellation dargestellt werden soll1, sondern als Inbegriff
einer zentralen Dialektik. Die Arbeit beginnt mit kurzen grundlegenden Passagen, um den
Eingang in komplexere Sphären adornoschen Denkens mit zunehmendem Textumfang
möglichst klar zu gestalten. In den ersten drei Abschnitten werden die Pole einer Dialektik
identifiziert, die in der restlichen Arbeit nachgezeichnet wird. Die Untersuchung hält stets
Fühlung mit Adornos Texten und endet daher auch bei den letzten Ausführungen der
›Ästhetischen Theorie‹. Nachdem einige Einwände gegen das Dargestellte behandelt wurden,
die Adornos Werk selbst entspringen, soll seine Position durch einen Vergleich mit Paul
Ricoeurs Mimesiskonzeption weiterhin an Kontur gewinnen. Eine Zusammenfassung mit
knappem Ausblick wird die Arbeit abschließen.
Vorab erweist sich eine adäquate Behandlung Adornos als problematisches Unterfangen.
Durch die Abgrenzung, welche die kritische Theorie gegenüber dem „traditionellen
Wissenschaftsbetrieb“ vornimmt, entziehen sich auch ihre Werke den klassischen Kategorien
wissenschaftlichen Arbeitens. Man kann Adorno nicht anhand der Kriterien untersuchen, die
er selbst kritisiert. Dies kann jedoch zu einer Stellungnahme verleiten, die sich in ihrer ganzen
Vorsicht gar nicht traut, überhaupt irgendetwas Verbindliches zu sagen. Die vorliegende
Darstellung von Adornos Position fährt zweigleisig. Einerseits wäre sie Adorno wohl etwas
zu sehr an einer strikten, formalen Schlussfolgerung ausgerichtet, andererseits wird versucht,
Adornos Position durch einige Assoziationen zu animieren, um nicht auf das logische Skelett
zu regredieren.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Ursprüngliche Mimesis
- Ratio
- Die Mimesis ans Tote
- Mimesis und Erkenntnistheorie
- Dialektik der Mimesis
- Die Lösung
- Missverständlichkeiten
- Adornos Mimesis und Ricœurs mimēsis
- Ricoeurs mimēsis
- Vergleich des Aufbaus beider Konzepte
- Vergleich der Ausrichtung beider Konzepte
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit zielt darauf ab, die Verwendung des Mimesisbegriffs bei Adorno nicht nur partiell, sondern strukturell aufzudecken. Mimesis wird als Inbegriff einer zentralen Dialektik verstanden. Die Untersuchung zeichnet diese Dialektik anhand der Ausführungen Adornos in seiner Ästhetischen Theorie nach.
- Die Ursprüngliche Mimesis als leibliche „Angleichung an Natur“
- Die Verdrängung der Ursprünglichen Mimesis durch die Ratio
- Die „Mimesis ans Tote“ als Erstarrung des Subjekts im rationalen Denken
- Die Dialektik der Mimesis als Spannungsfeld zwischen Ursprünglicher Mimesis und Ratio
- Der Vergleich mit Ricœurs Mimesiskonzeption als Mittel zur Einordnung von Adornos Position
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die vielseitige Verwendung des Mimesisbegriffs in der Philosophiegeschichte und die Komplexität von Adornos Konzeption.
Kapitel 2 führt den Begriff der „Ursprünglichen Mimesis“ ein, die das leibliche Verhalten eines Lebewesens zu seiner Umwelt beschreibt. Diese Mimesis ist eine „Angleichung ans Ding im blinden Vollzug des Lebens“.
Kapitel 3 thematisiert die Ratio als Verdrängung der Ursprünglichen Mimesis. Angetrieben von Angst und Schrecken vor dem Unbekannten, strebt die Ratio danach, alles Unbeherrschte und Irrationale auszuschließen.
Kapitel 4 beschreibt die „Mimesis ans Tote“, die die Verhärtung und Erstarrung des Subjekts im rationalen Denken verkörpert. Diese Mimesis stellt eine Angleichung an die versachlichte Natur dar.
Schlüsselwörter
Die zentralen Begriffe des Textes sind Mimesis, Ratio, Ursprüngliche Mimesis, Mimesis ans Tote, Dialektik, Angst, Schrecken, Natur, Versachlichung, Entfremdung, Identität, Subjekt, Objekt, Ästhetische Theorie, Ricœur.
- Quote paper
- Matthias Grohmann (Author), 2010, Mimesis bei Adorno - Inbegriff einer zentralen Dialektik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/190311