Die West-Ost-Wanderung 1949-1961 in der Selbstdarstellung der beiden deutschen Staaten


Magisterarbeit, 2003

117 Seiten, Note: 1,8


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung 3

2. Die West-Ost-Wanderung 1949-1961. Ein Überblick 8 Zahlen und Verantwortliche (8) - Von der aufnahmepolitischen Abschottung zur Förderung der Zuwanderung (10) - Sicherheitspolitische Erwägungen der DDR- Behörden (13) - Restriktiver Kurs in der DDR-Aufnahmepolitik (14) - Erneute Kehrtwende 1959 (15) - Ende der Hoffnungen auf ein ausgeglichenes Wanderungssaldo (17) - Jugendliche (17) - Zusammenfassung (19)

3. „Die schärfste Waffe der Partei“: Das Pressewesen in der DDR 20
3.1 Die Presse in der marxistisch-leninistischen Ideologie 20
3.2 Lenkung und Kontrolle der Zeitungen in der DDR 24

4. Selbstdarstellung und Instrumentalisierung. Die West-Ost-Wanderung in der Außendarstellung der beiden deutschen Staaten und dem politischen Willensbildungsprozess in der Bundesrepublik 29
4.1 1949-1953 29
4.2 1953-1956 34
4.3 1957-1958 60
4.4 1959-1961 68

5. Fazit 97

6. Zusammenfassung 103

Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen 108

Quellen- und Literaturverzeichnis 110

1. Einleitung

„Sie sind wohl nicht von hier?“ - „Nee, aus Wuppertal”. - „Aus dem Westen...?!?“

Die Szene aus dem Spielfilm „Good bye Lenin“ erntete in deutschen Kinos millionenfache Lacher. Zu absurd scheint es, dass Menschen aus Westdeutschland freiwillig in die DDR ziehen konnten. Die Filmszene spiegelt vortrefflich den Stellenwert der West-Ost-Wanderung in der deutschen Nachkriegsgeschichte.

Die Tatsache, dass seit Gründung der beiden deutschen Staaten 1949 bis zum Mauerbau 1961über 500.000 Menschen von der Bundesrepublik in die DDR zogen, ist in der (west)deutschen Bevölkerung nahezu völlig unbekannt. Nach dem Mauerbau kann von einer West-Ost-Wanderung praktisch nicht mehr gesprochen werden, so dass sich der gewählte Unteruschungszeitraum von selbst erklärt.

Inwiefern diese in der BRD auch zeitgenössisch verbreitete Unwissenheit mit der Behandlung der Ostwanderung durch die Bundesregierung zusammenhängt, soll eine Fragestellung der vorliegenden Arbeit sein. Weiterhin soll untersucht werden, ob die Bundesregierung versuchte, die Übersiedlung mehrerer hunderttausend Menschen in den Staat, dem sie die Existenzberechtigung „juristisch, politisch und moralisch“1 bestritt, unter den Teppich zu kehren, sie nach außen hin zu relativieren oder gar zu dementieren. Wie erklärte sie der Öffentlichkeit, dass es nicht wenige Deutsche gab, die freiwillig dem Staat der wirtschaftlichen Prosperität und der politischen Freiheit den Rücken kehrten, um ausgerechnet in der kommunistischen und totalitaristischen „Zone“ ihr Glück zu suchen? Als Motiv der Ost-West-Wanderung wurde in der BRD die „Binnenwanderung zu den günstigeren Lebensverhältnissen“2 oder die Flucht vor den Zwangsmaßnahmen des SED-Regimes gesehen. Die eine wie auch die andere Interpretation bot der SED-Führung den willkommenen Anlass, die Wanderung in die DDR für die angestrebte Legitimierung des „Projekts DDR“ zu instrumentalisieren. Die Frage muss also lauten: Stellte die DDR-Führung die Übersiedlung von Bundesbürgern und die Rückkehr ehemaliger „Republikflüchtiger“ als Indiz für die materielle Anziehungskraft der DDR dar oder behauptete sie, die Übersiedler kämen aus politischen Gründen in den „Arbeiter- und Bauernstaat“? Zu fragen ist auch, wie sich die verschiedenen Phasen der Aufnahmepolitik der DDR in der offizielle Darstellung der West-Ost- Wanderung niederschlugen.

Die politische Dimension der Ostwanderung macht die vergleichende Untersuchung der Außendarstellung der deutschen Staaten zu einem sehr interessanten Kapitel der Ideologiegeschichte des Kalten Krieges. Denn die Abwanderung in die „SBZ“ hätte - je nach Größenordnung - die ideologische und materielle Überlegenheit des Westens prinzipiell in Frage gestellt. Anders gesagt: Die hohen Flüchtlingszahlen nach der BRD, die in Anbetracht der unterschiedlichen Lebens- und Konsumstandards so anschaulich „den Zusammenhang von Demokratie und gutem Leben auf der einen Seite sowie von (stalinistischer) Diktatur und schlechtem Leben auf der anderen Seite“ kontrastierten,3 wären durch auch nur annähernd vergleichbare Zahlen einer entgegengesetzten Bewegung gefährlich relativiert worden. Zu erwarten ist deshalb, dass die Auseinandersetzung um die tatsächliche Höhe der West-Ost- Wanderung bei dem Kampf um die Deutungshoheit derselben zwischen BRD und DDR eine zentrale Rolle spielte.

Neben der veröffentlichten Selbstdarstellung der beiden deutschen Staaten wird auf bundesdeutscher Seite außerdem der politische Willensbildungsprozess untersucht. Dadurch kann ein Einblick gewonnen werden, wie das Thema intern, innerhalb der beteiligten Ministerien, bewertet wurde. Aufgrund welcher - auch internationaler - Ereignisse kam es zu Differenzen und was ging den veröffentlichten Stellungnahmen voraus? Da dieser Prozess nicht in jedem Einzelfall nachgezeichnet werden kann und soll, werden einige Phasen der deutsch-deutschenöffentlichen Auseinandersetzung um die „richtige“ Interpreta- tion der West-Ost-Wanderung beispielhaft herausgehoben. Der Rückgriff auf die dadurch gewonnenen Erkenntnisse soll schließlich zu einem besseren Verständnis der bundesrepublikanischen Öffentlichkeitsarbeit beim Problem der Übersiedlung und Rückwanderung in die DDR führen. Ebenso soll durch die Augen der verantwortlichen politischen Akteure sichtbar werden, wie sich die Bundesrepublik im Hinblick auf die Ostwanderung selbst sah und wie sie gerne von außen wahrgenommen werden wollte.

Herangezogen werden dazu die im Bundesarchiv Koblenz lagernden Akten der involvierten Ministerien (Bundesmnisterium für gesamtdeutsche Fragen, Bundesministerium für Vertriebene, Auswärtiges Amt, Bundeskanzleramt u.a.). Aufgrund des inhaltlich und vor allem zeitlich eng gefassten Rahmens einer Magisterarbeit kann der Willensbildungsprozess in der DDR nicht so ausführlich untersucht werden. Wenn möglich, wird auf diesbezüglich bereits erfolgte Forschungen von Andrea Schmelz zurückgegriffen.4

Vor der ausführlichen Analyse soll dem Leser anhand einer zusammenfassenden Darstellung ein Überblicküber Phasen und Verlauf der West-Ost-Wanderung verschafft werden.

Anschließend wird die Anleitung des Pressewesens durch die Abteilung Agitation und Propaganda im Zentralkomitee der SED und ihre Funktion beschrieben. Dadurch wird der enorme Stellenwert der Tagespresse in der DDR und damit auch die Relevanz der DDR-Zeitungen für unsere Untersuchung deutlich.

Grundlage für die dann folgende chronologische Untersuchung der staatlichen Selbstdarstellung sind auf Seite der DDR in erster Linie schriftliche Primärquellen, d.h. Zeitungsartikel in der Tagespresse und vom „Ausschuß für deutsche Einheit”“ herausgegebene Broschüren. Um eine repräsentative Bandbreite zu erreichen, werden SED-Blätter, Organe der Blockparteien und der Massenorganisationen sowie die einzige „unabhängige“ Tageszeitung Berliner Zeitung (BZ) untersucht. Zeitungsartikel sind für die Analyse prädestiniert, weil sie aufgrund der Funktion der DDR-Presse als staatlich gelenkte „Instrumente des Klassenkampfes“5 offizielle (Neues Deutschland als offizielles SED-Hauptorgan sowie dieübrigen SED-Blätter in den Bezirken) oder inoffizielle (die Zeitungen der Blockparteien und die einzige „unabhängige“ Tageszeitung BZ) Verlautbarungen der Staatsführung waren.

Auf BRD-Seite werden als offizielle Regierungsmitteilungen herangezogen: regierungsamtliche Veröffentlichungen im Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, Pressekonferenzen und -mitteilungen, Interviews mit Hörfunksendern und vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen veröffentlichte Broschüren.

Westdeutsche Zeitungsartikel spielen in der Analyse nur insofern eine Rolle, wie sie das propagandistische Regierungshandeln auf der einen oder anderen Seite beeinflussten.

Die Aufgabe des Historikers ist es, das, was bewusst verdrängt oder in Vergessenheit geraten ist, wieder ans Tageslicht zu holen und wissenschaftlich aufzuarbeiten. Angesichts der Größenordnung der West-Ost-Wanderung und vor allem der ihr immanenten politischen Brisanz ist es erstaunlich, dass die Ostwanderung in der Forschung zu den vernachlässigten Feldern der deutsch- deutschen Nachkriegsgeschichte gehört. Erst im letzten Jahr, und damit immerhin zwölf Jahre nach der Wiedervereinigung, erschien die erste und bisher einzige Monographie zur West-Ost-Wanderung. Schmelz Dissertation „Die West-Ost- Migration in die DDR in den 1950er und 1960er Jahren“ konzentriert sich auf das politische Handeln der SED-Führung, wobei die „politisch-administrative Regulierung der Wanderung“ untersucht wird. Die diskursive Auseinandersetzung zwischen der BRD und der DDR streift Schmelz nur oberflächlich, das Agieren der Bundesrepublik stellt sie sehr verkürzt dar. Ihre These, wonach die West-Ost- Wanderer „im politischen Diskurs der Bundesrepublik weitgehend ausgeblendet“ waren,6 wird zuüberprüfen sein.

Mit Ausnahme von Schmelz und Müllers Arbeit „Übersiedler von West nach Ost in den Aufnahmeheimen der DDR am Beispiel Barbys“,7 die sich einem Teilaspekt der West-Ost-Wanderung widmet, beschäftigt sich die Forschung nur am Rande mit der Thematik.

So gibt Ackermann in „Der `echte` Flüchtling“ einen kurzen Überblicküber die Reaktion der Bundesregierung auf die propagandistischen Bemühungen der SED- Führung.8

Heidemeyer stellt in seiner Arbeit „Flucht und Zuwanderung aus der SBZ/DDR 1945/1949-1961“9 die These auf, „dass die Wanderung in die DDR [von BRD- Seite] nur unter politischem Blickwinkel und daher negativ gesehen wurde”. Ob es tatsächlich, wie Heidemeyer behauptet, zu keinem Zeitpunkt „positive Stimmen“ seitens der Bundesregierung hinsichtlich einer „Auffrischung der freiheitlichen Kräfte der DDR“ gab,10 soll ebenfalls geklärt werden.

Mit der Untersuchung der Selbstdarstellung der beiden deutschen Staaten anhand der West-Ost-Wanderung wird Neuland betreten. Basis dieser Arbeit sind gedruckte und vor allem ungedruckte Quellen. Diese sollen jedoch nicht nur dargestellt, sondern zugleich interpretiert werden. Eine Gesamtbewertung der wichtigsten Forschungsergebnisse findet im Rahmen eines Fazits am Ende der Arbeit statt.

Im Mittelpunkt der Untersuchung steht die Tatsachenpolitik, die Instrumentalisierung und Selbstdarstellung der beiden deutschen Staaten an sich. Ob es sich bei derartigen Argumentationen um wirkliche oder nur vermeintliche, vorgespiegelte Bekräftigungen und Behauptungen handelte, ist demnach für die Perspektive der Arbeit unerheblich.

2. Die West-Ost-Wanderung 1949-1961. Ein Überblick

Insgesamt zogen von 1949 bis 1961 zwischen 400.000 (BRD-Zahlen) und 600.000 (DDR-Zahlen) Menschen vom Westen in den Osten Deutschlands. Eine genaue Ermittlung ist nicht möglich, weil die zeitgenössischen BRD-Zahlen wegen der geltenden Freizügigkeit und der damit verbundenen Straffreiheit bei nicht erfolgter Abmeldung durch den Umziehenden auf jeden Fall deutlich zu niedrig ausfallen. Die DDR-Zahlen sind wesentlich genauer, da sie auf den polizeilichen Anmeldungen basieren. Ihre Unterlassung seitens der Zugezogenen war mit strafrechtlichen Sanktionen verbunden, außerdem war das Erlangen von Arbeit und Wohnung daran geknüpft.11 Durch mögliche Doppelmeldungen wegen fehlerhafter Weitergabe durch die Anmeldebehörden oder Erfassung von Menschen, die von vornherein nur eine kurze Zeit in der DDR bleiben wollten (Studium, Besuch), sich aber ordnungsgemäß an- und abzumelden hatten, sind die DDR-Zahlen allerdings als etwas zu hoch anzusehen. Über 60% des Gesamtzuzugs in die DDR war jünger als 25 Jahre, wobei der Anteil der Rückkehrer in dieser Altersgruppe fast doppelt so hoch war wie der der Zuziehenden.12

Von allen Zugewanderten waren zwei Drittel sogenannte Rückkehrer,13 ehemalige DDR-Bürger, die zunächst in die BRD geflohen waren und wieder zurückkehrten. Ein Drittel waren „Erstzuziehende“, wie sie im DDR-Jargon hießen, also in die DDR gezogene Bundesbürger.

Die Akteure der DDR-Einwanderungspolitik waren quer durch mehrere Ressorts bis hinauf zum Politbüro, dem Machtzentrum und höchsten Organ des Zentralkomitees (ZK)14 der SED, zu finden.

Tabelle 1

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Eigentlicher Träger und Exekutivorgan der staatlichen Organisationsgewalt war die Innere Verwaltung, Abteilung Bevölkerungspolitik.

Auf bundesdeutscher Seite waren mehrere Abteilungen im Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (BMG) und im Bundesministerium für Heimatvertriebene und Flüchtlinge (BMVt) mit der West-Ost-Wanderung befasst. Beide Ministerien waren auch für die Außendarstellung der Bundesregierung hinsichtlich der Ostwanderung zuständig.

Von der aufnahmepolitischen Abschottung zur Förderung der Zuwanderung Die West-Ost-Wanderung unterlag zahlenmäßigen Schwankungen. Bis 1953 zogen jährlich etwa 25.000 Menschen von West nach Ost. In dieser ersten Phase, die bis zum Juniaufstand 1953 andauerte, war - ähnlich wie in der bundesdeutschen Politik hinsichtlich der DDR-Flüchtlinge - eine abwehrende Haltung der DDR-Führung zu beobachten. Zuzugsgenehmigungen wurden nur zögerlich erteilt. Aufgrund des Wohnungs- und zu diesem Zeitpunkt auch noch Arbeitsplatzmangels hatte die Sorge um die Versorgung der eigenen Bevölkerung auch bei der SED Vorrang. Dominant war das Misstrauen beider deutscher Staaten vor durch den jeweils anderen Staat eingeschleusten politisch oder sozial unerwünschten Menschen. Die „Abwehr von Agenten“ und die Angst vor „arbeitsscheuen und undurchsichtigen Personen“15 war zunächst zentrales sicherheitspolitisches Argument beider Seiten.

Die politischen Handlungsweisen bezüglich der Wanderungsbewegung waren aufgrund der ihr immanenten politischen Dimension geprägt von deutschlandpolitischen Konstellationen. Dadurch unterlag die West-Ost- Bewegung zu verschiedenen Zeitpunkten regierungsintern unterschiedlichen Einschätzungen, die sich vor allem in der Politik der DDR-Administration bemerkbar machten.

Im Zuge des Anfang Juni 1953 verkündeten „Neuen Kurses“, mit dem die SED- Führung durch Zugeständnisse hoffte, die Missstimmung der Bevölkerung auffangen zu können, änderte sich die Haltung der SED gegenüber den Übersiedlern. Bereits im September 1952 beschloss das Politbüro im Rahmen einer Sitzung zum Komplex der Republikflucht die „Förderung der Einreise von Westdeutschen in die DDR”. „Großzügige Werbung“ von Wissenschaftlern, Ärzten, Künstlern und Facharbeitern und die angestrebte „Beseitigung der bürokratischen Hemmnisse bei der Einreise von Westdeutschen und ihren Familien“ läuteten eine Reihe von Beschlüssen zur Steuerung der Zuwanderung aus Westdeutschland ein.16

Die hohen Arbeitskräfteverluste, die durch die Abwanderung entstanden, sollten durch die nun geförderte Zuwanderung ausgeglichen werden. Die Hoffnung auf eine spürbare Gegenwanderung nach dem 17. Juni und der Verkündigung des „Neuen Kurses“ als wesentliches Element im „Kampf gegen die Republikflucht“17 prägten die DDR-Politik in dieser zweiten Phase ihrer Migrationspolitik.

Neben der Einrichtung von Auskunftsstellen und der Bildung von Kommissionen gehörten zu den vom Politbüro und der ZK-Abteilung Staatliche Verwaltung angeordneten Maßnahmen das Ausnutzen direkter persönlicher Kontakte (z. B. bei Besuchsreisen westdeutscher Delegationen). Vor allem sollten „gezielte Presseveröffentlichungen positiver Eindrücke und Stellungnahmen von Bürgern aus der Bundesrepublik und zurückgekommenen „Republikflüchtigen“, die begeistertüber das Leben in der DDR berichteten“, „die guten Berufschancen und attraktiven Lebensbedingungen in der DDR“ betonen .18 Weiterhin sollten „Bauern und zurückkehrende Republikflüchtlinge“ ihr beschlagnahmtes Eigentum zurückerhalten und Rückkehrern laut „Kommuniqué des Politbüros vom 9. Juni 1953“ keine Benachteiligungen entstehen.19

Auch wenn die Anwerbung von Fachkräften „bürokratische Wunschvorstellung“20 blieb und von einem Ausgleich der Wanderungszahlen keine Rede sein konnte: In den Jahren 1954 bis 1957 begrüßte die DDR jeweilsüber 70.000 Neubürger bzw. Rückkehrer.

Für die DDR, die nun mehr und mehr einen Mangel an Facharbeitern zu beklagen hatte, war die Rückkehrerfrage aber nicht nur ein arbeitsmarktpolitisches Problem. Die Hervorgehobenheit der Rückkehrerfrage bei den täglichen Stim- mungsberichten des ZK zeigte, dass die Höhe der Rückkehrerzahlen nach dem 17. Juni gleichsam als „Symbol“ und „Indikator“ für die „Richtigkeit des Neuen Kurses“ gewertet wurde.21

Nach Vorbild der bundesrepublikanischen Notaufnahmelager schuf die DDR ab März 1953 sogenannte Aufnahmeheime.22 Anlass war aber nicht nur die Hoffnung auf steigende Übersiedlerzahlen. Hauptziel war die Überprüfung der Einreisewilligen. Um unerwünschte West-Ost-Migranten schon an der Grenze abweisen zu können, wurde bereits bei den dort sich befindenden Aufnahmestellen eine Kommission installiert.23 Diejenigen Personen, die diese „Vorprüfung“überstanden, jedoch bei der Einreise keine Zuzugsgenehmigung vorweisen konnten, wurden in eines der Aufnahmeheimeüberwiesen. Rückkehrer, die an ihren alten Wohnort zurückkehren wollten, wurden im Regelfall direkt in den jeweiligen Aufnahmekreis geschickt.

Ab 1958 war das Aufnahmeheim für alle Erstzuziehenden obligatorisch, seit 1960 wurden auch die Rückkehrer zuerst in ein Aufnahmeheim gewiesen. Neben der Verteilung der Zuziehenden an Wohnort und Arbeitsplatz - wobei es hier nicht selten zu berufsfremden Einweisungen kam, so dass oft „die am wenigsten attraktiven Stellen am Arbeitsmarkt mit Neuankömmlingen aus der BRD besetzt“24 wurden - sollten die Bewohner in Form von Vorträgen und Diskussionsabenden ideologisch auf ihr Leben in der DDR vorbereitet werden. Die Zuwanderer sollten dadurch „alte kapitalistische Gewohnheiten besserüberwinden und immer mehr zur Einhaltung der sozialistischen Rechts- und Moralnormen erzogen werden”.25 In erster Linie aber hatte „die gesamte Arbeit im Aufnahmeheim stets von den Interessen der Sicherheit unseres Staates auszugehen”.26

Sicherheitspolitische Erwägungen der DDR-Behörden Der sicherheitspolitische Aspekt trat nun wieder deutlicher in den Vordergrund. Bereits zu Beginn der zweiten Phase 1953 hatten Staatssicherheit und Volkspolizei angeordnet, die West-Ost-Migranten „sorgfältig (zu) beobachten“, da es sich oft um „zweifelhafte Menschen“ handele.27 Alarmiert durch „Verhaltensauffälligkeiten“ begann man, die West-Ost-Wanderer systematisch zu kontrollieren. So wurden die Übersiedler in den ersten sechs Monaten ihres Aufenthalts in der DDR von der Volkspolizei beobachtet und getrennt von derübrigen Bevölkerung registriert. Der Personalausweis wurde den West-Ost- Wanderern erst dann ausgestellt, wenn sie sich „fest“ in das gesellschaftliche Leben „eingeordnet“ hatten. Außerdem führte die Volkspolizei das Instrument der „Rückschleusung“ ein. Einreisewillige wurden abgewiesen, wenn sie sich nicht ausweisen und auch keine Verwandten in der DDR benennen konnten oder wenn man glaubte, dass man es mit „Bummelanten und anderen asozialen oder mit einem bestimmten Auftrag in die DDR geschickten Elementen“ zu tun hatte.28

Parallelen in der Aufnahmepolitik gegenüber den DDR-Flüchtlingen finden sich in den Anfängen der bundesdeutschen Flüchtlingspolitik. Flüchtlinge abzuschrecken und den Flüchtlingsstrom einzudämmen, hatte anfangs auch für die Bundesregierung klare Priorität. Dazu wurde nicht nur gegen die Bedenken der Opposition das Notaufnahmegesetz geschaffen, das die Kontrolle und Eindämmung des Zustroms betonte, sondern auch das Instrument der Rückführung, welches allerdings in der Praxis nicht zur Anwendung kam. Die Maßnahmen zur Eindämmung des Flüchtlingsstroms wurden offiziell mit der Verhinderung der Entleerung der SBZ, faktisch durch die zu dieser Zeit in der BRD herrschende Arbeits- und Wohnungsnot begründet. Doch trug die auch im Kabinett vorgetragene Auffassung, „der größere Teil“ der Zuwanderer bestehe „aus Kriminellen und politischen Agenten, die zusätzlich die Bundesrepublik gefährdeten“ zu diesem restriktiven Vorgehen bei.29

Restriktiver Kurs in der DDR-Aufnahmepolitik

Während die Zuwanderung in die Bundesrepublik seit Mitte der fünfziger Jahre allgemein positiv bewertet wurde und die Länder „von 1958 an förmlich um die Zuweisung von Zuwanderern [d.h. von Arbeitskräften] kämpften“30, kam es in der DDR im März 1957 zu einem Wendepunkt der Politik gegenüber den West-Ost- Wanderern. Die „Republikfluchtkommission“ des ZK der SED entschied die aufnahmepolitische Kehrtwende. Die „Bevorzugung“ der Übersiedler, die die Gewährung von Sonderkrediten und bevorzugte Wohnungsvergabe betraf, wurde abgeschafft.31 Außerdem wurde eine Sperr- und Hinweiskarteiüber die Personen eingerichtet, deren Einreise in die DDR nicht erwünscht war. Für Rückkehrer galten dabei generell weniger restriktive Rückschleusungskriterien. Abgerundet wurden die Maßnahmen mit der definitiven Kriminalisierung der „Republikflucht“ durch das Passgesetz vom 11.12.1957, das jeden Bürger, der die DDR illegal verließ, der strafrechtlichen Verfolgung aussetzte.

Ursache dieser politischen Trendwende war zum Einen das „Unverständnis“ und die „Unzufriedenheit“ in der Bevölkerung,32 die in hohem Maße Vorbehalte gegen die Zuwanderer hatte. Die Stimmung war geprägt von einer völligen Geringschätzung der West-Ost-Wanderer, sei es aus Sozialneid, weil diese im Gegensatz zu derübrigen Bevölkerung tatsächlich oder scheinbar sofort eine Wohnung bekamen,33 sei es aus Frustrationüber die Verhältnisse, die sich darin entlud, die Neuankömmlinge zu Sündenböcken zu machen. „Man sagt uns, entweder Ihr seid Idioten (daß ihr hierher gekommen seid) oder Ihr habt etwas verbrochen“, berichteten West-Ost-Wanderer.34 Auch in den Betrieben verfestigte sich die Meinung, dass „alles, was von drüben kommt, nichts taugt”.35 Die westdeutsche Zeitschrift SBZ-Archiv zitierte süffisant die ostdeutsche Berliner Zeitung: „Die Werktätigen der DDR haben gar keine Neigung, den Rückkehrern um den Hals zu fallen, und viele Wahlversammlungen bestätigen das jetzt immer wieder”.36

Zum Anderen errechnete die Volkspolizei, dass die Kriminalitätsrate der West- Ost-Migranten etwa dreimal so hoch (0,487%) wie der entsprechende Wert der Gesamtbevölkerung (0,154%) war.37 Dazu kam, dass fast ein Viertel der West- Ost-Migranten vorbestraft war, wobei von diesen 25% jeder Dritte bereits vorbestraft in die DDR kam.38 Bedacht werden muss bei dieser Einschätzung durch die Volkspolizei allerdings, dass die West-Ost-Migranten besonderer Kontrolle unterlagen und folglich ihr abweichendes Verhalten häufiger registriert wurde. Für die von ihnen begangenen Delikte kamen außerdem oft nur sie in Frage („Passgesetz“, „Abwerbung“, „Spionage und Sammlung von Nachrichten“).39 Die großen Integrationsschwierigkeiten aufgrund der Stigmatisierung durch die eingesessene Bevölkerung und der Tatsache, dass sich die West-Ost-Wanderer genauso wenig wie die in der DDR als Umsiedler bezeichneten Vertriebenen in Interessengruppen organisieren durften, trugen ebenfalls zu der hohen Kriminalitätsrate bei.

Folge der nun restriktiven Politik gegenüber den Zuwanderern war eine Steigerung der Rückschleusungsqote von 3% 1956über 12,5% 1957 auf schließlich sogar 40,5% im dritten Quartal 1958.40 Damit war zwar gelungen, die hohe Zahl „asozialer und krimineller Elemente“ unter den Zuwanderern zu reduzieren.41 Doch stellte eine derartige Abschottungspolitik die aus dem Zuzug - unter anderem durch westliche Zeitungsberichte42 über das Phänomen der West- Ost-Wanderung - auf deutsch-deutschem und internationalem politischen Parkett gewonnene Legitimität massiv in Frage.

Erneute Kehrtwende 1959

Aus diesem Grund und weil durch den Verlust von Arbeitskräften, insbesondere von Facharbeitern, ein günstigeres Wanderungssaldo zwischen Ost- und Westwanderung erzielt werden sollte, wurde unter dem Titel „Zur Verbesserung der Aufnahme und schnelleren Eingliederung von Rückkehrern und Erstzuziehenden aus Westdeutschland und Berlin“ beschlossen, die Aufnahmepolitik durch die Einsetzung einer Kommission zu zentralisieren.43 Die restriktiven Aufnahmebedingungen des Jahres 1957 wurden zu großen Teilen revidiert, das Passgesetz in Bezug auf die strafrechtliche Verfolgung der Republikflucht gemildert und dies via Presse auchöffentlich kundgetan. Kernstück der erneuten Kehrtwende in der Aufnahmepolitik war die Entscheidung, von nun an alle Personen, dieüber die Aufnahmestellen in die DDR kamen, in ein Aufnahmeheim einzuweisen. Dadurch sollte die Aufnahme „in der Praxis großzügig gehandhabt werden, ohne die Sicherheit der DDR zu mißachten”.44 Tatsächlich wurde die Rückschleusungsquote von 21,9% im Jahr 1958 auf 10,9% 1959 gesenkt.45

Die Zahl der Übersiedler stieg nach einem Rückgang auf ca. 54.000 im Jahr 1958 auf 63.000 im Jahr 1959. Durch den gleichzeitigen Rückgang der Zahl der „Republikflüchtigen“ auf 143.000 im Jahr 1959, dem niedrigsten Jahresstand vor dem Mauerbau, wurde also ein (relatives) Saldo von ca. 1: 2,5 erreicht. Dieses „Rekordtief“ löste, wie noch zu zeigen sein wird, innerhalb der bundesdeutschen Ministerialbürokratie einige Aufregung aus.

Hinzu kam die innenpolitische Situation der DDR. Der dritte Parteitag der SED im Mai 1958 brachte die Abschaffung der Lebensmittelkarten und damit zwar leichte Preissteigerungen, aber auch die Erhöhung des Durchschnittslohns für Arbeiter und Angestellte um 7% und eine insgesamt erhebliche Verbesserung der Versorgungslage.46 Auf dem V. Parteitag der SED wurde im selben Jahr die Einholung und Überholung der Bundesrepublik beim Pro-Kopf-Verbrauch bis Ende 1961 zur „ökonomischen Hauptaufgabe“ gemacht.47 Durch die „konsumfreundlichere Wirtschaftspolitik“ konnte eine „gewisse Stabilisierung“ und Konsolidierung erreicht werden.48

Ende der Hoffnungen auf ein ausgeglichenes Wanderungssaldo

Die internationale bzw. deutschlandpolitische Entwicklung machte dann aber alle Träume der SED-Oberen auf ein ausgeglichenes Wanderungssaldo zunichte. Mit der Zuspitzung der Berlinkrise, die verschärfte Spannungen zwischen den USA und der Sowjetunion um den Status Berlins brachte, erhöhten sich nicht nur die Zahlen der „Republikflüchtigen”. Auch diejenigen West-Ost-Wanderer, die dem „Arbeiter-und Bauernstaat“ wieder den Rücken kehrten, wurden immer mehr. 1959 und 1960 gingen fast ein Viertel aller West-Ost-Migranten zurück in die Bundesrepublik, 1961 stieg der Anteil auf beinahe die Hälfte an.49 Die Gründe für die Abwanderungswelle zu diesem Zeitpunkt waren vielfältig. Dazu zählten u.a. die Berlinkrise, die fehlende Akzeptanz in der Bevölkerung und der Abschluss der Zwangskollektivierungen im Frühjahr 1960.

Insgesamt waren bis zum 30.6.1961 nur 59,3% aller seit Anfang 1954 aus der Bundesrepublik Gekommenen in der DDR geblieben, von den Erstzuziehenden sogar nur 46,1%. Die Rückkehrer blieben zu knapp 65% in der DDR.50 Auch die Kriminalitätsrate der West-Ost-Migranten erreichte „neue Rekordwerte”.51 Die für das SED-Regime letztendlich ernüchternden Fakten führten dazu, dass sich laut einer für das Kollegium der Volkspolizei erstellten Analyse zur „Bevölkerungsbewegung“ „die aufnahmepolitischen Entscheidungsträger mit dem Rückgang der `Westzugänge` abgefunden hatten”.52

Zwar wurde nach außen, d.h. in der Propaganda- und Agitationsarbeit, die WestOst-Migration weiterhin positiv bewertet, doch informierte das ZK in einem Rundschreiben die 1. Sekretäre der Bezirks- und Kreisleitungen, dass es nicht „zweckmäßig“ sei, die „Rückkehr ehemaliger Bürger der Deutschen Demokratischen Republik aus der Westzone sowie die Übersiedlung von Bürgern der Westzone in die DDR zu forcieren”.53

Jugendliche

Ausnahmen davon sollten nach wie vor Jugendliche bilden, die der Ableistung der Wehrpflicht in der Bundesrepublik entgehen wollten. Die „Wehrflüchtigen“ spielten seit Einführung der BRD-Wehrpflicht eine große Rolle in der Agitations- und Propagandaarbeit der DDR. „Junge Arbeiter, junge Bauern, junge Hochschüler und Studenten, wenn ihr den Frieden wollt und ein einiges Deutschland, dann laßt euch nicht von den Hitlergeneralen mißbrauchen! Wer will, kann in die DDR kommen, um hier der friedlichen Arbeit nachzugehen. In der Deutschen Demokratischen Republik sind die Rechte der Jugend verwirklicht; die Deutsche Demokratische Republik ist die Heimat der friedliebenden Jugend!“ rief der erste Sekretär der SED und stellvertretende Ministerpräsident Walter Ulbricht den westdeutschen Jugendlichen am 5. Juli 1956 zu.54 Wenige Tage später verfasste die Regierung der DDR und der Nationalrat der Nationalen Front eine Erklärung, in der „die durch die allgemeine Wehrpflicht unmittelbar bedrohte Jugend Westdeutschlands“ aufgefordert wird, „sich der Bonner Militärdiktatur zu entziehen”. Explizit wurden auch republikflüchtige Jugendliche angesprochen.55

Die nicht unbedeutende Rückwanderung junger Männer in die DDR (über 40% aller West-Ost-Wanderer waren zwischen 18 und 25 Jahren alt) veranlasste die Bundesregierung zu zahlreichen Maßnahmen zur besseren Eingliederung jugendlicher DDR-Flüchtlinge. Immer wieder war das Thema Gegenstand von Erörterungen in Ausschusssitzungen, behördenübergreifenden Überlegungen und Bundestagssitzungen.

So wurde versucht, eine zentrale Arbeitsvermittlung für die Jugendlichen zu installieren und ein eigenes Referat für die Betreuung jugendlicher Zuwanderer im Bundesvertriebenenministerium eingerichtet.56 Auch wurde appelliert, die Jugendlichen nicht nur als billige Arbeitskräfte anzusehen.57 1956 wurde die Förderung noch einmal intensiviert.58 Noch 1958 stellte der Vositzende der SPD- Fraktion im Bundestag, Herbert Wehner, in der Begründung der Großen Anfrage aller Fraktionen zur „Lage der Bevölkerung Mitteldeutschlands“ fest, dass man „drüben offiziell und in Presseverlautbarungen höhnisch darauf hin[weist], daß zum Beispiel Jugendliche nach ihrer Flucht hin- und hergerissen werden zwischen den Teilen Deutschlands und daß manche von ihnen in der Fremdenlegion landen”.59

Zusammenfassung

Festzustellen ist, dass das politische Handeln der DDR gegenüber der West-Ost- Wanderung „einem Zick-Zack-Kurs folgte, der sich in der Ambivalenz zwischen arbeitskräfte- und sicherheitspolitischen sowie legitimatorischen Interessen bewegte”.60 Im Vordergrund stand dabei auf der einen Seite die Instrumentalisierung der Ostwanderung zum Zweck der Legitimierung des Kurses der SED in Form von propagandistischer Aufbereitung. Auf der anderen Seite trieb das SED-Regime die ständige Angst vor der Einschleusung von Spionen und Agenten durch die Bundesrepublik um.61

Der erwünschte Ausgleich der für die DDR ungünstigen Wanderungsbilanz konnte nicht erzielt werden. Lediglich 1959 wurde ein annähernd akzeptables Verhältnis von einem Zuwanderer zu weniger als zweieinhalb „Republikflüchtigen“ erzielt. Insgesamt war ein Saldo von etwa 1:5,5 zu verzeichnen: Auf gut 500.000 West-Ost-Wanderer kamen knapp 2,7 Millionen DDR-Flüchtlinge, wobei der hohe Anteil der Intelligenz und Facharbeiter bei den „Republikflüchtigen“ nie ausgeglichen werden konnte und deshalb besonders einschneidend war.62

3. „Die schärfste Waffe der Partei“: Das Pressewesen in der

3.1 Die Presse in der marxistisch-leninistischen Ideologie

„Welch ein Unsinn! Lernen wir in der Schule erst falsch rechnen, um dann richtig zu rechnen? Schlucken wir Gift, um auszuprobieren, ob Arzt oder Apotheker wirklich recht haben? Wir müssen endlich begreifen, aus welchem Interesse diese oder jene Rundfunk- und Fernsehstation diese oder jene Nachricht bringt oder nicht bringt. Die Wahrheit ist erkennbar.63 Sie kann nur von einem vertreten werden, nämlich von dem, der den Frieden will. Was er sagt, ist wahr und richtig; was die anderen sagen, ist unwahr und falsch”.64 Diese Entgegnung des DDR- Fernsehkommentators Karl Eduard von Schnitzler auf das Argument, man müsse beide Seiten hören, um sich eine Meinung bilden zu können, beschreibt prägnant die Auffassung der marxistisch-leninistischen Pressetheorie, in der es eben „nur eine einheitlicheöffentliche Meinung geben kann”.65

„Der den Frieden will“, damit war natürlich der eigene Staat gemeint. Nach marxistischer Lehre stellt der Sieg des Proletariatsüber die Bourgeoisie eine geschichtlich objektive Zwangsläufigkeit dar. Deshalb „ist Parteilichkeit im Interesse des Proletariats nicht nur notwendig, sondern auch objektiv. Parteilicher Journalismus im Interesse des Proletariats ist somit objektiver Journalismus”.66 Die in der DDR „bis zuletzt maßgeblich“67 gebliebene Leninsche Interpretation der Presse neuen Typs besagt, dass die „Parteipresse keine anderen Ziele kennt als die Ziele der Partei“68. Weil Pressefreiheit unter den Bedingungen der Bourgeoisie „Fiktion“ sei, da sie letztlich nur „die Freiheit der Ausnutzung des Reichtums zur Fabrikation und Verfälschung der sogenanntenöffentlichen Meinung“ bedeute,69 muss „die Pressefreiheit im sozialistischen Staat deshalb auch garantieren, dass Ausbeuter und Volksfeinde von der Presse ferngehalten werden”.70 Es gibt in der marxistisch-leninistischen Pressetheorie nur die Alternative zwischen dem „unwissenschaftlichen, reaktionären Standpunkt der Bourgeoisie“ und dem „wissenschaftlich exakten Standpunkt des Marxismus- Leninismus”.71 Es versteht sich nach den vorhergehenden Ausführungen von selbst, dass Anspruch auf wissenschaftliche Objektivität in der Presse nur die Aussagen erheben können - und deshalb zugelassen sind - die dem Standpunkt des Marxismus-Leninismus entsprechen. Die gesamte Presse kann demnach nichts anderes sein als „ein von der Partei gehandhabtes Instrument der Führung der gesamten Gesellschaft”.72

Die sozialistische Presse ist also für die Partei „weitesttragende ideologische Waffe“, durch die sie „täglich, stündlich zur Arbeiterklasse in ihrer eigenen, vertrauten Sprache“ spricht.73 Da in der DDR Partei und Staat praktisch zusammenfielen, konnte die Presse tatsächlich als ein „Organ des Staates“ betrachtet werden.74

Konkret kommen der Zeitung gemäß Leninscher Interpretation drei Funktionen zu: Sie ist „kollektiver Propagandist, kollektiver Agitator und kollektiver Organisator”.75

Während der Ausdruck Propaganda in westlichen Ländern einen negativen Klang hat, galten Agitation und Propaganda in der DDR „als Begriffe zur positiven Selbstbeschreibung der partei-staatlichen Kommunikationspraxis”.76 Ursprünglich bedeutete Propaganda in der kommunistischen Ideologie die theoretische Schulung einiger weniger Kader, damit diese „die großen Ideen des Marxismus- Leninismus in das Bewußtsein der Massen tragen können”.77 Seit Mitte der fünfziger Jahre und explizit 1959 forderte die SED jedoch, „die Enge der Parteipropaganda zuüberwinden und eine breite und interessante Massenpropaganda zu entwickeln”.78

In der Kurzfassung wird Propaganda definiert als „die Aneignung und Verbreitung der Grundsätze und Lehren des Marxismus-Leninismus“,79 während man unter Agitation „die jeweils aktuelle Aufklärung der Bevölkerung“80 versteht. Für beide Funktionen ist die Zeitung aufgrund ihrer weiten Verbreitung, ihres täglichen Erscheinens und ihrer Aktualität prädestiniert. Dabei soll die Agitation in der Zeitung dazu dienen, „zu jedem Ereignis sofort die richtige Argumentation [zu] geben”.81 Die Propagandaarbeit setzt sich dagegen zum Ziel, durch die Zeitung „jedem Arbeiter, jedem Kolchosbauern und Geistesschaffendem“82 „umfassende wissenschaftliche Kenntnisseüber das gesamte politische Geschehen zu vermitteln”.83

In der Praxis waren die Übergänge natürlich fließend und keine solch eindeutigen Zuordnungen möglich. Als „kollektiver Organisator“ ist „Ziel der sozialistischen Presse, das revolutionäre Wort zur revolutionären Tat werden zu lassen”.84

Ein weiteres Grundprinzip der Presse neuen Typs ist die Methode der Kritik und Selbstkritik. Dabei ist nach Albert Norden85 zu beachten, dass Kritik „stets die Partei zu stärken und alles zu vermeiden“ habe, „was sie schwächen“ könnte.86 In diesem Sinne bedeutet Selbstkritik keine grundsätzlich kritische Sichtweise der (eigenen) Politik, sondern stets nur Kritik an der Umsetzung derselben. Als Ziel habe zu gelten, eine optimale Verwirklichung der politischen Vorgaben zu erreichen. Entscheidend sei, so der Leiter der Abteilung Agitation und Propaganda beim ZK der SED, Horst Sindermann, im Jahr 1957, dass „die Diskussion in der Öffentlichkeit so geführt werden“ müsse, „dass dem Klassenfeind kein Nutzen daraus entstehen kann”.87

Die marxistisch-leninistische Pressetheorie widerspricht nahezu allen Vorstellungen einer pluralistischen Meinungsbildung. In der DDR ging es gerade nicht darum „die Voraussetzung für die Partizipation des einzelnen Bürgers am Willensbildungsprozeß“ zu schaffen.88 Im Gegenteil wollte die DDR-Presse ex definitione eben nicht die Artikulation verschiedener Standpunkte und Meinungen, sondern einzig und allein die Zustimmung der Massen zur Politik der Einheitspartei SED erreichen. Sowohl die SED-Zeitungen als auch die von den „bürgerlichen“ Parteien herausgegebenen Blätter mussten alle Beiträge auf ihre Nützlichkeit für die Ziele der Parteiüberprüfen.

Die DDR-Presse erhob nie den Anspruch auf pluralistische, breit gefächerte Information der Leser. Das hieß aber keineswegs, dass sie selbst sich nicht der Wahrheit verpflichtet fühlte. Sie war vielmehr davonüberzeugt, gerade durch die Propagierung des Marxismus-Leninismus, das heißt durch die „wissenschaftliche Aufklärung der Bürgerüber die Verfaßtheit von Welt und Gesellschaft“89, wahr zu sein und der Wahrheit zu dienen.

Seitens der DDR-Führung wurde aus dem beschriebenen Charakter der DDR- Zeitungen kein Hehl gemacht. Bereits am 15. März 1950 hieß es in einer Entschließung der Zentralen Konferenz der Parteipresse, bestätigt vom Parteivorstand der SED: „Die Rolle der sozialistischen Presse als `der schärfsten Waffe der Partei` (Lenin) wird in der Partei unterschätzt [...]. Die Unterschätzung unserer Presse als der `schärfsten Waffe der Partei` verzögert die Verbreiterung und Vertiefung des sichtbar werdenden Umschwungs in der Massenstimmung [...]. Die Sekretariate der Kreis- und Landesvorstände unserer Partei müssen die Redaktionen als ein operatives Organ der Parteileitung einschätzen, anleiten und kontrollieren”.90

3.2 Lenkung und Kontrolle der Zeitungen in der

Das staatlich gelenkte System der Anleitung der Tageszeitungen in der DDR ließ den Zeitungen so gut wie keinen Raum zur Entfaltung. Das Pressewesen war gleichgeschaltet. Auch die „bürgerlichen“ Zeitungen unterschieden sich nicht in der propagandistischen Zielsetzung, sondern allenfalls in der Art der Agitation, „die in Jargon und Assoziationen der bürgerlichen Interessenlage und Gedankenwelt Rechnung tragen“ sollte.91

Bis Ende der fünfziger Jahre gab es in der DDR 17 SED-Blätter mit einer Gesamtauflage vonüber 4 Millionen und 19 Zeitungen der Blockparteien mit insgesamt 800.000 Exemplaren. Dazu kamen die Zeitungen der Massenorganisationen FDJ (Junge Welt, Auflage: 300.000) und FDGB (Tribüne, Auflage: 250.000).92

Die Struktur der Zeitungslandschaft war mit seinem System der parteieigenen Presseerzeugnisse bis 1952 abgeschlossen.93 Auch das System der Anleitung und Kontrolle entstand bis 1952/53. Fünf Institutionen waren dabei maßgeblich: Das Presseamt beim Ministerpräsidenten der DDR, die Abteilung Agitation und Propaganda beim Zentralkomitee der SED,94 die Nachrichtenagentur ADN, das Verlagshaus VOB Zentrag und die Post als die für den Pressevertrieb zuständige Einrichtung.

Zentrale Lenkungsinstanz für die SED-Zeitungen war die Abteilung Agitprop beim ZK. In mehrmals wöchentlich stattfindenden Konferenzen („Donnerstags- Argus“) erhielten die anwesenden Chefredakteure des Neuen Deutschland (ND), der Berliner Zeitung (BZ), der Tribüne, der Jungen Welt sowie Vertreter des ADN Anweisungen für Themenschwerpunkte und Sprachregelungen.95 Außerdem gab die Abteilung Agitprop Rahmenanweisungen, nach denen die Redaktionen Quartalspläne erstellen mussten. Diese mussten von der Abteilung für Agitation und Propaganda genauso genehmigt werden wie die anschließenden obligatorischen Monatspläne der Redaktionen. Erst nach deren Genehmigung mussten Wochenpläne erstellt werden, die jedoch durch tagesaktuelle Anweisungen nochmals umgestellt werden konnten.96

Die Anweisung der Zeitungen der Blockparteien erfolgteüber den Umweg des Presseamtes beim Ministerpräsidenten. Das Presseamt nahm ebenfalls an den Konferenzen der Abteilung Agitprop teil und unterrichtete anschließend die Chefredakteure der Zentralorgane der Blockparteizeitungenüber die zu befolgenden Anordnungen.97 Dabei kam es, wie der 1961 in die BRD geflohene stellvertretende Chefredakteur des LDPD-Organs Sächsisches Tageblatt, Zeis, berichtete, mitunter sogar zu „exakten Anweisungenüber die Art und Form der Veröffentlichung und insbesondereüber die Placierung der einzelnen Nachrichten”.98

Ebenso wie das Presseamt diente die staatliche Nachrichtenagentur ADN „in erster Linie als Transmissionsriemen für die Informationspolitik der SED-Führung zur Durchsetzung Ihres Meinungsmonopols”.99 ADN informierte, wie es im eigenen Statut hieß, „Presse, Rundfunk und Fernsehen in der DDR aktuell und parteilich”.100 Die Agentur unterlag direkt den Weisungen des Ministerpräsidenten der DDR. Diese wurden meistens vom Presseamt beim Ministerpräsidenten ausgegeben. Das Presseamt genehmigte auch die von ADN aufgestellten Quartalspläne.

In der zentralen Druckereigesellschaft Zentrag, einem Zusammenschluss von rund 90 Druckereien, Papierfabriken und Buchhandlungen der SED, mussten sämtliche in der DDR erzeugten Zeitungen gedruckt werden. Da der Wirtschaftsplan des SED-Betriebs vom ZK der SED genehmigt werden musste, wurde in Form von Papierkontingentierung oder ungünstigen Druckzeiten zusätzlicher Druck auf die Zeitungen der Blockparteien ausgeübt.

Auchüber den Vertrieb konnten die Blockparteiorgane unter Druck gesetzt werden. Die Deutsche Post der DDR besaß als Vertreiber des gesamten Pressevertriebs das Monopol und trat so dem Verlag als Käufer und dem Leser als Verkäufer gegenüber.101

Obwohl durch das skizzierte System Nachzensuren praktischüberflüssig wurden, wurden sie bei den Zeitungen der Blockparteien durch die jeweiligen Pressestellen zusätzlich vorgenommen.102

Die Journalisten sollten nicht mehr sein als „Verkünder der Politik der Partei”.103 Wie bereits erläutert, stand die vorausgesetzte Parteilichkeit jedoch nicht im Widerspruch zur Wahrheitstreue. Auch stellte diese Einseitigkeit innerhalb der marxistisch-leninistischen Logik keine Degradierung des Journalisten dar, „weil die Ziele der Partei, der sich der journalistische Kämpfer mit Leib und Seele verschrieben hat,übereinstimmen mit den gesetzmäßigen historischen Notwendigkeiten”.104

Die erwünschte „personelle Einheit von Partei und Presse“ wurde laut Wörterbuch der sozialistischen Journalistik „vor allem durch die Parteimitgliedschaft der Journalisten gewährleistet”.105 Auch die Redaktionen der Blockzeitungen hatten keine Möglichkeit, sich den Anweisungen des Presseamtes zu widersetzen, „wenn der Chefredakteur nicht Gefahr laufen will, gemaßregelt bzw. amtsenthoben“ zu werden.106

Darüber hinaus sei „die dilettantische Methode, jeder Nachricht einen Kommentar anzuhängen, statt mit der Nachricht zu kommentieren und zuüberzeugen [...] endgültig abzuschaffen“, wie es auf der 3. Pressekonferenz des ZK der SED 1959 hieß.107 Die „Nur-Journalisten-Ideologie“, wonach der Journalist sauber zwischen Nachricht und Meinung zu unterscheiden hätte und die in der „Anfälligkeit mancher Redakteure zum bürgerlichen Sensationsjournalismus, in der Anfälligkeit für die Propaganda des Kosmopolitismus, in der Unkenntnis und Vernachlässigung des Studiums der Beschlüsse der Parteiführung“ zum Ausdruck käme, prangerte Hermann Axen108 bereits auf der ersten ZK-Pressekonferenz am 15. März 1950 an.109

Resultat dieser Gleichschaltung der Presse der DDR war eine eintönige, uniforme Sprache, die selbst der SED-Führung auffiel. Im Juli 1953 konstatierte Rudi Wetzel, Vorsitzender des Verbandes der Deutschen Presse: „Die Werktätigen kritisieren die Schönfärberei unserer Presse, die viel dazu beigetragen hat, das Vertrauen zu ihr zu erschüttern. Sie kritisieren die doktrinäre Sprache, die Presse und Rundfunk häufig ungenießbar macht, und sie kritisieren die Uniformität und Langweiligkeit der Presseorgane der DDR, die nur wenig Rücksicht darauf nehmen, was die Leser wollen, sondern davon ausgehen, was sie lesen sollen [...]”.110

[...]


1 Nolte, Ernst: Deutschland und der Kalte Krieg. Zweite, neu bearbeitete Auflage, Stuttgart 1985.

2 Richert, Ernst: Das zweite Deutschland. Ein Staat, der nicht sein darf, 2. Auflage, Frankfurt 1966, S. 82.

3 Schildt, Axel: Ankunft im Westen. Ein Essay zur Erfolgsgeschichte der Bundesrepublik, Frankfurt/Main 1999, S. 97.

4 Schmelz, Andrea: Migration und Politik im geteilten Deutschland während des Kalten Krieges. Die West-Ost-Migration in die DDR in den 1950er und 1960er Jahren, Opladen 2002.

5 Schulz, Jürgen Michael: Medien und Propaganda, in: Vorsteher, Dieter (Hrsg.): Parteiauftrag: Ein Neues Deutschland. Bilder, Rituale und Symbole der frühen DDR, München/Berlin 1996, S. 435-450, hier S. 443.

6 Schmelz, S. 19.

7 Müller, Jens: Übersiedler von West nach Ost in den Aufnahmeheimen der DDR am Beispiel Barbys, Magdeburg 2000.

8 Ackermann, Volker: Der „echte“ Flüchtling. Deutsche Vertriebene und Flüchtlinge aus der DDR 1945-1961, Osnabrück 1995, hier S. 224-232.

9 Heidemeyer, Helge: Flucht und Zuwanderung aus der SBZ/DDR 1945/1949-1961. Die Flüchtlingspolitik der Bundesrepublik Deutschland bis zum Bau der Berliner Mauer, Düsseldorf 1994, hier S 192-194.

10 Ebenda, S. 194.

11 Schmelz, S. 37.

12 Auch bei den DDR-Flüchtlingen war der Anteil der unter 25jährigen mit ca. 50%überproportional hoch. Der Anteil der DDR-Bevölkerung an dieser Altersgruppe betrug 1957 36,5%. Vgl. Heidemeyer, S. 48.

13 In der bundesdeutschen Behördensprache waren in die DDR zurückkehrende ehemalige DDR Flüchtlinge „Rückwanderer“, während in die BRD zurückkehrende ehemalige West-Ost-Wanderer als „Rückkehrer“ bezeichnet wurden. Vgl. Niederschriftüber die Ergebnisse der Dienstbesprechung mit den Leitern der Notaufnahmedienststellen am 24. und 25. März 1959 im Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte, in: BA, B 150/5328.

14 Das ZK war höchstes Führungsorgan der SED zwischen den Parteitagen, wobei in der Praxis die Macht beim Sekretariat des ZK, beim Politbüro und beim Generalsekretär der Partei lag. Protokollarisch rangierten ZK-Mitglieder vor den Ministern. Sekretäre des ZK waren Ministern weisungsbefugt.

15 Schmelz, S. 111. Ähnliche Ängste existierten in der Bundesrepublik vor eingeschleusten Ostagenten. In der 15. Kabinettssitzung am 25.10.1949 wurde der Anteil der Kriminellen und Agenten unter den Zuwanderern auf 30% geschätzt. Vgl. Heidemeyer, S. 98.

16 Handschriftliche Mitteilung Dahlem an Rost (undatiert) sowie Anlage: Vorschläge zum Berichtüber die Republikflucht vom 5.9.1952, zitiert nach: Schmelz, S. 86 f.

17 So bezeichnete das Politbüro in seinen Beschlussfassungen das Politikfeld der innerdeutschen Migration, vgl. Schmelz, S. 83.

18 Schmelz, S. 89.

19 Schmelz, S. 97.

20 Schmelz, S. 92.

21 Schmelz, S. 99.

22 Aufnahmeheime gab es in Frankfurt/Oder (nur 1953), Fürstenwalde, Bützow (beide bis 1956), Rudolstadt (1955-1958), Schönebeck (1955-1959), Pritzier (ab 1956), Saasa (ab 1958), Barby (1959), Blankenfelde (beide ab 1959) sowie ein „Intelligenzheim“ in Ferch (1957-1963). Zu den Aufnahmeheimen der DDR vgl. Schmelz, S. 156-174 und S. 215-264 sowie Müller.

23 Vgl. Schmelz, S. 158.

24 Ebenda, S. 255.

25 Das forderte das MdI/Abteilung Innere Angelegenheiten, zitiert nach: Müller, S. 30.

26 Richtlinieüber die Aufgaben und die Arbeitsweise der Aufnahmeheime des Ministeriums des Innern vom 21.1.1958, zitiert nach: Müller, S. 14.

27 Schreiben Maron an Wollweber vom 7.12.1953, zitiert nach: Schmelz, S. 110.

28 Instruktion des Chefs der Deutschen Volkspolizei Nr. 1 zur Dienstanweisung Nr. 24/53 des Chefs der Deutschen Volkspolizei (DVP) vom 29.1.1954, zitiert nach: Schmelz, S. 112 f.

29 In der 21. Kabinettssitzung vom 11.11.1949, zitiert nach: Heidemeyer, S. 98.

30 Heidemeyer, S. 187.

31 Vgl. Schmelz, S. 162-165.

32 So begründete Karl Maron, bis 1955 stellvertretender und ab 1955 Minister des Innern, die Maßnahmen in der Beschlussvorlage für das Politbüro, zitiert nach: Schmelz, S. 163.

33 Schmelz, S. 292.

34 Berichtüber die Konferenzen mit Zuwanderern und Rückkehrern, zitiert nach: Schmelz, S. 296.

35 Berichtüber eingewiesene Rückkehrer/Zuziehende in der Zeit vom 1.1.1960-31.10.1960, zitiert nach: Schmelz, S. 297.

36 Der „Flüchtlingsstrom aus den Westzonen“, in: SBZ-Archiv, 9. Jahrgang, Nr. 23, 10.12.1958, S. 361 f., hier S. 361.

37 Leiter U-Abteilung, Weidlich, an Leiter HVDVP, Dombrowsky, vom 19.11.1957, zitiert nach: Schmelz, S. 140.

38 Vgl. Schmelz, S. 143.

39 Vgl. ebenda, S. 145.

40 Vgl. ebenda, S. 165 f.

41 Bericht der HVDVPüber den Ost-West-Reiseverkehr und die Republikflucht 1957 (undatiert, Anfang 1958), zitiert nach: Schmelz, S. 165.

42 Als Beispiele seien genannt: „Enttäuschte Glückssucher. Warum wandern viele Jugendliche in die Sowjetzone zurück?“, in: Rheinischer Merkur, Nr. 17, 22.4.55; „Warum gehen sie wieder zurück? Fünfzehn von hundert jungen Sowjetzonenflüchtlingen resignieren - Bekenntnisse in Briefen“, in: Die Welt, 3.5.55; „Sie finden keinen Anschluß. Plötzlich alleine in der Großstadt“, in: Die Welt, 12.5.55.

43 Schmelz, S. 176.

44 Protokoll der Sitzung des ZK am 29.4.1959, zitiert nach: Schmelz, S. 177.

45 Vgl. Schmelz, S. 178.

46 Vgl. Staritz, Dieter: Geschichte der DDR 1949-1985, Frankfurt/ Main 1985, S. 120.

47 Vgl. ebenda, S. 123.

48 Weber, Hermann: Geschichte der DDR, 3. Auflage, München 1989, S. 297.

49 Schmelz, S. 304.

50 Ebenda, S. 306.

51 Ebenda, S. 181.

52 Protokoll der Cheftagung der HVDVP vom 25.5.1961, zitiert nach: Schmelz, S. 187.

53 Rundschreiben vom 3.2.1960, zitiert nach: Schmelz, S. 181.

54 Berichtüber eine Rede des 1. Sekretärs des ZK der SED, Walter Ulbricht, anlässlich des Internationalen Sommerlagers der Jugend der Ostseeländer am 5.7.1956, in: Dokumente zur Deutschlandpolitik, herausgegeben vom Bundesministerium für Gesamtdeutsche Fragen, III. Reihe/Band 2, 1. Januar bis 31. Dezember 1956, Bonn/Berlin 1963, S. 570.

55 Abgedruckt in: Ebenda, S. 585.

56 Vgl. Heidemeyer, S. 282.

57 So z.B. Staatssekretär Nahm (BMVt) in der Sendung „Zehn Minuten Politik“ des NWDR am 17.3.1955, abgedruckt unter dem Titel „Wanderung zwischen Ost und West“, in: Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung (zukünftig Bulletin), 25.3.1955, Nr. 58, S. 479: „Es fehlt vielen in der relativen Sicherheit unserer wirtschaftlichen Existenz das Verständnis, daß aus unserem besseren Los auch Verpflichtungen abgeleitet werden gegenüber jenen, die mehr tragen müssen als wir, die in uns den Bruder sehen, aber nur einen unversöhnlichen Arbeitgeber finden, wenn sie zu uns kommen”.

58 Vgl. Heidemeyer, S. 283. Zur bundesdeutschen Politik gegenüber den jugendlichen DDRFlüchtlingen vgl. Hoffmann, Frank: Junge Zuwanderer in Westdeutschland. Struktur, Aufnahme und Integration jugendlicher Flüchtlinge aus der SBZ und der DDR in Westdeutschland (1945- 1961), Frankfurt/Main u.a. 1999.

59 Am 1.10.1958 im Deutschen Bundestag, abgedruckt in: Dokumente, III. Reihe/Band 4, 1. Januar bis 9. November 1958, Bonn/Berlin 1969, S. 1702.

60 Schmelz, S. 315.

61 Zur Rolle der DDR-Sicherheitsorgane bei der Beobachtung und Überprüfung der Übersiedler vgl. auch Müller, S. 34-99.

62 Zu den genauen Zahlen der aus der DDR geflüchteten Intelligenz vgl. Kleßmann, Christoph: Zwei Staaten, eine Nation. Deutsche Geschichte 1955-1970, 2.,überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1997, S. 321.

63 Stalin, Josef W.: Werke, Band 5, Berlin 1952, S. 179, zitiert nach: Herrmann, E.M.: Zur Theorie und Praxis der Presse in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. Berichte und Dokumente, Berlin 1963, S. 21. Auch die SED-Führung griff immer wieder auf die Wendung zurück, so z. B. Politbüromitglied Fred Oelßner in seinem vor dem 16. Plenum des ZK der SED gehaltenem Referat „Über Verbesserung der Arbeit von Presse und Rundfunk: „[...] es gilt, die Rolle der Presse als der stärksten und schärfsten Waffe der Partei zu erhöhen”. Zitiert nach: „Die Presse im Zeichen des Neuen Kurses“, in: SBZ-Archiv, 5. Jahrgang, Nr. 7, 5.4.1954, S. 100.

64 Zur Situation in der Sowjetzone nach dem 13. August 1961. Berichte und Dokumente. Hrsg. vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, S. 46, zitiert nach: Nolte, S. 340. Schnitzler, ehemaliger Kommentator des Nordwestdeutschen Rundfunks (NWDR), war selbst prominenter Übersiedler aus der Bundesrepublik in die DDR.

65 Geschichte der deutschen Presse: Lehrbrief 1, hrsg. von der Fakultät für Journalistik, Leipzig 1955, S. 25, zitiert nach: Hermann, S. 24.

66 Reck, Roland: Wasserträger des Regimes. Rolle und Selbstverständnis von DDR-Journalisten vor und nach der Wende 1989/90, Münster 1996, S. 48.

67 Gibas, Monika: Agitation und Propaganda: Zur Theorie und Praxisöffentlicher Kommunikation in der DDR, in: Liebert, Tobias (Hrsg.): Public Relations in der DDR. Befunde und Positionen zu Öffentlichkeitsarbeit und Propaganda, Leipzig 1998, S. 60-66, hier S. 64.

68 Die maßgebliche Wendung Lenins in Bezug auf die Pressearbeit von 1905 zitiert nach: Mueller, Ernst F. und Greiner, Peter: Mauerbau und „Neues Deutschland”. Die Vorgeschichte des Baus der Berliner Mauer in der Parteipresse der Deutschen Demokratischen Republik, Bielefeld 1969, 52.

69 „Die Bourgeoisie“, in: Große Sowjet-Enzyklopädie, Reihe Marxismus-Leninismus 10, Berlin 1956, S. 32 f., zitiert nach: Hermann, S. 26. Nach dieser Interpretation gab es in der Bundesrepublik keine Pressefreiheit.

70 Geschichte der Presse, Lehrbrief 1, S. 29, zitiert nach: Herrmann, S. 27.

71 Theorie und Praxis der Pressearbeit, Lehrbrief 1: Die Grundprinzipien und Merkmale der Presse neuen Typs, hrsg. von der Fakultät für Journalistik, Leipzig 1956, S. 28, zitiert nach: Herrmann, 43.

72 Halbach, Heinz: Zur Spezifik des sozialistischen Journalismus, Leipzig 1979, S. 92, zitiert nach: Mosebach, Bernd: Alles bewältigt? Ehemalige Journalisten der DDR arbeiten ihre Vergangenheit auf, Frankfurt/Main 1996, S. 29.

73 Stalin: Werke, zitiert nach: Herrmann, S. 21.

74 Mueller/Greiner, S. 52.

75 Beschluss des SED-Politbüros vom 29. April 1959: „Als kollektiver Agitator, Propagandist und Organisator hat jedes Publikationsorgan nicht nur das Denken zu beeinflussen und zu verändern, sondern gleichermaßen Aktion auf allen Gebieten der sozialistischen Umwälzung auszulösen und zu organisieren”. Zitiert nach: Ebenda, S. 52. Die Lehre von der Presse neuen Typs mit eben dieser Formulierung stammt von Lenin. Vgl. Lenin, Josef W.: Was tun? 5. Auflage, Berlin 1954, S. 17.

76 Gibas, S. 60.

77 Eine Formulierung Slepows, zitiert nach: Herrmann, S. 31.

78 Protokoll des V. Parteitages der SED, Band I, Berlin 1959, S. 156, zitiert nach: Herrmann, S. 151.

79 Schörnig, Fritz: Was ist Agitation - Was ist Propaganda? , in: Einheit, Nr. 10, 1951, S. 670, zitiert nach: Herrmann, S. 32.

80 Krausz, Georg: Propaganda und Agitation, in: Neue Deutsche Presse, Nr. 5/6, 1952, S. 11, zitiert nach: Herrmann, S. 33.

81 Theorie und Praxis der Pressearbeit, S. 16, zitiert nach: Herrmann, S. 33

82 Beschluss des Zentralkomitees der KPdSU vom 9.1.1960, zitiert nach: Herrmann, S. 31.

83 Theorie und Praxis der Pressearbeit, S. 14 f., zitiert nach: Herrmann, S. 32. Bei Bentele heißt es vereinfacht: „Plechanow und Lenin verstehen unter Propaganda die Vermittlung vieler Ideen an wenige Personen, unter Agitation die Vermittlung weniger Ideen an viele Personen”. Bentele, Günter: Verständnisse und Funktionen von Öffentlichkeitsarbeit und Propaganda in der DDR, in: Liebert, S. 48-59, hier S. 53.

84 Ebenda, S. 21, zitiert nach: Herrmann, S. 36.

85 Norden war von 1949 bis 1952 Leiter der „Presseabteilung des Amtes für Information beim Ministerpräsidenten”. 1954 bis 1955 wirkte er in der Funktion eines Staatssekretärs bei dem am 7. Januar 1954 gegründeten „Ausschuß für deutsche Einheit”. Anschließend war er bis zu seinem Tod 1985 Sekretär des ZK der SED.

86 Norden, Albert: Für eine kämpferische und parteiliche Satire, in: Neuer Weg, Nr. 1, 1957, S. 11, zitiert nach: Herrmann, S. 48.

87 Sindermann, Horst: Objektivität und Aktualität der sozialistischen Presse, in: Einheit, Nr. 1, 1957, zitiert nach: Herrmann, S. 48.

88 So charakterisiert Mosebach das Mediensystem der BRD, vgl. Mosebach, S. 47.

89 Gibas, S. 62.

90 Zitiert nach: Herrmann, S. 79 f.

91 Dasöffentliche Informationswesen der Sowjetzone Deutschlands. Zusammengestellt und verfasst im Auftrag der Harvard-Universität von Herbert W. Kundler, Ulrich Heinemann Rufer, Christamaria Selle, Oktober 1955, in: BA, B 145/1571.

92 Vgl. Schulz, S. 437.

93 Seit der Verwaltungsreform vom 23.7.1952 gab die SED das Neue Deutschland sowie 16 Bezirkszeitungen heraus. Diese Bezirksorgane enthielten entsprechend der neuen Verwaltungsstruktur spezielle Seiten für 206 Kreise. Die sechs Zeitungen von CDU und NDPD und die fünf LDPD-Blätter erschienen nur mit Bezirksausgaben, ohne Kreisseiten. Dadurch mussten sie das lokale Informationsangebot gänzlich der SED-Tagespresseüberlassen. Einzig die Berliner Zeitung (BZ) war während des Untersuchungszeitraums kein Partei- oder Organisationsorgan. Vgl.: Geserick: Rolf: 40 Jahre Presse, Rundfunk und Kommunikationspolitik in der DDR, München 1989, S. 67.

94 Das Presseamt und die Abteilung für Agitation und Propaganda beim ZK der SED wurden mehrfach umbenannt. Sie werden in dieser Arbeit nach ihrer zum Stichtag 13.8.1961 gültigen Bezeichnung benannt. Zum Pressewesen der DDR vgl. u.a. die wohl aktuellste Monographie zum Thema von Holzweißig, Gunter: Die schärfste Waffe der Partei. Eine Mediengeschichte der DDR, Köln u.a. 2002.

95 Vgl. Geserick, S. 48.

96 Vgl. Schulz, S. 444.

97 Vgl. Holzweißig, Gunter: Die Presse als Herrschaftsinstrument der SED, in: Materialien der Enquete-Kommission „Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland” (12. Wahlperiode des deutschen Bundestages), hrsg. vom Deutschen Bundestag, Band II/3, Frankfurt 1995, S. 1698-1722, hier S. 1705.

98 Schreiben Bundesamt für Verfassungsschutz an Bundespresseamt vom 3.5.1961, betr. Presselenkung in der SBZ, hier: Bericht basierend auf den Angaben des kürzlich in die Bundesrepublik geflüchteten stellvertretenden Chefredakteurs des LDPD-Organs Sächsisches Tageblatt (zukünftig Zeis, Presselenkung in der SBZ), in: BA, B 145/1571.

99 Holzweißig, Gunter: Zensur ohne Zensor. Die SED-Informationsdiktatur, Bonn 1997, S. 83. 100 Zitiert nach: Reck, S. 51.

101 Vgl. Geserick, S. 50 f.

102 Vgl. die Angaben von Zeis, in: Zeis, Presselenkung in der SBZ.

103 Norden, Albert: Fünf Ratschläge für die demokratische Presse. Aus der Rede auf der Festveranstaltung zum 10. Jahrestag des Neuen Deutschland am 28.4.1956, zitiert nach: Geserick, S. 55.

104 Budzislawski, Hermann: Sozialistische Journalistik. Eine wissenschaftliche Einführung, Leipzig 1966, S. 17, zitiert nach: Reck, S. 49.

105 Zitiert nach: Mosebach, S. 31.

106 Zeis, Presselenkung in der SBZ.

107 Am 17. und 18. April 1959 in Leipzig, zitiert nach: Herrmann, S. 38.

108 Axen war bis 1953 beim ZK der SED verantwortlich für Massenagitation und Presse.

109 Zitiert nach: Herrmann, S. 80.

110 Zitiert nach: „Die Presse im Zeichen des Neuen Kurses“, in: SBZ-Archiv, 5. Jahrgang, Nr. 7, 5.4.1954, S.99.

Ende der Leseprobe aus 117 Seiten

Details

Titel
Die West-Ost-Wanderung 1949-1961 in der Selbstdarstellung der beiden deutschen Staaten
Hochschule
Westfälische Wilhelms-Universität Münster  (Historisches Seminar)
Note
1,8
Autor
Jahr
2003
Seiten
117
Katalognummer
V19201
ISBN (eBook)
9783638233804
ISBN (Buch)
9783638842242
Dateigröße
3791 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Archivalisch gestützt Mit zahlreichen Tabellen und Abbildungen
Schlagworte
West-Ost-Wanderung, Selbstdarstellung, Staaten
Arbeit zitieren
Niklas Gustke (Autor:in), 2003, Die West-Ost-Wanderung 1949-1961 in der Selbstdarstellung der beiden deutschen Staaten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19201

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Titel: Die West-Ost-Wanderung 1949-1961 in der Selbstdarstellung der beiden deutschen Staaten



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