Analyse eines Holocaustopfers
1. Einleitung
Nach dem zweiten Weltkrieg waren die Juden ein zerrissenes Volk. 6 Millionen Juden waren unter dem Nazi-Regime Hitlers umgebracht worden. Die Überlebenden des Nazi- Terrors hatten oftmals schwerwiegende physische und psychische Folgen davon getragen, waren verbittert und heimatlos. Es gab in Europa über sieben Millionen „displaced persons“ (DPs), die, aus den Konzentrationslagern befreit, wieder eingebürgert werden mussten. Viele von ihnen waren bestürzt, dass sowohl die USA als auch Großbritannien wenig dazu beigetragen hatten, um die systematische Vernichtung zu stoppen.
Auch nach dem zweiten Weltkrieg änderte sich zunächst nur wenig; das
Problem der europäischen Juden wurde oftmals ignoriert oder nicht
thematisiert. Die Überlebenden der Konzentrationslager hatten nach dem
Wunder der Befreiung auf die Möglichkeit gehofft, überallhin emigrieren zu können und willkommen geheißen zu werden. Stattdessen wurden zunächst sie in Auffanglager (DP- Lager) gebracht und der Weg in die Zukunft war ihnen versperrt. Viele wollten nach dem Krieg in ihre Heimat zurückkehren, fanden dort aber nichts als Zerstörung und Verwüstung vor. Oftmals wurden sie sogar feindselig aufgenommen. Einige Überlebende, die versuchten, nach Palästina auszuwandern, wurden auf Zypern aufgehalten und in Lagern interniert. Die
meisten europäischen Juden mussten in fremden Ländern neue Sprachen
lernen und mit ungewohnten Situationen in neuen Kulturkreisen umgehen.
Selten gab es intakte Familien aus der alten Welt, so dass neue Kontakte geknüpft werden mussten. Viele Familien klammerten sich aneinander und schufen in einer fremdem Umwelt, die ihnen vielfach bestenfalls mit einer ambivalenten Mischung aus Ehrfurcht und Misstrauen begegnete, neue Ghettos in der Hoffnung, ihren ursprünglichen Sozialverband wieder herstellen zu können. Über die Geschehnisse des Holocaust wurde meist geschwiegen.
Im Folgenden werden die Ergebnisse der ersten Psychoanalysen, die bei
Überlebenden des Holocaust angestellt wurden, beschrieben. Hierbei wird
Bezug genommen auf das Buch „Kinder der Opfer – Kinder der Täter“, das
1982 unter dem Titel „Generations of the Holocaust“ erstmals erschien. Im zweiten Teil dieser Arbeit wird der Protagonist des Films „Der Pfandleiher“ von Sidney Lumet basierend auf den beschriebenen Ergebnissen und anhand ausgewählter Beispiele aus dem Film analysiert, beziehungsweise Aspekte der Handlung interpretiert.
[...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Erste Versuche der Analyse
- Das Überlebenden-Syndrom - Die Charakter des Traumas
- Der Pfandleiher
- Analyse von Sol Nazerman
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der psychoanalytischen Untersuchung von Holocaust-Überlebenden und analysiert den Protagonisten des Films "Der Pfandleiher" anhand der Ergebnisse dieser Untersuchungen.
- Psychoanalytische Ansätze zur Untersuchung des Holocaust-Traumas
- Das Überlebenden-Syndrom und seine Auswirkungen auf die Psyche
- Die Bedeutung des Films "Der Pfandleiher" als Beispiel für die Verarbeitung des Holocaust
- Die Rolle von Aggressionen und Trauer in der Traumaverarbeitung
- Die Bedeutung des Phantasielebens bei der Bewältigung des Traumas
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung beleuchtet die schwierige Situation von jüdischen Überlebenden nach dem Zweiten Weltkrieg und stellt die Problematik der Traumaverarbeitung dar.
- Erste Versuche der Analyse: Dieses Kapitel behandelt die Schwierigkeiten bei der psychoanalytischen Untersuchung von Holocaust-Überlebenden, die von Verdrängungsmechanismen, Misstrauen und dem Mangel an vergleichbaren wissenschaftlichen Daten geprägt waren.
- Das Überlebenden-Syndrom - Die Charakter des Traumas: Dieses Kapitel beschreibt die Ergebnisse erster Untersuchungen zu den Auswirkungen des Holocaust-Traumas auf die Psyche und identifiziert spezifische Symptome und Merkmale.
- Der Pfandleiher: Dieses Kapitel analysiert den Protagonisten des Films "Der Pfandleiher" anhand der im vorherigen Kapitel beschriebenen psychoanalytischen Erkenntnisse.
- Analyse von Sol Nazerman: Dieses Kapitel geht tiefer in die Analyse des Protagonisten Sol Nazerman ein und interpretiert seine Persönlichkeit und sein Verhalten im Kontext des Films.
Schlüsselwörter
Psychoanalyse, Holocaust, Trauma, Überleben, Verdrängung, Aggression, Trauer, Phantasie, Identität, "Der Pfandleiher", Sol Nazerman.
- Quote paper
- Anonym (Author), 2001, Analyse eines Holocaustopfers, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19041