Die Außen- und Sicherheitspolitik Frankreichs wurde in der V. Republik nachhaltig
von dessen Begründer und ersten Staatspräsidenten General Charles de
Gaulle bestimmt und geprägt, denn sie wurde aufgrund der starken Stellung seines
Amtes zu einer ‘Domaine réservé’ des französischen Staatschefs und all seiner
Nachfolger.
Durch die Auflösung des Kolonialreiches und die Hegemonie der USA und der
UdSSR nicht nur in Europa hatte Frankreich nicht mehr die ‘Größe’ und spielte
nicht mehr die Rolle in der Weltpolitik, die Frankreich seiner Meinung nach
innehaben sollte. Durch die Mitgliedschaft Frankreichs in der militärischen Integration
der NATO hatte Frankreich nicht die Souveränität bezüglich seiner
Sicherheitspolitik, die sich de Gaulle für Frankreich vorstellte. In den Augen de
Gaulles konnte nur mit Nuklearwaffen eine unabhängige Verteidigung außerhalb
der NATO-Integration ermöglicht werden, gleichzeitig wurde die ‘Force de Dissuasion’
ein Attribut für die ‘Größe’ Frankreichs. Der Austritt Frankreichs aus
der militärischen Integration der NATO 1966 und der Aufbau der nationalen
Atomstreitmacht sollten Frankreich dazu verhelfen, neben den USA und der
UdSSR als dritte verantwortliche Macht in Europa Bestand zu haben, wobei ein
weiterer wichtiger Punkt der Außen- und Sicherheitspolitik de Gaulles unter
dem Stichwort ‘Sicherheit vor Deutschland’ gefaßt werden muß, da der deutsche
Nachbarstaat Frankreich bis 1945 innerhalb von 75 Jahren dreimal angegriffen
hatte.
Die NATO hatte sich unter der politischen und militärischen Hegemonie der
USA seit ihrer Gründung 1949 als das dominante westliche Verteidigungsbündnis
entwickelt, während die Westeuropäische Union, die die europäischen Verteidigungsinteressen
beinhalten sollte, seit ihrer Gründung 1954 aufgrund des
Ost-West-Konfliktes und der Unstimmigkeiten der europäischen Mitgliedstaaten
untereinander eine untergeordnete Rolle spielte.
Seine Nachfolger in dem Amt des Staatspräsidenten, der Gaullist Georges Pompidou
und der Republikaner Valéry Giscard d’Estaing führten die Außen- und Sicherheitspolitik im Geiste de Gaulles fort, wobei Frankreich durch verschiedene,
teilweise geheime Initiativen wieder näher an die NATO ‘heranrückte’, ohne
die Sonderstellung in der NATO oder den Anspruch auf politische und militärische
Unabhängigkeit aufzugeben. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1 Sicherheitspolitik und Verteidigungspolitik - Der Versuch einer Abgrenzung
- 2 Die Grundlagen der französischen Sicherheitspolitik in der V. Republik
- 2.1 Die französische Sicherheitspolitik seit der Gründung der V. Republik 1958
- 2.1.1 Die Gestaltung der französischen Sicherheitspolitik durch Staatspräsident Charles de Gaulle
- 2.1.1.1 Die Stellung und Kompetenzen des Staatspräsidenten in der V. Republik
- 2.1.1.2 De Gaulles Vorstellung von der Stellung Frankreichs in einem von den USA und der UdSSR dominierten Europa
- 2.1.1.3 Frankreichs langsamer Auszug aus der NATO
- 2.1.2 Die Ostpolitik de Gaulles
- 2.1.3 Die französische Sicherheitspolitik im WEU – Rahmen
- 2.1.4 Die Grundzüge der Europapolitik de Gaulles
- 2.1.5 1968 - Das Jahr des Scheiterns der gaullistischen Außenpolitik
- 2.1.1 Die Gestaltung der französischen Sicherheitspolitik durch Staatspräsident Charles de Gaulle
- 3 Die Sicherheitspolitik George Pompidous und Valéry Giscard d'Estaings - eine kurze Darstellung
- 3.1 Die Sicherheitspolitik Frankreichs während der Präsidentschaft George Pompidous (1969 bis 1974)
- 3.2 Die Sicherheitspolitik Frankreichs unter Staatspräsident Valéry Giscard d'Estaing
- 4 Die Wandlungen im Strategiedenken der französischen Linken zwischen dem Programme commun de gouvernement von 1972 und der Wahl François Mitterrands zum Staatspräsidenten im Mai 1981
- 5 Die Sicherheitspolitik Frankreichs während des ersten,septennats' François Mitterrands (1981 bis 1988)
- 5.1 Das Jahr 1981 – François Mitterrand wird,Président de la République française'
- 5.1.1 Die Vorstellungen François Mitterrands zu der Sicherheitspolitik Frankreichs 1981
- 5.1.2 Die französische Initiative zu der Aufwertung der WEU
- 5.1.3 Die Fortführung des,Loi de programmation militaire' von 1977
- 5.2 Frankreich und die NATO während des ersten Septennats François Mitterrands
- 5.2.1 Die Kooperation zwischen Frankreich und der NATO
- 5.2.2 Die Einstellung des Staatspräsidenten Mitterrand zu dem NATO – Doppel-beschluß
- 5.2.3 Die Haltung des französischen Staatspräsidenten zu den amerikanisch – sowjetischen Abrüstungsverhandlungen
- 5.2.4 Die Reaktion Frankreichs auf die, Strategische Verteidigungsinitiative' (SDI)
- 5.2.4.1 Infragestellung der französischen Abschreckung?
- 5.2.4.2 SDI versus EUREKA?
- 5.2.4.3 Das Scheitern von SDI
- 5.3 Das, loi de programmation militaire' von 1984 bis 1988
- 5.3.1 Die Modernisierung der nuklearen Streitkräfte
- 5.3.2 Die Modernisierung der konventionellen Streitkräfte
- 5.3.3 Die Aufstellung der 'Force d'Action Rapide'
- 5.4 Die Revitalisierung der Westeuropäischen Union als Gründung eines,Europäischen Pfeilers' der NATO
- 5.5 Frankreich und die Zusammenarbeit in der WEU
- 5.5.1 Der Status der WEU in Bezug auf die NATO
- 5.5.2 Die WEU und das amerikanische SDI - Programm
- 5.5.3 Die WEU und der amerikanisch – sowjetische Abrüstungsvertrag von 1987
- 5.6 Die deutsch-französische militärische Kooperation
- 5.6.1 Die deutsch-französische verteidigungspolitische Kooperation aufgrund des Élysée - Vertrages
- 5.6.2 Die Bundesrepublik Deutschland in der Reichweite von französischen nuklearen Raketen
- 5.6.3 Die WEU als Grundlage für eine deutsch – französische sicherheitspolitische Kooperation?
- 5.6.4 Die,praktische sicherheitspolitische Zusammenarbeit der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Frankreich
- 5.6.4.1 Die deutsch – französischen Verhandlungen über die, praktische bilaterale Zusammenarbeit in Bezug auf die Verteidigung Westeuropas
- 5.6.4.2 Die deutsch - französischen Manöver 1986 und 1988 als Übung für die Verteidigung des europäischen NATO - Gebietes
- 5.6.4.3 Die deutsch-französische Rüstungskooperation
- 5.6.5 Der deutsch - französische Verteidigungsrat
- 5.6.6 Die Grenze der deutsch - französischen Sicherheitspolitik: Der Status Frankreichs und der Bundesrepublik Deutschland in der NATO
- 5.7 Die Reaktionen westeuropäischer NATO- bzw. WEU - Mitgliedstaaten auf die deutsch - französischen sicherheitspolitischen Initiativen
- 6 Das zweite Septennat François Mitterrands (1988 - 1995)
- 6.1 Die Wiederwahl Mitterrands zum französischen Staatspräsidenten
- 6.1.1 Das Ende der Cohabitation und die Wahl des französischen Staatspräsidenten
- 6.1.2 Die Rede François Mitterrands vor dem I.H.E.D.N.
- 6.2 e Modernisierung und der Ausbau der nationalen Streitkräfte
- 6.2.1 Der Verteidigungshaushalt von 1989
- 6.2.1.1 Die nuklearen Streitkräfte
- 6.2.1.2 Die konventionellen Streitkräfte
- 6.2.1.3 Chemische Waffen
- 6.2.1.4 Die, Armee 2000'
- 6.2.1 Der Verteidigungshaushalt von 1989
- 6.3 Frankreich und die KSE – Verhandlungen
- 6.4 Die Sicherheitspolitik Frankreichs unter dem Einfluß der deutschen Vereini-gung
- 6.5 Frankreichs Haltung zu dem Strategiewechsel der TO 1990
- 6.6 Die Absicht Frankreichs, eine europäische Verteidigungs- und Sicherheitspoli-tik zu fördern
- 6.6.1 François Mitterrands Vorstellung über eine, Konföderation europäischer Staaten'
- 6.6.2 Frankreichs Förderung einer westeuropäischen sicherheitspolitischen Kooperation in den neunziger Jahren
- 6.6.2.1 Die deutsch-französische Initiative für den Aufbau eines, europäischen Pfeilers der NATO'
- 6.6.2.2 Das Eurokorps
- 6.6.2.3 Mitterrands Überlegungen über eine europäische nukleare Doktrin
- 6.6.3 Die Vereinigten Staaten von Amerika und die Reform der NATO
- 6.6.3.1 Die Vereinigten Staaten von Amerika opponieren gegen die deutsch - französischen Initiativen für eine europäische Sicherheitspolitik
- 6.6.3.2 Die Ministertagung des Nordatlantikrats im Juni 1991 in Kopenhagen
- 6.6.3.3 Der NATO-Gipfel von Rom und das neue strategische Konzept
- 6.7 Die Modernisierung und Reform der Streitkräfte Frankreichs in den neunziger Jahren
- 6.7.1 Die Reform und Modernisierung der konventionellen Streitkräfte
- 6.7.2 Die Reform und Modernisierung der nuklearen Streitmacht
- 6.8 Frankreichs Engagement in dem Jugoslawienkonflikt
- 6.9 Die Sicherheitspolitik Frankreichs während der 2. Cohabitation (1993 - 1995)
- 6.9.1 Die Wahl zur Nationalversammlung 1993 und Balladurs beabsichtigte Sicherheitspolitik
- 6.9.2 Das, Livre Blanc sur la Défense' von 1994
- 6.9.3 Der NATO - Gipfel im Januar 1994 in Brüssel und die Position Frankreichs
- 6.1 Die Wiederwahl Mitterrands zum französischen Staatspräsidenten
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der französischen Sicherheitspolitik während der Präsidentschaft von François Mitterrand im Spannungsfeld zwischen der NATO und der WEU. Sie verfolgt das Ziel, die Entwicklung der französischen Sicherheitspolitik in diesem Zeitraum zu analysieren und die Rolle Frankreichs im europäischen Sicherheitsgefüge zu beleuchten.
- Die Entwicklung der französischen Sicherheitspolitik unter Mitterrand
- Die Beziehungen Frankreichs zur NATO und der WEU
- Die Rolle Frankreichs im europäischen Sicherheitsgefüge
- Die deutsche-französische sicherheitspolitische Kooperation
- Die Bedeutung der französischen Nuklearstreitkräfte
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Forschungsfrage und die methodische Vorgehensweise der Arbeit dar. Kapitel 1 befasst sich mit der Abgrenzung zwischen Sicherheitspolitik und Verteidigungspolitik. Kapitel 2 analysiert die Grundlagen der französischen Sicherheitspolitik in der V. Republik, insbesondere die Politik von Charles de Gaulle. Kapitel 3 gibt einen kurzen Überblick über die Sicherheitspolitik der Präsidenten Pompidou und Giscard d'Estaing. Kapitel 4 behandelt die Wandlungen im strategischen Denken der französischen Linken vor Mitterrands Wahl. Kapitel 5 analysiert die Sicherheitspolitik Frankreichs im ersten Septennat Mitterrands, einschließlich seiner Beziehungen zur NATO und der WEU sowie der deutsch-französischen Kooperation. Das Kapitel 6 befasst sich mit der Sicherheitspolitik Frankreichs im zweiten Septennat Mitterrands, insbesondere im Kontext der deutschen Wiedervereinigung und der Veränderungen in der europäischen Sicherheitsarchitektur.
Schlüsselwörter
Französische Sicherheitspolitik, NATO, WEU, François Mitterrand, Europäische Sicherheitspolitik, Deutsch-französische Kooperation, Nuklearstreitkräfte.
- 2.1 Die französische Sicherheitspolitik seit der Gründung der V. Republik 1958
- Quote paper
- Oliver Goetze, M.A. (Author), 1997, Die Sicherheitspolitik Frankreichs während der Präsidentschaft Mitterands im Spannungsverhältnis zur NATO und WEU, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19055