Der Novemberaufstand 1830

Verlauf, Träger und Reaktionen in Deutschland


Seminararbeit, 2009

15 Seiten, Note: 2,2


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Verhältnisse vor dem Aufstand
2.1 Politische Situation in Polen und Europa
2.2 Vorzeichen und Träger des Aufstands

3. Der Aufstand von 1830
3.1 Verlauf bis Ende 1830
3.2 Erste Gefechte bis zur Schlacht von Ostroleka
3.3 Der Zusammenbruch des Aufstands

4. Reaktionen in Deutschland zum Aufstand
4.1 Verhalten der deutschen Staaten
4.2 Die deutsche Bevölkerung

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Geschichte Polens ist so reich an Aufständen, wie keine andere Geschichte eines europäischen Landes. Vor allem die drei Teilungen Polens im 18. Jh., welche das Land als souveränen Staat von der Karte verschwinden ließen, schufen den Nährboden für Aufstände und Revolutionen im 19. Jahrhundert. Eine der größten und bedeutendsten dieser Erhebungen war der Novemberaufstand 1830, mit dem sich diese Hausarbeit befasst.

Zu Beginn wird das historische Umfeld des Aufstands gezeigt. Dazu gehört zum einen die allgemeine politische Situation und Geschehnisse in anderen Ländern, welche den Aufstand in Polen beeinflusst haben, zum anderen die Stimmung in Polen einige Jahre, bzw. unmittelbar vor dem Aufstand. Anschließend wird untersucht, wer die eigentlichen Träger und Initiatoren waren, um zu klären ob der Aufstand eher als Revolution des ganzen polnischen Volkes oder vielmehr als Aufruhr einer vergleichsweise kleinen Bevölkerungsgruppe verstanden werden kann. Darauf folgt eine kurze Darstellung des Verlaufs. Das letzte Kapitel beschäftigt sich mit den Reaktionen in Deutschland auf den Novemberaufstand. Dabei wird unterschieden zwischen den Regierungen der deutschen Staaten und deren Bevölkerung. Dies ist deswegen sinnvoll, da sich Handlungen gegenüber den Polen, bzw. die jeweiligen Einstellungen zum Aufstand selbst, zwischen Bevölkerung und Obrigkeit so stark unterscheidet, dass man sie als entgegengesetzt bezeichnen muss. Im Fazit werden die Erkenntnisse noch einmal zusammengefasst.

Für die Hausarbeit wurde sowohl Literatur unseres Jahrzehnts, wie auch ältere Literatur verwendet. Dies war möglich, da sich die Erkenntnisse der Wissenschaft nach 1945 bis heute nicht deutlich verändert haben, sondern heutige Publikationen eher ergänzend, oder zusammenfassend wirken. Auf deutschsprachige Literatur vor 1945 wurde verzichtet, da diese, speziell Werke zwischen 1933 bis 1945, meist einen hohen Grad an Diffamierungen und Feindseligkeit gegenüber Polen und dessen Bevölkerung aufweist. Diese meist tendenziösen Publikationen brachten keinen Erkenntnisgewinn für das Thema der Ausarbeitung. Themen wie der polnische Nationalismus und damit auch der Novemberaufstand werden vor allem in Deutschland und am stärksten in Polen selbst wissenschaftlich untersucht. Das Interesse an Themen rund um den polnischen Nationalismus war vor allem Anfang des neuen Jahrtausends relativ groß, was mit dem EU – Beitritt Polens 2004 und einem damit einhergehenden Interesse an der nationalen Identität Polens zusammen hängen könnte. Für ausführlichere Studien in diesem oder ähnlichen Themen ist das Beherrschen der polnischen Sprache unabdingbar, da ein beträchtlicher Teil der wissenschaftlichen Literatur aus Polen stammt und nur teilweise in andere Sprachen übersetzt ist. Für die Quellen gilt ähnliches. Hier bietet sich durch weitere Übersetzungen aus dem Polnischen die Möglichkeit, die Thematik einem breiteren Interessentenkreis besser zugänglich zu machen.

2. Die Verhältnisse vor dem Aufstand

2.1 Politische Situation in Polen und Europa

Im Jahr 1830 befand sich Europa in Aufruhr. Die erfolgreiche Julirevolution in Frankreich, welche gegen die reaktionäre Politik Karls X. gerichtet war, ermunterte weitere liberal und national Gesinnte sich zu erheben. So kam es im gleichen Jahr zur Belgischen Revolution, in welcher Belgien seine Unabhängigkeit von den Niederlanden errang. Der Novemberaufstand wurde durch beide entschieden beeinflusst.[1]

Diese Revolutionen erschütterten die restaurativ und antiliberal gerichteten Mächte Europas, allen voran Preußen, Österreich und Russland, welche die wichtigsten Mitglieder der Heiligen Allianz waren. Dieser Bund hatte das Ziel, alle nationalen und liberalen Bestrebungen zu unterbinden, um die auf dem Wiener Kongress geschaffene Ordnung Europas aufrecht zu halten. Dazu wurde unter anderem die Zensur in den jeweiligen Staaten eingeführt, bzw. deutlich verschärft und eine monarchische, restaurative Gesellschaft angestrebt.

Auch Polen war davon betroffen. Das Land hatte Jahrzehnte der Teilungen und des Zerfalls hinter sich. Bereits 1772 teilten Preußen, Österreich und Russland Teile Polens erstmals unter sich auf. Diesen Vorgang wiederholten die Teilungsmächte 1793 und 1795,[2] sodass Polen als eigenständiger Staat aufhörte zu existieren. Dieser Verlust der Unabhängigkeit brachte schon während den Teilungen Teile der Polen dazu, gegen die Fremdherrschaften zu kämpfen, letztlich jedoch erfolglos. Nach dem Frieden von Tilsit 1807 wurde von Napoleon zwar das Herzogtum Warschau geschaffen, welches jedoch jedoch weder in seiner Größe, noch in seinem Maß an Souveränität als Vasallenstaat Frankreichs mit dem Polen von 1772 vergleichbar war.[3]

Nach dem Wiener Kongress wurde Polen 1815 zwar erneut zum Königreich erhoben, blieb jedoch mit Russland in Personalunion verbunden, wodurch der russische Zar zum König von Polen wurde. Dieses sogenannte „Kongresspolen“ war in seiner eingeschränkten Souveränität für viele national gerichtete Polen nicht hinnehmbar.[4] Die Wiedererlangung der nationalen Souveränität wurde somit Hauptziel des 1830 beginnenden Aufstands.[5]

2.2 Vorzeichen und Träger des Aufstands

In Polen herrschte im Vergleich zu anderen Nationen, wie etwa Frankreich, keine so stark ausgeprägte, kontinuierliche liberale Bewegung.[6] Trotzdem existierten vor dem November 1830 länger- und kurzfristige Faktoren, welche die Entstehung eines Aufstands begünstigten.

Durch die bereits angesprochenen Teilungen Polens und der seit 1795 praktisch nicht mehr vorhandenen Souveränität, wurde ein polnisches Nationalbewusstsein hervorgerufen, welches den Wunsch nach Unabhängigkeit stetig verstärkte. Dabei etablierte sich vor allem die Intelligenz des Landes, d.h. Schriftsteller, Professoren, Beamte aber auch der Adel als Träger dieses nationalen Gedankens.[7] Auch Studenten und - zumeist junge - Militärs forderten häufig ein souveränes Polen. So gründeten Studenten schon wenige Jahre nach dem Wiener Kongress liberale Geheimbünde, welche jedoch oft von der russischen Polizei entdeckt und aufgelöst wurden. Etwa gleichzeitig mit den studentischen Geheimbünden entwickelten sich auch eine militärische Verschwörung, man begann sogar mit der militärischen Planung für eine Befreiung Polens.[8] Der Drang nach nationaler Unabhängigkeit wurde auch durch das Verhalten der russischen Zaren bei vielen Polen immer stärker. Sowohl Zar Alexander I., der u.a. die Pressezensur einführte, wie auch sein Nachfolger Nikolaus I. missachteten die verfassungsmäßigen Zugeständnisse, die Polen 1815 erhalten hatte.[9] Auch bei seiner Krönung zum König von Polen 1829 kam Nikolaus I. diversen polnischen Bitten, z.B. nach Pressefreiheit, nicht nach und schürte somit den Hass der Polen auf Russland noch mehr.[10]

Den Anlass zum offenen Aufstand bildete letztlich die Nachricht, der Zar wolle eine Armee, bestehend aus polnischen Soldaten, für einen Feldzug gegen Frankreich entsenden. Dies wurde von den polnischen Militärs entschieden abgelehnt.[11] Polen pflegte traditionell sehr gute Beziehungen zu Frankreich.[12] So waren auch die eigentlich Initiatoren der Erhebung Militärs, genauer gesagt eine Verschwörertruppe der Fähnrichschule in Warschau um Piotr Wysocki.[13] Doch die von Anfang an auftretenden Schwierigkeiten bei der Mobilisierung außerhalb des Militärs und der Intelligenz machen deutlich, dass der Aufstand von Anfang an keine Revolution eines ganzen Volkes, oder wenigstens breiter sozialer Kreise war, sondern sich hauptsächlich auf das Militär, den Adel und die Intelligenz des Landes stützte. Die Mobilisierung der Bauern erfolgte spärlich bis gar nicht. Dies war dadurch bedingt, dass ein beträchtlicher Teil der Aufständischen Adlige waren, welche zwar oft den nationalen Gedanken eines einheitlichen Polens teilten, die Leibeigenschaft jedoch nicht aufheben wollten. Somit gab es kaum einen Ansporn für die Bauern zum Kampf.[14] Damit fehlte dem Aufstand die Unterstützung der Mehrheit der Bevölkerung.

Jedoch wäre es ebenso verkehrt von einer „konservativen Adelserhebung“[15] zu sprechen, da sich feudal-nationaler Adel und liberal-nationale Mächte während des Aufstands stets in Spannung gegenüberstanden, so dass keine der beiden Seiten je völlig dominierte. Den Novemberaufstand lediglich als Erhebung konservativer Kreise darzustellen, würde die Bestrebungen vieler liberaler Bürger und Intellektueller untergraben und der übernationalen Bedeutung dieser Erhebung nicht gerecht werden.

3. Der Aufstand von 1830

3.1 Verlauf bis Ende 1830

Schon die ersten Aktionen der Aufständischen können nur bedingt als Erfolg gewertet werden. Zwar gelang es ihnen die russischen Truppen vorerst zum Rückzug zu zwingen, allerdings gelang es nicht Großherzog Konstantin, den russischen Befehlshaber in Polen, wie eigentlich geplant zu ermorden.[16] Auch waren die genauen Ziele von Beginn an unklar. Außer der nationalen Einheit war man sich sowohl bei Themen wie der Aufhebung der Leibeigenschaft sowie auch beim weiteren Vorgehen uneins.[17] Dies schwächte die Erhebung von Beginn an.

Trotzdem wird der Aufstand von allen vier Großen Aufständen der Polen im 19. Jh. als derjenige mit den größten Chancen eingeschätzt.[18] Dies liegt vor allem an der anfangs militärisch nicht ungünstigen Lage. Denn einerseits gelang ein stehendes Heer aus Berufssoldaten aufzustellen, zum anderen war Russland zum Beginn des Aufstands im Krieg mit dem Osmanischen Reich, wodurch viele russische Streitkräfte an weit entfernten Standorten stationiert waren. Dies ist ein Grund dafür, dass es 1830 noch keine größeren Gefechte zwischen Russland und den Aufständischen gegeben hat, ein weiter war der polnische General Jozef Chlopicki. Dieser ernannte sich am 5. Dez. zum Diktator, wurde durch den Sejm[19] bestätigt und arbeitete beständig an Verhandlungen mit dem Zaren. Da er jedoch weder an den Erfolg des Aufstands glaubte, noch diplomatische Erfolge vorweisen konnte fiel er schnell in Ungnade bei den Polen.[20]

[...]


[1] Vgl. Gill, Arnon: Freiheitskämpfe der Polen im 19.Jahrhundert. Erhebungen-Aufstände-Revolutionen, Frankfurt a.M. 1997, S. 97.

[2] Österreich war an der 2. Teilung Polens nicht beteiligt.

[3] Für Kartenmaterial zu Polen vor und nach den Teilungen, dem Herzogtum Warschau und Kongresspolen vgl. Gill, Arnon: Freiheitskämpfe der Polen im 19.Jahrhundert. Erhebungen-Aufstände-Revolutionen, Frankfurt a.M. 1997, S. 465 ff.

[4] Vgl. Gerecke, Anneliese: Das Deutsche Echo auf die polnische Erhebung von 1830, Wiesbaden 1964, S. 10 ff.

[5] Vgl. Gill, Arnon: Freiheitskämpfe der Polen im 19.Jahrhundert. Erhebungen-Aufstände-Revolutionen, Frankfurt a.M. 1997, S. 88.

[6] Vgl. Maciej, Janowski: Die Haupttendenzen des polnischen Liberalismus 1815-1914, in: Fleck, Hans-Georg/Kolodziejczyk, Ryszard (Hg..): Liberale Traditonen in Polen 1-16, Warschau 1994, S. 1.

[7] Vgl. Gill, Arnon: Freiheitskämpfe der Polen im 19.Jahrhundert. Erhebungen-Aufstände-Revolutionen, Frankfurt a.M. 1997, S. 88.

[8] Vgl. ebd., S. 88 ff.

[9] Vgl. Gerecke, Anneliese: Das Deutsche Echo auf die polnische Erhebung von 1830, Wiesbaden 1964, S. 10 f.

[10] Vgl. Gill, Arnon: Freiheitskämpfe der Polen im 19.Jahrhundert. Erhebungen-Aufstände-Revolutionen, Frankfurt a.M. 1997, S. 88.

[11] Vgl. ebd., S. 97.

[12] Vgl. Landgrebe, Alix: „Wenn es Polen nicht gäbe, dann müßte es erfunden werden“. Die Entwicklung des polnischen Nationalbewußtseins im europäischen Kontext von 1830 bis in die 1880er Jahre, Wiesbaden 2003, S. 214.

[13] Vgl. Gill, Arnon: Freiheitskämpfe der Polen im 19.Jahrhundert. Erhebungen-Aufstände-Revolutionen, Frankfurt a.M. 1997, S.131.

[14] Vgl. ebd.

[15] Vgl. ebd., S. 98.

[16] Vgl. ebd., S. 137 f.

[17] Vgl. ebd., S. 98.

[18] Vgl. Rhode, Gotthold: Preußen und der polnische „Novemberaufstand“ 1830/31, in: Hauser, Oswald: Zur Problematik „Preußen und das Reich“ 299- 330 , Köln 1984, S. 300.

[19] Der Sejm ist ähnlich dem Bundestag zu verstehen, natürlich unter anderen historischen Gesichtspunkten.

[20] Vgl. Gill, Arnon: Freiheitskämpfe der Polen im 19.Jahrhundert. Erhebungen-Aufstände-Revolutionen, Frankfurt a.M. 1997, S. 147.

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Details

Titel
Der Novemberaufstand 1830
Untertitel
Verlauf, Träger und Reaktionen in Deutschland
Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen
Note
2,2
Autor
Jahr
2009
Seiten
15
Katalognummer
V192393
ISBN (eBook)
9783656173441
ISBN (Buch)
9783656173595
Dateigröße
399 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
novemberaufstand, verlauf, träger, reaktionen, deutschland
Arbeit zitieren
B.A. Christian Rödig (Autor:in), 2009, Der Novemberaufstand 1830, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/192393

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