Entwicklung eines Mahnverfahrens für die Rendantur RheinBerg


Projektarbeit, 2012

76 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Vorstellung des Auftraggebers
1.2 Problembeschreibung
1.3 Auftragserteilung
1.4 Ergebnisfindung

2 Exkurs: Verfahren zur Anpassung der Erbbauzinsen

3 Projektergebnis
3.1 Ethische Aspekte
3.1.1 Rechtmäßigkeit eines Mahnverfahrens
3.1.2 Konsequenzen bei nicht geleisteten Zahlungen
3.1.3 Zinsen und Mahngebühren
3.1.4 Schlussfolgerung
3.2 Rechtliche Aspekte
3.2.1 Überblick Verjährung laut BGB
3.2.2 Fristsetzung gemäß BGB
3.2.3 Vorgeschriebene Formulierungen
3.2.4 Erwirkung eines Titels
3.3 Formschreiben
3.3.1 Zahlungserinnerung
3.3.2 Sonderformular Überweisung
3.3.3 Erstes Mahnschreiben mit Fristsetzung und Androhung weiterer Maßnahmen.
3.3.4 Zweites Mahnschreiben mit Fristsetzung und Hinweis auf die Weitergabe an den Kirchenvorstand
3.3.5 Informationsblatt für den Kirchenvorstand
3.3.6 Ratenvereinbarung
3.3.7 Handlungsalternativen für den Kirchenvorstand
3.4 Ablaufplan des Mahnverfahrens
3.5 Wiedervorlagesystem
3.6 Überblick über finanzielle Unterstützung
3.7 Human- und Materialressourcen
3.7.1 Stundenaufwand
3.7.2 Materialaufwand
3.8 Kontrollplan
3.9 Mitarbeiterschulung

4 Zusammenfassung der Ergebnisse
4.1 Fazit
4.2 Ausblick

Anhangverzeichnis

Anhang

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Aufbau Verband der Katholischen Kirchengemeinden im Rheinisch-Bergischen Kreis

Abb. 2: Kartenansicht Verband der Katholischen Kirchengemeinden im Rheinisch-Bergischen Kreis

Abb. 3: Überblick Verjährung

Abb. 4: Sonderformular Überweisungsträger

Abb. 5: Tabelle Stundenaufwand

Abb. 6: Tabelle Materialaufwand

Abb. 7: Kalkulation Mehrertrag

1 Einleitung

1.1 Vorstellung des Auftraggebers

Der Verband der Katholischen Kirchengemeinden im Rheinisch- Bergischen Kreis setzt sich aus dem Schulreferat, der Ehe-, Familien- und Lebensberatung, der Behindertenseelsorge und der Rendantur RheinBerg zusammen. Übersetzt beschreibt der Begriff Rendantur eine „Geld einnehmende und auszahlende Behörde“1. In den katholischen Kirchengemeinden wird dieser veraltete Begriff weiterhin genutzt. Seit mehr als zwei Jahren hat die Rendantur RheinBerg ihren Sitz in Odenthal. Sie ist ein Zusammenschluss aus den beiden Rendanturen in Burscheid und Overath - Untereschbach. Die Rendantur RheinBerg unterstützt die Kirchengemeinden des Rheinisch-Bergischen Kreises in Verwaltungs-, Finanz-, Liegenschafts- und Personalangelegenheiten. Die Zuständigkeit der Mitarbeiter umfasst folgende Bereiche:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

- 32 Kindertagesstätten für rund 1.750 Kinder
- ca. 300 Mietwohnungen
- ca. 3.200 Grundstücke
- ca. 1.850 Erbbaurechts- und Pachtverträge
- fast 100 laufende Baumaßnahmen
- rund 800 Personalfälle
- 2 öffentliche Büchereien
- 3 Jugendzentren
- 13 Friedhöfe

Diese Aufgaben werden von unterschiedlichen Abteilungen der Rendantur wahrgenommen:

- Geschäftsführung Schnittstelle zwischen der Rendantur und dem erzbischöflichen Generalvikariat2, dem Gemeindeverband und dem Kreisdechanten3 des Kreisdekanats des Rheinisch-Bergischen Kreises, Führung der Geschäfte der Rendantur
- Sekretariat Organisation und Terminverwaltung
- Verwaltungsreferenten Betreuung der Kirchengemeinden, Entlastung der Pfarrer, Teilnahme an und Vorbereitung von Kirchenvorstandsitzungen
- Fachbereich Personal Führung von Personalakten, Abwicklung laufender Abrechnungen und Meldewesen, Unterstützung der Kirchenvorstände
- Fachbereich Finanzen Führung des Finanz- und Rechnungswesens, Erstellung des Jahresabschlusses, Unterstützung der Verwaltungsreferenten
- Fachbereich Liegenschaften Verwaltung von bebautem und unbebautem Grundbesitz, Schnittstelle zu Behörden, Notaren, Pächtern, Mietern und Erbbauberechtigten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Insgesamt beschäftigt die Rendantur zurzeit 27 Angestellte sowie eine Auszubildende.

Das Einzugsgebiet der Rendantur ist gegliedert in das Dekanat Altenberg mit den Gemeinden Leichlingen, Burscheid, Wermelskirchen, Odenthal und Kürten. Das Dekanat Bergisch Gladbach umfasst das gesamte Stadtgebiet und das Dekanat Overath die Gemeinden Overath und Rösrath.

Die Struktur der Rendanturen hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Vor mehreren Jahren war in jeder Kirchengemeinde ein Verwaltungsreferent vor Ort eingesetzt. Dessen Aufgabe bestand in der Bearbeitung von Personalangelegenheiten, der Finanzbuchhaltung, der Verwaltung der Liegenschaften und vielem mehr. Der Verwaltungsreferent hatte also einen umfangreichen Überblick über sämtliche Angelegenheiten der Kirchengemeinde. Bisher gab es keinen genauen Ablaufplan über die anstehenden Aufgaben. Zwar gab das Erzbistum Köln eine gewisse Richtung vor, die Ausführung blieb aber jedem einzelnen überlassen.

Sukzessive wurden die Verwaltungen der einzelnen Kirchengemeinden in die neu eingerichteten Rendanturen verlagert. Für jedes Dekanat wurde eine Rendantur geschaffen. Ende 2003 erfolgte die generelle Umstellung für alle Kirchengemeinden. Die Mitarbeiter wurden in unterschiedliche Fachbereiche aufgeteilt. Dem Vorteil der Konzentration auf einen Bereich und der intensiveren Beschäftigung mit den entsprechenden rechtlichen Gegebenheiten steht der Nachteil einer noch nicht endgültig geklärten Aufgabenverteilung gegenüber. Dies führte häufig dazu, dass Arbeitsabläufe parallel oder gar nicht ausgeführt wurden. Das Vertrauen in die Kompetenz der Kollegen musste langsam aufgebaut werden. Als dann noch die beiden Rendanturen der Dekanate Altenberg, mit Sitz in Burscheid, und dem bereits fusionierten Dekanat Bergisch Gladbach/ Overath, mit Sitz in Overath - Untereschbach, vereint wurden, entstand eine Situation des Kennenlernens und einer Reorganisation der Zuständigkeiten.

Gleichzeitig wird in dieser Umbruchphase durch das Erzbistum Köln das neues Buchhaltungsprogramm „MACH“ innerhalb der Rendanturen eingeführt. Das neue System wird hauptsächlich vom Fachbereich Finanzen genutzt, die anderen Fachbereiche müssen jedoch auch darauf zugreifen. Der Umgang mit dem Programm stellt eine Neuerung für den Arbeitsablauf der Mitarbeiter dar. Die Besonderheiten, die die Buchhaltung in einer Kirche mit sich bringt wurden bei der Programmierung noch nicht ausreichend berücksichtigt, daher sind die Abläufe noch unausgereift. Die Mitarbeiter der Firma MACH stehen den Angestellten der Rendanturen bei Rückfragen zur Verfügung. Bis heute stehen Programmfunktionen zur Auswertung, zum Beispiel der hinterlegten Zinssätze von einzelnen Geldanlagen der Kirchengemeinden, aus technischen Gründen nicht zur Verfügung. Dieser Umstand erfordert einen unverhältnismäßig hohen Zeitaufwand.

Auch in dem Fachbereich Liegenschaften wurde vor wenigen Monaten ein neues Computerprogramm „LIS“ eingeführt. Eine Arbeitserleichterung ist bisher auch nur bedingt eingetreten, da es häufig zu Fehlübermittlungen zwischen den Programmen „LIS“ und „MACH“ kommt.

Durch die vielen Veränderungen in der Rendantur ist ein erheblicher Arbeitsrückstand aufgelaufen. Das Erzbistum Köln rechnet mit einer Beseitigung der Rückstände bis zum Jahr 2014. Diese Prognose gilt für sämtliche Rendanturen die dem Erzbistum Köln unterstehen. Den Rendanturen wird in diesem Zeitraum Unterstützung in Form von mehr Personal zur Verfügung gestellt.

1.2 Problembeschreibung

Die Rendantur RheinBerg stellt den Mitgliedern der ihr zugehörigen Gemeinden vier Arten von Leistungen zur Verfügung, für die sie Gebühren erhebt.

- In nahezu jeder Gemeinde gibt es Kindergärten, die von der Katholischen Kirche als Träger geleitet und finanziert werden. Dort werden die Kindergartenkinder betreut und verpflegt. Hierfür sind entsprechende Räumlichkeiten erforderlich. Weiterhin werden ein Hausmeisterservice, der sich um die Wartung und Instandhaltung kümmert, ausgebildete Erzieher/Erzieherinnen, die die Kinder betreuen und beaufsichtigen, Personal, das das Essen zubereitet und die entsprechenden Einkäufe erledigt, sowie Reinigungspersonal benötigt.

- Die Rendantur ist auch für die Vergabe von Grabstellen auf den katholischen Friedhöfen zuständig. Die Angehörigen eines Verstorbenen können ein Grab für eine bestimmte Zeit erwerben. Läuft diese Zeitspanne ab, kann die Nutzungsdauer verlängert oder das Grab wieder freigegeben werden. Hier muss sich ein Angestellter um die Verwaltung, zum Beispiel die Vergabe von freien Gräbern oder die Verlängerung von auslaufenden Verträgen, kümmern. Außerdem fallen Kosten für den Friedhofsgärtner, welcher die Gräber aushebt, an.

- Als Großgrundbesitzer vermietet die Katholische Kirche viele Wohnungen. Auch hier gibt es Personal für die Verwaltung. Welche Wohnungen sind vermietet, welche stehen frei? Wie können die Leerstände so gering wie möglich gehalten werden? Des Weiteren ist ein Hausmeisterservice erforderlich. Außerdem ist es bei jedem Haus regelmäßig notwendig, Renovierungen oder Sanierungen vorzunehmen, um es bewohnbar zu halten und steigenden gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden. Es fallen regelmäßige Kosten für Grundsteuer, Abfallbeseitigung, Gebäudeversicherung und Gebühren für Wasser und Abwasser an.

- Die Katholische Kirche stellt kircheneigene Grundstücke an Mitglieder der Gemeinde zur Verfügung, damit diese darauf Wohneigentum errichten können. Die Bewohner sind zwar Eigentümer ihrer jeweiligen Häuser, doch bleibt das Grundstück im Besitz der Kirche. Die Nutzung des Grundstücks wird in der Regel für 99 Jahre vereinbart. Dieses Verfahren wird als Erbbau bezeichnet. Hierfür ist wiederum eine Verwaltung nötig, die sich um die Verträge kümmert, die auslaufenden Grundstücke neu vergibt oder Vereinbarungen verlängert.

Der Rendantur RheinBerg entstehen in allen vier Kategorien Ausgaben für Löhne und Gehälter, Steuern, Versicherungen, Rechnungen von Handwerkern und vieles mehr. Für deren Begleichung ist die Vereinnahmung von Kindergartenbeiträgen, Gebühren für Grabnutzungsrechte, Mieten und Erbbauzinsen zwingend erforderlich. Diese Gebühren und Beiträge werden zwar in der Regel in Rechnung gestellt, jedoch wird weder deren ordnungsgemäßer Eingang noch die Mahnung säumiger Schuldner innerhalb eines standardisierten Systems überwacht. Hieraus entstehen der Rendantur mehrere Probleme.

Zum einen gibt es Forderungen, die nicht beglichen werden. Da die vorgenannten Kosten in jedem Fall entstehen und auch gezahlt werden, entstehen Belastungen die aus dem Kirchenetat beglichen werden müssen.

Es ist weder die Höhe der fälligen Forderungen bekannt, noch wann sie fällig geworden sind und welche Nutzer der Leistungen säumig sind. Dies hat zur Folge, dass im Laufe der Jahre Forderungen verjähren. Dass heißt, obwohl eine Leistung erbracht und nicht bezahlt wurde, kann die Rendantur ihre Forderungen auf dem rechtlichen Wege nicht mehr geltend machen. Vor dem Gesetz kann eine verjährte Forderung nicht mehr eingeklagt werden. Es gibt also Zahlungen, die definitiv verloren sind.4

Es gibt kein geeignetes Mahnsystem. Selbst wenn also bekannt wäre, welche Schuldner säumig sind, könnten sie nicht angemahnt werden.

Hinzu kommt, dass Rechnungen beispielsweise im Erbbau nur einmal alle fünf Jahre verschickt werden, wenn die Höhe des Erbbauzinses angepasst wird. Es ist also anzunehmen, dass manchem Schuldner, der schon lange nicht mehr zahlt nicht bewusst ist, dass er im Rückstand ist, da er über Jahre hinweg weder Rechnungen noch Mahnungen erhalten hat.

Verstärkt werden diese Probleme zum einen durch die fehlenden Zuständigkeiten in der Rendantur RheinBerg, da nicht abschließend geklärt ist, welcher Mitarbeiter für die Mahnsachbearbeitung verantwortlich ist. Zum anderen ist noch nicht jeder mit dem neu eingeführten Buchhaltungssystem „MACH“ vertraut und kann daher notwendige Information nicht abrufen.

1.3 Auftragserteilung

Das Projektteam hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese Probleme zu lösen. Die Rendantur RheinBerg hat dazu den Auftrag erteilt, ein Mahnverfahren zu entwickeln. Oberste Priorität hat aus Sicht des Auftraggebers der Erbbau, da hier die höchsten Ausfälle vermutet werden.

Ziel des Teams ist es, ein Mahnsystem zu entwickeln. Auf diese Weise soll ein geeignetes System zur Überwachung der Eingänge erarbeitet werden, damit der Rendantur zukünftig bekannt ist, welche Schuldner nicht gezahlt haben und in welcher Höhe Außenstände vorliegen. Nach einer umfangreichen Auswertung der offenen Forderungen durch die Projektgruppe beläuft sich der Forderungsbestand im Bereich Erbbau in der Rendantur RheinBerg per 15. Oktober 2011 auf circa xxx.xxx,xx EUR, der sich auf 424 Schuldner verteilt. Ausgewertet wurden unter Berücksichtigung der Verjährungsfristen5 die Jahre 2009 und 2010. Das Jahr 2011 wurde noch nicht mit einbezogen, da den Kunden ein Zahlungsziel bis zum 31. Dezember eingeräumt wurde.

Weiterhin sollen säumige Schuldner angemahnt werden. Auf diese Weise verhindert die Rendantur, dass fällige Forderungen verjähren und die ihr zustehenden Einnahmen entgehen.

Bei der Auswertung der Forderungsrückstände ist aufgefallen, dass es viele Schuldner mit geringen Forderungsbeständen gibt. 164 Schuldner haben einen Rückstand von weniger als 100,00 EUR.

Durch die Arbeit des Projektteams soll nicht nur die Ist-Situation in der Rendantur bekannt und die Verjährung verhindert werden. Wichtigstes Ziel des Teams ist es ein System zu entwickeln, dass die Ausfälle, die der Rendantur zur Zeit entstehen deutlich verringert, die Einnahmen erhöht und der Rendantur somit langfristig einen messbaren betriebswirtschaftlichen Nutzen erbringt. Daher ist es das Ziel des Projektteams die Ausfälle, die im Bereich Erbbau entstehen, um 20 % zu reduzieren.

1.4 Ergebnisfindung

In Wirtschaftsunternehmen werden offene Forderungen, die von den Schuldnern nicht gezahlt werden, häufig an Inkassounternehmen abgegeben. Dies ist üblich und in vielen Fällen sind diese Unternehmen erfolgreich. Alle offenen Forderungen an ein Inkassounternehmen zu verkaufen oder eines mit dem Eintreiben der Forderungen zu beauftragen wurde vom Projektteam, in Rücksprache mit dem Auftraggeber, verworfen. Der Vorteil eines Inkassounternehmens liegt in der schnellen und kostengünstigen Umsetzung. Es müssen keine Mitarbeiter geschult oder Zeiten für neue Arbeitsabläufe geschaffen werden, da die Mahnungen von einem externen Unternehmen durchgeführt werden. Unter besonderer Berücksichtigung des karitativen Charakters des Auftraggebers sollte neben dem betriebswirtschaftlichen Nutzen jedoch auch das Wohl der Kunden der Rendantur bedacht werden. Zwar ist es sinnvoll und wichtig, die Schuldner zu mahnen und die Einnahmen so langfristig zu erhöhen, jedoch sollte es nicht Ziel des Mahnverfahrens sein, die Bewohner der Erbbaugrundstücke aus ihren Häusern zu klagen. Diese Möglichkeit wird nur als letzte Instanz in Betracht gezogen, wenn es keinen anderen Weg mehr gibt.

Ziel der Projektgruppe und des Auftraggebers ist es vielmehr, ein Verfahren zu entwickeln, dass die Einnahmen der Rendantur erhöht, indem es die Zahlungsmoral der Schuldner verbessert und denen, die nicht zahlen können, Hilfe anbietet. Es soll sich unter betriebswirtschaftlichen Aspekten rechnen, muss also so effizient und leicht umsetzbar sein, dass die entstehenden Kosten die Mehreinnahmen nicht aufzehren oder gar übersteigen. Außerdem sollen die Mitarbeiter der Rendantur so geschult werden, dass sie zahlungswilligen Schuldnern, die in Rückstand geraten sind Hilfestellung leisten können. Beispielsweise indem sie Ratenzahlungen vereinbaren oder den Schuldnern öffentliche Stellen und Ämter nennen, bei denen sie Hilfe bekommen können.6

Das Ergebnis des Projekts soll also ein Mahnsystem sein. Das Projektteam erstellt Formschreiben für die Zahlungserinnerungen und Mahnschreiben. Zusätzlich erhält die Rendantur einen Ablaufplan als Arbeitsanweisung. So wird gewährleistet, dass die Mitarbeiter, die zukünftig die Zahlungserinnerungen und Mahnungen verschicken nach einem einheitlichen, rechtlich abgesicherten Verfahren vorgehen.

Nach der erfolgreichen Umsetzung des Mahnsystems im Erbbau soll es anschließend auch für Mieten, Friedhofsgebühren und Kindergartenbeiträge weiterentwickelt und angewandt werden.

2 Exkurs: Verfahren zur Anpassung der Erbbauzinsen

Ein Erbbaurechtsvertrag wird zwischen einem Gemeindemitglied und der jeweiligen Kirchengemeinde in der Regel für die Dauer von 99 Jahren geschlossen.

Bei Vertragsabschluss wird in dem Erbbaurechtsvertrag der aktuelle Erbbauzins angegeben. Um sicherzustellen, dass die katholische Kirchengemeinde als Gläubiger auch künftig den Betrag erhält, der wertmäßig der ursprünglich festgelegten Geldsumme entspricht, ist eine regelmäßige Anpassung der Erbbauzinsen notwendig. Hierfür wird in den Verträgen eine Wertsicherungsklausel vereinbart, die eine Anpassung ermöglicht.

Die Berechnungsgrundlage hat sich in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach verändert. Dadurch gestaltet sich die Anpassung der einzelnen Verträge als schwierig, da jeweils die vereinbarte Grundlage berücksichtigt werden muss. Aus Vereinfachungsgründen wird hier nur die Berechnung der Erbbauzinsen bei einem neu abgeschlossenen Erbbaurechtsvertrag betrachtet.

Bei der Berechnung der Erbbauzinsanpassung wird der vom statistischen Bundesamt festgestellte Verbraucherpreisindex für Deutschland zu Grunde gelegt. Hierbei wird als Basis das Jahr 2005 mit einer Kennzahl von 100 Punkten festgelegt. Des Weiteren wird die letzte Monatsindexzahl vor Vertragsabschluss als Orientierungsgröße eingetragen. In den folgenden Jahren wird der Verbraucherpreisindex aus dem Monat Dezember mit der im Vertrag vereinbarten Monatsindexzahl verglichen. Die prozentuale Veränderung wird dann auf den Erbbauzinsbetrag übertragen.

Die Veränderung der Erbbauzinsen in Prozent ergibt sich wie folgt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Anpassung erfolgt alle fünf Jahre. Der angepasste Erbbauzins ist die nächsten fünf Jahre gültig.

Die Veränderung des Erbbauzinses kann sowohl eine Erhöhung als auch eine Verringerung des Betrages bedeuten.

Das statistische Bundesamt stellt auf seiner Homepage www.destatis.de zur Unterstützung ein Tool für die Berechnung der Anpassungen zur Verfügung. Gerade unter Berücksichtigung der Altverträge, die als Berechnungsgrundlage unterschiedliche Indexreihen beinhalten, ist eine systemunterstützte Auswertung sinnvoll.7

3 Projektergebnis

3.1 Ethische Aspekte

Die Forderungsausfälle im Bereich Erbbau sind hoch, die betriebswirtschaftliche Notwendigkeit eines funktionierenden Mahnsystems steht somit außer Frage. Jedoch muss berücksichtigt werden, dass der Auftraggeber, die Rendantur RheinBerg, kein reines Wirtschaftsunternehmen ist. Also müssen bei der Entscheidung über die Einführung eines Mahnverfahrens und dessen Ausgestaltung auch ethische Aspekte eine Rolle spielen.

3.1.1 Rechtmäßigkeit eines Mahnverfahrens

Zunächst ist die Frage zu klären, ob die Rendantur RheinBerg überhaupt ein Mahnverfahren einführen sollte. Dagegen spricht, dass die Erbbaugrundstücke an Mitglieder der jeweiligen Kirchengemeinden vergeben werden. Viele dieser Gemeindemitglieder leben bereits seit Jahren oder Jahrzehnten in ihren Häusern. Eine gemeinnützige und karitative Organisation sollte nicht Familien aus ihren Häusern klagen und so deren Lebensmittelpunkt zerstören. Auch liegt es nicht im Interesse der Rendantur, das langjährige Gemeindemitglieder gezwungen sind umzuziehen und so aus der jeweiligen Gemeinde ausscheiden.

Andererseits muss berücksichtigt werden, dass die Katholische Kirche eine Leistung, nämlich das jeweilige Grundstück, zur Verfügung stellt und daher ein Recht auf die vereinbarte Bezahlung hat. Erhält sie diese Zahlungen nicht, müssen die verschiedenen Kosten, die für das Grundstück anfallen8 aus dem Kirchenetat und somit von allen Gemeindemitgliedern bestritten werden. Diese Gelder stehen dann nicht für andere Ausgaben zur Verfügung, welche die Kirche zu Gunsten der ganzen Gemeinde tätigen würde. Betrachtet man also die hohe Anzahl an säumigen Schuldnern und die Summe an Forderungsausfällen, die dadurch entsteht, wird deutlich, dass eine Reduzierung dieser Ausfälle durch ein Mahnsystem notwendig ist. Von den Investitionen, die durch die Mehreinnahmen getätigt werden können, profitiert die gesamte Gemeinde.

3.1.2 Konsequenzen bei nicht geleisteten Zahlungen

Gerät ein Schuldner bei einem reinen Wirtschaftsunternehmen mit seinen Zahlungen in Rückstand wird er üblicherweise gemahnt. Zahlt er weiterhin nicht, sind häufig die Übergabe des Falls an ein Inkassounternehmen, Konto- und Gehaltspfändungen oder schlimmstenfalls ein Verbraucherinsolvenz- verfahren die Folge. Unter Berücksichtigung des besonderen Charakters des Auftraggebers muss bei der Ausarbeitung des Mahnverfahrens stets berücksichtigt werden, dass dieses Vorgehen nicht das Ziel einer Mahnung an ein Gemeindemitglied ist. Im Mittelpunkt steht immer der Wunsch, die Ausfälle zu reduzieren, jedoch nicht um jeden Preis. Die Konsequenzen, zu denen gegriffen wird, sollte ein Schuldner trotz Mahnung nicht zahlen, sind für jeden einzelnen Fall individuell zu betrachten und auszuarbeiten. Besonders Gemeindemitglieder, die aus Geldnot heraus nicht zahlen können, soll in erster Linie geholfen werden. Aus diesem Grund wird unter anderem die Möglichkeit einer Ratenvereinbarung angeboten.

3.1.3 Zinsen und Mahngebühren

Zahlt jemand beispielsweise seine Telefonrechnung nicht, muss er in der Regel Mahngebühren und Zinsen zahlen. Dies hat aus Sicht des mahnenden Unternehmens zwei Gründe. Erstens führen die höheren Kosten dazu, dass viele Kunden pünktlich zahlen, weil sie die zusätzlichen Mahngebühren nicht zahlen möchten. Zweitens decken diese Gebühren zumindest teilweise die Kosten, die den Unternehmen dadurch entstehen, dass Mitarbeiter die Mahnungen erstellen müssen, für Material und Postversand. Unter diesen Gesichtspunkten müsste die Rendantur auch Mahngebühren von säumigen Schuldnern verlangen. In diesem Fall ist aber der besondere Aspekt zu berücksichtigen, dass es in der Katholischen Kirche ein Zinsverbot9 gibt.

3.1.4 Schlussfolgerung

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist die Einführung eines funktionierenden Mahnverfahrens unumgänglich. Aber in diesem speziellen Fall sind ethische Aspekte zu berücksichtigen, die bei einem Mahnsystem eines Wirtschaftsunternehmens häufig vernachlässigt werden. Es muss beachtet werden, dass Ziel des Mahnverfahrens eine Einigung mit dem Kunden ist. Jeder Fall ist individuell zu betrachten. Die Konsequenzen, die für die Kunden der Rendantur aus dem Mahnverfahren entstehen, müssen ethisch vertretbar sein. So muss bei jedem Fall die gesamte Kundenverbindung berücksichtigt werden. Auf das Erheben von Mahngebühren und Verzugszinsen wird verzichtet.

3.2 Rechtliche Aspekte

3.2.1 Überblick Verjährung laut BGB

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) definiert den Begriff der Verjährung und legt weiterhin die verschiedenen Fristen fest. Zu betrachten ist das 1. Buch, Abschnitt 5 Verjährung §§ 194 - 218 BGB. Hat ein Gläubiger gegen einen Schuldner eine Forderung, betrachtet am Beispiel der Rendantur RheinBerg eine Geldforderung, so hat der Gläubiger Fristen zu beachten, innerhalb welcher er die Forderung geltend machen kann.

Verjährung bedeutet, dass die (Geld-)Leistung einer einst entstandenen Forderung nach Ablauf der Verjährungsfrist vom Schuldner gemäß § 214 BGB verweigert werden kann.

Es läuft also eine bestimmte Frist ab nach der die Forderung verjährt. Grundsätzlich kann eine einmal entstandene Forderung jederzeit durch den Gläubiger vom Schuldner eingefordert werden, rechtlich sicher jedoch nur innerhalb der jeweils geltenden Verjährungsfristen.

Einmal geleistete Zahlungen, auch in Unkenntnis der Verjährung, können vom Schuldner nicht zurückverlangt werden, vgl. § 214 Abs. 2 BGB. Die regelmäßige Verjährungsfrist für Forderungen beträgt gemäß § 195 BGB drei Jahre.

In § 199 BGB, welcher den Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist regelt wird zunächst festgelegt, dass diese mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entsteht und der Gläubiger von den Umständen, welche den Anspruch begründen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt.

Am Beispiel der Rendantur ist die Kenntnisnahme sichergestellt, da der Anspruch aufgrund eines zwischen der Kirchengemeinde und dem Erbbaurechtsnehmer geschlossenen Vertrages entstanden ist.

Weiterhin legt das BGB eine 30-jährige Verjährungsfrist laut § 197 BGB fest. Diese findet dann Anwendung, wenn Forderungen der Rendantur RheinBerg laut § 197 Abs. 1 Nr. 4 BGB aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden geltend gemacht wurden.10

Im Gegensatz zur regelmäßigen Verjährung beginnt die 30-jährige Verjährung gemäß § 200 BGB grundsätzlich mit der Entstehung des Anspruchs, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist.

Hier ist jedoch zu beachten, dass nach § 201 BGB die Verjährungsfrist von festgestellten Ansprüchen erst mit Erwirkung des Titels beginnt, jedoch nicht vor Entstehung des Anspruchs.

Als weiterer wichtiger Punkt bei der Betrachtung der Verjährung und den damit verbundenen Fristen ist die Hemmung zu beachten. Hemmung bedeutet im Bezug auf die Verjährung, dass ein bestimmter, gehemmter Zeitraum, nicht in die Verjährungsfrist eingerechnet wird, vgl. § 209 BGB.

Laut § 203 BGB wird die Hemmung unter anderem durch schwebende Verhandlungen zwischen den beiden Parteien Gläubiger und Schuldner erzeugt. Die Verjährung ist in diesem Fall so lange gehemmt, bis eine der beiden Parteien die Verhandlungen beendet. Die Verjährung kann daraufhin frühestens drei Monate nach Ende der Hemmung eintreten. In § 204 BGB ist darüber hinaus die Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung geregelt.

Auf die Rendantur werden im Regelfall die Nummern 1 und 3 des § 204 Abs. 1 BGB zutreffen. Konkret bedeutet dies, dass gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 die Verjährung durch Klage auf Leistung, Erteilung einer Vollstreckungsklausel oder durch Erlass eines Vollstreckungsurteils gehemmt wird.

Die Hemmung endet sechs Monate nach rechtskräftiger Entscheidung.

Weiterhin wird die Verjährung durch die Zustellung eines Mahnbescheides im Mahnverfahren11 nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB gehemmt. Auch könnte die Verjährung durch ein Abkommen oder einer Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner gehemmt werden, welches den Schuldner vorübergehend von der Leistungspflicht befreit.

Der Neubeginn der Verjährung ist im § 212 BGB dargestellt.

[...]


1 http://www.duden.de/rechtschreibung/Rendantur (Stand: 12.12.2011)

2 Verwaltungsbehörde einer katholischen Diözese oder Erzdiözese / www.duden.de (Stand: 12.12.2011)

3 Vorsteher eines Kirchenbezirks innerhalb der Diözese / www.duden.de (Stand: 12.12.2011) Abb. 2 Archiv Rendantur RheinBerg (Stand 01.12.2011)

4 Vgl. Kapitel 3.2.1 der vorliegenden Arbeit

5 Vgl. Kapitel 3.2.1 der vorliegende Arbeit

6 Vgl. Kapitel 3.6 der vorliegenden Arbeit

7 Rechte und Pflichten des Kirchenvorstandes Erbbaurechtsvertrag der Rendantur RheinBerg (intern)

8 Vgl. Kapitel 1.2 der vorliegenden Arbeit

9 Vgl. Die Bibel Lev 25, 35 - 37

10 Vgl. Kapitel 3.2.4 der vorliegenden Arbeit

11 Vgl. Kapitel 3.2.4 der vorliegenden Arbeit

Ende der Leseprobe aus 76 Seiten

Details

Titel
Entwicklung eines Mahnverfahrens für die Rendantur RheinBerg
Note
1,0
Autoren
Jahr
2012
Seiten
76
Katalognummer
V191487
ISBN (eBook)
9783656167075
ISBN (Buch)
9783656167099
Dateigröße
7987 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Mahnverfahren, Mahnung, Mahnwesen, Debitoren, Forderung
Arbeit zitieren
Anja Heinemann (Autor:in)Sabrina Herzog (Autor:in)Daniela Schumacher (Autor:in), 2012, Entwicklung eines Mahnverfahrens für die Rendantur RheinBerg, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/191487

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