I. Einleitung
„Opus agredior opimum casibus, atrox proeliis, discors seditionibus, ipsa etiam pace saevum. quattuor principes ferro interempti: trina bella civilian, plura externa ac plerumque permixta […].” (Tac. hist. I 2,1.)
So fasst Tacitus das für Rom verheerende Jahr 69 n. Chr. zusammen. Dieses so genannte Vierkaiserjahr und die damit verbundenen Kämpfe und Wirren fanden erst mit dem Sieg der vespasianischen Truppen über die des Vitellius am 20. Dezember 69 ein Ende. Gleich am darauffolgenden Tag wurde Vespasian vom Senat als Kaiser bestätigt und ihm in der bekannten Lex de imperio Vespasiani seine Rechte und Vollmachten verliehen. Die Auslegung dieses Gesetzes beschäftigt bis heute die althistorische Forschung. Klar ist, dass mit dem Gesetz die verfassungsrechtliche Position Vespasians, der sich immer noch im Osten des Reiches und eben nicht in Rom befand, gestärkt wurde. Doch stellt sich die Frage, wie weitreichend diese Festigung war angesichts des sechsten Paragraphen, der dem princeps zugesteht, alle Maßnahmen im Staat ergreifen zu dürfen, die ihm angemessen und notwendig erscheinen. Die Interpretationen bewegen sich zwischen zwei Extremen: auf der einen Seite steht die Deutung dieses Paragraphen als die Verleihung der unumschränkten Allmacht an den princeps, auf der anderen Seite interpretiert man ihn als bloßes Verordnungsrecht.
Einer der Faktoren, die bei einer adäquaten Interpretation dieser lex zu beachten sind, ist der Senat und dessen Beziehung zum princeps. Zwar ist unumstritten, dass der Senat im Jahr 69 n.Chr., also 100 Jahre nach Augustus‘ Sieg bei Actium, den Großteil seiner Macht bereits verloren hatte und als Organ nur noch eine vordergründig symbolische Rolle spielte sowie als Rekrutierungsreservoir für administrative Aufgaben diente; doch meinen Forscher in diesem Jahr auch zum ersten Mal die dezidierte Formierung einer oppositionellen, gegen den princeps gerichteten Gruppierung im Senat ausmachen zu können.
Die Quellenlage zu dieser Opposition ist leider sehr bescheiden und konzentriert sich auf die Person des Senators Helvidius Priscus, der als Gallionsfigur und lautester Sprecher der Opposition auftritt. Informationen über ihn erhalten wir vor allem durch Tacitus‘ Historien, weiterhin finden wir Erwähnungen in Suetons Vespasianvita und in Dios „Römischer Geschichte“...
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Opposition bis zum Vierkaiserjahr
- II.1. Die Situation des Senats im frühen Prinzipat
- II.2. Bedeutungswandel der libertas im Prinzipat
- II.3. Opposition vor Nero
- II.4. Thrasea Paetus und Nero
- II.5. Stoa im römischen Prinzipat
- III. Helvidius Priscus und Vespasian
- III.1. Helvidius' Opposition in den Quellen
- III.2. Tacitus und die stoische Opposition
- III.3. Helvidius' Ziele und Motive
- IV. Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Opposition des römischen Senators Helvidius Priscus gegen den Kaiser Vespasian während des Vierkaiserjahres 69 n. Chr. Sie befasst sich mit den Motiven und Zielen von Helvidius' Opposition, betrachtet dabei die historische Situation des Senats und seine Beziehung zum Princeps sowie die Rolle der stoischen Philosophie im römischen Prinzipat.
- Der Wandel des Senats und seiner Macht im frühen Prinzipat
- Die Bedeutung des Begriffs der Libertas im Kontext der römischen Herrschaft
- Die Rolle der Stoa im römischen Prinzipat und ihre Bedeutung für die Opposition
- Die Motive und Ziele von Helvidius Priscus und seine Kritik am Kaiser Vespasian
- Die Relevanz der senatorischen Opposition für die Interpretation der Lex de imperio Vespasiani
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung bietet einen Überblick über das Vierkaiserjahr 69 n. Chr. und die Bedeutung der Lex de imperio Vespasiani. Sie stellt die Forschungsfrage nach der Rolle des Senats im Prinzipat und dem Einfluss der Opposition auf die verfassungsrechtliche Position des Kaisers.
Kapitel II. untersucht die Opposition gegen den Princeps bis zum Vierkaiserjahr. Es analysiert die Veränderungen im Senat während der Zeit des Augustus und die Auswirkungen des Prinzipats auf die politische, soziale und moralische Struktur des Senats. Der Abschnitt beleuchtet die Bedeutung der Libertas und deren Wandel im Prinzipat sowie die Formen der Opposition vor Nero.
Kapitel III. widmet sich der Person des Helvidius Priscus und seiner Opposition gegen Vespasian. Es beleuchtet seine Motive, Ziele und die Kritik an Vespasian aus der Sicht der Quellen. Die Analyse der taciteischen Ausschnitte hilft dabei, die Realisierbarkeit von Helvidius' Zielen zu beurteilen.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter der Arbeit sind: Senat, Opposition, Helvidius Priscus, Vespasian, Vierkaiserjahr, Lex de imperio Vespasiani, Libertas, Stoa, Princeps, Prinzipat, römische Republik, römische Geschichte.
- Arbeit zitieren
- Anna-Maria Damalis (Autor:in), 2010, Das Vierkaiserjahr in Rom, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/191794