Grethe Weiser - Die volkstümliche Schauspielerin


Fachbuch, 2012

32 Seiten


Leseprobe


Ernst Probst
Grethe Weiser

Die volkstümliche Schauspielerin

Eine der erfolgreichsten volkstümlichen deutschen Schauspielerinnen war Grethe Weiser

(1903–1970), geborene Mathilde Ella Dorothea Margarethe Nowka. Man sah sie in insgesamt mehr als 100 Filmen. Zwar erhielt sie selten große Rollen, aber sie verblüffte immer wieder durch ihre Schlagfertigkeit und erfreute die Kinogänger mit ihrem warmherzigen Humor.

Mathilde Ella Dorothea Margarethe Nowka kam am 27. Februar 1903 als Tochter des

Hochbau-Unternehmers Gottlieb Ernst Ludwig Nowka und seiner Ehefrau Ella, geborene Schirnke, in Hannover zur Welt. Ihre Kindheit verbrachte sie in Klotzsche und in der nahen Großstadt Dresden. Sie und ihr Bruder Ernst wurden streng und spartanisch erzogen. Margarethe besuchte die „Höhere Töchterschule“ in Neustadt und die „Friedelsche Privatschule“ in

Dresden-Blasewitz.

Am 28. Juli 1921 heiratete die 18-jährige Margarethe Nowka den jüdischen Wiener Süßwarenfabrikanten und -Großhändler Josef Weiser (1900–1968). Ihre Eltern waren zunächst gegen diese Ehe, willigten aber nach einem Hungerstreik ihrer Tochter doch ein. Das Ehepaar lebte zunächst in Dresden, wo 1922 der Sohn Rolf-Günther geboren wurde.

Danach zog die junge Familie Weiser nach Berlin. In der Spree-Metropole pachtete Josef Weiser das Kabarett-Theater „Charlott“ am Kurfürstendamm, in dem seine Frau erstmals als Diseuse (Vortragskünstlerin) auftrat. Bald danach scheiterte die Ehe wegen der Seitensprünge von Josef Weiser und das Paar trennte sich. Die Scheidung erfolgte aber erst 1934.

Grethe Weiser war nun auf sich allein gestellt und alleinerziehende Mutter. Sie nahm Gesangs- und Schauspielunterricht und spielte von 1928 bis 1930 an der „Berliner Volksbühne“. Die Schilderungen über ihre künstlerischen Anfänge sind sehr widersprüchlich. Offenbar trat sie an verschiedenen Berliner Bühnen als Soubrette in Operetten, als Kabarettistin in Kabaretts und als Schauspielerin in Komödien auf. Im Berliner „Kabarett der Komiker“ betrug ihre Anfangsgage nur zwei Mark pro Auftritt. Unter anderem gastierte sie am „Thalia-Theater“ in Hamburg, am „Komödienhaus Dresden“ und übernahm komische Rollen im „Theater am Kurfürstendamm“ in Berlin.

Grethe Weiser war 1927 als ungenannte Nebendarstellerin im Stummfilm „Männer vor der Ehe“ zu sehen. Regelmäßig vor der Filmkamera stand sie ab 1932. In der umfangreichen Liste ihrer Filme im Online-Lexikon „Wikipedia“ werden für 1933 zwei Titel erwähnt, für 1934 zwei, für 1935 fünf und für 1936 schon neun.

Ab 1934 lebte Grethe Weiser mit dem Filmjuristen und -produzenten Dr. Hermann Schwerin (1902–1970) zusammen. Er blieb ihr bis zum Ende ihres Lebens treu.

Anfangs spielte Grethe Weiser im Film meistens Nebenrollen als Köchin, Hausmädchen oder Zofe wie in „Männer vor der Ehe“ (1927), „Kasernenzauber“ (1930), „Kind, ich freu mich auf Dein Kommen“ (1933), „Mädchen für alles“ (1937) oder Kammerdienerinnen wie in „Martha“ (1936).

Erst in dem Film „Die göttliche Jette“ (1937) von Erich Waschneck (1887–1970) erhielt Grethe Weiser ihre erste Hauptrolle: Nach dem Vorbild der Sängerin Henriette Sontag (1806–1854) stellte sie den Aufstieg der Berliner Vorstadtkomödiantin Jette Schönborn zum weltstädtischen Revue-Star dar. In dieser Rolle brillierte sie als junge Sängerin mit gesundem Selbstbewusstsein und Berliner Kodderschnauze.

1937 enthielt die Liste ihrer Filme fünf Titel, 1938 drei, 1939 elf, 1940 fünf, 1941 vier, 1942 vier, 1944 sechs und 1945 einen. Unter anderem glänzte sie in den Streifen „Familie Buchholz“ (1944), „Neigungsehe“ (1944) und „Die Frau meiner Träume“ (1944).

Während des „Dritten Reiches“ (1922–1945) widersetzte sich Grethe Weiser erfolgreich dem an sie herangetragenen Ansinnen, sie solle dem Vorstand der Reichstheaterkammer und damit der „Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei“ („NSDAP“) beitreten. Im Zweiten Weltkrieg (1939–1945) verpflichtete man sie zum Fronttheater.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges lebte Grethe Weiser in Wernigerode und tingelte durch das Land. 1947 trat sie in Hamburg an der „Jungen Bühne“ auf und ab 1949 an den „Hamburger Kammerspielen“, wo sie am 15. Mai 1949 erstmals in ihrer Paraderolle als Mary Miller in „Das Kuckucksei“ brillierte.

Auch im Nachkriegsfilm präsentierte sich Grethe Weiser als legendäres „Herz mit Schnauze“. Sie mimte resolute Witwen, ältere Tanten voller Angriffslust und Mutterwitz oder gefürchtete Schwiegermütter. Die umfangreiche Liste ihrer Filme reicht von „Morgen ist alles besser“ (1948) bis „Die Nacht ohne Sünde“ (1950).

Im Radio konnte man Grethe Weiser nicht oft hören. Zu ihren wenigen Auftritten im Rundfunk gehörte die Komödie „Du kannst mir viel erzählen“ mit Heinz Rühmann (1902–1994) und Elfriede Kuzmany (1915–2006) von 1949.

Unter der Regie ihrer Freundin Ida Ehre (1900–1989) in Hamburg spielte Grethe Weiser erstmals auf der Bühne die Rolle der Mary Miller in der Komödie „Das Kuckucksei“ von Irma und Walter Firner (1905–2002). Dies wurde zu ihrer Paraderolle. Sie spielte sie alle zehn Jahre und nannte sie deswegen scherzhaft „meine Oberammergauer Passionsspiele“.

Anlässlich ihres 25-jährigen Bühnenjubiläums mimte Grethe Weiser im November 1953 an den „Hamburger Kammerspielen“ die Mutter Wolfen in der Gaunerkomödie „Biberpelz“ von Gerhart Hauptmann (1862–1946). Im Frühjahr 1954 siedelte sie nach Berlin über. Erst am 21. März 1958 haben Grethe Weiser und ihr langjähriger Lebensgefährte Dr. Hermann Schwerin geheiratet. Zu diesem Zeitpunkt waren sie bereits 24 Jahre zusammen.

Während der 1960-er Jahre trat Grethe Weiser vor allem an Theatern in Berlin und München auf. Einen Ausflug ins ernste Charakterfach wagte sie 1966 in der Erstaufführung des Stücks „Der Meteor“ von Friedrich Dürenmatt (1921–1990) am „Thalia Theater“ in Hamburg. Darin spielte sie die Rolle als sterbende Toilettenfrau Nomsen und schlug ungewohnt leise, ernste und böse Töne an.

1968 feierte Grethe Weiser ihren 65. Geburtstag und ihr 40-jähriges Bühnenjubiläum. Zum 65. Geburtstag erhielt sie von Fans zentnerweise Post und Blumen, vom Axel-Springer-Verlag pfundweise Rosen sowie Telegramme von Bundespräsident Heinrich Lübke (1894–1972) und den Politikern Willy Brandt (1913–1992) und Herbert Wehner (1906-–1990). Ebenfalls 1968 verlieh man ihr das „Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland“.

In den letzten Jahren ihres Lebens sah man Grethe Weiser häufiger im Fernsehen. Dort hatte sie in den Sendungen „Künstleragentur“, „Die Lokomotive“ (Mai 1969 im „Zweiten Deutschen Fernsehen“, ZDF) und in „Kuckucksei“, das sechs Tage vor ihrem Tod ausgestrahlt wurde, Paraderollen. Zu ihren Hobbys gehörten Antiquitäten, Hunde, Bücher, Blumen und Patience legen.

Viele Fans liebten den typischen Berliner Humor von Grethe Weiser, der auch in ihren originellen Zitaten zum Ausdruck kam. Aus ihrem Mund stammen unter anderem folgende Aussprüche: „Beim Klatsch kommt es nicht auf den Kern der Sache an, sondern auf Einzelheiten“. „Für Männer gelten die Gesetze der Optik nicht. Wenn man sie unter die Lupe nimmt, werden sie plötzlich ganz klein“. „Wie soll ich wissen, was ich denke, bevor ich höre, was ich sage ...“

Grethe Weiser kam am 2. Oktober 1970 im Alter von 67 Jahren durch einen Autounfall bei Bad Tölz (Bayern) ums Leben. Der von ihrem Ehemann gesteuerte und mit insgesamt vier Personen besetzte Personenwagen stieß frontal mit einem Lastwagen zusammen. Während der Fahrer des Pkw und zwei andere darin sitzende Frauen sofort den Tod fanden, wurde Grethe Weiser lebensgefährlich verletzt. Trotz einer noch im Sanitätsauto vorgenommenen Bluttransfusion konnten die Ärzte im Bad Tölzer Versorgungskrankenhaus nur noch den Tod der Schauspielerin feststellen.

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Details

Titel
Grethe Weiser - Die volkstümliche Schauspielerin
Autor
Jahr
2012
Seiten
32
Katalognummer
V191081
ISBN (eBook)
9783656160113
ISBN (Buch)
9783656160977
Dateigröße
1041 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Grethe Weiser, Film, Filmschauspielerin, Schauspielerin
Arbeit zitieren
Ernst Probst (Autor:in), 2012, Grethe Weiser - Die volkstümliche Schauspielerin, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/191081

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