In diesem Beitrag soll der Frage nachgegangen werden, auf welche gesellschaftlichen Modelle hin die beiden schärfsten Kritiker des DDR-Regimes, die zugleich trotzdem sozialistische Optionen verfolgten, ihre Reformvorstellungen ausrichteten. Wie sollte die DDR nach einem „Berliner Frühling“ aussehen, und welche Schritte wären dahin zu vollziehen gewesen? Insbesondere bei Havemann verzahnt sich die Suche nach einem DDR-Sozialismus mit menschlichem Antlitz sehr eng mit Fragen einer ökologischen Zukunftsgesellschaft. So stellt sich damit automatisch die Frage, was reicht in den Konzeptionen der beiden Kritiker über die DDR hinaus? Welche gesellschaftlichen Systemvorstellungen kommen neu auf? Man wird sehen, daß diese sich mit der Wende von 1989 in der DDR und dann im ganzen Ostblock nicht erledigen, im Gegenteil. Bei Bahro kann auch noch mal reflektiert werden, welche Folgerungen er aus dem Anschluß der DDR zieht. Havemann stirbt bereits einige Jahre vorher. Beide Kritiker bleiben bis ans Lebensende kommunistisch orientiert, Bahro will Kommunismus, Ökologie, spirituelle Weitsicht und seelische Größe zusammenbringen. Beide sehen in der ökologischen Herausforderung die Dominante für Weltveränderung und eine rettende Politik. Bahro betont in den Jahren nach seiner Ausreise aus der DDR ein universelleres Weltverständnis, in dem der kommunistische Zugang nur noch ein Teil einer umfassenderen Sicht ist. Er war in jedem Fall auf der Suche nach einer neuen Legierung des Ganzen.
Herangezogen wurden für diesen Beitrag insbesondere alle veröffentlichten Bücher der Autoren, soweit sie für die Fragestellungen von Belang waren. Sowohl bei Havemann existieren einzelne Zeitungsbeiträge, aber mehr noch bei Bahro gibt es sehr zahlreiche Wortmeldungen in der Presse etc., die hier nicht mit herangezogen werden konnten. Bei Bahro kommt hinzu, daß es über 80 Vorlesungen gibt, die vom Band abgeschrieben worden sind, die jedoch noch in einem Zustand sind, der nicht publikationsfähig ist. Derzeit gibt es auch noch keinen Zugriff darauf.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Für ein demokratisches Staatswesen
- Charakterisierung der spätstalinistischen Systeme
- Die politökonomischen Probleme
- Allgemeine Emanzipation
- Parteiumbau und Sozialismus mit menschlichem Antlitz
- Die deutsche Widervereinigung und zwei verschieden gescheiterte Systeme
- Über die DDR hinaus: Die ökologische Herausforderung
- Schluß
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Beitrag untersucht die Reformvorstellungen von Robert Havemann und Rudolf Bahro, zwei zentralen Kritikern des DDR-Regimes, die gleichzeitig sozialistische Optionen verfolgten. Die Analyse konzentriert sich auf die Frage, wie die DDR nach einem „Berliner Frühling“ gestaltet werden sollte und welche Schritte zur Erreichung dieses Ziels notwendig wären. Die Arbeit beleuchtet insbesondere Havemanns Verzahnung der Suche nach einem sozialistischen Staat mit menschlichem Antlitz mit Fragen einer ökologischen Zukunftsgesellschaft. Darüber hinaus wird untersucht, welche gesellschaftlichen Systemvorstellungen in den Konzeptionen der beiden Kritiker über die DDR hinausreichen.
- Reformvorstellungen für eine „Berliner Frühling“-DDR
- Verknüpfung von sozialistischer Staatsgestaltung und ökologischen Zukunftsvisionen
- Gesellschaftliche Systemvorstellungen jenseits der DDR
- Kritische Auseinandersetzung mit dem westlichen Demokratiemodell
- Die Rolle der ökologischen Herausforderung für die politische Transformation
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung präsentiert die Fragestellung des Beitrags und erläutert die Relevanz der beiden Kritiker Havemann und Bahro. Das zweite Kapitel beleuchtet Havemanns Forderungen nach einem demokratischen Staatswesen in der DDR, einschließlich seiner Vorstellungen zur Wahlprozeduren, Pressefreiheit und politischer Partizipation. Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit Bahros Konzeption einer realen Demokratisierung als Voraussetzung für die ökonomische Emanzipation der Massen und stellt seine Kritik am westlichen Demokratiemodell dar.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Reformvorstellungen von Robert Havemann und Rudolf Bahro, zwei zentralen Kritikern des DDR-Regimes. Zentrale Themen sind der „Berliner Frühling“, sozialistische Optionen, ökologische Zukunftsgesellschaft, Demokratie, Parteiumbau, Emanzipation, politische Partizipation, Pressefreiheit und die Kritik am westlichen Demokratiemodell. Die Analyse berücksichtigt insbesondere die Auswirkungen des Mauerfalls und die Herausforderungen der deutschen Wiedervereinigung für die Reformkonzeptionen.
- Quote paper
- Marko Ferst (Author), 2003, Die Ideen für einen Berliner Frühling in der DDR, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19217